Ich starte meine Kernaussage mal mit Videos:
(1)
http://www.youtube.com/watch?v=m6mRdPP6wRo
Das ist US-Südstaaten Fife&Drum-Musik, mit Verwandschaft zum Blues... und offenbar nach Jamaica. Von 1960!!!
(2)
http://www.youtube.com/watch?v=VceXg7NwM3Y&feature=related
Hier das Cannonball Adderley Sextet aus dem Jahre 1963
(3)
http://www.youtube.com/watch?v=54GN...ext=1&list=AVGxdCwVVULXduSF2vSI1uUBhskSMlW4HP
Fred McDowell mit "John Henry", ziemlich sicher auch aus den 1960ern
(4)
http://www.youtube.com/watch?v=p0HmFr7mPsk
Chuck Berry "Maybelline" 1958
Was will ich sagen? All diese Musik wurde mehr oder weniger gleichzeitig gemacht. Blues hat nicht aufgehört, als Jazz und Rock&Roll angefangen haben. Jazz hat Blues nicht ersetzt. Und ein bisschen Sklaven-Pfeifen-Trommel-etc ist überall drin. Einzelne Musiker ziehen ihre Einflüsse von überall her, und natürlich tragen sie diese Einflüsse damit weiter auch in ihre jeweilige Stilrichtung... aber das gilt eben individuell und nicht generell.
Man muss aber auch sagen - und hier bin ich kontrovers in die andere Richtung aufgestellt - dass man Blues durchaus als "tot" bezeichnen kann. Ja, richtig gehört. Man kann es so sehen: Blues war schwarze Pop-Musik bis ca. in die 1960er Jahre (dann wurden dank Stones&Clapton auch viele weiße drauf aufmerksam, das hat die Karriere diverser Künstler stark verlängert), dann kamen irgendwann R&B/Soul und später Funk/Disco bis hin zu Rap/HipHop. Natürlich hat der Blues ein paar wenige Fans behalten und natürlich in andere Musikrichtungen "gestreut", aber an sich ist er eben "überholt". Die alten Größen sind alle weg&tot, es wachsen kaum welche nach - und wenn einer kommt, dann findet er ein Nischenpublikum mit so unverbesserlichen Fans wie emptypockets und mir. Ich vertrete diesen Standpunkt durchaus auch in Blues-Foren und werde dafür angefeindet... andererseits pflichten mir viele bei, dass eigentlich "nicht viel Neues" kommt... aber man kann auch mit den immer wieder aufgewärmten alten Geschichten verdammt viel Spaß haben und glücklich sein.
Jazz hat's da besser - Jazz ist natürlich deutlich vielfältiger, musikalisch anspruchsvoller und kann ungemein komplexer sein - bietet also (1) ein viel größeres Betätigungsfeld und (2) viel mehr Lernfelder für Musiker. Daher auch die Entwicklung vieler Musiker in Richtung Jazz, wenn man mal mit "einfachem" Blues angefangen hat. Im Blues isses wurtscht, ob ich verschieden Skalen und Modi kann, ich habe keine II-V-I, wenige maj7 und 7b9, wenig musikalisch bzw. musiktheoretisch Herausforderndes.
Mit wie wenigen Tönen man verdammt viel Blues machen kann, wird in dieser BB King Lesson super erklärt:
http://www.gibson.com/en-us/Lifestyle/Lessons/Lesson-Of-The-Day/bb-king-box-position/
Ein wesentlicher Unterschied ist für mich, dass Blues eigentlich immer einen Sänger braucht, der vorne steht und ein Publikum unterhält - egal, wie viel Band dabei ist, Blues sind Songs mit Inhalt und Text. Blues ist Musik zum Tanzen, zum abhotten, zum mitgehen, zum unterhalten werden. Einige Jazzformen hingegen richten sich an die wohlgebildete Jazz-Polizei, die die Realbooks auswendig kennt, wenn's hochkommt leicht mitnickt und verhalten klatscht. Wegen des höheren "Anspruchs" des Jazz ist Jazz eben auch die deutlich etabliertere bzw. breiter akzeptiertere Musikform.
Machen wir uns nix vor: Blues wurde von ungebildeten (in jeder Hinsicht - viele Stars konnten weder lesen noch schreiben, geschweige denn Noten lesen) Leuten für ein Publikum gemacht, das Spaß haben wollte. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert...
Schöne Doku über 4 Teile hier:
http://www.youtube.com/watch?v=SPlX2K1vl-A&feature=related
(@emptypockets: falls noch nicht bekannt, auf jeden Fall mal anchauen!)
Mehr mag ich jetzt nicht... ist schwer, das ohne Gespräch und Zugriff auf meine Musiksammlung vernünftig mit Beispielen zu hinterlegen, ist mir den Aufwand nicht wert ehrlich gesagt. Aber vielleicht wird etwas klarer, in welche Richtung ich so denke und argumentiere.
Wer sich eine eigene Meinung bilden will, dem empfehle ich mal sowas hier als Einstieg:
http://www.amazon.de/gp/product/0306800144/ref=oh_o05_s02_i00_details
Man merke den feinen Unterschied... hier spricht der Autor von "the roots of Jazz", was eine ganz andere Tonalität als das von mir immer kritisierte "Vorform des Jazz" hat...
Und nun: BTT
, es ging ja um Blues-Noten!
---------- Post hinzugefügt um 10:22:43 ---------- Letzter Beitrag war um 10:17:04 ----------
Und daß er sich weiterentwickelt hat - insbesondere was die Harmonik und Rhythmik betrifft - ist kein Wunder: Wer will schon sein Leben lang die gleichen 12 Takte spielen ...
t´schuldigung, aber das mußte jetzt sein ...Thomas
Entschuldigung nicht akzeptiert. You don't get it - Blues geht ohne 12 Takte, ohne I-IV-V, ohne Schema/Form/Konvention.
Nochmal hier:
http://www.youtube.com/watch?v=64T6ugyWXAA
Und jetzt zähl da brav Deine 12 Takte und such' die Changes und mach' Dich etwas schlau über die Musik, über die Du da redest... marsch, marsch.
Und dann - versuch' das mal nachzuspielen, egal auf welchem Instrument, und dazu zu singen... so simpel isses dann komischerweise auch wieder nicht....