Woran erkennt man eine gute Gesangstechnik??????

[Nervmichbittenet]

Huhu

mich würde mal interessieren, woran genau man erkennt, ob jemand eine gute Technik hat?

 

[moniaqua]

Wie man es erkennt, weiss ich nicht. Ich gehe davon aus, dass jemand, der sich anständig anhört und lange singen kann ohne Halsweh oder Heiserkeit auch eine gute Technik hat.

 

[Cörnel]

Ein Ansatz ist es zu schauen, ob er ein freie Kopfregister hat und diese mit dem Brustregister verbinden kann. Dieses macht aber längst noch keine gute Gesangstechnik aus, aber sicherlich schon etwas.

 

[Tonja]

Ich gehe davon aus, dass jemand, der sich anständig anhört und lange singen kann ohne Halsweh oder Heiserkeit auch eine gute Technik hat.

Sehe ich im grossen ganzen auch so, d.h. "anständig" anzuhören muss es sicher sein . Und jemand mit guter Technik kann über längere Zeit ohne Stimmermüdung singen. Umgekehrt stimmt es nach meiner Meinung aber nicht immer: gibt Leute mit sehr robusten Stimmen, die trotz offensichtlich mangelhafter Technik (ich spreche da jetzt nur vom klassischen Bereich) lange singen können ohne Heiserkeit etc

Und um das "anständig singen" noch etwas zu präzisieren: im klassischen Gesang heisst das: eine frei schwingende Stimme (sprich ein regelmässiges, gepflegtes und der Epoche des Stücks angepasstes Vibrato) / ein runder, voller, weicher Klang, der trotzdem die nötige Brillianz/Strahlekraft hat damit die Stimme ohne Verstärkung den Saal füllt, übers Orchester hinweg singen kann und das alles über den gesamten geforderten Tonumfang des Stückes / keine hörbaren Registerübergänge/ die Stimme überzeugt und trägt nicht nur in lauteren Passagen sondern auch im allerfeinsten pianissimo / gutes Legatosingen

Bei nichtklassischem Gesang, vermute ich jetzt mal, ist es hingegen nicht ganz so einfach festzulegen, was eine gute Technik ist, da es hier ja nicht ganz so streng standardisiert ist. Aber da fragst du eh besser die anderen hier

 

[Bell]

Hm.
Ich kann jetzt nur von mir ausgehen.
Lange singen ohne Stimmermüdung (das bedeutet konkret: 4 sets á 45 Minuten): JA
Keine hörbaren Registerübergänge: JA
Stimme ist tragfähig genug, um ohne Mikrofon zu singen (wenn die Bandlautstärke angepaßt wird): JA
Vibrato: NEIN

Habe ich jetzt eine gute Technik ? Die meisten Leute "vom Fach", die mich mal live gehört haben, sagen ja. Ich kann´s nicht wirklich beurteilen, aber es wird immer unbedeutender für mich. Die wahre Gesangskunst liegt letztendlich ganz woanders

 

[Shana]

Das mit dem Vibrato ist in der Popularmusik ja eher eine stilistische Frage.
Für Klassik ist es ein Muss. Ich sag immer zu denen, die Klassisch singen wollen: "Jeder Ton ein Vibrato". Das sind allerdings alles Leute, die eigentlich Pop/Rock oder Musical singen und nur den klassischen Ansatz lernen wollen. Da lachen wir auch manchmal über die klassische Attidüde und das Dauervibrato ) Ich arbeite gerade mit einer Rockerin am Ave Maria. Das geht schon sehr gut, aber es bleibt letztendlich fremd, weil es uns so überkandidelt vorkommt. Schön ist es trotzdem ab und zu ;-) und schön, das eben auch zu können, finde ich.

Das Vibrato ist ein wesentliches Zeichen für gute klassische Technik und gute Musicaltechnik. Überall sonst ist es optional und daher auch kein Zeichen für "gute" oder "weniger gute" Technik.

 

[moniaqua]

Habe ich jetzt eine gute Technik ?

Ich sage, ja. Bin zwar kein Profi, aber ich behaupte das jetzt einfach mal, meine Ohren sagen so
Und ich stimme Dir zu - Gesangskunst liegt letztlich woanders, wobei es natürlich schon äußerst von Vorteil ist, die Stimme schonend zu behandeln, möchte man sie lange haben.

Außerdem bin ich so ketzerisch, die Sache mit dem Vibrato außen vor zu lassen. Ich habe lange genug gedrückt, weil ich den in meiner Kindheit/Jugend modernen, jallernden Gesang nicht hören wollte und so schon gar nicht klingen wollte. Et voilà, ich scheine mit meiner Meinung auch unter den Klassikern nicht ganz alleine zu stehen. Obendrein habe ich ein paar Aufnahmen auf Youtube von der Jahrhundertwende gefunden, und was höre ich? Gerade Stimmen, (fast) ohne Vibrato! In klassischen Stücken! Wenn da nicht die Aufnahme etwas glattgebügelt hat, was ich fast nicht glaube, müssen die früher wohl auch ziemlich gerade gesungen haben Nicht alle vielleicht, aber doch einige.

 

[reisbrei]

mich würde mal interessieren, woran genau man erkennt, ob jemand eine gute Technik hat?

Am Klang
Eine gute Technik führt zu einer tragfähigen Stimme, die auch ohne jegliche Begleitung gut klingt bzw. keine Begleitung benötigt, um gut zu klingen. Mir fällt jetzt kein passendes Wort ein, aber die Stimme trägt sich quasi von alleine, ist in sich geschlossen und für sich gesehen genug. Was für eine grausige Beschreibung - hoffentlich ist es irgendwie verständlich . Wieder einmal fällt mir ein englischer Ausdruck ein, der es simpel und gut beschreibt: self supporting. Übersetzt würde man sagen, eine gute Stimme unterstützt sich selbst - naja, ob das nun klarer ist...

Das gilt übrigens für alle Instrumente. Man kann den guten vom schlechten Schlagzeuger, Gitarristen, __________________ (bitte Musikerbezeichnung einfügen) am Klang unterscheiden. Schnell rumfuddeln können viele und da ist auch nix weiter bei, aber einen guten Ton haben nur wenige. Es fasziniert mich immer wieder auf's Neue, daß zwei Schlagzeuger (Gitarristen, ______________ ) auf genau demselben Instrument, im selben Raum, zur selben Zeit... völlig unterschiedlich klingen. Stimmen klingen zwar sowieso schon unterschiedlich, aber dennoch kann man deutlich erkennen, ob jemand vor allem Rumgeschnörkel etc. geübt hat, um Aufmerksamkeit zu erhaschen - oder ob jemand an seinem Klang gearbeitet hat.


An weiteren Einzelfaktoren fallen mir ein: Deutlichkeit, saubere Intonation, sauberes Timing, gute Phrasierung, Ausdauer, Dynamik und Authentizität.


Obacht, jetzt wird's schräg:
All das gilt natürlich nur für das was per offizieller Definition als gute Technik bezeichnet werden würde. Jojo Mayer (Schlagzeuger mit perfekter Technik - wenn es die denn gibt) sagt dazu: Wenn jemand es schafft, genau den Sound zu erreichen den er will, indem er eine Mülltonne aus dem Fenster schmeißt, hat er perfekte Technik - ohne Wenn und Aber. Man sollte sich also zunächst Gedanken machen, gute Technik inwiefern? Worauf bezogen? Wie bei Models. Models sind quasi fleischgewordene (bzw. zurechtgeschminkte, richtig in Szene gesetzte) optische Perfektion. Trotzdem finde ich die meisten von ihnen nicht einmal sonderlich attraktiv (vielleicht stimmt ja auch was nicht mit mir ). Oder man ordne alle Gewürze nach Beliebtheit und bilde den Durchschnitt. Dann macht man eine Mischung, um das perfekte Gewürz zu erhalten und........es wird schei$$e schmecken! Meiner Ansicht nach liegt auch gute Gesangstechnik, zumindest ein Stück weit, im Auge des Betrachters.
Nach dieser Definition hätte für mich z.B. Lemmy eine wesentlich bessere Technik als Xavier Naidoo

 

[moniaqua]

Models sind quasi fleischgewordene (bzw. zurechtgeschminkte, richtig in Szene gesetzte) optische Perfektion. Trotzdem finde ich die meisten von ihnen nicht einmal sonderlich attraktiv (vielleicht stimmt ja auch was nicht mit mir )

Dann sind wir uns schon zwei Ich finde viele Models nachgerade hässlich. Viel zu dürr und knochig.

Auf die Stimme bzw Musik umgelegt - manche können technisch perfekt sowas von seelenlos Musik machen, dass es mir schlicht nicht gefällt und andere Musiker, die mit Herz musizieren ihnen in meinen Ohren weit voraus sind, auch wenn vielleicht manche Töne flat sind oder der Rhythmus nicht 100% passt oder ... Ist halt auch vieles Geschmackssache

 

[reisbrei]

Eben. Für mich gehört Authentizität auf jeden Fall zu einer guten Technik, ist wahrscheinlich sogar der wichtigste Punkt. Aber in einer wissenschaftlichen Definition von guter Technik hätte das wohl eher nix verloren. Würde ich meinen Lemmy-Satz in einem Konservatorium rausposaunen, täte man mich wohl zwangseinweisen :gutenmorgen:

 

[Tinitus]

Puh, also wenn Du mich fragst, hast Du jetzt das Thema in Grund und Boden geredet und bist dann damit 180 Grad in die andere Richtung gerannt.

 

[reisbrei]

 

[Foxx]

[es] gibt Leute mit sehr robusten Stimmen, die trotz offensichtlich mangelhafter Technik (ich spreche da jetzt nur vom klassischen Bereich) lange singen können ohne Heiserkeit etc

Das brauchst du nicht auf den klassischen Bereich zu beschränken, das gilt im Pop, Soul und vor allem Rock absolut auch. Ich würde sogar behaupten, dass ein Großteil der wirklich expressiven Rock- und Soulsänger mit robusten Stimmen gesegnet sein muss, um so singen zu können, wie sie es tun. Und würden sie anders singen, wären sie nicht so gut.


Guter Gesang und gute Technik sind zweierlei und gar nicht so selten fallen sie nicht zusammen.


Ich hoffe es ist OK, wenn ich aus dem Nähkästchen plaudere, aber ich fand eine Begebenheit beim letzten Vocalstreff einfach genial, da hieß es nämlich gegenüber einem der anwesenden User: "Du machst technisch eigentlich so ziemlich alles falsch - und bitte ändere bloß nichts, denn du machst dabei alles richtig!" (Oder so ähnlich, ich hab den Wortlaut nicht mehr exakt im Kopf. )

 

[Bell]

Hihi
Ich entsinne mich, Foxx....