Was ist ein Cluster?

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Johannes Winter
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Hi, ich hatte in der letzten Woche eine Diskussion mit meinem Musiklehrer über den Begriff "Cluster" im Sinne der Musik der Moderne.

Meiner Meinung nach ist das ein Akkord, der entsteht, wenn man mit der "flachen Hand auf die Klaviertastatur schlägt." Also ein Akkord, bei dem viele nah beieinanderstehende Töne gleichzeitig gespielt werden. Ich habe auf Wikipedia nachgeschlagen und dort folgendes als Definition gefunden:

Ein Cluster "bezeichnet in der Musik einen besonderen Zusammenklang oder Akkord, dessen Töne unmittelbar nebeneinander liegen. So wird z. B. ein "Akkord" bestehend aus den Tönen c'd'e'f'g' treffender als Cluster bezeichnet, da er im engeren Sinne keinen tonalen Akkord darstellt, die grundlegende Anforderung an einen Akkord, dass mehrere Töne gleichzeitig erklingen, jedoch trotzdem erfüllt." was wie ich denke meiner Definition nahe kommt.

Mein Musiklehrer sieht das anders. Er definiert den Cluster folgendermaßen.
"Töne werden zu einer Traube gesammelt und blitzartig aufgelöst." Wobei er einschließt, dass diese Traube auch aus Terzen und Septimen bestehen kann, die für mich keine besonders enge Lage darstellen.

Ich habe mit ihm deswegen gesprochen und er hat nochmal in seiner Lektüre nachgeschlagen und dann gemeint, dass es wohl in der ersten Zeit so gewesen sei, dass man den Cluster wie in der Wikipedia beschrieben definiert habe, doch schon bald diesen Begriff wie von ihm beschrieben erweiterte, auch um Terzen und Septimen... . Ich habe im Internet versucht darüber etwas zu finden, doch nichts entdeckt und möchte euch jetzt fragen, ob von euch jemand den Begriff "Cluster" in dem von meinem Lehrer erwähnten Zusammenhang kennt oder etwas über diese Entwicklung weiß da mich dies ziemlich verunsichert hat, was denn ein Cluster nun eigentlich darstellt.
 
Eigenschaft
 
Wenn in einer Passage in Folge mehrere Akkorde in Sekunden vorkommen spricht man von Tone Cluster. Ein Tone Cluster ist ein Akkord welcher nur in Sekundschichtungen vorkommt.

Wenn in einem Sekundschichtakkord ein Terzabstand ist, kann es sich um zwei Tone Cluster handeln, zum Beispiel H-C#-D# - F#-G-Ab.

Wenn ein Tone Cluster innerhalb des Akkords einen Abstand von einer Septime hat, dann müssen das auch zwei Cluster sein, zum Beispiel H-C#-D# - C#-D-Eb.

Wenn aber der Ambitus eine Septime beträgt, dann handelt es sich um eine 1. oder 2. Umkehrung eines Sekundschichtdreiklangs, diese Akkorde werden aber nicht als Tone Cluster bezeichnet. Zum Beispiel der Dreiklang H-C#-D# wird in der ersten Umkehrung zu C#-D#-H mit einer Ausdehnung einer Septime. Die zweite Umkehrung wäre dann D#-H-C#, auch mit einer Ausdehnung einer Septime. Diese Art Akkorde werden 'chord by seconds' genannt. Ein sofort erkennbares Merkmal von 'chord by second' ist, das sie Stimmführungen haben von Akkord zu Akkord, und sie können in einer Umkehrung, und auch in sehr weiter Lage gesetzt werden. Bei diesem chord by seconds Akkordtyp kommen auch ausschliesslich kleine- und grosse Sekunden für die Schichtung in Frage. Dabei ergeben sich folgende Schichtungsmöglichkeiten der Sekundintervalle für chord by seconds Dreiklänge:

gross-gross (H-C#-D#)
gross-klein (C-C#-D)
klein-gross (H-C-D)
klein-klein (H-C-Db)

Natürlich gibt es auch Vierklänge, z.B. klein-gross-gross-klein, und Fünfklange etc., welche in ihrer Grundstellung in Sekunden geschichtet sind, und auch umgekehrt werden können, wobei sie eine reine Sekundschichtung einbüssen.


Der Cluster hingegen ist nicht umkehrbar, aus dem simplen Grund weil er dadurch seine Eigenschaft der reinen Sekundschichtung einbüssen würde, und nur Sekundschichtung ist per Definition ein Tone Cluster. Natürlich kann der Tonumfang eines Tone Cluster auch so gross sein, dass er auch umgekehrt werden kann ohne seine Sekundschichtung einzubüssen - desto grösser der Ambitus (Tonumfang) eines Tone Cluster, umso mehr Töne in Sekundabständen beinhaltet er. Die tonalen Bewegungen eines Tone Cluster sind meistens kontrapunktische Bewegung, also zum Beispiel Aufwärts; Abwärts; Parallelbewegungen zweier Tone Cluster; Gegenbewegungen zweier Cluster; liegen lassen während ein zweiter Cluster eine Bewegung macht etc.. Eine andere Möglichkeit Tone Cluster zu setzen ist Farbveränderung, z.B. H-C-Db-Eb-F wird zu H-C-Db-Eb-Fb. Eine weitere oft anzutreffende Anwendung von Tone Cluster ist wenn die Töne nicht simultan gespielt werden, sondern sukzessive, und dann ausgehalten werden bis der letzte Ton gespielt wird.

Was dein Lehrer sagt: "Töne werden zu einer Traube gesammelt und blitzartig aufgelöst". Wenn er mit "blitzartig aufgelöst" meint, dass die Akkorde eine sehr kurze Abklingzeit haben, dann wäre das ein perkussiver Einsatz, ob das jetzt die Art eines sekundgeschichteten 'chord by seconds' ist, oder ein Tone Cluster, ist damit noch nicht definiert.


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Nach meinem verständnis erklingen bei einem cluster, begrenzt durch tiefsten und höchsten ton soviele frequenzen wie möglich, im idealfall ein weißes rauschen. Bei tasteninstrumenten ist das reduziert auf kleine sekunden, aber ein streicherklang kann dichter sein, elektronisch sind noch weniger grenzen gesetzt.
Einen schmalen cluster nennt man auch ein "klangband", cluster können statisch sein, aber auch in sich bewegt, etwa durch chaotische glissandi der beteiligten stimmen.
Notiert werden sie durch einen balken, der den tonraum begrenzt und die dauer angibt, schwarz, wenn alle möglichen frequenzen erfasst werden sollen, weiß/schwarz umrandet auf weißen tasten, aber ein komponist tut gut daran, sein system und die gewünschte spielweise zu erklären.
 
Ein praktisches Beispiel, einen "normalen" Akkord in einen Clusterakkord zu verwandeln:

Gm7/9/11, ein sechsstimmiger Akkord, hat in der Grundstellung die Töne:
G - Bb - D - F - A - C
Als Clusterakkord F - G - A - Bb - C - D

Ein Dominantsept-Akkord: G7/#5/#9/#11, Töne sind G - H - #D - F - #A - C#, als Clusterakkord somit
A# - H - C# - D# - F - G

Da sieht man auch gleich, warum Clusterakkorde so einfach nicht umkehrbar sind und daß das nicht nur Klangflächen sein müssen, sondern durchaus einen harmonischen Bezug haben können.
 
Günter, stand da nicht 'Klangbad'? Fand ich witzig.

Hier eine Abhandlung ---> Achtung Musikwissenschaft ahead:

Klangbad



Günter Sch.;3421067 schrieb:
Notiert werden sie durch einen balken, der den tonraum begrenzt und die dauer angibt, schwarz, wenn alle möglichen frequenzen erfasst werden sollen, weiß/schwarz umrandet auf weißen tasten, aber ein komponist tut gut daran, sein system und die gewünschte spielweise zu erklären.

Das sieht so aus:

KlavierstckX_1.jpg

Klavierstück X, 1955


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Danke an euch alle, ich hab mit euren Aussagen im Rücken meinen Musiklehrer noch mal auf das Thema angesprochen und er hat mir die Literatur gezeigt aus der er sein Wissen bezog. Wie sich herausstellte meinten die dort tatsächlich zum einen um die kleine und große Bluesterz und zum andern um die kleine und große Bluesseptime, die wenn sie jeweils gleichzeitig erklingen natürlich einen Cluster erzeugen, da b3+3=Sekonde und 9+b9=Sekonde.

Ich konnte das ganze jetzt klären.

Liebe Grüße

Johannes
 

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