Was mich schon immer interessiert hat: Wenn man den Mund so aufreißt wie die Damen in den von Moniaqua verlinkten Videos, da ist es doch normal, dass die Stimme etwas anders klingt als ohne Gesichtsgymnastik. Woher weiß man, was der "wahre Stimmklang" ist, wie schwer und dunkel er ist usw.?!
Meine Gesangslehrerin hatte mir das auch nicht richtig beantwortet und zu meinem Gesang immer nur gesagt: "So laut reicht es schon". Da habe ich praktisch gar nichts Anstrengendes gemacht und es klang nach Piepsmaus. Dabei hätte ich meine Stimme vorher zu den dramatischen und dunklen gezählt. Es wäre noch viel lauter und dunkler möglich gewesen. Wie sehr/wenig Aufwand muss man betreiben, damit der wahre Klang zu hören ist?
Den "wahren Stimmklang" gibt es mMn nicht. Wie willst du sowas denn definieren? Man könnte sagen, der wahre Stimmklang ist, wenn du in der Indifferenzlage bist und du Vokaltrakt und Kehlkopf so entspannt wie möglich hältst, aber das ist letztlich Ansichtssache. Die "Schwere" kann man, wie moniaqua schon schreibt, im Grunde v.a. relativ bestimmen. Wenn zwei Sänger mit der gleichen Einstellung singen (Vokal, "Gesichtsgymnastik" usw.) und der eine eben "schwerer" klingt.
Natürlich verändert Gesichtsgymnastik den Klang, genau wie das Heben oder Senken des Kehlkopfes. Das verändert aber v.a. die Klangfarbe. Die Schwere ist nicht ganz so leicht veränderbar. Stell dir einfach vor, dass wir ein Saiteninstrument haben, bei dem die Stimmlippen die Saiten sind. Der Resonanzkörper (Vokaltrakt) ist darüber gestülpt und verändert den Klangeindruck. Dieser Resonanzkörper kann in seiner Form und in seinem Volumen stark verändert werden.
Die Saiten (Stimmlippen) können wie bei einem Instrument gedehnt und/oder verkürzt werden, um höhere Töne zu erzeugen. Wenn aber ein Bass (dicke Saiten) die gleiche Note singt wie ein Sopran (dünne Saiten) hört man beim Bass, dass die Saiten viel stärker gespannt sind, was sich auch in einer viel stärkeren Stütze ausdrückt, die nötig ist, um bei dieser Spannung keine Probleme zu bekommen. Der Resonanzkörper darüber ist stärker veränderbar ohne, dass man die "natürliche" Form heraushört.
Ein Tenor kann z.B. die Klangfarbe eines Bass imitieren, aber in der Bass-Lage ist die Spannung auf seinen "Saiten" so gering, dass sie nur schlaff in der Gegend rumvibrieren und es keine "kräftigen", "satten" Ton unter dem Resonanzkörper gibt. Umgekehrt kann ein Bass die Klangfarbe eines Tenors imitieren, aber in der Tenor-Lage sind seine Stimmlippen so stark gespannt, dass der Klang sehr "scharf" und übermäßig laut wird mit wenig Kontrolle und Agilität. Diese beiden Effekte kannst du im Grunde mit jedem Saiteninstrument genau so ausprobieren, wenn du an den Stimmwirbeln drehst.
Hinzu kommt dann der Registerwechsel. Man kann sich diesen vorstellen als den Wechsel auf die nächstdünnere Saite, auf der das ganze Spiel von wegen Spannung dann wieder von vorne losgeht. Ein sauberer Wechsel funktioniert nur in ganz bestimmen Bereichen der Stimme, weil die Spannungsniveaus ähnlich sein müssen für einen sauberen Wechsel. Aufgrund der hohen Spannung der Stimmlippen, machen tiefere Stimmfächer tendenziell früher einen Wechsel auf die dünnere Saite. In der Klassik machen Frauen stilbedingt einen sehr frühen Wechsel auf die höhere Saite, wodurch der Registerwechsel meist kein Erkennungsmerkmal ist.
Schließlich gibt es das Flageolett (von wegen "Piepsen"), bei dem die Saiten verkürzt werden. Das kann man sich vorstellen wie das Greifen der Bünde beim Saiteninstrument. Auch hier ist es wieder so, dass die Spannung sehr hoch wird, wenn die Saite sehr kurz wird. Dieser Modus ist manchmal etwas umstritten. Es wird gesagt, dass er bei sehr starkem Einsatz die Pfeifstimme produziert und dass Männer ihn auch schon in der Randstimme einsetzen müssen, wodurch ihre Randstimme etwas "gespannter" klingt als die der Frauen und auch oft anders genannt wird (Kopfstimme vs. Falsett).
Wie gesagt "schwer" heißt für mich letztendlich v.a., dass jemand "dickere Saiten" hat und ein Erkennungsmerkmal dafür ist mMn vor allem die Indifferenzlage. Tiefere Indifferenzlage = dickere Saiten. Mit der Klangfarbe (dem Resonanzkörper) hat das erstmal nicht so viel zu tun.