Es wird mir glaube ich immer ein Rätsel bleiben, wie man das Pferd nur so von hinten aufzäumen kann ...
Die ursprüngliche Kommunikation ist nonverbal, basiert auf Körpersprache, Körperbewegung, Mimik, Gestik und unter anderm Lauten und Tönen (Tonhöhen bzw. Tonhöhenunterschieden, also nicht Noten).
Dass man damit nicht die Differenziertheit Shakespearsher Dramen, die abstrakten Thesen einer Relativitätstheorie oder die Feinheiten hochkomplexer Gefühlswelten wie Liebe etc. übermitteln kann, sollte doch klar sein - aber heißt das umgekehrt, jegliche Kommunikation und jeglichen Informationsaustausch jenseits der entwickelten Sprache erst mal rundweg zu negieren und sich erstaunt zu fragen, woher diese denn kommen, weil doch jene noch gar nicht da sei?
Also eine Biene kann dem Stamm nicht mitteilen, wo sie ihr Futter gefunden hat, obwohl sie nicht hebräisch kann? Ameisen und Delfine, Elefanten und Vögel können nie zueinander finden und scheitern bei dem bloßen Versuch, Aggression und Fremdheit von Akzeptanz und Zugehörigkeit, Männlein von Weiblein und Brunftzeichen von Revierbesitz zu unterscheiden, weil sie weder die Grammatik noch die Aussprache des Englischen richtig beherrschen? Und unsere nächsten Verwandten, die Primaten, ziehen jahrelang ihren Nachwuchs auf, lehren sie das, was nicht vererbt wird auf vollkommen ominöse, ja vielleicht unstatthafte Art und Weise, weil sie keine uns bekannte Sprache sprechen?
Dazu kommt: unsere wesentlichen, heißt vitalen Lebensfunktionen wie Herzschlag, Atmung etc. vollziehen sich rhytmisch - die Wirkung unterschiedlicher Atemtechniken und Atmengeschwindigkeiten auf den Rest des Körpers, den Geist, das Gemüt sind hinlänglich belegt.
Und belegt ist weiterhin, dass Musik sowohl ein Ausdruck dieser unterschiedlichen Schwingungen der vitalen Lebensfunktionen sein kann als sie diese auch beeinflussen kann - weil sie nämlich auch Rhytmus und Schwingung ist - lange bevor die Ebene der Töne und der Harmonie erreicht ist.
Wundert es da dann wirklich, dass die ältesten Musikinstrumente rhytmische Instrumente sind? Nebst der Stimme natürlich, die lange bevor sie sich in Sprache äußert, sich in Lauten äußern kann, die beruhigend, aufbrausend, traurig, empört etc. sein können.
Die These, dass die Wirkung der Musik auf der Wirkung der Sprache beruht, ist historisch und logisch gesehen so sinnvoll wie die These, dass die Fähigkeit der Bewegung von der Fähigkeit herrührt, Benzin in einen Tank zu gießen und eine Autobahn langzubrettern. Möglicherweise wird umgekehrt ein Schuh draus: Sprache entwickelte sich aus Funktionen der Musik - nämlich aus der Lautmalerei. Die gleiche Lautmalerei, die auch heute noch eine Wirkung auf ein (durchaus der Sprache mächtiges) Publikum hat, obwohl bzw. gerade weil sie inhaltlich gar nichts transportiert. Die gleiche Lautmalerei, die ein Kind erst WauWau sagen läßt, bevor es sich halb erstaunt, halb neugierig dem Diktum des Wortes Hund beugt, obwohl doch offensichtlich alle Welt weiß, was mit WauWau gemeint ist ...
x-Riff