Welche Violinkonzerte müssten nach eurer Meinung bekannter sein und mehr gespielt werden?

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Toni Bernet
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In vielen Konzerten werden immer wieder die gleichen Violinkonzerte gespielt. Sicherlich grossartig und oft in überzeugenden neuen Interpretationen. Trotzdem finde ich, es hätten es auch andere Violinkonzerte aus der Musikgeschichte verdient, öfters gespielt oder auf CDs aufgenommen zu werden. Selbst habe ich eine Audio-Sammlung von über 4000 Violinkonzerten und höre gerne mir bisher unbekannte Violinkonzerte an (siehe dazu meine Signatur!) Hier würde ich gerne mit andern Musikfans Hinweise auf solche Violinkonzerte austauschen. Welche Violinkonzerte sind Eurer Meinung nach viel zu wenig bekannt und sollten mehr gehört und aufgeführt werden?
Ich starte gleich mal mit einem aktuellen Violinkonzert und weise auf das 2. Violinkonzert von Yevhen Stankovych hin:

Das 2. Violinkonzert von Yevhen Stankovych entstand 2006, in einer Zeit, als die Ukraine ein eigener Staat geworden war und eine Art neuer Universalismus möglich wurde. Neuer Universalismus ist für Stankovych die Kombination der wirkungsvollsten Techniken der Musik des 20. Jahrhunderts mit den tiefen Emotionen der Musik der vergangenen Jahrhunderte. Er ist die Brücke, die die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft der Musik verbindet. In diesem Sinne sucht Stankovych den grundlegendsten Faktoren der condition humaine, wie er sie erlebt, musikalisch Ausdruck zu geben.
Nach eigenen Aussagen des Komponisten ist biografischen Hintergrund der Entstehung seines 2. Violinkonzerts der Tod mehrerer sehr nahen und lieben Menschen.

Etwas von diesem Kampf, etwas Gutes in eine tragische und böse Welt voller Machtstreben hineinzutragen, erzählt dieses einsätzige, durchkomponierte 2. Violinkonzert. Die in engem Tonabstand sich bewegenden, von ukrainischer Volksmusik beeinflussten Melodien durchziehen das ganze Konzert, mal tragisch mal tröstend, mal kämpfend, mal in Schreie ausbrechend und unvermutet im Nichts abbrechend. Ich höre – gerade auch wegen obigem biografischem Bekenntnis – die ganze Weite existenzieller Trauerarbeit, die sich in diesem Konzert in musikalischen Ausdruck verwandelt.
 
... und kann gleich noch ein Plädoyer für ein weiteres Violinkonzert abgeben, das in der letzter Zeit für mich neu entdeckt habe und das auch andere Violinfans interessieren könnte.

Wladimir Vogel (1896 – 1984): Konzert für Violine und Orchester (1937); zweite Fassung 1940
Nicht nur unbekannt, sondern nahezu schon vergessen ist ein Violinkonzert, das zu den ersten radikal modernen Violinkonzerten der Musikgeschichte gezählt werden kann, nämlich Wladimir Vogels Violinkonzert aus dem Jahr 1937. Nach einer Zeit des Experimentierens entstand das moderne, sich von der Spätromantik ablösende Violinkonzert Wladimir Vogels Anfang der 30er Jahre. Zahlreiche Violinkonzerte, die heute zur klassischen Moderne zählen, entstanden in dieser Zeit: so die Violinkonzerte von Igor Strawinsky (1931), Alban Berg (1935), Arnold Schönberg (1936), Sergej Prokofjew (1937), Béla Bartók (1938), Benjamin Britten (1938/39), Paul Hindemith (1939) und Karl Amadeus Hartmann (1939). In dieser Zeit suchte auch der aus Nazi Deutschland über Strassburg, Paris und Brüssel schliesslich in die Schweiz flüchtende Wladimir Vogel nach neuen Wegen, ein Violinkonzert für eine neue Epoche und eine neue Hörerschaft zu komponieren. Von seinem Lehrer Feruccio Busoni beeinflusst und dem deutschen Expressionismus verbunden, suchte er wie Hans Eisler nach Wegen, die Zwölftonmusik Schönbergs im Geiste der antifaschistischen sozialistischen Arbeiterbewegung für die Zukunft fruchtbar werden zu lassen. Er hat in diesem Zusammenhang speziell auch eine die Musik bereichernde Art des chorischen Sprechgesangs erfunden.
 
Carlo Alezio Razetti (?): Concerto for violin in F minor

Already the rhythmically striking beginning of this concerto makes one sit up and take notice, and then the unusual F minor key for a violin concerto of that time. Yet almost nothing is known about the composer of this concerto, who is said to have led the second violins at the court of Turin, where the then famous violinist Giovanni Battista Somis also worked. A concert in honour of all second violinists who want to show that they can play solo!
More and a link for listen to
https://unbekannte-violinkonzerte.jimdofree.com/-/razetti/
 
Interessant ist Samuel Barbers Violinkonzert (op.14). Ok, man warf Barber "Traditionalismus" vor. Aber er dürfte m.E. etwas präsenter sein auch in den heutigen Konzertsälen, sein melodischer und harmonischer Einfallsreichtum verdienen neben den anderen Amerikanern seiner Generation besondere Aufmerksamkeit. (Stattdessen hört man nur ständig sein "Adagio"...)
Hier eine m.E. besonders gute Aufnahme mit Hadelich und dem WDR-Sinfonieorchester .
 
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