Wiedererlangen der Fingerfertigkeit

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Berti91
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Hallo zusammen,

ich möchte nach ca. 4 Jahren (Studium und kein Klavier zur Verfügung) Klavierpause wieder mit dem Klavierspielen beginnen.

Ich fing mit 11 Jahren das Klavierspielen an und ging ab der 5. Klasse auf ein Musikgymnasium. Dort lernte ich neben dem (Chor-)Singen und dem Klavier noch zwei weitere Instrumente (Klarinette und Saxophon).

Mein Ziel ist es, wieder auf ein ähnliches Niveau zu kommen, wie gegen Ende meiner Gymnasialzeit, in der ich Stücke von Chopin (Etüden, Fantasien, Balladen) oder Liszt spielen konnte. Das Saxophonspiel soll später auch wieder aufgenommen werden.

Momentan ist es so, dass ich diese "schweren" Stücke nicht mehr spielen kann, da meine Fingerfertigkeit nicht mehr vorhanden ist. Die Finger machen nicht das, was ich möchte.

Meine Frage: wie würdet ihr vorgehen, um das Niveau wieder zu erreichen? Czerny-Etüden, Fingerübungen von Hanon, Tonleitervariationen und gebrochene Drei- bzw. Vierklänge?

Ich danke euch!
 
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Keine Sorge, da Du schon auf recht hohem Niveau warst, kommt das alles relativ zügig wieder. Die erwähnten "Fingerdrillmeister" sind der eine Weg, um eine grundsätzlich Geschmeidigkeit wieder herzustellen (und um sich wieder gut und"blind" auf der Tastatur bewegen zu können), das ehemalige Repertoire ist nicht weg, sondern nur irgendwo abgespeichert; und da sind wir beim zweiten Weg, der Neuronalen Abrufbarkeit. Immer wieder mal schon ein Stück aus der Vergangenheit hervorholen, taktweise oder phrasenweise anspielen und Du wirst bald merken, wie schnell Du wieder in der Materie drinhängst. Vielleicht kommst Du noch auf die eine oder andere Idee für einen neuen Fingersatz, weil Du die Musik jetzt anders wahrnimmst (das kann eine Zeitlang doof sein, weil sich abgespeichertes und neues "beißen"). Das Alles entspannt und smooth und bald läuft's wieder, Du hast es schon einmal gut gekonnt ;-)
HTH
bemoll
(bin übrigens kein Pianist)
 
Ich stimme bemoll zu. Das ist ein bisschen wie Radfahren. Ein bisschen trainieren und übern und ruck zuck bist Du wieder voll dabei. Jedoch, so 3, 4 Monate wirst Du Dir die Zeit nehmen müssen.
 
Die Finger machen nicht das, was ich möchte.
Zu der Problematik gibt es sicher von professioneller Seite Erfahrungen und methodisch sinnvolle Herangehensweisen, da es auch bei Pianisten Fälle von Zwangspausen gibt, nach denen man wieder ins pianistische Alltagsleben einsteigen möchte/muss.
Auch von mir ein kleiner Erfahrungsbericht, obwohl ich mich nicht als Pianisten bezeichnen würde (ich lebe zwar davon, bin aber nicht gut genug im Vergleich zu den wirklich guten Pianisten).
In Jugendjahren musste ich nach einem Unfall, der mir beidseitig sämtliche Handgelenks- und Unterarmknochen brach für lange Zeit die Finger von den Tasten lassen. Als ich wieder spielen durfte, war der komplette Bewegungsapparat degeneriert.
Erstaunlicherweise hat sich aber nicht nur die Spielfähigkeit nach etwa 3-4 Monaten wieder eingestellt, ich konnte mich auch an Stücke wagen, die mir vorher unerreichbar erschienen. Meine Technik wurde solider, meine Lesekompetenz noch besser und ich konnte in größeren Abschnitten denken.

Die Gründe dafür, warum der Neubeginn so produktiv war lassen sich vermutlich nicht übertragen. Aber hilfreich war, dass ich nicht nur meine Finger systematisch trainieren musste.
In der Regel geht die mentale musikalische Entwicklung ja sprichwörtlich Hand-in-Hand mit der physischen Entwicklung. Lernen wir ein technisch anspruchvolles Stück, so trainieren wir nicht nur unseren Bewegungsapparat. Wir lernen auch, komplexer zu denken. Und vor allem komplexer zu hören. Die Entwicklung verläuft fast parrallel. Begrenzend in der Spielfähigkeit ist hier aber meist die mentale Entwicklung. Das heißt, die Finger könnten eigentlich, der Kopf weiß nur noch nicht, welche Informationen er schicken soll. (das kann natürlich auch umgekehrt sein. Manche Stücke sind ja auch extra so komponiert, dass sie keine musikalische Herausforderung darstellen, sondern nur technische. Bsp: Czerny...) Reißt die physische Entwicklung ab, so muss das nicht zwangsläufig bedeuten, dass auch die mentale Entwicklung gestoppt wird. Im Gegenteil. Durch die Entkopplung von Denken/Hören und Spielen wird möglicherweise das Eine vom Anderen befreit und kann sich voll entfalten. Wenn ich "La Campanella" nur so denken kann, wie meine Finger es am Anfang zulassen, würde sich mir die Idee des Stückes vermutlich nie erschließen.
In meinem Fall hat die Zwangspause dazu geführt, mich der Musik ohne die technische Begrenzung zuzuwenden und habe sehr viel - meist mit den Noten in der Hand - gehört, real und virtuell.
Nach der Zwangspause habe ich dann das erlebt, was Berti91 beschrieben hat. Die Finger wollten nicht, was der Kopf wollte. Eine am Anfang frustrierende Erfahrung. Doch das Schöne ist, dass Muskulatur viel schneller aufbaubar ist als musikalisches Denken und Hören. Ich habe mir am Anfang also ein Trainingsprogramm aufgebaut, das rein körperlich ist, um wieder in eine Balance mit dem Denken zu kommen. Das sind rein stupide Übungen, die sowohl die unterschiedlichen technischen Aspekte der Finger/Hand-/ArmBewegungen trainieren als auch die pure Kondition. Also noch weniger Musik als Czerny war erstrebenswert - wie zum Beispiel bei Hanon. Oder ich habe mir, wenn ich ein Stück angepeilt habe, eine technisch schwere Stelle herausgepickt und wie bei Hanon durch die Lagen der Tastatur gejagt. Ich habe altes Repertoire aufgewärmt, wenn es die gleichmäßige Beanspruchung aller Finger versprach, ganz langsam mit einem konzentriertem Anschlag und sauberer Artikulation (wie zum Beispiel die Cis-moll Etüde von Chopin).
Kurz: lass Dich nicht von der neuen Erfahrung frustrieren, dass die Finger dem Kopf hinterherhinken. Die Finger lernen schnell.
 
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Was mir dazu noch einfallen würde ist eventuell die alten Stücke sehr langsam spielen oder sogar immer nur eine Hand um das Handgedächnis wieder zu aktivieren.
 
obwohl ich mich nicht als Pianisten bezeichnen würde (ich lebe zwar davon, bin aber nicht gut genug im Vergleich zu den wirklich guten Pianisten).

Damit stellst Du Dein Licht sicherlich unbegründet unter den Scheffel. Wenn Du mit Klavierspielen Geld verdienst, bist Du doch eindeutig ein Pianist. :)
 
Ich danke euch für Eure Antworten! Die Motivation ist da und ich übe wieder regelmäßig!
 
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Erstaunlicherweise hat sich aber nicht nur die Spielfähigkeit nach etwa 3-4 Monaten wieder eingestellt, ich konnte mich auch an Stücke wagen, die mir vorher unerreichbar erschienen. Meine Technik wurde solider, meine Lesekompetenz noch besser und ich konnte in größeren Abschnitten denken.

gefällt mir, kann von mir, mit vielleicht ähnlicher Erfahrung, jedoch nicht auf dem Klavier, bestätigt werden. Ich müßte "intensiven Übens" einfügen, (war bei dir vielleicht auch so?). Leeeiiiider kann ich dieses Instrument, aus gesundheitlichen Gründen, nicht mehr spielen, schade.

Gruß
Hanjo
 

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