sollte ein guter Sänger ein neues Stück vom Blatt singen können?
Nein ... nicht zwingend. Ausnahmen sind - na klar und auch schoin erwähnt - Theater, Musical- oder Opernproduktionen, wo das aus Zeitgründen erwartet wird.
Wie kann man das trainieren, unbekannte Stücke nur durch Lesen der Noten singen zu können?
Ähnlch wie das Lesen einer fremden Sprachen mit fremden Schriftzeichen lernen. Oder auch ganz früher der eigenen Sprache.
Wir erinnern uns vielleicht an die Zeit als wir lesen lernten:
Eeeeeeeeeeee sss-s-s---sssss-ee-iii-ooo-aa-aa-eee-llll ... es konnte bei einigen duchaus 3 Minuten dauern, bis man ein einfaches Wort zu ende gelesen hatte.
Später braucht man im Prinzip nur ein Wort zu anzusehen - es muss nicht mal vollständig sein - um es direkt und flüssig vorzulesen. Das Hirn vergleicht die gesehenen Buchstabenkombinationen wie ein Bild direkt mit einem bereits bekannten Wert (bzw Wort), ohne dass es erst jeden Buchstaben einzeln erfassen und analaysieren muss. Fehlerchen passieren nur noch bei neuen Worten, für die es noch kein vergleichbares Bild findet.
Bei den Noten nicht anders: Am Anfang muss noch jede Linie abgezählt werden, noch darüber nachgedacht werden, was denn noch mal das Ding mit dem zwei Fähnchen ist usw... Später kann das Hirn viele Noten und Zeichen einfach direkt kombinieren, weil: alles schon mal gesehen.
Also wie immer eine Sache des Trainings. Je vertrauter einem die vielen möglichen Kombinationen werden, umso eher kann sie das Hirn schnell als eine Einheit erfassen.
Wie gut und schnell man auch neue Dinge dazulernt, hängt häufig davan ab wie geistig rege man ist. Also, ob das Hirn noch updates macht. Ein Beispiel: ein Freuind von mir ärgert sich, dass seine alte Oma zeitlebens "Auschtralien" statt "Austtralien" sagt. Obwohl sie doch im Fernsehen und in Büchern immer wieder hört und sieht, wie es richtig heisst, sagt sie immer noch: "Gestern hab ich eine Dokumentation über Auschtralien geguckt". Ich habe versucht, ihm das zu so erklären, dass das Hirn nicht automatsich "zuhört" und lernt, sondern lediglich nach einem vergleichbaren Bild, einer passenden, bereits vorhandenen Schablone sucht. Und da ihr Hirn die Kapazitäten nicht mehr überanspruchen kann oder will, greift es lediglich auf das bereits bekannte Bild zurück, statt es zu erneuern.