Wie "funktioniert" diese Melodie? Seltsames Tonmaterial

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Alpha
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Hallo,

ich hoffe, die Frage ist nicht zu komisch:

Folgende Melodie (nicht meine Komposition - siehe Anhang) deckt ein sehr seltsames Tonmaterial ab: Es kommen die Töne E, F, F# und G vor, es klingt jedoch alles sehr harmonisch. Dass moduliert wird, höre ich eigentlich nicht - kann mich jemand aufklären, wie das also sein kann? Das Tonmaterial vom Anfang würde ich auf E-Moll einschätzen, aber das danach spricht fast für D-Moll - die zwei Akkorde passen aber nicht zusammen in eine Tonart...
 
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Hallo,

ich hoffe, die Frage ist nicht zu komisch:

Folgende Melodie (nicht meine Komposition - siehe Anhang) deckt ein sehr seltsames Tonmaterial ab: Es kommen die Töne E, F, F# und G vor, es klingt jedoch alles sehr harmonisch. Dass moduliert wird, höre ich eigentlich nicht - kann mich jemand aufklären, wie das also sein kann? Das Tonmaterial vom Anfang würde ich auf E-Moll einschätzen, aber das danach spricht fast für D-Moll - die zwei Akkorde passen aber nicht zusammen in eine Tonart...

Komische ist die Frage überhaupt nicht. Höchstens die 7-taktige Form. :)

Das Tonmaterial deckt im ersten Teil den 0-Vorzeichen und im 2. Teil den 1-Vorzeichen Tonraum ab.
Ich habe für den 1# Tonraum A Dorisch als Moll Tonika zugedacht. Das ist ein bisschen tricky, da der Akkord A-7 in Kombination mit dem darauffolgenden D7 gleichzeitig ein II-7 V7 Pattern abgibt. Dieses wird nun tonal sequenziert, und zwar so, dass das 2. Sequenzglied praktisch II-7b5 V7/I- in A Moll ergibt.
Der Wechsel in den 0-Vorzeichen Bereich erfolgt durch den rel.II-7 V7 Pattern der zur bIII Stufe von A Moll führt. Die bIII Stufe selbst bildet mit der darauffolgenden bVI Stufe wiederum eine tonale Sequenz die mit dem erneuten II-7b5 V7/I- Pattern ihren Abschluss findet. Das Ganze dreht im Kreis.

Auf Deutsch:

|| A-7 D7 | B-7b5 E7b9 | A-7 D7 |
| D-7 G7 | Cma7 Fma7 | B-7b5 | E7b9 ||

Das ist eine von vielen Möglichkeiten diese Melodie zu harmonisieren.

Hörbeispiel


CIAO
CUDO
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Tonmaterial deckt im ersten Teil den 0-Vorzeichen und im 2. Teil den 1-Vorzeichen Tonraum ab.
Ich habe für den 1# Tonraum A Dorisch als Moll Tonika zugedacht. Das ist ein bisschen tricky, da der Akkord A-7 in Kombination mit dem darauffolgenden D7 gleichzeitig ein II-7 V7 Pattern abgibt. Dieses wird nun tonal sequenziert, und zwar so, dass das 2. Sequenzglied praktisch II-7b5 V7/I- in A Moll ergibt.
Der Wechsel in den 0-Vorzeichen Bereich erfolgt durch den rel.II-7 V7 Pattern der zur bIII Stufe von A Moll führt. Die bIII Stufe selbst bildet mit der darauffolgenden bVI Stufe wiederum eine tonale Sequenz die mit dem erneuten II-7b5 V7/I- Pattern ihren Abschluss findet. Das Ganze dreht im Kreis.

Auf Deutsch:

|| A-7 D7 | B-7b5 E7b9 | A-7 D7 |
| D-7 G7 | Cma7 Fma7 | B-7b5 | E7b9 ||

Erst mal vielen Dank für die ausführliche Antwort (und das super Hörbeispiel!) :)

Ich gebe gleich ganz offen zu, dass ich zwar im groben verstehe, was du mir sagen willst, aber einige Akkordnotationen noch nie gehört habe bzw. nicht wüsste, wie man sie konstruiert; daher können einige der folgenden Fragen etwas befremdlich sein.

1. Ist der erste Takt (bei der "auf Deutsch"-Harmonieangabe) leer, weil dort noch die Grundtonart vorherrscht, oder wegen der Siebentaktigen notierweise?

2. Da du von keinen Vorzeichen ausgehst, bedeutet das - sofern ich meinen Quintenzirkel noch recht im Kopf habe - Am bzw C-Dur als "Starttonart". Nun - wie kommst du darauf? Es klingt definitiv richtig, aber vom rein verwendeten Tonmaterial her wäre ich eher auf E-Moll gekommen, da F# ja in Am egtl nicht vorkommt.

3. B im Englischen Sinne nehme ich an, also egtl. H?

4. Was beschreibt "II-7 V7" bzw "II-7b5 V7/I"? Akkordstufungen werden ja rein römisch notiert, das schließe ich also aus - wäre bei Grundtonart Em II-7 demnach Fis7? Bedeutet "b5" die fünfte Stufe des Akkords als Basston? Was zeigt dann V7/I an?

5. Analog: "rel." = ?

6. Ich hoffe es ist nicht zu doof: Was sind die "Schlüsseltöne", die den Harmoniewechsel einleiten? Am und Dm sind ja per se kompatible Tonarten, aber sobald der Startton der Melodie das A ist (sprich eben in Takt 5) klingt F# tonartfremd und F "richtig". Ist das der ganze Trick, was die Melodieführung (nicht den harmonischen Unterbau) angeht? Mir geht es ja vor allem darum, elegante Tonartspielereien zu lernen, nicht nur fremde nachvollziehen zu können :redface:

Sparvariante wäre

1-4 = E Moll
5-7 = F-Dur

Die Idee hatte ich auch schon, allerdings klang es bei reiner Betrachtung der Harmonien dann doch arg dissonant.

Meine Vermutung war ja eigentlich | Em | Dsus2 | Em | C Asus2| F | Dm | C | E |, aber dann muss ich von E nach Em, und zudem klingt die A7-Harmonie von CUDO II VIEL besser als die Mit Dm.

Danke jedenfalls noch mal euch beiden :)
 
Vielleicht ja auch diese Version:

// Em7 A7 / Am7 D7/
Gmaj C maj / F#HV B7 /
Em7 Eb7 / Dm7 G7 /
C maj Cmaj / Turnaround F#m7 B7 //


Hoffe, ich habe mir in der Eile und ohne Klavier keinen Blödsinn zusammengesponnen ...

LG, Thomas
 
Erst mal vielen Dank für die ausführliche Antwort (und das super Hörbeispiel!) :)
1. Ist der erste Takt (bei der "auf Deutsch"-Harmonieangabe) leer, weil dort noch die Grundtonart vorherrscht, oder wegen der Siebentaktigen notierweise?


Nein. Das ist ein Missverständnis. Das ist kein leerer Takt, sondern ein Takt-Doppelstrich. :))

2. Da du von keinen Vorzeichen ausgehst, bedeutet das - sofern ich meinen Quintenzirkel noch recht im Kopf habe - Am bzw C-Dur als "Starttonart". Nun - wie kommst du darauf? Es klingt definitiv richtig, aber vom rein verwendeten Tonmaterial her wäre ich eher auf E-Moll gekommen, da F# ja in Am egtl nicht vorkommt.

Da genau liegt das "Problem".
Warum klingt A als tonales Zentrum richtig? Weil es zentral liegt. Genau auf der Eins einiger wichtiger Takte.
Außerdem lassen sich ganz nebenbei einige kleine Kadenzen zu ihm hinwärts stricken.
A Moll als tonales Zentrum verträgt als Chordscale nicht nur Aeolisch und Melodisch Moll.
Dorisch und Phrygisch haben in unseren Ohren auch noch Platz. :))




3. B im Englischen Sinne nehme ich an, also egtl. H?

yes, it is.

4. Was beschreibt "II-7 V7" bzw "II-7b5 V7/I"? Akkordstufungen werden ja rein römisch notiert, das schließe ich also aus - wäre bei Grundtonart Em II-7 demnach Fis7? Bedeutet "b5" die fünfte Stufe des Akkords als Basston? Was zeigt dann V7/I an?
Der Patron II-7 V7 ist ein sehr wichtiger, da er eine doppelte Quintfortschreitung anzeigt.
In der Tonart C Dur wäre das D-7 G7.
Allerdings, und das ist nun entscheidend, kann dieser Patron nicht nur auf die I Stufe bezogen werden, sondern auch auf jede andere diatonische Stufe.

II-7 V7/II wäre z.B. in C Dur: | E-7 A7 | D- etc.




5. Analog: "rel." = ?

Der Begriff "rel" macht eben den Bezug auf die zu beziehende Stufe deutlich.

6. Ich hoffe es ist nicht zu doof: Was sind die "Schlüsseltöne", die den Harmoniewechsel einleiten?
Ganz klar die Guidetones c und b zur bIII Stufe hin. (klingt irgendwie komisch, oder? Sie haben ja mit dem f# nichts zu tun. haha, bitte nicht verwirren lassen!!)


Am und Dm sind ja per se kompatible Tonarten, aber sobald der Startton der Melodie das A ist (sprich eben in Takt 5) klingt F# tonartfremd und F "richtig". Ist das der ganze Trick, was die Melodieführung (nicht den harmonischen Unterbau) angeht? Mir geht es ja vor allem darum, elegante Tonartspielereien zu lernen, nicht nur fremde nachvollziehen zu können :redface:


Hi alpha,

Deine Melodie birgt einiges. Ich habe sie mit einigen "Rauigkeiten" harmonisiert, d. h., an ein paar Stelle ist ein Wenig nicht ganz in "Ordnung". Das "schleift". Aber unser Ohr hält das gerade noch aus. Hahaha

Die Idee hatte ich auch schon, allerdings klang es bei reiner Betrachtung der Harmonien dann doch arg dissonant.
 
Danke nochmal.

Ich habe es jetzt geschafft, mithilfe eines Midi vom Originalsong die Harmonien anzusehen. Die sind SEHR elegant, aber ich sage gleich - mea culpa, es IST 8taktig! Das ändert die Sache natürlich etwas, da mehr Zeit zum "Wechseln" bereit steht.

Hier das Midi, falls es wen interessiert:
http://www.vgmusic.com/music/console/nintendo/snes/28-Station3.mid

Die Harmonien sind
| Am | D | Am | D | F | C | H? (? - die Harmoniestimme spielt hier ein Arpeggio mit dem Tonmaterial H, D und F, weiß nicht, wie der Akkord genau heißt) | E7 |

Ist das dann nicht einfach eine Melodie in Em über die Akkorde Am & D (die ja zu Em passen), dann übergang nach F-Dur (sowohl Melodiematerial als auch Harmonik)? Scheint mir das logischste zu sein :redface:

Ganz klar die Guidetones c und b zur bIII Stufe hin. (klingt irgendwie komisch, oder? Sie haben ja mit dem f# nichts zu tun. haha, bitte nicht verwirren lassen!!)

Genau das verwirrt mich jetzt aber :redface:
Das H hat ja auch mit dem F nichts zu tun, erleichtert also den Übergang nicht wirklich, oder? Ich moduliere ja, indem ich ausgehend von Tonmaterial, das auch in anderen Tonarten vorkommt, möglichst reibungslos "wechsle"; da hilft aber H nur bedingt.
 
Hier das entsprechene Midi...

Gruß
 

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Geh´ erst auf die Site. Dann kopierst du dir den Link oben aus dem Browser raus - grad so wie er ist - und setzt ihn in einen neuen Tab. Dann geht´s... Die haben wohl einen Supercrack als Admin...
Alternativ kannst du das natürlich auch über "Link-Adresse kopieren" machen, die Site prüft nur den Referrer...
 
Danke Powder und PVaults für die Hilfe.

Die Harmonien sind
| Am | D | Am | D | F | C | H? (? - die Harmoniestimme spielt hier ein Arpeggio mit dem Tonmaterial H, D und F, weiß nicht, wie der Akkord genau heißt) | E7 |

Hi,

Den Anfang hast Du korrekt rausgehört. Dort ist das Original ja ähnlich wie meine Harmonisation, nämlich mit A-7 D7. Aber wie oben schon erzählt hat A- hier ganz klar Molltonika Funktion. Es ist zwar in ein II-7 V7 Pattern eingebetet, seine Funktion bleibt aber trotzdem tonisch. Die Chordscale wäre Dorisch.


Das Midifile hat folgende Changes (ab Melodie-Einsatz):


| A-7 | D7 | A-7 | D7 |
| F | C | B-7/11 | E7 F#-7b5 E7/G# |
| A-7 | D7 | A-7 | D7 |
| F | G | A- | % |
| F | G | E7 | A- |
| B7 | % | E7 F#-7b5 | E7/G# E7 F#-7b5 E7/G#|
| A-7 | F | D-7 | Esus4 E7 |
| A-7 | F | D-7 | Esus4 E7 |
| F | G | A- | % |
| F | G | E7 | % |

Was schön ist, ist der Durchgang E7/G# E7 F#-7b5 E7/G#.

Ist das dann nicht einfach eine Melodie in Em über die Akkorde Am & D (die ja zu Em passen),
Nein, denn zum einen tritt E hier als Dominante (E7) in Erscheinung und zum anderen passt A-7 D7 zwar theoretisch zur Tonart E Moll, würde aber falsch aufgelöst werden. Die Akkorde A-7 und D7 habe auf E Moll bezogen beide Subdominantmoll Funktion und danach käme für gewöhnlich ein Dominantfunktionsakkord, also B7 oder D#o7 oder direkt Tonikafunktion, als E- oder G in E Moll Tonart.
Wir sind definitiv in A Moll.


dann übergang nach F-Dur (sowohl Melodiematerial als auch Harmonik)? Scheint mir das logischste zu sein :redface:

Der F Dur Akkord nimmt hier eine Lydische Chordscale und hat somit keine Tonikafunktion.
F ist auf A Moll bezogen die bVI Stufe und hat SDM Funktion. Er wird weitergeführt zum C, = bIII Stufe mit Tonikastellvertreterfunktion.

Es ist dieser Klangfarbenwechsel zwischen Natürlich Moll - Harmonisch Moll - Melodisch Moll und Dorisch was den Reiz dieser Akkordfortschreitung ausmacht.

Genau das verwirrt mich jetzt aber :redface:
Das H hat ja auch mit dem F nichts zu tun, erleichtert also den Übergang nicht wirklich, oder?
Ich spreche jetzt von der neuen Version, nicht von Meiner!
Das H, ich nenne es B, hat hier in der Form B7 die Funktion der Doppeldominante. B7 ist die Dominante von E7. Dieses wiederum ist die Dominante der Tonart.

Ich moduliere ja, indem ich ausgehend von Tonmaterial, das auch in anderen Tonarten vorkommt, möglichst reibungslos "wechsle"; da hilft aber H nur bedingt.
Was Du hier ansprichst, dieser "Übergangsakkord", ist ein sogenannter Drehpunktakkord der in 2 Tonarten als tonartbezogener Akkord vorkommt.
Da bei dieser Akkordfortschreitung nicht moduliert wird, ist das hier nicht relevant.


CIAO
CUDO
 
Danke noch mal an alle, habe jetzt gestern ein paar der melodieführungstechnische Tricks, die in dem Song vorkommen selbst in einem eigenen Song anwenden können :)
 

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