Gerade bei Boxen mit gleicher Speakerbestückung (z.B. HB212V gegen Mesa Recto 2x12) ist der ganze Unterschied eher "subjektiv", hängt aber in hohem Maße mit dem Spielkomfort zusammen. D.h., spielt man eine Box mit Billigspeakern, wird evtl. sogar der Zuhörer merken, dass was Murks ist, bei preislich unterschiedlichen Boxen mit gleicher Speakerbestückung (hier liegt der Unterschied also nur im Bau der Box) merkt man das in erster Linie selbst.
Ich persönlich hatte bis jetzt die Möglichkeit, 4 verschiedene 2x12er Boxen mal ausgiebig testen zu können. Engl 212V, Mesa Recto 2x12 (vertikal), Hughes&Kettner Gl212(vertikal) und HB 2x12 V30.
Der subjektive Klangeindruck war der, dass man bei der Harley Benton das Gefühl hatte, "Da hat sich jemand nix dabei gedacht". Traf in erster Linie auf das klassische Rockbrett mit mittelmäßig viel Gain zu, aber auch komplett cleane Sounds klangen etwas "langweilig". Allerdings hatte das ganze doch ein gewisses Grundniveau, d.h. in einer Punkband, in der eh laut geschreddert wird und grade mal ein 906 über die Box gehängt wird würde ich so eine Box uneingeschränkt empfehlen, weil eben der V30-Sound doch "da" ist.
Bei den drei etwas "hochwertigeren" Boxen ging das Ganze in Richtung Geschmackssache. Die Engl 212V war sehr "ins Gesicht" ausgelegt. Mittelmäßig viel Bass, viel Hochmitten und eher auf einen tighteren Sound ausgelegt. Mit einem Marshall JVM hat mir das z.B. gar nicht gefallen, der klang nicht mehr fett sondern nur noch aufdringlich. ENGLs hab ich darüber leider keine gespielt. Könnte ich mir aber sehr gut mit Amps like 6505/VH4/Rectifier vorstellen, um den sehr breiten Sound der Amps etwas schlanker zu bekommen bei schnellen Metal-Anwendungen
Die Mesa war von allen meiner Meinung nach die "bestabgestimmte", war relativ schlank aber ultratight im Bass. Amps mit wenig Leistung (z.B. Tubemeister 18) machen darauf evtl. nicht wirklich Spaß, aber alles, bei dem der Amp schon verhältnismäßig gut drückt, bringt die Box mit einer klasse Definition rüber. Für solche "High-Gain-Rocksounds" vom Schlage Tremonti/Aldrich/Lukather etc. uneingeschränkt zu empfehlen. Macht auch Clean Spaß, aber wie gesagt, weniger bei von Haus aus schon bassarmen Amps. Im Bandkontext tut man sich dabei quasi nur Gutes, weil der Bassist seine Ruhe hat und man sich gut hört.
Die H&K 212 hatte sehr viel drückenden Bass, aber ohne jetzt besonders labbrig oder unabgestimmt zu klingen. Liegt in erster Linie an der Konstruktion mit Bassreflexröhren und abgetrennten Kammern für jeden einzelnen Speaker. Die Box klingt beeindruckend, wenn man alleine spielt, aber ein Dual Rectifier mit Sound, wie man ihn "normalerweise" einstellt, wird der Bassfraktion fast schon auf die Nerven gehen. Der Vorteil der Box ist allerdings, dass sie obenrum sehr ausgewogen klingt. Steht man auf mit Effektgeräten angeblasene Einkanaler oder Amps, die generell eher schlank und definiert im Bassbereich sind wie z.B. ein Mesa Mark IV/V, wird man mit der Box seine Freude haben, auch mal "breitere" Rocksounds rauszubekommen.
Genauso würde ich die Box aber nicht für Leut empfehlen, die ganz krasses Stakkato-Zeug machen wollen, da der "WUMP" der Box doch recht ausgeprägt ist. Im Metal-Bereich verträgt sich die Box am besten mit Nu-Metal-Breitwand-Sounds, das kann sie besser als die obigen zwei.
Eine etwas längliche Ausführung, aber ich hoffe es verdeutlicht etwas, dass man gerade bei Boxen, die qualitativ in Ordnung und durchdacht sind, einfach persönliche Präferenzen finden muss. Ich hab mal einen Mesa 5:50+ über eine ENGL-Box gespielt, das fand ich furchtbar. Über die Kettner-Box könnte ich mir den Amp sehr gut vorstellen, da besonders der "Burn"-Kanal doch eher wenig komprimiert und sehr "schlank" und aggresiv klingt. Das ging mir bei der ENGL-Box auf die Ohren, die H&K-Box macht so einen Sound tendenziell eher breiter und zähmt das ein wenig.
Aber wie gesagt...Geschmackssache. Am besten bei einem großen Musikgeschäft anspielen und fragen ob die Box neu ist. Brandneue Boxen mit V30s drin klingen furchtbar wenn noch nicht eingespielt
.