Hi, Systray,
dein Interesse in allen Ehren (und vielleicht ist es in Belgien ja anders), aber zum "dazuverdienen" taugt die (Live-)Tontechnik eigentlich nicht.
Wenn du bei kleinen Bands einsteigst, gibts da einfach gar kein Geld - die jungen Bands haben keins und sind auch nicht bereit es für einen Mischer auszugeben, die kaufen lieber ein paar neue Saiten oder Felle...
Die Bands, die das Geld haben und sich des Werts eines eigenen und guten Mischers bewusst sind (also Zug auf grössere Bühnen haben), die nehmen keinen Neueinsteiger, sondern holen sich erfahrene Leute, die dann auch Kontakte haben und Fehler der Band ansprechen und korrigieren können (nicht nur musikalisch, sondern eben auch von der Show, vom Auftreten, vom Verkauf...).
Aber du kannst dann in Jugendzentren mit überfordertem Material versuchen mehr Lärm als die Bühne und das Publikum zu entwickeln, mußt immer erst zum Soundcheck da sein und fährst selten länger als ne halbe/dreiviertel Stunde. Ein Bier und ne halbe Pizza umsonst, ansonsten eben Zeitvertrieb mit Freunden.
Wenn du viel Glück hast, lernst du dabei irgendwann nen PA-Verleiher kennen, der dich mal für was anderes und tatsächlich für Geld bucht oder, wenn du genug Erfahrung gesammelt hast, fällst du mit Riesenglück mal ner Band positiv auf, die ins Vorwärtskommen zu investieren bereit ist - wenn du das Zeug dazu hast.
Wenn du (ungelernt) bei PA-Companies (oder selbständigen Showbands mit eigenem Material) einsteigst, wirst du erstmal nicht wirklich mischen, sondern bestenfalls den In-Ear-Platz einer Coverband verwalten - was heißt, daß du bei typischen 16-20 Stundentagen mehrere Stunden Anfahrt hast, mit zu wenigen Leuten in zu kurzer Zeit zu viel Material aufbauen mußt, dann vor Ort abhängst, ne kalte Currywurst reindrehst, dich beim Sound-Check mit deinem sowieso voreingestellten Pult langweilst, während der Show Besoffene von der Bühne komplimentierst, danach hundemüde wieder viel zu viel Material abbauen mußt, noch die Rückfahrt vor dir hast und dir schon mal überlegen kannst, ob du am Lager im Auto erst mal pennst oder doch lieber im Sekundenschlaf nen Abflug von der Piste machst. Das ganze Vergnügen für einen umgerechneten Stundenlohn von Haustür bis Haustür wie bei Aldi an der Kasse - je nach Landstrich sogar weniger... Is ja auch klar, die Companies kriegen heute so billig ihre Lehrlinge, die sie mehr oder weniger bedenkenlos auf solchen Jobs verheizen können, daß sie nicht mehr bereit sind viel in externe frei Mitarbeiter zu investieren, ausser an den Stellen, wo es eben nicht anders geht.
Wenn du der company/Band lange genug treu bleibst, kannst du vielleicht irgenwann mal an den Frontplatz einer noch kleineren Nachwuchs-Coverband wechseln, was etwas mehr Geld bringt und interessanter und lehrreicher ist, aber sonst nicht viel ändert. Dann kannste dich langsam hochhangeln...
Es muß dir halt klar sein, daß die Konkurrenz heute einfach riesig ist und du ungelernt erst ab einem (Erfahrungs- und Eignungs-) Niveau (und Beziehungsgeflecht!) wirklich Geld verdienen kannst, das du praktisch nur durch jahrelange "Knechtschaft" erreichen kannst.
Ob du dafür den Idealismus mitbringst, kannst du nur selbst entscheiden - aber das Geldverdienen solltest du jedenfalls nicht als wesentliches Kriterium sehen...
Ich oute mich jetzt mal als vollberuflicher freier Tonmann - und das schon ununterbrochen seit 15 Jahren, und ja, es ist mein Traumberuf! - vielleicht will ich mir ja nur die junge Konkurrenz vom Hals halten, wenn ich die Einsteigerjobs so runtermache...?
ciao, Deschek