Wahnsinnig schnelle Akkordwechsel. Jeden Akkord greifen?

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möchtegernjazzer
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Hi Leute!

Ich möchte vorausschicken, dass ich im Jazz eigentlich eher Anfänger bin, ansonsten spiel ich schon seit 20 Jahren Gitarre. (So im Bereich Rock/Pop/Blues)
Ich würde sagen, ich habe ein gutes Verständnis von Harmonielehre, kann auch die meisten Skalen(wobei "können" immer relativ gemeint ist) die man so braucht und möchte jetzt ein wenig mehr Richtung Jazz gehen.

Ich hab begonnen "All the Things you are" zu "zerlegen" - ein super Stück, gerade auch für "Möchtegernjazzer":) - und komm damit mittlerweile ganz gut klar.

Doch jetzt bin ich auf "Anthropolgy" gestoßen. Ich dachte bis jetzt immer, ich hab schnelle Finger, doch hier stoß ich an meine Grenzen.
Gaaanzz laaangsaaaam geht's ja, aber wenn ich mir den Titel im Original anhöre - Meine Fresse!!! Wie ist man zu so etwas überhaupt imstande?

Ich will mal damit beginnen nur die Changes zu schrubben, doch das Tempo ist derartig hoch, dass ich bei den halbtaktigen Wechseln kaum bis gar nicht mitkomme.(Von drüber improvisieren kann ich derzeit nur träumen.)

Jetzt meine Frage: Wird bei so hohen Tempi überhaupt jeder Akkord gespielt? Oder werden manchmal ein paar ausgelassen? Mir kommt's nämlich auch so vor, als ob das Klavier auch nicht alle Akkorde mitspielt......

Danke schon mal im Vorhinein für Eure Antworten.

LG
Franz
 
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Wie spielst du denn die Akkorde? als Barré? Wenn ja, such dir lieber Griffe, durch die du (maximal) 4 Saiten anschlägst, oft reichen sogar schon zwei, wenn du z.B. bei nem normalen Septakkord nur Terz und Septime spielst :) Die Charakteristik bleibt dann erhalten
 
Hi,

Anthropology ist auf den sogenannten Rhythm Changes: http://en.wikipedia.org/wiki/Rhythm_changes

Da lohnt sich das lernen auf jeden Fall, denn wenn du die einmal drauf hast, ist der Wiederverwendungswert sehr hoch. ;) Die ganzen Akkorde werden natürlich nicht durchgeschrubbt, sondern je schneller das Stück ist, umso weniger musst du spielen. Ab und zu ein rhyhmischer Akzent reicht völlig.

Solo ist meistens eine bei Saxophonisten beliebte Dudelei (sorry, ich steh nicht so auf Bop ...). Du kommst mit zweimal Pentatonik über den A-Teil und spielst im B-Teil über die Akkorde. Das ist mehr eine Frage, wie schnell du Lines abspulen kannst, weniger des harmonischen Feingefühls.
 
Wie spielst du denn die Akkorde? als Barré? Wenn ja, such dir lieber Griffe, durch die du (maximal) 4 Saiten anschlägst, oft reichen sogar schon zwei, wenn du z.B. bei nem normalen Septakkord nur Terz und Septime spielst :) Die Charakteristik bleibt dann erhalten

Kein Barre'! Meistens sind's Drop 2 Voicings oder manchmal auch Blockakkorde. Das mit dem minimieren, wie Du es beschreibst mit der Terz u. Sept (oder mit'm GT noch dazu oder "Nine for Root" hab ich mir auch schon gedacht.

Aber wird wirklich JEDER AKKORD GESPIELT?

Grüße
Franz
 
Ich würde zumindest jeden irgendwie andeuten, kann aber auch nur ein charakteristischer Ton sein den du einstreust.
 
Hi,


Die ganzen Akkorde werden natürlich nicht durchgeschrubbt, sondern je schneller das Stück ist, umso weniger musst du spielen. Ab und zu ein rhyhmischer Akzent reicht völlig.

Solo ist meistens eine bei Saxophonisten beliebte Dudelei (sorry, ich steh nicht so auf Bop ...). Du kommst mit zweimal Pentatonik über den A-Teil und spielst im B-Teil über die Akkorde. Das ist mehr eine Frage, wie schnell du Lines abspulen kannst, weniger des harmonischen Feingefühls.

Okay, schrubben muß ich schon mal nicht mehr. Das ist gut!
Wobei das Schrubben ja nur ein Anfang sein sollte, ich will ja mal "interessant" compen! (Das wäre schon wieder genug Stoff für eine eigene Diskussion:))
Aber wird wirklich jeder Akkord gespielt bei so hohen Tempi?

LG
Franz
 
Aber wird wirklich jeder Akkord gespielt bei so hohen Tempi?

Das hängt vom konkreten Stil der Band, der Musik, der Musiker ab.

Es gibt Musik(er)-Stile, da ist das angebracht. Stichwort "Gypsy-Jazz". Überhaupt dann, wenn keine Drums dabei sein sollten (Begleitstil : Four-to-the-bar).
Ansonsten wird ein guter Begleiter an der Gitarre in solchen Fällen immer versuchen, mit seinen Begleitakkorden schöne kleine Melodien zu formen (mit den jeweils höchsten Tönen) und die phrasenweise einstreuen, und rhyhtmische Lücken füllen. Das allerdings ist eine hohe Kunst ... aber es lohnt die Mühe des anlernens unbedingt ... !!

LG - Thomas

PS: Merke gerade, ich habe mich jetzt auf die Gitarre als Begeitinstrument bezogen. Ich hoffe, das ist nicht am Thema vorbei ...

PSPS: Weder Klavier noch Gitarre werden - als Begleiter - in der Praxis wirklich JEDEN Akkord spielen. Das einzige, was wirklich durchgehend spielt und das harmonische Fundament liefert, ist der BASS.
 
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Danke!

Das hilft mir weiter.
Tja, das mit dem Comping ist- wie Du schon schriebst - eine hohe Kunst und sicherlich ein eigenes Thema wert um darüber zu diskutieren.

Aber ich bin jetzt mal zufrieden und werd mich mal für's Erste an " I got Rhythm" machen.
Das ist langsamer und für mich mal, denk ich, einfacher und trotzdem ähnlich zu Anthropology. Danke übrigens an JAY für den Hinweis!
Außerdem hat's eine "richtige Melodie". Da kann ich drauf aufbauen.
Tut mir leid, ich hör schon alle Bepoper aufschrei'n. Bin jetzt auch nicht DER Bepop-Fan, obwohl's große Kunst ist!

Es ist für mich noch nicht begreifbar wie man es schafft Bepop zu spielen.
Die Tempi sind irrwitzig, während die Chords einem nur so um die Ohren fliegen und da soll man noch mit einem "inneren Ohr" drüber improvisieren??

Es ist schon schwierig alleine die Chords zu hören. (Das liegt m.M. nach an den Aufnahmen, die manchmal das Backing kaum hörbar machen. Ist das generell so im Jazz?)
Entweder ist man ein Genie oder ein Roboter der gelernt hat Lines über alles Mögliche abzufeuern, was auch einer gewissen Anerkennung bedarf, aber nicht meiner Vorstellung von Musikmachen entspricht.
Aber was maße ich mir hier eigentlich als "Möchtegernjazzer" an?
Ich bitte das Ganze mit ein wenig Milde zu bewerten, obwohl es tatsächlich meine derzeitige Meinung ist.

Trotzdem, ich hab schon mal den nächsten Teil des roten Fadens!
Danke dafür!

LG
Franz
 
Es ist für mich noch nicht begreifbar wie man es schafft Bepop zu spielen.
Die Tempi sind irrwitzig, während die Chords einem nur so um die Ohren fliegen und da soll man noch mit einem "inneren Ohr" drüber improvisieren??

N U R damit. Das ist die einzige Richtschnur, die die "Großen" haben und hatten.
Die schnellen Akkordwechsel sind ja oft nur "Ausschmückungen" von ganz einfachen und bekannten harmonischen 0-8-15-Progressionen. D I E muß man nur einmal herausdestillieren um das Grundgerüst zu erkennen.

Es ist schon schwierig alleine die Chords zu hören. (Das liegt m.M. nach an den Aufnahmen, die manchmal das Backing kaum hörbar machen. Ist das generell so im Jazz?)

Naja, das liegt daran, daß viele der "Großen" zu einer Zeit aufgenommen wurden, wo die Aufnahmetechnik noch eher bescheiden war, nach heutigen Maßstäben zumindest. Aber wenn Du dir Aufnahmen, sagen wir, ab den 70-er Jahren anhörst, wirst Du auf dieses Phänomen kaum mehr stoßen.

Thomas
 
Ich würde Jazz aber nicht nur auf Bebop reduzieren. Das war zwar ein Teil der Entwicklung, aber davor und danach hat's auch großartige andere Entwicklungen gegeben. Solltest du jetzt zu der Erkenntnis gelangen, dass Solos bei Tempo 300 nicht so dein Ding sind, bedeutet das nicht per se "für Jazz ungeeignet".
:m_dblbass:
 
Bireli Lagrene spielt hier jeden Akkord (bei Oleo, sind aber die gleichen Changes wie Anhtropology), Larry Coryell dünnt eher aus im Bass-Solo:



Pat Martino spielt auch jeden Akkord, wenn er die Orgel begleitet (ab 2:37), er hat z.T. bestimmte Voicings, die dicht beieinander liegen:



Viele Grüße,
McCoy
 
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Ich hab begonnen "All the Things you are" zu "zerlegen" - ein super Stück, gerade auch für "Möchtegernjazzer":) - und komm damit mittlerweile ganz gut klar.
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Doch jetzt bin ich auf "Anthropolgy" gestoßen. Ich dachte bis jetzt immer, ich hab schnelle Finger, doch hier stoß ich an meine Grenzen.
Gaaanzz laaangsaaaam geht's ja, aber wenn ich mir den Titel im Original anhöre - Meine Fresse!!! Wie ist man zu so etwas überhaupt imstande?

Was ich sage, stammt auch nur von ein paar Jährchen Jazz-Piano Erfahrung, also kann man manches auch durchaus anders sehen. Allgemein traue ich mir aber schon zu, vernünftige Ratschläge geben zu können.

Erstmal zu "all the things": Gibt sicherlich für Anfänger leichtere Stücke, wie z.B. einen einfachen Blues. Die ganzen Changes klingen zwar schön, sind aber auch erstmal in der Beherrschung schwierig, wenn man alle auch ausspielen will, sofern denn ein Solo überhaupt zur Debatte steht und man sich nicht vorerst auf die Begleitung beschränken will. Das Stück wird eigentlich auch eher up-tempo, zumindest aber in einem guten Swingtempo gespielt. Die meisten Stücke verlieren leider ihre Wirkung, wenn man ein "falsches" Tempo wählt - jedenfalls kann man ein Stück nicht unbedingt auf dieselbe Art in verschiedenen Tempi spielen.

Zu "Anthropology": Zunächst sei gesagt, dass die "i got rhythm"-changes, die für viele Stücke wie dieses Blaupause waren (auch schonmal in anderen Tonarten), zum Repertoire jedes Jazzers gehören sollten, egal welche Stilrichtung man selbst favorisiert. Der kleinste gemeinsame Nenner, auf den man bei einer Session kommen kann, sind meiner Meinung nach nämlich neben der Blues-Form (wobei man hier neben der einfachen Form mit I, IV und V auch den C. Parker typischen Blues mit jazzigeren Changes beherrschen sollte) eben die i got rhythm-changes. Die II-V-I Verbindung ist nunmal ein, wenn nicht DAS, Grundelement im Jazz, was man in fast jedem Stück wiederfinden kann. Sogesehen ist es auch ziemlich ökonomisch, diese Kadenz gut zu trainieren, denn man kann sie oft anwenden, auch wenn sie gar nicht notiert ist, sondern nur der zugehörige maj-Akkord steht.
Was Originalaufnahmen aus dem BeBop betrifft: Virtuosität der Protagonisten hin oder her, diese waghalsigen Tempi in denen da gespielt wurde, waren auch teilweise nur dazu da, sich selbst und anderen (z.B. den weißen Klassikmusikern) etwas zu beweisen. So sehr ich auch Verehrung für Parker und Davis empfinde. Manches kann man sich einfach nicht anhören, weil es zu schnell und grausam klingt. Wenn man nicht mehr zwischen Musik und MG-Geratter unterscheiden kann, ist die Grenze des guten Geschmacks für mich überschritten. Von daher würde ich mir auch keinen Kopf machen, die Dinge schnell spielen zu wollen. Natürlich ist das ein gutes Training, aber schön find ich's nicht. Geschickter wäre es, auch mal an den "richtigen" Stellen einen Akkord wegzulassen. Würdest du jeden Akkord immer spielen und am besten noch alles im selben Rhythmus, dann würde dich so mancher schief angucken. Eine wichtige Zutat für eine gute Begleitung ist neben einem abwechslungsreichen Klang, soll heißen: verschiedene Akkordgriffe/-lagen/-erweiterung, auch die Rhythmisierung. Akkorde dürfen auch mal auf 4+ vorgezogen oder später nachgereicht werden. Daraus ergibt sich dann früher oder später, auch mal einen Akkord wegzulassen. Hier muss man eben ein Gespür dafür entwickeln, welche Stellen im Stück sich anbieten. Ist z.B. ein Akkord über mehrere Takte, muss er nicht ständig wiederholt werden. Mal weglassen, chromatisch umspielen, Substitutakkorde einstreuen, die Möglichkeiten sind vielfältig. Hast du jedoch einen Tonartwechsel anstehen, wie er häufig in einem B-Teil auftaucht oder in "giant steps" dauernd auftritt, würde ich den auch mitnehmen. Gut, nicht unbedingt immer streng auf die 1, dafür gibt es ja Bassisten. Aber wenn man vorher drauf hinspielt, z.B. durch einen Vorhalt, wird dieser Wechsel deutlicher rausgearbeitet und jeder wachgerüttelt, der die Stelle verpennen könnte.


Gibt es hier eigentlich irgendwo Leitfäden für sowas?
 
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