...habe ich mir überlegt, schaltbares Coil Splitting nachrüsten zu lassen...
Als Befürworter des Splittings kann ich nur sage: Eine gute Entscheidung! Man gewinnt in jedem Fall eine weitere Klangfarbe.
Die meisten meiner Humbucker-Gitarren verfügen über eine Split-Option. Ich verwende allerdings meistens einen gesplitteten Humbucker an der Halsposition für cleane Rythmussachen.
Aus technischer Sicht halbiert sich die Induktivität des Tonabnehmers wodurch sich die Resonanzfrequenz, also der Bereich, der besonders betont wird, ungefähr um den Faktor 1,4 nach oben verschiebt. Es klingt dann also grundsätzlich etwas heller oder höhenreicher.
Durch den Split verliert man allerdings eine Spule als Spannungsquelle. Dadurch halbiert sich natürlich das Ausgangssignal um den Faktor 2 (-6dB) was der Anwendung für unverzerrte Klänge allerdings entgegen kommt. So dramatisch wie es klingt, stellt sich dieser Verlust jedoch nicht dar, denn durch die stärkere Ausprägung der Resonanz ist der "gefühlte" Unterschied dann nicht mehr so groß.
Bei welchem Tonabnehmer würde sich das eher lohnen? Geht der Sound nach dem Splitting in die funkige, drahtige Richtung?
Für welchen Tonabnehmer das lohnt, oder welcher Pickup besser oder schlechter geeignet ist, läßt sich nur beurteilen, wenn man die Daten dieses Tonabnehmers zur Verfügung hat, was in den meisten Fällen nicht der Fall ist. Sehen wir uns einmal verschiedene Tonabnehmer an:
Der klassische Single-Coil von Fender liefert in seiner elektrischen Umgebung eine Resonanz von 3,5kHz mit einer Überhöhung von 5dB. Das klingt dann wunderbar metallisch, drahtig,... wie auch immer man den Sound da bezeichnen will.
Möchte man diesen Sound auch mit einem gesplitteten Humbucker erreichen, so muß die Einzelspule vergleichbare Daten haben, wie der Fender Single-Coil (also 2.2H, 110pF und 5.7kOhm). Den größten Einfluß hat hier die Induktivität, sodaß man die beiden anderen Angaben ein wenig vernachlässigen kann.
Gehen wir nun zur Konkurrenz. Der Gibson P-490 liefert in seiner elektrischen Umgebung 2,7kHz / 7dB. Das klingt dann nicht mehr metallisch sondern eher brillant. Würde man diesen Tonabnehmer splitten, dann wäre das Ergebnis 3,7kHz / 10dB und übertrifft den Fender sogar ein wenig. Die starke Überhöhung wird man vielleicht sogar als etwas "schrill" wahrnehmen, aber mit etwas weniger Tone (ca. 60%) erreicht man da einen vergleichbaren Bereich.
Wer zu faul ist, immer die Tonblende zu verdrehen, der kann mit dem Split-Schalter auch einen zusätzlichen Lastwiderstand schalten, der dann die notwendige Dämpfung vornimmt.
Sehen wir uns den nächsten Verdächtigen an: DiMarzio Dual-Sound (elektrisch identisch mit dem Super Distortion). Als Humbucker ergibt sich 2,1kHz / 4,9dB. Gesplittet: 2,9kHz / 7,9dB.
Mit der Resonanzfrequenz bleibt der Dual-Sound also ein wenig hinter dem Fender zurück. Das ist dann eher die Abteilung "Texas Special Strat". Mit 70% Tone ergibt sich dann 2,8kHz / 4,8dB.
Der bekannte SH-6 (Neck) von Seymour Duncan beglückt den erfreuten Anwender als Humbucker mit einer Resonanz von 2,1kHz / 5dB und gesplittet 3kHz / 8dB.
Meine persönlichen Favoriten sind die alten Protomatic-V von Aria. Hier die Daten:
Humbucker: 2,2kHz / 5dB
Split: 3,1kHz / 8dB
Man erkennt aus diesen Ausführungen zwei Dinge:
- Man kann mit einem gesplitteten Humbucker durchaus das elektrische Übertragungsverhalten eines Single-Coils erreichen.
- Kräftige und eher "mittig" klingende Humbucker sind in der Regel besser geeignet, da sie im Split nicht so leicht "schrill" klingen.
Ich habe unlängst einen alten Protomatic-V mit zwei Single-Coils in einer Strat kombiniert. Für mich persönlich ist das absolut überzeugend.
Gibt es da irgendwas zu beachten?
Nun, der Humbucker sollte natürlich split-fähig sein. Das Minimum sind dann also zwei Adern (Hot, Split) und die Abschirmung. Ein Vieraderanschluß ist dann natürlich das Optimum, da man hier alle Optionen hat.
Wenn man Pech hat, so hat der Tonabnehmer der Wahl nur das klassische Anschlußkabel. Aber auch hier ist es in der Regel kein Problem, einen Mehraderanschluß nachzurüsten. Man muß dazu allerdings den Tonabnehmer auseinanderbauen, was nicht jedermanns Sache ist. Ich habe das vor Jahren mit den AlNiCo VII aus meiner ES-700 gemacht. Die Pickups funktionieren heute noch und liefern im Split Höhen, hinter der sich jeder Strat verstecken kann!
Was man jedoch nicht erreichen kann, ist exakt der Sound einer Strat, denn wir verändern ja nur die elektrischen Filtereigenschaften. Der Sound einer Strat wird jedoch noch maßgeblich von den Positionen der Tonabnehmer und der Auswahl der Hölzer bestimmt. Mit dem Split, selbst wenn er vergleichbare elektrische Verhältnisse erzeugt, wird aus einer Paula also keine Strat.
Bei eine Superstrat mit HSH- oder HSS-Konfiguration kann man aber leicht die gewünschten Verhältnisse herstellen.
Unter dem Strich kann als Unterschied noch eine etwas geringere Lautstärke des gesplitteten Humbuckers bleiben, was sich mit ein wenig mehr Gain allerdings leicht kompensieren läßt.
Weiterer Lesestoff:
Ulf