Ausschlaggebend war für mich die bessere Spielbarkeit für kleine Hände.
Was den Lochabstand der Tonlöcher im Oberstück angeht, also der Tonlöcher für die linke Hand, stimmt das zwar generell, für die Tonlöcher und Klappen am Unterstück (rechte Hand und 5. Finger linke Hand) kann man das hingegen nicht so generell sagen. Da sollte man konkrete Instrumente vergleichen.
Moderne deutsche Klarinetten
guter Hersteller sind hinsichtlich ihrer Ergonomie aber nicht mehr mit den Instrumenten von vor 30 Jahren und mehr vergleichbar, da hat sich einiges gebessert.
Vor allem Uebel, aber insbesondere Schreiber (hier besonders das Modell D12 speziell für kleine Kinder) haben da aber sehr schöne und ergonomisch deutlich optimierte Instrumente im Angebot.
Darüber hinaus scheint das deutsche System auch ein Auslaufmodell zu sein. Zumindest wenn man so einigen Seiten im Netz glauben darf. Weltweit spielt das deutsche System nur eine untergeordnete Rolle.
Was man im Netz liest, stimmt ja im allgemeinen ...
Im Ernst, nicht nur Papier ist geduldig, Bits und Bytes sind es auch.
Die weltweit so starke Verbreitung der Boehm-Klarinette im Vergleich zum deutschen System hat einen vergleichsweise banalen historischen Ursprung.
Zunächst darf man die Boehm-Klarinette durchaus als eine deutliche Verbesserung hinsichtlich der Mechanik und technischen Spielbarkeit sehen, als sie 1839 von Klosé und Buffet in Paris heraus gebracht wurde. Dieses Instrument wurde dann auch sehr schnell von der Pariser Akademie als Instrument der Wahl akzeptiert und vorgeschrieben, was schon mal einen großen Schub für dieses System bedeutete. Schnell kam die Boehm-Klarinette auch im Englisch-sprachigen Raum in Verbreitung und diese Französich-Englische Dominanz legte dann aus einem bestimmten Grund den Grundstein für die auch heute noch bestehende weltweite Dominanz des sog. Boehm-Systems: England und Frankreich stiegen im 19. Jahrhundert zu den bedeutendsten Kolonialmächten auf, wobei sie sich bekanntlich in ihren Eroberungen und Land-Besetzungen heftige Konkurrenz machten. Deutschland spielte hingegen als Kolonialmacht so gut wie keine Rolle.
Die kolonialen Besetzungen mussten aber stets durch eine große Militärpräsenz gesichert werden und so gab es weltweit eine nicht unerhebliche Menge französischer und englischer Militärs und Soldaten. Damals hatte jedes Regiment ein eigenes Regimentsorchester, das üblicherweise ein Blasorchester war mit großer Klarinettenbesetzung. Diese Orchester bildeten einen sehr großen und vor allem praktisch weltweiten Absatzmarkt für die Boehm-Klarinetten und so konnte sich dieses System auf der ganzen Welt verbreiten während sich die deutsche Klarinette auf den deutschsprachigen Raum beschränkte und weitgehend beschränkt blieb.
Erst um 1860 kam mit der Ottensteiner/Baermann Klarinette mit rund 17 Klappen und vor allem Ringklappen wie auf der Boehm-Klarinette ein ebenbürtiges System in Gebrauch, dessen klangliche Qualitäten (nicht nur) Brahms zu seinen wundervollen und bedeutenden Kompositionen anregte (2 Sonaten, Trio und Klarinettenquintett), zumal "sein" Meininger Klarinettist Richard Mühlfeld sie offensichtlich herrlich spielte. Um 1900 wurde dieses Instrument von Oskar Oehler weiter entwickelt zu der Ausführung des deutschen Systems, dem "Oehler-System" (bzw. "Voll-Oehler-System" bei der Profi-Ausführung mit Becherklappe für die tief-f/tief-e-Verbesserung) wie es auch heute noch als Standard gilt.
Spätestens seit 1900 also kann man keineswegs mehr von irgendeiner Überlegenheit eines Systems sprechen, eigentlich schon nicht mehr seit 1870. Wenn die Kolonialgeschichte anders verlaufen wäre und Deutschland weltweit Kolonien gehabt hätte mit Regiments-Blasorchestern mit deutschen Klarinetten, hätte es genauso gut so kommen können, dass die Boehm-Klarinette heute ein Nischeninstrument wäre.
Im Übrigen gibt es weltweit außerhalb Deutschlands einige Klarinettisten großer Orchester, die sich bewusst aus klanglichen Gründen für das deutsche System entschieden haben. So z.B. der 1. Solo-Klarinettist des Concertgebouw-Orchest Amsterdam sowie einige Orchester-Solo-Klarinettisten in den USA.