Auch wenn das eigentlich ein älterer Thread ist - das Thema selbst altert ja nicht, wie man auch an den frischen Antworten sehen kann...
Leider hatte ich als Kind nicht die Möglichkeit, ein Instrument RICHTIG zu lernen.
Am Anfang (mit 6 oder 7 Jahren) gab es für uns (für mich und meine Zwillingsschwester) mal einen Blockflötenversuch mit etwas Notenlernen - wurde aber leider vom Ehemann unserer Lehrerin wegen des "unerträglichen Gepiepses" abgebrochen und folglich untersagt...
Zu einem Geburtstag gab es eine Mundharmonika, aber darauf bin ich natürlich alleine nicht weit gekommen.
Später (mit ca. 10 Jahren) habe ich es mal kurz mit Querflöte in einem Spielmannszug versucht - kaum Freude gehabt und ziemlich schnell abgebrochen (auch die Sache mit der Uniform war mir suspekt - daran hatte ich zum Anfang nicht gedacht).
Mit 16 mussten wir in der "Pädagogischen Schule für Kindergärtnerinnen" ein Instrument lernen - wer nicht singen konnte, musste mit Flöte beginnen, die anderen durften mit Gitarre anfangen.
Gitarre finde ich eigentlich toll und ich hatte mich auch gefreut, nicht zu den traurigen "Sing-Versagern" zu zählen... aber sie wurde auch nicht das für mich, was ich suchte.
Trotz einiger bescheidener Fortschritte war das ALLES nicht MEINS und mir fehlte definitiv die Freude daran!
Unsere Musik- und Klassenlehrerin spielte zur Begleitung Klavier und Akkordeon - aber da wir alle diese Frau mordsmäßig gehasst haben, war auch das Akkordeon negativ belegt: denn das gab es nur im Doppelpack mit ihr!
Außerdem war es durch die meist politischen Lieder auch noch zusätzlich blöd - man DURFTE das sozusagen nicht gut finden...
Daß es nicht zu weiteren Versuchen mit Instrumenten kam, lag sicher auch daran, daß unsere Familie 1. finanziell stark eingeengt war und 2. meine Eltern wohl richtig einschätzten, daß ich nicht diszilpiniert genug wäre, weiterzulernen, sobald ich EINMAL Ärger mit dem Lehrer gehabt hätte...
Denn das hatte ich dauernd und habe dann die Mitarbeit im Unterricht verweigert!
Und wie das dann so ist: Erste Wohnung, Arbeit und Hund, Krankheit, vergangene musikalische Mißerfolge etc.: da verschiebt man leider doch immer wieder mal seine Vorhaben mit den Instrumenten - und das erst recht, wenn man eigentlich noch gar nicht weiß, was es denn werden soll...
Auf einem unserer Klassentreffen, zu dem auch diese Lehrerin eingeladen war, haben die meisten ihr verziehen und das Akkordeon war somit "frei".
Klingt irgendwie blöd, war aber so...
Dann fing meine Freundin mit einem Erwachsenenkurs in der "Musikschule Fröhlich" an und entfachte bei mir das lange unterbewusst unterdrückte Feuer!
Auf einmal schoß die Begeisterung hervor und ich konnte mich von da an kaum noch bremsen!
Außerdem hatte ich da schon den Film "Amelie" gesehen und der Wunsch, diese schönen Stücke (in denen so viel Gefühl liegt) spielen zu können, war sehr groß.
Im Zuge der Akkordeonbeschaffung für mich habe ich erfahren, daß mein Vater seit den Fünfzigern eins hatte, weil er als Lehrer auf ein Dorf geschickt wurde und das da brauchte.
Wir hatten während meiner gesamten Kindheit also ein Akkordeon im Haus, von dem ich nichts wusste!
Mann, da war ich aber sauer auf meinen Vater und habe ihn mal gefragt, warum er das NIE rausgeholt hat?
Konnte er mir leider nicht beantworten...
Und er hatte es selbst so lange nicht mehr in den Händen, daß er nun witzigerweise nicht mal mehr sagen konnte, welche Farbe es hatte!
Bin bei ebay fündig geworden (Royal Standard Meteor - 72 Bass), da mir die Ladenpreise im A&V damals noch zuviel waren - denn ich rechnete doch damit, daß ich es vielleicht nicht schaffe und sein lasse.
So, nun hatte ich also ein Akkordeon und habe nicht gefragt, WIE man das lernt, sondern einfach angefangen.
Und genau DAS war es dann:
- diese Klangvarianten...
- diese Möglichkeiten des Ausdrucks: Wärme, Freude, Übermut, Leichtigkeit, Schwermut, Traurigkeit...
- dieses Volle, dieses komplette kleine Orchester...
- die sofort geweckte Aufmerksamkeit, wenn ich irgendwo ein Akkordeon sehe, höre und Videos suche...
- und auch durchaus die Möglichkeit, dahinter beim Spielen einen gewissen Schutz zu fühlen...
...da hatte KEIN Instrument mehr auch nur den Hauch einer Chance bei mir!
Na klar, gibt es noch andere Instrumente mit sehr guten Ausdrucksmöglichkeiten (Oboe, Klarinette und Streicher sind da meine Favoriten) - aber sie erklingen doch solo, brauchen oft noch andere Begleitung und sind eben nichts für mich - traue ich mir nicht gar nicht zu, da auch nur annähernd auf einen akzeptablen Stand zu kommen!
Auch wenn es beim Akkordeon nicht einfach ist, in die höheren Level zu gelangen - so hat man doch schon viel eher Erfolge und Freude auf niedrigem Niveau und kann schon mit wenig Können damit mehr anfangen, als das bei vielen anderen Instrumenten funktionieren würde.
Das heißt, ich kann nun auf meinem Niveau selber etwas Musik machen - und wegkommen vom "nur" konsumieren.
Schon allein das wäre Grund genug.
Lieben Gruß von Karin