Was macht einen guten digitalen Synthesizer aus?

  • Ersteller walking gills
  • Erstellt am
W
walking gills
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
13.08.21
Registriert
10.05.06
Beiträge
217
Kekse
2.222
Ein Synthesizer erzeugt ja simple Wellenformen, die dann mit Filtern, LFOs, Envelopes etc. manipuliert werden. All das sind simple mathematische Funktionen, die auf das Signal angewandt werden. Das heißt, in den grundlegenden Funktionen sollten sich digitale Synthesizer überhaupt nicht von einander unterscheiden. Zeichnet sich ein "guter" digitaler Synthesizer also gar nicht durch den Grundklang, sondern nur durch Funktionsumfang und Bedienbarkeit aus, oder übersehe ich da etwas?

Gruß
wg
 
Eigenschaft
 
Die Entwicklung der Synthesizer-Technologie war vor allem in den 1980er und1990er Jahren davon geprägt, eine eierlegende Wollmilchsau zu bauen, und die sollte auch noch preisgünstig sein. Das Ende vom Lied war, dass es kaum noch Spaß machte. Wenn man die Werkssounds anhörte, wabberte einem das gesamte Weltall entgegen... oder etwas profanes wie ein Klavier oder eine Orgel, was aber den Originalen dann doch das Wasser nicht reichen konnte...

Ein guter Plugin-Synthesizer ist für mich einer, der EINE Sache gut kann und nicht ALLES schlecht. Gottlob passt das ja heute alles in einen Laptop.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Man merkt schon sehr deutliche Klangunterschiede zwischen verschiedenen Synths.
(Meinst Du jetzt eigentlich Hard- oder Software?)

Vergleiche mal (aus dem gleichen Softwarehaus) von UHE den Diva mit dem kostenlos erhältlichen Tyrell.
All das sind simple mathematische Funktionen, die auf das Signal angewandt werden. Das heißt, in den grundlegenden Funktionen sollten sich digitale Synthesizer überhaupt nicht von einander unterscheiden.
Du wirst - neben dem deutlichen Klangunterschied - vor allem merken, dass Diva deutlich mehr Rechenkapazität braucht. Man kann diese Funktionen eben unterschiedlich detailliert formulieren und berechnen lassen. Daraus resultieren dann Klangunterschiede.
Diva ist für mich zur Zeit klanglich eine ganz große Hausnummer auf dem Gebiet der Analog-Modellierung.

Die Bedienbarkeit spielt natürlich auch eine Rolle - ich kenne genug Leute, die einen Synth für "schlecht" halten, weil ihnen die Bedienung nicht behagt und sie dadurch nicht zu den gewünschten klanglichen Ergebnissen kommen.

Clemens
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 4 Benutzer
Danke für die Antworten. Was ich da herauslese ist, dass die Presets das Entscheidende sind. Wenn ich einen Sound "from scratch" erzeugen will, ist es im Prinzip egal, welchen Synthesizer ich nehme. Da an vielen Sounds aber schon viele Leute rumgetüftelt haben, gibt es Synthesizer/Plugins, die schon auf diesen Sound getrimmt sind und das kann natürlich gut oder schlecht gemacht sein.

Vielleicht ein bisschen ot: wie hoch ist denn der Anteil an Musikern, die ihre Sounds komplett "from scratch" machen? Also nicht "der Orgelsound von Plugin x klingt geil und Plugin y modelliert super einen Minimoog", sondern "ich habe hier einen modularen Synthesizer und spiele so lange an Filtern und Envelopes, bis ich einen geilen Sound habe".

Falls das nicht klar wurde, ich rede von Software-Synthesizern.
 
ich habe eher die gegenteilige erfahrung gemacht, mit jedem synthesizer kann man komplett andere sounds erzeugen, die mit anderen synthesizern nicht möglich oder nur sehr umständlich realisierbar wären.

schau dir zB alleine mal den Logic Sculpture an, das ding ist so umfangreich und komplex und bietet eine erschlagende fülle an parametern, dass man gefühlt eine halbe ewigkeit benötigt, um das wirklich zielgerichtet bedienen zu können.
 
Danke für die Antworten. Was ich da herauslese ist, dass die Presets das Entscheidende sind. Wenn ich einen Sound "from scratch" erzeugen will, ist es im Prinzip egal, welchen Synthesizer ich nehme. Da an vielen Sounds aber schon viele Leute rumgetüftelt haben, gibt es Synthesizer/Plugins, die schon auf diesen Sound getrimmt sind und das kann natürlich gut oder schlecht gemacht sein.

Falsch. Lies nochmal das hier:

Man merkt schon sehr deutliche Klangunterschiede zwischen verschiedenen Synths.
[...]Du wirst - neben dem deutlichen Klangunterschied - vor allem merken, dass Diva deutlich mehr Rechenkapazität braucht. Man kann diese Funktionen eben unterschiedlich detailliert formulieren und berechnen lassen. Daraus resultieren dann Klangunterschiede.
Diva ist für mich zur Zeit klanglich eine ganz große Hausnummer auf dem Gebiet der Analog-Modellierung.

Also angefangen damit WIE ein Synthesizer diese mathematischen Funktionen berechnet, gefolgt davon welche Abweichungen vom "Idealzustand" einprogrammiert sind (um einen weniger sterilen/mehr "analogen" Sound zu erzeugen), über die Bedienbarkeit und auch die Anzahl der Features (wieviele Hüllkurven mit welchen Parametern und wieviele LFOs (syncbar?) mit welchen Routingmöglichkeiten) bis hin zur Qualität der eingebauten Effekte unterscheiden sich Synthesizer mitunter enorm.
 
Also nicht "der Orgelsound von Plugin x klingt geil und Plugin y modelliert super einen Minimoog", sondern "ich habe hier einen modularen Synthesizer und spiele so lange an Filtern und Envelopes, bis ich einen geilen Sound habe".
Dieser Satz klingt für mich so, als wäre Dir einiges zum Thema Synthesizer nicht ganz klar.

1. Es gibt unterschiedliche Synthese-Arten. Sowohl in Software als auch in Hardware. Als Beispiel der Hammond-Sound. Stark vereinfacht werden in einer echten Hammond-Orgel Sinustöne verschiedener Frequenzen zu einem Gesamtklang addiert. Natürlich kann man dieses Sound am besten nachstellen, wenn man in der Software Sinustöne (mit allen Abweichungen, Schwankungen und Unsauberkeiten der originalen Hardware) berechnen lässt.
Ein Minimoog dagegen hat ein ganz anderes Synthesekonzept (Subtraktive Synthese) - es werden Wellenformen (Dreieck, Rechteck, Sägezahn) generiert, per Filter bearbeitet und diese Bearbeitungen werden moduliert.

2. Es gibt zwar typische Moog-Sounds, aber interessant wird ein Minimoog vor allem, wenn man ihn die untypischen Sounds entlocken kann. (finde ich)

3. Man braucht keinen Modularen Synthesizer, um plötzlich alles "from scratch" machen zu können. Auch ein modularer Synth ist in der Auswahl der Syntheseform begrenzt (Meistens subtraktiv). Das bedeutet, dass manche Sounds nur schwer damit möglich sind.

4. Für viele Soundaufgaben hat sich inzwischen Sampling als eine sehr probate - wenn auch sehr unflexible - Methode herauskristallisiert. Akustik-Drums, Orchestersounds und Piano sind typische Fälle für Sampler, weil man einen Grundklang aufnimmt, den man nicht während des Spielens deutlich im Klang verändern will. Nochmal Beispiel Hammond-Sound: Es gibt tolle Hammond-Samples. Durchsetzungsfähig, im Bandkontext passend - perfekt. Aber man kann halt nicht "mal eben" einen Zugriegel rein oder ausfahren. Man ist auf eine Konfiguration festgelegt. Wenn das reicht -> Sampling; wenn nicht -> Orgelsimulation.

5. From the Scratch braucht man eigentlich nichts zu bauen. Aber man sollte sich die Zeit nehmen, bei einem neuen Synth/Plugin mit den Presets rumzuspielen. Mal die Hüllkurven ändern, Resonanz ein bisschen hoch, Cutoff rauf und runter usw. Auf einmal hat man aus einem Preset einen ganz anderen Sound gemacht. Dabei wird man sich merken, welche Methoden welche Änderungen hervorrufen (man lernt den Synth kennen). Wenn man dann auf der Soundsuche ist, reicht ein Preset, das klanglich "grob in der Nähe" ist; das wird dann angepasst.


Zusammenfassung:
Es gilt beides, was Du schreibst. Man verwendet "Spezialisten" für spezielle Sounds und man baut sich seine eigenen Sounds.

Clemens
 
Zum Thema Moog fällt mir noch ein: Es ist natürlich auch noch wesentlich für den Klang (bei subtraktiver Synthese) entscheidend, wie die Filter klingen, da diese doch wesentlich zum Soundshaping beitragen.
 
Genau, Deltafox sagt hier etwas Entscheidendes, denn ein Synthesizer ist, ob analog oder digital, ist nur so gut wie seine Filter klingen. Und da haben verschiedene Hersteller ganz bewusst unterschiedliche Charakteristika und Algorithmen. Natürlich wird das am deutlichsten bei subtraktiver Synthese, aber auch die meisten anderen Syntheseformen haben in der Praxis irgendwo eine (oder mehrere) Filter eingebaut (prominente Ausnahme: FM-Synthese bei Yamaha vor dem SY/TG-77).

Chris
 
Danke für eure Beiträge. Ich glaube, ich habe die Komplexität der Synthese ganz schön unterschätzt und muss mir da noch ein paar grundlegende Konzepte klar machen.
 
Da hast Du Dir auf jeden Fall eine Aufgabe gegeben, die "etwas" Zeit in Anspruch nimmt...
 
Ein Synthesizer erzeugt ja simple Wellenformen, die dann mit Filtern, LFOs, Envelopes etc. manipuliert werden. All das sind simple mathematische Funktionen, die auf das Signal angewandt werden. Das heißt, in den grundlegenden Funktionen sollten sich digitale Synthesizer überhaupt nicht von einander unterscheiden. Zeichnet sich ein "guter" digitaler Synthesizer also gar nicht durch den Grundklang, sondern nur durch Funktionsumfang und Bedienbarkeit aus, oder übersehe ich da etwas?

Gruß
wg

Falls das Thema noch interessant für dich ist:

es liegen ein paar Missverständnisse vor. Du gehst anscheinend davon aus, dass sich die von einem Synthesizer erzeugten Wellenformen mathematisch durch eine Funktion beschreiben lassen (z.B. Sinus).
Bei Hardware Synthesizern ist das nicht der Fall, da diese 'Idealwellenformen' durch die Hardware nicht sauber abgebildet werden (können). Das heisst, dass selbst ein Sinus kein reiner Sinus im mathematischen Sinn ist.
Bei Softwaresynthesizern ist diese Überlegung prinzipell nicht falsch. Wenn eine Software dafür programmiert ist, eine möglichst reine, mathematisch genaue Sinus-Wellenform wiederzugeben - und nicht etwa eine Simulation einer Sinus-Wellenform eines Hardwaresynthesizers - dann sollte dieser Klang mit dem einer anderen Software, die die gleichen Vorgaben erfüllt übereinstimmen.

Nur interessiert sich kaum einer für eine reine Sinus-Wellenform; das Interesse liegt bei Simulationen von den 'unsauberen' Hardware-Geräten.

Auch die Annahme, dass Sofwaresymthesizer zunächst eine 'simple' Wellenform erzeugen, ist so nicht haltbar. Zum einen gibt es die bereist angesprochenen Samples, also vorgefertigte Aufnahmen. Dass diese hierbei Aufnahme zu Aufnahme unterscheidet ist klar. Somit würden nur Softwaresynthesizer gleich klingen, die die gleichen Samples abspielen (und siese nicht manipulieren und die Art des Abspielens - bzgl. Auflösung etc. - annähernd gleich erfolgt).
Zum anderen können auch komplexere Wellenformen errechnet bzw, vorgegeben werden. Z.B. durch einen grafischen Editor oder durch Vorgabe diverser Funktionen bzw. direktes Bearbeiten einer Wellenform. Hier gilt auch wieder das, was bei den Samples gesagt wurde. Bei einer gleichen Wellenform sollten auch verschiedenen Softwaresynthesizer gleich klingen. Praktisch ergibt sich aber, dass sich eine Wellenform, die mit Software A erzeugt wurde, sich mit Software B evtl. nicht abbilden lässt, da diese andere grafische Bearbeitungen anbietet oder schlicht die Länge der Wellenform beschränkt ist.

Zu guter Letzt ist die Art und Weise, wie die Software eine Grundwellenform verfremdet werden kann, bei allen Software Synthesizern anders gelöst. Manche bieten das überlagern von 10 Stimmen und für jede Stimme Hüllkurven für die Lautstärke mit beliebig vielen Parametern, andere haben für die Lautstärkekurve nur 4 Parameter, bieten dafür aber 20 verschiedene Flanger Effekte.
 
Ich denke, das kommt sehr auf die Interessen des Softwareerwerbers an. Ist man ein Soundnerd? Oder will man sich allgemein an Synths rantasten bzw. direkt los produzieren. An sich kann man sagen, dass es kaum völlig intuitiv bedienbare Software- oder überhaupt Analog-Synths gibt. Der Rumprobierfaktor ist immer dabei. Sowas wie Zebra von u-he könnten einen dann aber doch mehr als Tyrell der selben Firma. Einfach aufgrund potenzieller Oszillatoren und Effekte. Ich rate mit Basic Freeware Synths anzufangen und herauszufinden, was einen so interessiert. Ich denke trotzdem, dass bei einem guten Synth die Bedienbarkeit nie außer Acht gelassen werden kann. In dieser Sache ist z. B. das oft verhasste Massive von NI nicht zu verachten.
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben