Hi,
eine solche einmütige Verehrung wie die 59er Bursts genießt kein einzelner Strat-Jahrgang. 1957 gabs noch keine Burst, also sind die Decken nicht zu sehen. 1958ern sagt man nach, dass die Hälse recht dick sind. 1959 wurde nicht zuletzt das Halsprofil benutzt, dass den meisten besonders gefällt, auch einige andere Details wurden wohl geändert. 1960 wurden die Hälse nochmal schlanker, was ein wesentlicher Punkt für die Sonderstellung der 59er sein dürfte, und danach war ja erstmal Schluss.
Allgemein muss man aber klar sagen, dass die Strat ein viel größerer Erfolg als die LP war, also schon in den ersten Versionen viel länger und in größeren Stückzahlen gebaut wurde. Wenn man einen "Holy Grail" bestimmen will (und das wollen Sammler immer...), muss man den also eher an Eigenschaften festmachen, die nur einzelne Exemplare des Massenprodukts betreffen - von daher werden die höchsten Preise hier weniger für bestimmte Jahrgänge bezahlt als für die Gitarren prominenter Benutzer - Hendrix, Clapton, SRV, nach Möglichkeit viel gespielt und auf ikonischen Fotos zu sehen. Im Netz findet man so einige extrem teuer verkaufte Gitarren dieser Art, das wird nicht zuletzt davon abhängen, wessen Fans die potentiellen Käufer sind. Ich könte mir allerdings vorstellen, dass die noch übertroffen werden könnten von David Gilmours Strat mit der Seriennummer 0001 - selbst wenn deren Herkunft und Geschichte nicht unumstritten ist, kommen da ein extrem seltenes Teil und ein prominenter User zusammen.
Innerhalb der Pre-CBS-Strats (also bis 1964/65), die als solche schon sehr gesucht sind, kann man aber schon nochmal differenzieren, wenn man unbedingt bestimmmte Jahrgänge rauspicken will. Rein von der Gitarre her würde ich es mal so sehen, ohne jetzt der größte Experte zu sein: Bei den Maple-Neck-Strats dürften wohl die allerersten (1954-55, Eschebody) einen besonderen Sammlerwert darstellen, die man an dickeren Knöpfen und rundlicheren Pickupkappen erkennt. Die waren aus einem anderen Kunststoff als später gemacht, oft wird "Bakelite" geschrieben, aber das war es wohl nicht. Jedenfalls ist das Zeug mit der Zeit leicht zerbröselt, deshalb sind diese Kappen extrem selten. Es wird aber immer auch Leute geben, die einen Mapleneck in Kombination mit dem später eingeführten Erlenbody bevorzugen, das ist ja auch eine Soundfrage.
Unter den Rosewood-Strats dürften die von 1959-1962 (ca. erste Hälfte) als etwas besonderes gelten, die noch das dicke Slab-Board haben und nicht das Mitte 1962 eingeführte "Veneer-" oder auch "Curved Board", bei dem die Palisanderschicht viel dünner war und auf den schon mit Radius versehenen Hals geleimt wurde. Es ist natürlich Geschmackssache, und viele mögen diese Curved Boards sogar vorziehen, aber rein vom Sammlerwert her gilt ja immer das als "Holy Grail", was auf einmal nicht mehr gebaut wurde.
Ob das mit dem Gral nicht nur für den Sammler, sondern auch für den Spieler gilt? Ich durfte einmal eine 1962er bei einer kleinen Jam spielen, die noch dem ersten Käufer gehörte und fast makellos erhalten war - trotz Jahrzehnten des semiprofessionellen Gebrauchs in einer Country-Band. Ich weiß nicht mal mehr, ob Slab- oder Curved Board, aber das war schon sowas wie die perfekte Strat. Trotz des starken Griffbrettradius und der kleinen Bünde spielte sich das Ding super und klang rund, brillant und einfach nur wunderschön. Und damals war ich eigentlich nur Jumbobünde, flache Hälse und viel Zerre gewohnt... Also ja, ich denke schon, dass was dran ist. Trotzdem gibts auch alte Gurken.
Gruß, bagotrix