Wie lang ist ein Halbtonschritt?

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Ich lerne seit ein paar Jahren Cello und bin nun bei der chromatischen Tonleiter angekommen. Nicht, dass die für mich neu wäre, aber auf dem Cello hatte ich sie bisher nicht. Dabei stelle ich fest, dass meine Halbtonschritte zu klein sind. Dafür gibt es naheliegende mechanische Gründe, aber mein Gehört weiß es auch nicht besser.

So kommt es, dass wenn ich ohne Hilfe eine chromatische Tonleiter spiele, gerne 13 statt 12 "Halbtonschritte" in eine Oktave passen. Einer dieser Schritte bekommt statt der korrekten 100 Cent nur etwa 92 Cent. Das ist ein Unterschied, der im Vergleich sehr deutlich zu hören ist, aber absolut ist es weniger als 1/10 zu kurz. Ich bin nicht überzeugt, dass ich bei zwei Tönen, die so wenig von einander abweichen, den richtigen Halbtonschritt auswählen könnte.

Beim normalen Spielen ist das alles kein Problem. Im Zweifel fällt der abweichende Halbtonschritt unter "expressive Intonation". Zu Überraschungen kommt es nur, wenn zu viele der zu kurzen Schritte aufeinander folgen. Wie eben in der chromatischen Tonleiter.

Ich gehe davon aus, dass dieses Problem mit weiterem Üben irgendwann einfach verschwinden wird. Ich suche auch keine Beratung, sondern schreibe dies als Beginn einer Plauderei. Deshalb auch an dieser Stelle und nicht unter Gehörbildung oder bei den Streichern.
 
Eigenschaft
 
Hallo @murmichel,

Dein grundlegendes Problem lässt sich ganz leicht mathematisch begründen:
Wenn Du Dich in Halbtonschritten von Ton zu Ton hangelst, dann addieren sich die Fehler auf!
Mag ein einzelner Halbtonschritt noch leidlich passen, wird der Fehler immer größer und wenn Du die Schritte immer ein wenig zu kurz nimmst, wird das Ergebnis immer falscher, je weiter Du Dich vom Obersattel entfernst.

Außerdem lässt sich Deine Frage "wie lang ist ein Halbtonschritt" nicht so ohne weiteres beantworten, weil die Halbtonschritte ja im Verlauf des Halses immer kürzer werden - schau Dir mal die Bundabstände bei bundierten Instrumenten an.

Abgesehen von Feinheiten wie "Fis ist nicht gleich Gis", reine Intonation vs. gleichstufige Stimmung usw. liegt hier ein grundlegendes Problem vor, das vor allem eine Lösung hat:
Statt sich die Schrittweite zu merken (wie gesagt: Fehler addieren sich dann auf), solltest Du Dir die jeweils Positionen auf dem Griffbrett merken.
Als Hilfe könnte man kleine Markierungen (wie Bünde) am Griffbrettrand anbringen - vor allem bei Kontrabässen sieht man das recht häufig.

Inwiefern das didaktisch problematisch ist, weil man dann dazu neigt, sich immer nur optisch zu orientieren, vermag ich nicht zu sagen.

Bei der Posaune mit ihrem stufenlosen Zug hat man ähnliche Probleme.

Statt die Positionen auszurechnen und mit dem Maßband abzumessen, ist es sehr viel einfacher und zielführender, ein Stimmgerät zu nutzen.

Zum Thema Gehörbildung:
Intervalle wie Oktave, Quinte oder Quarte lassen sich sehr viel leichter hören als ein Halbtonschritt.
Im Zusammenspiel (sprich: Zusammenklang) mit anderen sind auch Abweichungen viel besser zu hören und auszugleichen, was aber beim Üben allein zu Hause auch nicht viel hilft.
Auch der Vergleich mit einem Tasteninstrument könnte hier hilfreich sein.

Interessant (um Deine Denk- bzw. Herangehensweise zu verstehen) ist Deine Aussage
wenn ich ohne Hilfe eine chromatische Tonleiter spiele, gerne 13 statt 12 "Halbtonschritte" in eine Oktave passen.
Du scheinst also bis zu Oktave weiterzuspielen (wie? Hörst/erkennst Du die Oktave?) und brauchst allerdings 13 statt der 12 Schritte, um dorthin zu gelangen.
Ansonsten wäre das Ergebnis, dass Deine Oktave (nach 12 Schritten) zu klein ist.

Rein rechnerisch liegt die Oktave genau in der Mitte der Saite (zwischen Obersattel und Steg).
Die Abstände lassen sich hieraus berechnen (wenn Du nicht weißt, wie, kannst Du gerne nachfragen) oder eben per Stimmgerät bestimmen.
Bei gleichstufiger Stimmung (immerhin eine gute Ausgangsbasis, auch wenn die bei Streichinstrumenten nicht der Weisheit letzter Schluss ist) ist klar, dass eine Oktave dem Faktor 2 entspricht (frequenzmäßig) bzw. die schwingende Saitenlänge halbiert werden muss. Wenn man die Frequenzen betrachtet, die ja umgekehrt proportional zur Saitenlänge sind, entspricht ein Halbtonschritt der 12. Wurzel aus 2, so dass alle Faktoren, miteinander multipliziert, nach 12 Schritten die 2 ergeben.

Ich wäre also für Markierungen am Griffbrettrand als Hilfe für den Einstieg.
Egal wie - die absoluten Positionen auf dem Griffbrett sind wichtig, denn ansonsten addieren sich, wie gesagt, die Fehler auf.

Viele Grüße
Torsten
 
Bei der Posaune mit ihrem stufenlosen Zug hat man ähnliche Probleme.
Dem stimme ich zu, beim Posaune lernen wird aber auch eine wichtige Weisheit gelehrt. Du musst dir den Ton vorstellen können den du spielen willst, sonst klappt es nicht. Ich selbst kenne mich mit dem Cello nicht aus, aber vermutlich wird man auch dort minimale Abweichungen korrigieren können. Du musst wissen wie der Ton klingt, dann ist es eine Sache der Erfahrung die eben darüber entscheidet wie genau man ihn trifft.

Also nicht verzweifeln und schön üben. Du solltest dir auch darüber bewusst sein das vermutlich von 100 Zuhörer im Raum 99 3/4 Zuhörer überhaupt nicht hören würden wenn du ein paar Hz daneben liegst. Davon abgesehen ist es mit analogen Instrumenten unmöglich immer genau zu spielen da sie sich immer natürlich etwas verstimmen, alleine schon durch die Temperaturänderung während du spielst.
 
Dein grundlegendes Problem lässt sich ganz leicht mathematisch begründen:
Wenn Du Dich in Halbtonschritten von Ton zu Ton hangelst, dann addieren sich die Fehler auf!

Hallo @Be-3, das ist mir alles völlig klar. Ich befürchte, meine lockere Formulierung mit "wie lang" hat das etwas verwischt. Mit Gehörbildung bin ich dran und bei Intervallen inzwischen auch ganz gut. Ich habe zwar durchaus auch noch Probleme mit der Gehörbildung, aber dazu schreibe/frage ich vielleicht gelegentlich an geeigneter Stelle, nicht hier in der Plauderecke.

Statt die Positionen auszurechnen und mit dem Maßband abzumessen, ist es sehr viel einfacher und zielführender, ein Stimmgerät zu nutzen.
Griffbrettmarkierungen wären praktisch kaum eine Hilfe, weil die Unterschiede beim einzelnen Halbtonschritt so klein sind im Verhältnis zur Dicke der Fingerspitze. Interessant wären Markierungen daher nur, um einen Zielpunkt im Terz- oder Quartabstand zu haben. Aber auch das würde letztlich in die falsche Richtung gehen, weil das Ziel ja nicht ist, die richtigen Positionen visuell zu finden, sondern klanglich und später automatisch-motorisch.

Die Streicher schauen auf Stimmgeräte (anscheinend) ein wenig herab, aber ich finde es als Kontrollinstrument hilfreich.

Intervalle wie Oktave, Quinte oder Quarte lassen sich sehr viel leichter hören als ein Halbtonschritt.
Im Zusammenspiel (sprich: Zusammenklang) mit anderen sind auch Abweichungen viel besser zu hören und auszugleichen, was aber beim Üben allein zu Hause auch nicht viel hilft.
Auch der Vergleich mit einem Tasteninstrument könnte hier hilfreich sein.
Ich bin auch bei Quarte und Quinte nicht sicher, ob ich 5 bis 10 Cent Abweichung vom gleichstufig richtigen Interval hören würde. Wenn ich diese Intervalle "freihändig" stapeln müsste würde also am Ende ein ähnlicher Fehler heraus kommen. Wenn ich mich nicht irre, ist für Quarte und Quinte sogar der Unterschied zwischen reiner und gleichstufiger Stimmung größer als 10 Cent.

Was mir beim Spielen/Hören tatsächlich hilft, ist ein Pedalton mit meinem Startpunkt, weil ich dann zumindest die konsonanten Intervalle nach Gehört prüfen kann, um nicht allzu weit aus der Spur zu laufen.

Du musst dir den Ton vorstellen können den du spielen willst, sonst klappt es nicht. Ich selbst kenne mich mit dem Cello nicht aus, aber vermutlich wird man auch dort minimale Abweichungen korrigieren können. Du musst wissen wie der Ton klingt, dann ist es eine Sache der Erfahrung die eben darüber entscheidet wie genau man ihn trifft.
Genau das ist der Knackpunkt. Bei den meisten Intervallen habe ich eine bessere klangliche Vorstellung als bei der kleinen Sekunde/Halbtonschritt. Meine Vorstellung lässt bei den ersten Tönen von "Kommt ein Vogel geflogen" und "Für Elise" einen beträchtlichen Spielraum zu, bevor es falsch klingt.
 
Wie wäre es, wenn du deiner klanglichen Vorstellung nachhilfst, indem du den Ton vorspielen lässt und dann nachspielst, zur Kontrolle dann gemeinsam? Damit meine ich nicht unbedingt, durch einen Menschen vorspielen lassen, ein Soundgenerator würde wahrscheinlich ausreichen ...
 
Meine Vorstellung lässt bei den ersten Tönen von "Kommt ein Vogel geflogen" und "Für Elise" einen beträchtlichen Spielraum zu, bevor es falsch klingt.
Das ist doch ein guter Ansatz, genau so machen wir als Bläser es ja auch. Wir haben über Jahre die Intervalle geübt und ich verbinde jeden Intervall mit einer Melodie die ich kenne. Wie klappt es mit den Halbtönen eigentlich in echten Lieder die du spielst? Eine Tonleiter spielen ist ja eher etwas theoretisches. In kaum einen praktischen Stück spielt man Halbtöne hintereinander die ganze Tonleiter. Und solche Dinge wie ein Glissandi ist dann wohl eher eine Übungssache.

Der Ratschlag von @lil ist auch sehr gut. Wenn du ganz sicher gehen willst kann auch ein Stimmgerät ein guter Helfer sein. Wobei es aber bei Instrumenten wie Posaune und Cello eben nicht nur darum geht den Ton exakt zu treffen (ich glaube sogar es wird überbewertet). Viel wichtiger ist den musikalischen Zusammenhang zu spielen. Wenn du nicht gerade Solo spielst, dann wirken alle Töne ja auch aufeinander und ziehen sich an bzw. stoßen sich auch ab.

Dazu vielleicht ein kleiner Tipp. Wenn du jemanden anderen noch hast, dann spielt doch gemeinsam mal Intervalle. Beispiel dein Mitspieler fängt mit einem c an und du spielst die Quinte g dazu. Dann arbeitet ihr euch Ton für Ton hoch. Ihr könnt auch die gleichen Töne spielen. Und achte ganz genau darauf wann der Intervall genau stimmt. Das ist wie ein magischer Moment wo zwei Instrumente gemeinsam den perfekten Intervall spielen.
 
Wie wäre es, wenn du deiner klanglichen Vorstellung nachhilfst, indem du den Ton vorspielen lässt und dann nachspielst, zur Kontrolle dann gemeinsam? Damit meine ich nicht unbedingt, durch einen Menschen vorspielen lassen, ein Soundgenerator würde wahrscheinlich ausreichen ...
Ja, ich habe mir die chromatische Tonleiter inzwischen in der DAW zusammen geklickt.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Wie klappt es mit den Halbtönen eigentlich in echten Lieder die du spielst?
Kein Problem, aber da ist der Halbtonschritt auch in einem melodischen Zusammenhang. Hinzu kommt, dass sich in einem Stück die Abweichungen nicht so leicht akkumulieren. (Obwohl ich das natürlich auch kenne, wenn ich aus einer höheren Lage zurück komme und dann ein Ton auf der Leersaite nicht mehr passt. Oder auch, dass "oben" der Flageolettton nicht passt.)

Wie schon anfangs geschrieben, ich kämpfe nicht mit einer gefühlt unüberwindlichen Schwierigkeit. Durch spezifisches Üben werde ich das hoffentlich in absehbarer Zeit hinbekommen. Ich habe für mich einfach festgestellt, dass ich Halbtonschritte schwieriger finde als andere Intervalle und wollte darüber plaudern.
 
Zuletzt bearbeitet:
So kommt es, dass wenn ich ohne Hilfe eine chromatische Tonleiter spiele, gerne 13 statt 12 "Halbtonschritte" in eine Oktave passen.
Auf einer Saite oder mit Saitenwechsel? Ich frage das, weil beide Fälle zur Bewältigung unterschiedliche Taktiken erfordern
Auf einer Saite, obwohl dieser Fall bei dem üblichen Fingersatz nur auf der höchsten Saite auftritt. Auf den tieferen Saiten ist üblich Leersaite-1-2-3-1-2-3, d.h. zur Quinte komme ich wieder bei der nächsten Leersaite an.

Ich habe inzwischen die Zeit genutzt und weiter geübt. Nach ein paar Aufwärmrunden bekomme ich die mechanische Unterteilung bis zur nächsten Leersaite ganz gut hin. Gehörmäßig, also nach dem Klangeindruck, könnte ich aber vermutlich einen echten Halbtonschritt nach wie vor nicht von einem abweichenden unterscheiden.

Ich würde die Plauderei auch gerne weg von der praktischen Frage am Instrument und hin zum Klangeindruck verschieben. Es ist ja durchaus ein Unterschied, ob ich ein Intervall erkennen kann oder ob ich es mir auch exakt vorstellen kann. Ganz zu schweigen davon, ob ich es singen könnte. Meine Stimme ist völlig untrainiert und ich habe schon darüber nachgedacht, ob ich nur für die Gehörbildung ein paar Stunden Gesangsunterricht nehmen sollte. Das wäre allerdings eine Überwindung.
 
Meine Stimme ist völlig untrainiert und ich habe schon darüber nachgedacht, ob ich nur für die Gehörbildung ein paar Stunden Gesangsunterricht nehmen sollte. Das wäre allerdings eine Überwindung.
... die sich aber durchaus lohnen kann. Auch gut für Zwischendurch und überhaupt: https://www.roland.com/de/products/vt-12/
Für Gesang und Gehörtraining allgemein halte ich das Gerät für sehr ordentlich, für die Intonation auf einem Instrument würde ich aber doch eher ein "richtiges" Stimmgerät (oder eine passende App) wählen, das wird feiner auflösen. Wobei Streicher ohnehin gerne die Leittöne zu scharf nehmen... (und weg...)
 
Wohl war ;) ...
Aber ist schon klar: Gemeint war natürlich "Ges".

Ja, danke, gemeint war tatsächlich Ges. :eek:
Lässt sich leider nun nicht mehr korrigieren, aber zumindest war die Aussage nicht falsch, wenn auch in dem Zusammenhang sinnlos. :redface:

Viele Grüße
Torsten
 
Du darfst die chroamtische Tonleiter nicht als Abstraktum ansehen. Du musst im Ohr bereits die Anzahl der Stufen und den Zielton haben.
Z.B. mit folgender Übung über den Akkord C7 -->

1629744278254.png
 
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Bei mir reicht's auch nur für's Schafe-Verjagen am Deich, aber es geht ja auch mit Summen...
 
Meine Stimme ist völlig untrainiert und ich habe schon darüber nachgedacht, ob ich nur für die Gehörbildung ein paar Stunden Gesangsunterricht nehmen sollte. Das wäre allerdings eine Überwindung.
Wenn du das machen willst, dann würde ich dir dazu raten einen Chor vor Ort zu besuchen. Sofern dort ein fähiger Chorleiter/Kantor anwesend ist, dann bist du dort bestens aufgehoben und kannst vermutlich sogar weitere musikalische Probleme ansprechen. Netter Nebeneffekt neben dem Lernen sind auch die Kontakte die man knüpft und es kostet in der Regel keinen Cent.
 
Ich bin auch bei Quarte und Quinte nicht sicher, ob ich 5 bis 10 Cent Abweichung vom gleichstufig richtigen Interval hören würde.
Warum fängst Du nicht in kleineren, musikalisch auch sinnvoller nutzbareren Intervallen an? Dann kannst Du schon nach 7 Halbtönen mit der nächsten Leersaite vergleichen und ggf. korrigieren? Wenn Du alle Töne auf einer Saite spielen willst, vergleichst Du den 12. Halbtonschritt mit Deinem Startton (Leersaite). Auch hier wieder prüfen und korrigieren, anstatt einen 13. HT dazuzupfuschen.

Gruß,
glombi
 
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@murmichel Es gibt auf YT diverse Intervall-Songs, mein liebster ist von Django Bates und fängt direkt mit der kleinen Sekunde an...
Einfach jeden Tag mitsingen, das lohnt sich. Du merkst Anzeichen von Erfolg, wenn Du das nächste Intervall voraushören kannst und beim Blick in deine Noten in dir ein Klang entsteht.
Gesangsunterricht ohne Freude am Singen macht keinen Sinn. Für deinen Zweck geht es auch nicht um die Stimme, sondern nur ums Töne treffen und etwas Gehörbildung.

 

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