Wie nennt man eine solche Akkordfolge?. Warum/Wie funktioniert sie?. Mit Hörbeispiel.

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Jsunderland
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Vorsicht. Hörbeispiele für Hartgesottene.

Mir fiel mal wieder etwas auf , dass mich schon lange beschäftigt.
Ulkigerweise gerade in einem Volksmusiklied.

Aber da ist es nunmal besonders deutlich.

http://www.youtube.com/watch?v=km-RIv1EM-g 1.52.

Die Akkorde gehen etwas in den Keller.

Wie kann man sich sowas ableiten?.

Einen beliebigen tiefen Akkord aus dem nichts zu nehmen , wird sicherlich nicht so ohne weiteres funktionieren.

http://www.youtube.com/watch?v=4ligr9aMFcQ

Hier noch ein Beispiel dass , zumindest meinem Musikgeschmack entspricht.
Nur hier fällt es weniger drastisch aus. Eher ein kleiner Schritt. Aber auch das funktioniert.

Ab. 2.23.

Kann mir jemand die Funktionsweise erläutern , oder mir einen Tipp geben?.

Würde mich sehr freuen.

Wie immer vielen Dank im voraus.
 
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Vorsicht. Hörbeispiele für Hartgesottene.

Och, da gibt's Schlimmeres... :D

http://www.youtube.com/watch?v=km-RIv1EM-g 1.52. Die Akkorde gehen etwas in den Keller.


Bei 1:52 beginnt eine Bridge, da höre nichts, was nach "in den Keller" klingt. Meinst du wirklich 1:52, wie du geschrieben hast?
Ansonsten ist der Refrain in F#-Dur, die Strophe in F#m...: F#m | E | F#m | E | Hm | F#m | D | E | F# (Dur!) | |. Außerdem besteht die Strophe aus 10 Takten, was eher ungewöhnlich ist. Ist es die Strophe, die du mit "[geht] in den Keller" meinst?

Harald
 
Ich glaube ich war etwas zu sehr von seiner Krawatte geblendet. :D.

Da wurde etwas kaputteditiert von mir. War ja auch schon spät. :D.

http://www.youtube.com/watch?v=h_9Se5JARn4 1.05. Da geht es in den Keller.

Der Gesang bleibt halbwegs gleich , aber die Akkorde gehen ins Tal.

Und genau solche Stellen funktionieren bei mir immer. Und ich frage mich eben immer warum genau , das so ist.

Sozusagen "unerwartete" Akkorde.
 
Könnte es sein, daß Du Harmonie mit "Sound" bzw. mit Instrumentierung verwechselst ?

Nur, weil Pauken oder etwas ähnliches dazukommen, ändert sich das harmonische Geschehen noch nicht ... das macht die Akkorde um nichts "unerwarteter" ...

LG, Thomas
 
Servus besammen!

Zu Paul Gilbert:
Die Stelle bei 2:23 ist erstmal das normalste auf der Welt, eine einfache Subdominante. In diesem Fall G-Dur (Gilbert hat seine Gitarre um einen Ganzton tiefer gestimmt).
Interessant sind aber die nächsten drei Akkorde. Bm, F, D. Besonders auffallend der Tritonus-Schritt zwischen Bm und dem F-Dur Akkord, welcher nicht mehr zur Tonart gehört und deshalb so überraschend bzw. auch öffnend wirkt. Erklären läßt er sich als erweitert terzverwandter Akkord zur Tonika D-Dur, die ja auch unmittelbar danach auftaucht.
Das Funktionssymbol dazu wäre: tP
Die ganze Akkorfolge demnach: S Tp tP T

Zu Pur:
Die Akkordfolge lautet B C#7 D#7 E B.
Die unerwartete Stelle in dieser Akkordfolge ist D#7 auf E. Der E-Dur ist zwar wiederum nur die Subdominante, aber die Art wie sie angesteuert wird ist das Besondere. D#7 ist eine Zwischendominante, von der wir erwarten, daß sie sich eigentlich nach G#m auflöst. Stattdessen verhält sie sich aber trugschlüssig (Molltrugschluß) und löst sich einen Halbtonschritt nach oben auf. Sozusagen der Klassiker musikalischer 'Täuschung'. ;)

Grüße
Hiatus
 
Die Akkordfolge lautet B C#7 D#7 E B.
Die unerwartete Stelle in dieser Akkordfolge ist D#7 auf E. Der E-Dur ist zwar wiederum nur die Subdominante, aber die Art wie sie angesteuert wird ist das Besondere. D#7 ist eine Zwischendominante, von der wir erwarten, daß sie sich eigentlich nach G#m auflöst. Stattdessen verhält sie sich aber trugschlüssig (Molltrugschluß) und löst sich einen Halbtonschritt nach oben auf. Sozusagen der Klassiker musikalischer 'Täuschung'. ;)

Grüße
Hiatus

Klasse. Genau so eine Antwort hatte ich mir erhofft.

Ich werde mich später intensiver damit befassen , und natürlich auch noch alle Beiträge bewerten.

Danke euch allen bis dahin. :great:.
 
1.05. Da geht es in den Keller.

Der Gesang bleibt halbwegs gleich , aber die Akkorde gehen ins Tal.

Und genau solche Stellen funktionieren bei mir immer. Und ich frage mich eben immer warum genau , das so ist.

Sozusagen "unerwartete" Akkorde.


Hallo Jsunderland,

bei 1:05 sind wir bei dem Wort "weit" und da taucht ein unerwarteter Akkord auf. Ich nehme an, daß Du das meinst.

Die Stelle wird vorbereitet durch:

---- E ----------- H -------- C# --------- D#
Ich flieg' *** ********, **** ** ***** ich her.

--- E -------- H ---------- E ------ H
So weit *********** ****** ***** allein.

---- E ------------ H -------- E ----- F#
Ich kann's nicht ********, zu ***** zu sein.
(Edit: Der Akkord bei "her" ist nicht F#, sondern D# (oben korrigiert). Daher ist das folgende einfache Erklärungsmodell hier so nicht anwendbar.)

Die unerwartete Wirkung geschieht genau genommen vorher, indem vorübergehend von der Tonart H in die Tonart der Dominanten F# ausgewichen wird. Dies geschieht durch Vorschaltung der Zwischendominanten (hier die Doppeldominante) C#.

Mit dem E (bei "weit") wird aber klargestellt, daß wir doch nicht in der Tonart F# bleiben, sondern wieder die ursprünglichen Tonart H-Dur gilt. Die aufgebaute Spannung löst sich an dieser Stelle auf.

Viele Grüße

Klaus
 
Hallo Klaus,

bist du dir beim Wörtchen 'her' mit dem F# ganz sicher? Auch nach wiederholtem Hören lotsen mich meine Ohren an dieser Stelle nach wie vor nach D#, wenn auch inzwischen vermutlich in erster Umkehrung. Meine schäbigen Laptop-Lautsprecher gehen unter 100 Hz ziemlich in die Knie, weshalb das mit der Baßlinie immer so einen Sache ist. :)

Grüße
 
Hallo Hiatus,

Du hast natürlich recht! Es ist D#, nicht F#, sorry! Der Weg vom Computer zum Keyboard ist bei mir einfach zu weit. ;)

Könnte man das jetzt so interpretieren, daß die Doppeldominante C# statt in in die Dominante F# in die verdurte Parallele D# trugschlüssig "aufgelöst" wird? Das wäre dann vor dem von Dir oben angeführten Moll-Trugschluß (D#-E) ein weiterer.

Viele Grüße

Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Jsunderland,
bei 1:05 sind wir bei dem Wort "weit" und da taucht ein unerwarteter Akkord auf. Ich nehme an, daß Du das meinst.

Genau diese Stelle meine ich.

In diesem Fall löst das E. , bei weit bei mir diesen "Aha-Effekt" aus.

Viele Grüsse.
 
Könnte man das jetzt so interpretieren, daß die Doppeldominante C# statt in in die Dominante F# in die verdurte Parallele D# trugschlüssig "aufgelöst" wird? Das wäre dann vor dem von Dir oben angeführten Moll-Trugschluß (D#-E) ein weiterer.

Das wäre natürlich eine Möglichkeit, allerdings wirkt bei D# die exponierte Terz im Baß ein wenig gegen den Auflösungsgedanken. Und D# ist ja nun auch wirklich weit draußen. Normalerweise lösen sich Zwischendominanten, insofern sie sich trugschlüssig verhalten, ja trotzdem in einen diatonischen Akkord auf.
Meiner Meinung nach ist es vor allem aber das Sequentielle, das die Stelle zusammenhält. Die Grundtonfortschreitung ist ja mit I,II,III,IV stufenweise diatonisch, die verwendeten Akkorde sind es aber nur zur Hälfte. Letztlich wird ja einfach nur ein Durdreiklang verschoben.
Eigentlich ist es fast schon der Eindruck einer Modulation, der hier entsteht. Nur eben daß sie nicht eingelöst wird. Vielleicht auch gerade deshalb ist der trugschlüssige Wiedereintritt der Subdominante gar so überraschend.

Grüße,
Hiatus
 
Eigentlich ist es fast schon der Eindruck einer Modulation, der hier entsteht. Nur eben daß sie nicht eingelöst wird. Vielleicht auch gerade deshalb ist der trugschlüssige Wiedereintritt der Subdominante gar so überraschend.

Eine passende Beschreibung dafür, wie auch ich diese Passage empfinde, bzw. genauer:

Die erste kleine Überraschung besteht darin, daß mit dem C# der diatonische Bereich verlassen wird und die verdurte zweite Stufe (Doppeldominante) Verwendung findet. Nicht so ungewöhlich und normalerweise geht es über die Dominante (F#) mehr oder weniger direkt zur Tonika zurück.
Das entspräche dieser Version, bei der der Melodieton auf "ich" zum "c#" (statt "d#") angepaßt würde.


---- E ----------- H -------- C# --------- F#
Ich flieg' dir ********, **** da ****' ich her.

--- E -------- H ---------- E ------ H
So weit *********** ****** ***** allein.
Doch auch diese Erwartungshaltung wird nicht eingelöst. Statt F# kommt D#, also die verdurte dritte Stufe. Wieder kein diatonischer Akkord!
Ansich wäre dieser relativ entfernte Akkord nicht sehr ungewöhnlich, wenn er gleich nach der Tonika käme. Warum? Weil er direkt zur Moll-Parallele führt.
(Beispiele: Yesterday (Beatles), Love me tender (Presley, Refrain), Love me (Polnareff), L'Hymne à l'amour (Piaf))

Nach der verdurten zweiten Stufe ist die verdurte dritte allerdings zunächst ziemlich ungewöhnlich. Kommt jetzt die harmonisch logische Auflösung? Das wäre am ehesten eine Modulation in die Quinte darunter, hier also G#. Die könnte, dem Charakter des Songs entsprechend, über die Subdominate C# erreicht werden:

---- E ----------- H -------- C# --------- D#
Ich flieg' dir ********, **** da ****' ich her.

--- C# -------- G# --------- C# ---- G#
So weit *********** ****** ***** allein.

---- C# ----------- G# -------- D# ---- G#
Ich kann's ***** ********, zu ***** zu sein.
Der höchste Melodieton auf "weit" (und danach) wäre das c#.

Doch wir werden wieder enttäuscht. Es gibt keine Modulation. Statt dessen bietet überraschenderweise das harmonisch bisher unlogische, aber formal einfache Fortschreiten in Dur-Stufen eine verblüffend plausible Lösung:

Wir erreichen mit nach H, C#, D# mit dem einfachen E als Subdominante der Ausgangstonart H wieder die Heimat der Tonika und zudem ist D#-E der Moll-Trugschluß. Durch den Ausflug in zwei nicht-diatonische Akkorde hätte man es kaum für möglich gehalten, daß die gewöhnliche Subdominate E so überraschend klingen kann und im Gesamtzusammenhang dennoch sehr plausibel ist.

---- E ----------- H -------- C# --------- D#
Ich flieg' dir ********, **** da ****' ich her.

--- E -------- H ---------- E ------ H
So weit *********** ****** ***** allein.

---- E ------------ H -------- E ----- F#
Ich kann's ***** ********, zu ***** zu sein.
Ich hoffe diese Sicht ist nachvollziehbar bzw. gäbe es andere Sichtweisen oder Erwartungshaltungen?

Viele Grüße

Klaus
 
Hi Klaus,

eine andere Möglichkeit einer harmonischen Deutung besagter Stelle wäre, den B/D# (B=H) als bIII Stufe von G# Moll zu deuten. Danach käme mit den Akkorden C#/E# und D#/F## die Bedeutung einer auf Melodisch Moll beruhenden authentischen IV V Bewegung zu, die sich trugschlußmäßig in die bVI Stufe auflöst.

Also Stufenbewegung bIII | IV | V | bVI in G#Moll.
 
Hi Cudo,

ich vermute, daß Deine Deutung von dem Gedanken getragen ist, daß MMA (melodisch Moll aufwärts) wohl die einzige einigermaßen gängige siebenstufige Tonleiter ist, in der die Akkorde H, C#, D#, E als Stufendreiklänge vorkommen können.

M.E. sprechen aber zwei Gründe gegen eine solche Deutung:

Die Grundtonempfindung der Passage ist eindeutig H. Der Grundton wird im höchsten Melodieton mehrfach wiederholt, während ständig auch die plagale Kadenz wiederholt wird. Zur entgültigen Bestätigung treten mit T-S-D (H-E-F#) am Schluß des Abschnitts zudem noch alle drei Hauptfunktionen auf.

Die Melodie verwendet ausschließlich die Töne von H-Dur, und zwar allesamt. Würde man die Passage als MMA (G#-Moll) deuten, sollten statt e und f# eher e# und f## in der Melodie Verwendung finden. Das ist aber nicht der Fall.

Dennoch danke für Deinen Hinweis, der die vier Ganztonschritte von MMA in das Bewußtsein rückt. Möglicherweise habe ich aber nicht alle Aspekte Deines Gedankengangs erfaßt.

Viele Grüße

Klaus

P.S.: Noch eine weitere Überlegung:

Man könnte versuchen, die o.g. Akkordfolge (Song) aus der Grundkadenz (I-IV-V-I) herzuleiten, der wohl schlüssigsten Kadenz.

Code:
Grundkadenz:                            I - IV -  V  - I
IV und V durch Moll-Parallelen ersetzt: I - ii - iii - I
verdurt:                                I - II - III - I
"Modellkadenz" des Songs:               I - II - III - IV - I
Begründung der "Modellkadenz": Die Schlußwirkung III - I ist nicht überzeugend. Es muß ein Akkord eingefügt werden. Am ehesten kommt die V (authentischer Schluß) oder die IV (plagaler Schluß) in Frage.
Der Übergang III - V wirkt in diesem Zusammenhang kaum verbindend (obwohl kleinterzverwandt), eher nebeneinandergesetzt. (Liegt woh an g# und g.) Beim Übergang III - IV hingegen liegt der Moll-Trugschluß vor, eine Verbindung von funktioneller Bedeutung. Der darauffolgende plagale Schluß hat zwar keine so starke Schlußwirkung wie der authentische, doch er ist noch stark genug. Er ist auch nicht ganz so abgedroschen und wird im Song durch Wiederholung sogar zu einem Charakteristikum erhoben.

Ich hoffe, es ist etwas deutlicher geworden, wie eine solche Akkordfolge funktioniert.
 

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