Also harmonisiert jeder Halbton irgendwie mit dem Grundton , wenn auch gelegentlich etwas "schräg".
Am "schrägsten" wohl der Tritonus, neben kleinen Sekund. Daß die anderen -isoliert betrachtet- meist recht harmonisch klingen hat mit Übereinstimmungen in den Obertonreihen der beteiligten Töne zu tun und weniger diesen Grund:
Wenn man einen Ton auf einem Instrument spielt , finden sich alle zwölf Halbtöne unserer Notenskala irgendwo im Obertonspektrum wieder.
Die chromatische Tonleiter direkt aus der Obertonreihe ableiten zu wollen, würde in die Irre führen:
Die naheliegendsten und stimmigsten Töne bei einem Grundton C, wären:
C G E D H A
Das A wäre schon der 27. Teilton (26.Oberton); wir haben immer noch kein plausibles F, aber jede Menge sog. "ekmelischer" Töne. (Eine
Ekmelische Musik hat bisher keine sonderlich große Bedeutung. Vielleicht kommt das noch?)
Je höher die Obertöne liegen, desto leiser und irrelevanter werden sie für gewöhnlich.
Um den 16. Teilton herum finden sich zwei Obertöne, die nicht sonderlich stark von der gleichstufigen Stimmung abweichen.
Das H (15. Teilton) wäre der
natürlicher Halbtonschritt. Das Cis/Des (17. Teilton) weicht
knapp 5 Cent von der gleichstufigen Stimmung ab, für das Dis/Es wäre die Abweichung schon recht groß, auch das Das B (14. Teilton = Naturseptim) ist wird in unserer chromatischen Tonleiter wegen zu großer Abweichung nicht akzeptiert.
Erst aus akustisch irrelevanten Obertonbereichen könnten akzeptable Töne für eine chromatische Tonleiter gewonnen werden.
Die heptatonische Tonleiter läßt sich aber aus den Intervallbeziehungen der ersten Töne der Obertonreihe leicht ableiten. Wie schon erwähnt, basiert die Pythagoreische Stimmung auf der reinen Quint (und Oktav), die
reine Stimmung auf der reinen Quint und Terz.
Möchte man auch in anderen Tonarten auf Tasteninstrumenten transponieren, so muß man Kompromisse eingehen und entwickelte die
Mitteltönige Stimmung (reine Terzen) und verschiedene andere Stimmungen, wobei sich die gleichstufige Stimmung heute durchgesetzt hat.
Letzlich ist es wohl so, daß unsere Musik auf übersichtlichen sieben Tönen basiert, die das o.g. Muster von Ganz- und Halbtönen aufweisen. Dieses Muster läßt sich aus der Quintenreihe ableiten, was zur Pythagoreischen Stimmung führt. Nimmt man die Terz als konsonantes Prinzip hinzu, so kommt man auf die reine Stimmung.
Da man im Laufe der Zeit ausgiebig modulieren und transponieren wollte, entstanden durch versetzen der siebentönigen Tonleiter die anderen fünf Töne unseres heutigen chromatischen Sytems, das deshalb heute am sinnvollsten gleichstufig gestimmt ist.
Viele Grüße
Klaus
Ergänzung zu Deinen Fragen, die sich mit meiner Antwort überschnitten hatten:
...wo aber nun Halbtonschritte vorhanden sind, bestimmen aber Alterationen.
In der Stammtonleiter wurden die Halbtonschritte nicht durch Alterationen bestimmt. Die entstanden z.B. durch eine Stapelung von Quinten von selbst: F C G D A E H
Und es sind nun mal zwei Halbtonschritte, abwechselnd im Abstand von zwei bzw. drei Ganztonschritten. Was anderes kommt bei dieser Art der Gewinnung von Tönen nicht heraus oder auch bei dem Verfahren zwei
Tetrachorde aneinanderzufügen.
Das hat aber zunächst keiner bewußt so konstruiert, sondern das o.g. stellen eher Stimmpraxis und Erklärungsversuche dar.
Und die Stammtonreihe wird durch die Naturtonreihe gestützt, sprich sie klingt auch noch ziemlich harmonisch.
Denn die chromatische Tonleiter hat 12 Halbtonschritte, wieso wird sie nicht einfach verwendet?
Du solltest das Ganze auch als historischen Eintwicklungsprozess betrachten. Die Menschen waren vor einigen Tausend Jahren mit einer Pentatonik zufrieden. Warum sollten sie zu dem Zeitpunkt 12 Halbtonschritte verwenden?
Aus der Pentatonik entwickelte sich in unserem Kulturkreis die Heptatonik in Form der Kirchentonarten.
Für eine chromatische Tonleiter bestand in der musikalischen Praxis (v.a. Gesang) kein Bedürfnis. Warum sollten sie sich damals für Eis oder His interessieren? Die Menschen dachten musikalisch in ganz anderen Kategorien als heute.
Und wieso hat sich Dur (als Kirchentonart Ionisch) und Moll(äolisch) durchgesetzt und nicht eine der anderen Kirchentonarten?
Das war in unserem Kulturkreis so und hat seinen Grund wohl im Entstehen einer hochentwickelten mehrstimmigen Musik mit Kontrapunkt und Harmonielehre. Und natürlich wollte man trotz mehrerer gleichzeitig erklingender Melodielinien (Kanon, Fuge), daß die Musik harmonisch klingt. Dafür stellte man Regeln auf, z.B. Fux:
Gradus ad Parnassum
Nun zeigte sich in der Praxis, daß eine harmonische Mehrstimmigkeit am leichtesten mit der Tonart Dur (Tonvorrat ionisch) und auch mit Moll (Tonvorrat äolisch plus zwei weitere Töne: erhöhte 6. und 7. Stufe) bewerkstelligt werden kann. Mit den Tonfolgen der andern Kirchentonarten gibt es häufiger Probleme, die Regeln einzuhalten. Das hatte auch der Musik-Mathematiker und Jazzer Mazzola durch Rechnungen gezeigt, siehe auch
hier, S. 24).
Nicht zuletzt spielen die Leittöne eine wichtige Rolle.
(quasi keine Unterscheidung zwischen Halb- und Ganztonschritt)
Das wäre völlig unpraktikabel, denn in der musikalische Praxis spielt nach wie vor die Stammtonreihe die gewichtigste Rolle. Unser Notensystem mit fünf Linien ist auf diese Praxis zurückzuführen und nach wie vor das wichtigste Notationssystem, obwohl über 1000 jahre alt. Alterierte Töne sind die Ausnahmen von der Regel.
Viele Grüße
Klaus