Hallo,
ich wollte einfach mal meine Erfahrungen einbringen (die Beiträge sind ja noch nicht so alt), da ich selbst 2 Instrumente bisher neu bekielt habe. Zunächst ein Spinett von
Sperrhake (1976), dann eines von
Wittmayer (1961). Mit dem nötigen Feingefühl und etwas Knoff Hoff war das zwar etwas mühsam, aber durchaus machbar und, was noch wichtiger ist, sehr lohnenswert. Auch preislich ergaben sich gerade einmal
250 Euro (für beide Instrumente) inkl aller möglichen Neuanschaffungen an Material und Werkzeugen. Ich ersetzte beiderseits alte Lederkiele durch Delrin der Stärke M, vorintoniert. Zu bekommen bei Vogel-Scheer. Diese klingen ohne weitere Intonationsarbeiten am Kiel selbst sehr gut und sprechen hervorragend an. Man kann, je nach Geschmack, in tieferen Lagen (oder generell) auch stärkere Kiele einsetzen (beispielsweise die schwarzen, bei Ebay erhältlichen), sie sollten aber grundsätzlich nicht den Diskant übertönen. Diese müssen natürlich dann selbst intoniert werden. Sehr mühsam und braucht Erfahrung. Am Anfang versäbelt man sonst viele davon. Das lösen der alten Lederkiele war wirklich keine schöne Arbeit, es ging aber. Lediglich eine der Kunststoffzungen riss und ein Dach der Holzzunge des Wittmayer hob sich ab, das konnte aber mit gutem Kleber repariert werden. Auch bei Wittmayer waren (sind) die Lederkiele verklebt. Dort in Holzzungen, was das Herauslösen noch erschwerte. Es macht sich am besten, die Kiele auf der Rückseite entlang der Fassung mit einem Skalpell einzuschneiden, soweit bis man den Leim durchdrungen hat.
Vorsichtig machen, nicht zu viel Druck aufbauen. Sonst kommt das oben im Beitrag benannte Problem ins Spiel. Danach die Zunge auf eine feste Unterlage legen und den Kiel von vorn nach hinten (durch)drücken. Am besten mit einer straffen Pinzette.
Leichte Bewegungen machen sich am besten (z.b. nach oben und unten). Stumpfer, gleichmäßiger Druck ist zu gefährlich und kann zum Brechen der Zungen oder deren "Dächer" führen. Ist der Kiel heraus, einfach nochmal vorsichtig auskratzen und die jetzt frei liegende Fassung von Resten befreien. Dann habe ich sowohl für die rechteckigen Fassungen der Sperrhake Zunge, als auch für die runde Fassung des Wittmayer rechteckige Einsätze in Form kleiner Würfelchen gebaut. Bei Sperrhake Zungen ist bereits ein kleiner Schlitz am oberen Ende der Zunge (evt schon für Delrin) eingearbeitet. Man muss also den Bereich des alten Lederkieles ausfüllen und kann dann den Delrinkiel darüber einschieben. Der Zupfpunkt muss korrigiert werden. Natürlich kein Problem. Bei Wittmayers rundem Loch bewährte sich nach einigem Versuchen ebenfalls ein eingeleimtes Würfelchen (die Rundstab-Variante war zu unpräzise einzurichten). Dieses wird waagerecht ausgerichtet und festgesteckt
(von hinten nach vorn! - so wie später der Kiel!), zum Schluss nur von hinten festgeleimt (ein kleiner, wieder ablösbarer Punkt empfiehlt sich - man weiß ja nie was noch kommt). Wenn man genau Maß nimmt (oder die entsprechende Leiste bereits hat - ich kaufte diese in einem Modellbau Shop. Nussbaum oder Buche ist günstig, da sehr hart) bleibt hier ebenfalls ein Schlitz der dem neuen Kiel entspricht. Ergebnis von 3 Tagen Arbeit: ein deutlicher Gewinn an Klang und Präzision. Neubekielung eben. Ich finde, wenn man handwerklich geschickt und geduldig ist, benötigt das nicht zwangsläufig einen Cembalobauer. Man weiß jedoch hinterher, dass dieser sein Geld nicht ohne Grund verlangt. Irgendwann hört es nämlich auch auf, Spaß zu machen.
. Dennoch, ich kann es nur empfehlen. Ebenfalls Geduld muss man für die Neueinstellung der Springer aufbringen. Wenn man ein Instrument aber einmal generalüberholt, versteht sich das von selbst. Beim Wittmayer Instrument war das wesentlich aufreibender als beim Sperrhake. Letzteres hat mit seinen eingeschraubten Piloten auf denen der Springer einfach auf Filz steht, die einfachere Konstruktion. Beim Wittmayer glättete ich zusätzlich noch jede Springerfassung im Tastenschwanz, da sich im Laufe der Jahre durch den Abrieb durch die Gewindeschrauben und Lederunterlegscheiben bedingt Holzteile / Fasern lösten. Nur wen es interessiert und wer sich in einer ähnlichen Lage befindet: abgeriebende kleine Lederunterlegscheiben müssen nicht unbedingt komplett erneuert werden. Versucht es einfach mal mit umdrehen. UND: Die Säuberung der Klaviatur und des Innenraums bewirkt Wunder. Habt einfach Mut, agiert aber nicht wie Holzfäller
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Zum Schluss beschwerte ich beide Tastaturen noch zu Gunsten eines besseren Spielgefühls (ohne Bohrungen und wieder ablösbar). Das kann man mögen, muss man aber nicht. Dem Instrument selbst tut man mit dieser Methode keinen Schaden.
Wittmayer erhielt je 5 Gramm.
Sperrhake an den schwarzen Tasten 10 Gramm. Die weißen Tasten des Sperrhake blieben so, da sich hier der Druckpunkt im Verhältnis zu Schwarz anders anfühlte, als bei Wittmayer. Wittmayer schreibe ich persönlich ein wesentlich besseres Spielgefühl zu, schon von Haus aus. Das Sperrhake Spinett spielt sich extrem leicht (und etwas "wackelig"), was äußerste Präzision im Spiel verlangt. Ich konnte dem zumindest etwas entgegenwirken. Bei Wittmayer ist die Mechanik komplexer, dafür deutlich im Vorteil.
Hoffe ich konnte noch dem einen oder anderen Helfen. Fragen beantworte ich gern. Anbei ein paar Fotos, die hoffentlich den Einen oder Anderen weiterbringen. Es ist bekanntermaßen schwer, reichlich detailierte Bilder zu finden.