Von der Klassik zum Blues/Jazz/??? ?

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Hi,
ich hab früher 9 Jahre klassischen Klavierunterricht genommen, teilweise auch an einem Konservatorium.. dann kam die Gitarre und ich schmiss das Klavierspielen hin:twisted: ....:(

Mittlerweile spiel ich wieder hin und wieder mal an den klassischen Stücken, würde aber gern auch mal etwas anderes probieren, so in Richtung Blues/Jazz/Barmusik - ich kenn jetzt keinen anderen Namen dafür^^ Hat jemand mal son ein Wechsel gemacht und wie komm ich am besten von der Klassik zur Barmusik (ohne Unterricht)?

Gibt es da empfehlenswerte Bücher oder habt ihr sonstige Tipps, Erfahrungsberichte?^^

Grüße,
zwieback-dude
 
Eigenschaft
 
ich weiß aus Erfahrung, dass das nicht leicht ist. als Klassikmusizierender hat man das Problem, dass man gewohnt ist, nur nach Noten zu spielen. Bei Blues/Jazz wirst du "locker" werden müssen. im Jazz gibt es kein "richtig" oder "falsch" spielen (naja fast), es geht dabei um das kreative Ausschmücken von Melodien zu einem eigenen individuellen Stück. als Allererstes solltest du die typischen Jazzharmonien kennenlernen, dafür besorgst du dir evtl. ein Buch oder schaust in anderen Quellen. anschließend musst du dir bewusst werden, dass im Blues/Jazz eine ganz andere Denkart herrscht. hier geht es nicht um das richtige Wiedergeben eines vorgefertigten Notentextes, sondern um deine Textinterpretation. das ist das eigentlich Schwierige daran, denn jetzt musst du deine gelernten Jazzharmonien geschickt einsetzen, um dem Stück "jazziges Leben" einzuhauchen (Stichwort Improvisation). mein damaliger Klavierlehrer hat mir immer klassische Stücke oder Grundgerüste irgendwelcher Stücke vorgelegt, die ich dann mithilfe meiner Phantasie ausschmücken sollte.
das Ganze wird dir anfangs wohl nicht sooo toll gelingen (ich war whrlich gesagt auch nicht der Phantasievollste), weil es schwer ist, einen natürlichen Instinkt für Blues/Jazz zu entwickeln. da hilft nur stetiges Üben, nach einem Jahr sieht das schon viel besser aus :)
 
Als Buchempfehlung nenne ich immer das "Jazz Piano Buch" von Mark Levine. Da ist alles schön erklärt und an praktischen Beispielen gezeigt - außerdem ist die Diskographie im Anhang sehr gut.

Das bringt mich zum wichtigsten Punkt: Bücher allein bringens natürlich nicht. Hör so viel, wie du kannst und geh auf Konzerte, wenn welche sind, und wenn keine sind, hol dir ein paar DVDs. Da hörst und siehst du wie das alles gemeint ist.
 
Die Erfahrungen anderer ;) haben gezeigt, dass man Klassikern folgende Punkte besonders nahelegen muss:

1.) Rhythmus geht vor Perfektion: Verspieler interessieren keine Sau, solange du in der Form bleibst.

2.) Swing: Triolische Spielweise, elementar für sehr viele Jazzstücke. Das ist auch so ein Rhythmusding, dass die Klassiker zwar technisch spielen können, dies aber mit einer Betonung tun, dass sich einem die Fußnägel aufrollen. Vorzieher werden betont!

3.) Du bist der Chef: Duke Ellington hat dieses Stück geschrieben, aber du spielst es! Sinngemäß das, was schon gesagt wurde: Es ist egal, was auf dem Blatt steht, du hast alle Freiheiten, solange du dich in etwa harmonisch da bewegst, wo auch der Rest der Band spielt. Das setzt natürlich voraus, dass du ...

4.) ... dich mit Jazzharmonien und Skalen auskennst. Hier hilft ein gutes Buch.

:)
 
Ok, danke für die Antworten :) Ich werd mir mal das Jazz Piano Buch anschauen, vielleicht ist es ja was für mich.

edit: kennt jemand vielleicht das Buch "Die Boogie und Blues Methode für Piano" von Wolfgang Wierzyk? Das sieht ganz interessant aus, da auch eine Cd dabei wär..:confused:
 
Yepp, definitiv! Wenn die Englisch-Kenntnisse ausreichen im O-Ton. Das ist vom Format her besser und ich finde den trockenen Humor Schotts nicht... ganz... so gelungen übersetzt.

Edit: Titel ist dann (sehr passend, wie ich finde) "Play Piano By Ear"
 
Grundsätzlich kann ich dir auch die Bücher Rock-Piano 1 u. 2 von Jürgen Moser empfehlen. Da werden verschiedene Musikstile behandelt, Rhythmik, Akkordaufbau ...

Vor Jahren: Kumpel fragt mich, ob ich Lust hätte bei denen in der Band mitzuspielen (mein Hintergrund ähnlich deinem). Ja, klar. Geh mit zur Probe, Keyboard war vorhanden, steht da an der Tafel. C F G7 ... Frage Dirk: "Äääääh, wo sind denn die Noten." Antwort: "Noten? Sind wir hier in der Schule?" ...

Nun ich war fleißig, auch Gitarre angefangen und gerade daher viel über Akkorde etc. gelernt und spiel jetzt seit 2 Jahren Keys in'ner Band.

Mach dich ran :).

Gruß
Dirk
 
Die Erfahrungen anderer ;) haben gezeigt, dass man Klassikern folgende Punkte besonders nahelegen muss:


hehe, schon klar, das ging gegen mich ;) !
Aber egal, stimmt schon was Jay sagt. Wenn Du auf dem Klavier von der Klassik kommst, hast Du aber auch gigantische Vorteile, denn Du kannst Klavier spielen! Wenn Du dann noch das Feeling im Blut hast, kann Dir nix mehr passieren. Nimm Dir einfach einen Berg voll Sheets und leg los. Am Anfang wirst Du einfach nur die Melodie spielen und Deine linek Hand wird sich beim einfachen Akkorde drücken langweilen. Das gibt sich aber nach ner Weile, weil Deine linke Hand zusehends nach Beschäftigung schreit und Du versuchen wirst aus dem vorgegebenen Melodieschema auszubrechen. Jetzt beginnst Du zu improvisieren. Skalenkenntnisse sind jetzt von großem Nutzen, um auch noch zu verstehen, was Du da tust. Da gibts einige gute Werke am Markt. Dieses Buch von Schott würde ich übrigens nicht empfehlen, auch wenns sehr amüsant ist. Skalen- und Improvisationstraining kriegst Du woanders besser. Andi85s empfehlung ist gut! Außerdem such Dir Mitmusiker zum jammen, daran haperts leider bei mir :(.
Und wer behauptet, eine klassische Ausbildung (wenngleich sie nicht unbedingt nötig ist) wäre störend, der höre sich mal Eugen Cicero an.

Cheers,

Wolf
 
Wenn ich mir ein vergnügliches stündchen bereiten will, lege ich den"Jazz-Parnass" von Manfred Schmitz aufs pult, hübsche stücklein in vertrackten taktarten mit modellcharakter und genügend auslauf für beide hände. Wie heißt die alte regel? Vom kopf in die hand, umgekehrt geht es freilich auch.
Richtige partner zu finden, ist in allen lebenslagen schwierig, ein seltener glücksfall!
 
Ich habe eine ähnliche Biographie: Klassisch angefangen und dann vor 5 Jahren auch noch Jazz dazugenommen. Die Tips hier sind alle sehr gut und brauchbar. Das allerwichtigste dabei ist: Jazz hören! Denn Jazz ist ja eine vorwiegend improvisierte Musik und es liegt ganz an dir, was zu spielst. D.h. im Prinzip ist alles erlaubt, aber nicht alles klingt gleich gut! Damit du ein Gefühl dafür hast, was "jazzig" klingt, ist es eben ganz wichtig, sich regelmäßig Jazz-Platten reinzuziehen. Und versuch auch mal, ein paar Sachen davon nachzuspielen. (Anfangs schwer, aber mit der Weile entwickelt sich das Gehör und man kann bestimmte Akkorde und Phrasen erkennen) Musik hören ist immer noch der beste Ideen-Lieferant.

Ach, und das Klassiker-Bashing im Jazz kann ich absolut nicht verstehen, denn die größten Jazz-Pianisten (Bill Evans, Herbie Hancock, Chick Corea etc.) kommen ursprünglich aus der Klassik und haben den Jazz mit Elementen derselben bereichert. Die haben dann natürlich auch richtig lange und intensiv an ihrer Jazz-Technik gearbeitet, also nicht falsch verstehen. Das Gebot "Rhytmus vor Perfektion" kann ich so ganz nicht unterstreichen, denn wenn man den letzten Scheiß zusammenspielt, bringt das auch nichts mehr, wenn man dann genau auf die "1 und" kommt. Es gehört schon beides (Rhytmus/Phrasierung und Melodik) dazu. Verspieler sind dann egal, wenn man mit ihnen richtig umgeht: man darf ruhig mal falsche Töne spielen, aber man sollte besser nicht auf einem falschen Ton stehenbleiben! (ist am Anfang auch schwer, aber kommt mit der Zeit)
 
Ach, und das Klassiker-Bashing im Jazz kann ich absolut nicht verstehen
Das hat hier eigentlich auch niemand gemacht. Das ein gut ausgebildeter Klassiker die technischen Fähigkeiten besitzt, steht ja wohl außer Frage.

Das Gebot "Rhytmus vor Perfektion" kann ich so ganz nicht unterstreichen,
Das hast du hoffentlich nicht wörtlich genommen. ;) Das ist mehr relativ gemeint zum klassischen Unterricht: "Das Fis in Zeile 5 ist legato! Legato, legato, legato! Wie oft muss ich das noch sagen? Nochmal! Solange das nicht sitzt, hat es keinen Sinn, was neues anzufangen ..." :rolleyes:
 
Ich bin ja auch ein ehemaliger Klassiker, und ich finde, allein dieses Gefühl der Vertrautheit mit dem Instrument ist Gold wert - und gibt einem Mut und Sicherheit, das Neue zu wagen.
Dazu kommt all das, was man im Idealfall nebenher lernt.

Also, bloß keine Scheu. Das wird. Und hör viel!
 
Das hast du hoffentlich nicht wörtlich genommen. Das ist mehr relativ gemeint zum klassischen Unterricht: "Das Fis in Zeile 5 ist legato! Legato, legato, legato! Wie oft muss ich das noch sagen? Nochmal! Solange das nicht sitzt, hat es keinen Sinn, was neues anzufangen ..."
Schon klar. Verspieler sind im Jazz nicht so schlimm, hab ich ja oben auch geschrieben. Allerdings stoße ich mich etwas am "solange man im Rhytmus bleibt", weil wenn man da mal etwas zu früh oder zu spät kommt, finde ich das eben auch nicht schlimmer als einen melodischen Verspieler. :)

"Das Fis in Zeile 5 ist legato! Legato, legato, legato! Wie oft muss ich das noch sagen? Nochmal! Solange das nicht sitzt, hat es keinen Sinn, was neues anzufangen ..."
Komisch, sowas hab ich in meiner Klassiker-Karriere noch nie erlebt. Vielleicht hatte ich auch einfach Glück mit meinen Lehrern gehabt... ;)
 
.......allein dieses Gefühl der Vertrautheit mit dem Instrument ist Gold wert - und gibt einem Mut und Sicherheit, das Neue zu wagen....

schön gesagt! :) Dem kann man nichts mehr hinzufügen :great:
 
Ich füge trotzdem noch etwas hinzu: das besondere an rhythmischer klaviermusik, nennen wir sie nun "jazz" oder nicht (ich weiß zufällig etwas über die herkunft und bedeutung des wortes und was es umschreibt, will aber keine wortklauberei betreiben) ist, dass man vital und ausdrucksstark spielen kann, ohne im eigentlichen sinne klavierspielen zu können. Das gegenteil gilt natürlich auch, ich höre manchmal leute, die so gut spielen können, dass sie verlernt haben, gut zu spielen. Zu den quellen zurückzugehen, zu ur-impulsen, ist allemal heilsam, wohl dem, der einen weg findet und nicht in unverbindlich/jederzeit ver- und auswechselbarem bar-geklimper landet. Die spanne ist groß, die spannung atemberaubend zwischen wohltuend primitiv und gekonnt raffiniert. Aber was rede ich?

"Ihr bleibt bei meinen worten kalt?
Euch guten kindern lass ich's gehn,
bedenkt, der teufel, der ist alt,
so werdet alt, ihn zu verstehn!"
 
Günter Sch.;2066120 schrieb:
das besondere an rhythmischer klaviermusik, nennen wir sie nun "jazz" oder nicht
Erinnert mich an (sinngemäß zitiert): "Welche Musik ich mache? Nun, es ist eine Mischung aus Jazz und Funk. Ich nenne es Junk." :D
 
Günter Sch.;2066120 schrieb:
Zu den quellen zurückzugehen, zu ur-impulsen, ist allemal heilsam

Ich stelle mir gerade vor, wie Steinzeitmenschen Bebop spielen... :D
 

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