Vollröhrenamp gegen Transistoramp

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Hallo zusammen, wenn man so durch das Forum surft, um sich zu informieren und sein Wissen über Epiquement aufzufrischen und zu aktualisieren, bekommt man oft den Eindruck, dass man statt Vollröhre Transistor nimmt, habe ausschliesslich mit den hohen Anschaffungspreisen und dem Gewicht der Vollröhrenamps zu tun. Und es wird viel diskutiert, wie man mit den unterschiedlichsten Möglichkeiten einen röhrenähnliche Sound hinbekommt, was aber so richtig perfekt offensichtlich nicht gelingt.

Wenn einem die Schlepperei nun nix ausmacht und auch die Kohle mal nicht ausschlaggebend ist, ist man dann mit Vollröhre immer besser bedient, oder haben die Transistoramps auch noch andere Vorteile (ausser Gewicht und Preis) den Vollröhrenamps gegenüber (mir liegt immer der Begriff "Fully" auf der Zunge, vom MTB her)?

Danke für Eure Meinungen
Gruß Ralf
 
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Naja so ein Transistor ist mechanisch stabiler als ein Röhre. Dem macht es auch nichts aus mal heiß transportiert zu werden - Röhren mögen das nicht ganz so gerne. Ein Transistoramp muss auch nicht so oft gewartet werden. Röhren - zumindest die Endstufenröhren sind Verschleißteile, die alle paar Jahre getauscht werden müssen (sollten).
 
Ein großer Unterschied ist tatsächlich auch das Spielgefühl und die Ansprache - ich hab' früher immer "den" Röhrenton gesucht, aufgrund Gewicht und Anschaffungs- sowie Wartungskosten eher im Hybrid-Segment, wo es sehr gelungene Amps gibt, die in jeglicher Hinsicht nahe an die Vollröhren-Boliden ran kommen (z.B. den ganz hervorragenden Warwick TubePath).

Aber ich musste dann irgend wann feststellen, dass mir das Vollröhren-Feeling bei zunehmend schneller, aggressiver Spielweise immer weniger zugesagt hat. Die Ansprache war mir einfach zu träge, zu weich, und die Tonentfaltung auch bei heftigerer Einstellung der diversen Hybrid-Amps, die ich durchprobeirt habe, zu wenig direkt und auf den Punkt.

Bei satten, wuchtigen Rock-Sounds ist 'n Röhren-Amp für mich immer noch die optimale Lösung. Aber wenn's um schnellen, aggressiven und direkten Punch geht, bevorzuge ich inzwischen absolut Transistor-Amps. Der LH500, den ich momentean auch in der Band noch spiele, ist da trotz Röhre in der Eingangsstufe sehr schön zu spielen, viel aggressiver, direkter Punch und eine extrem direkte Ansprache. Noch besser gefällt mir der alte GK 800RB, den ich mal testen konnte, und der einfach 100% meinem momentanen Band-Sound-Ideal entspricht. Konnte auch einen auf'm Gebrauchtmarkt ergattern, nächste Woche krieg' ich ihn endlich :)

Es kommt also immer komplett auf das eigene Sound-Ideal an - weder Röhre noch Transistor sind pauschal besser oder schlechter, dem einen ist 'n Transistor-Aggregat zu kalt und direkt, dem anderen ist der warme Röhren-Ton zu träge und indirekt.

Tatsache ist, dass sich aufgrund der günstigeren Produktionsmöglichkeit grade im Einsteigerbereich viele Transistoramps und ein paar Hybrid-Geräte tummeln - das heißt aber keinesfalls, dass man hieraus "Transistor=minderwertig/was für Anfänger" ableiten kann. Für 'nen guten Transistor-Amp legt man u.U. ähnlich viel Geld auf'n Tisch wie für 'ne professionelle Vollröhre, und das zurecht ;)

Nicht in jedem Kontext ist der warme, volle Sound einer Vollröhre im Bandkontext sinnvoll und gewünscht ... Hier gibt es völlig unterschiedliche Sound-Ideale, die von entsprechend untersxchiedlichen Amps bedient werden. Da sind die ganzen Hybriden eher ein Sonderfall, wo versucht wird, mit weniger Gewicht und Kosten dem Vollröhrensound möglichst nahe zu kommen. Aber ist eben nicht immer gewünscht, sonst hätten Anbieter wie GK, Glockenklang, Trace Elliot u.v.a. sich nicht mit einer breiten Palette an professionellen Transistor-Geräten am Markt behaupten können, die klanglich z.T. dem Röhren-Sound diametral gegenüber stehen ...
 
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Es könnte zudem passieren, das einem ein Röhren-Sound ganz einfach nicht gefällt :)

In einem so von persönlichen Geschmack geprägtem Umfeld wie der Musik ist schwer klare Gleichungen wie "A ist besser als B" zu finden...
 
Dem macht es auch nichts aus mal heiß transportiert zu werden - Röhren mögen das nicht ganz so gerne.
Na ja, ´ne Transe sollte auch nicht gerade unsanft behandelt werden, da dies auch schnell mal in die Hose gehen kann. Röhrenamps sollten nicht unbedingt Erschütterungen (durch Transport etc.) ausgesetzt werden, sobald sie eingeschaltet wurden. Auch nach dem Ausschalten sollte eine gewisse Zeit vergehen, damit die Röhren ein wenig abkühlen können, bevor der (Vollröhren-)Amp transportiert wird. Ansonsten schon mal einen (einfachen) Röhrenamp von Innen bestaunt? Viel Technik bedarf es nicht, um aus ein paar Röhren einen Ton zu formen. Demzufolge kann auch (im Normalfall) nicht sooo viel kaputt gehen...


Es wurden schon ein paar gute Gründe für den deutlich höheren Marktanteil von Transistoramps/Hybridamps genannt.

- nicht überall passt der Vollröhrensound
In der Tat: typischer (Vintage-) Röhrensound ist ein wenig träger in der "Entfaltung". ABER: Es gibt auch Vollröhren, die ähnlich direkt wie Transistoramps klingen können, so z.B. der Trace Elliot V8 oder der Peavey Classic 400. Mit der richtigen Röhrenbestückung kann man sie aggressiver klingen lassen, so dass sie auch für die von ratking angesprochenen "härteren Gangarten" eingesetzt werden können.
Eine "gut" ausgefahrene Vollröhre klingt irgendwie "anders". Hier muss der persönliche Geschmack entscheiden, ob einem das gefällt oder nicht (siehe sKu).

- Anschaffungspreis / Folgekosten
Leistungsfähige Vollröhrenamps sind nicht sooo viele am Markt vertreten. Dadurch sind sie natürlich auch deutlich teurer, als vergleichbare Tranistoramps. Ratking sagte es aber auch bereits, dass hochwertige Transistoramps ähnlich teuer werden können. Sehr gute Transistoramps dagegen bekommt man heutzutage schon für relativ wenig Geld.

Und es kommen tatsächlich Folgekosten auf einen Vollröhrenspieler zu. Röhren sind Verschleißteile. Vorstufenröhren halten im Prinzip ewig und kosten auch nicht sooo viel. Die Endstufenröhren dagegen sind deutlich teurer und müssen bei einem Wechsel neu eingemessen werden. Das sollte vom Fachmann durchgeführt werden, der sich natürlich seine Leistung auch bezahlen lässt. So kann z.B. ein gutes Sextett KT88 Röhren für einen Trace Elliot V6 150 Euro kosten... Aber was nimmt man nicht alles in Kauf... ;)

Ausschlaggebend für die meisten Wechsler (von Röhre auf Transistor) ist oft das doch sehr hohe Gewicht der Vollröhrenamps, welches in der Tat manchmal ganz schön nerven kann. Ok, ein Traynor YBA200 wiegt knappe 20 kg und ist somit ein Fliegengewicht im Vergleich zum Peavey Classic 400 mit seinen 40 kg. Im Mittel wiegen Vollröhren um die 30 kg. Weil man glaubt, man hätte etwas zerbechliches in der Hand, behandelt man seinen Amp dementsprechend und transportiert ihn auch dementsprechend vorsichtig (und damit umständlich ;)).

Wenn einem die Schlepperei nun nix ausmacht und auch die Kohle mal nicht ausschlaggebend ist, ist man dann mit Vollröhre immer besser bedient, oder haben die Transistoramps auch noch andere Vorteile (ausser Gewicht und Preis) den Vollröhrenamps gegenüber
Pauschal Vor- oder Nachteile zu nennen, kann man nicht. Der persönliche Geschmack entscheidet letztendlich.

(Meine "Pro-Vollröhre" Einstellung ist wohl nicht zu verkennen. ;). Ich spiele jedoch zu 70% Eine Kombination aus Röhrenpreamp/Transistorendstufe und somit "Hybrid"...)
 
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Joa, nimmt man die Gesamtheit der Kommentare, ist dem echt nichts mehr hinzuzufügen ;)
 
Noch besser gefällt mir der alte GK 800RB, den ich mal testen konnte, und der einfach 100% meinem momentanen Band-Sound-Ideal entspricht. Konnte auch einen auf'm Gebrauchtmarkt ergattern, nächste Woche krieg' ich ihn endlich :)

tja das ist wahr. dieser amp klingt wahnsinnig gut und hat ordentlich power. leider ist meiner nun zum 2. mal abgeraucht :(
 
Joa, nimmt man die Gesamtheit der Kommentare, ist dem echt nichts mehr hinzuzufügen ;)

Doch ... :D

Wen Geld nicht interessiert, wer sich zwischen Vollröhre und Transistor nicht entscheiden kann, dem rate ich:
Spiel unbedingt den EBS Classic 450 an ...

Die Verstärker und Bodeneffektgeräte von EBS haben zu Recht einen exzellenten Ruf. Obwohl der Classic 450 ein Transistorverstärker ist, sieht er nicht nur wie ein Röhrenamp aus. Der Drive-Regler (man hätte ihn wohl besser "Snot-Regler" = "Rotz" nennen sollen) arbeitet exzellent. Man kann ihn rein drehen - muss es aber nicht. So hat man Transistor- und "Vollröhren-" Amp in einem. Die Vorteile des Transistors wurden ja bereits angesprochen. Der Wums zusammen mit den EBS Classic Boxen ist einfach enorm. Mir gefiel die 212er ausgenommen gut (die bereits wie ein Full Stack klang).

Wenn ich klassische Motorräder liebe, kann ich mir natürlich eine alte Norton, Triumph oder NSU kaufen. Dann muss ich aber alle paar hundert Kilometer schrauben und neben Benzin sollte man auch auf das Öl schauen. Ich habe deshalb eine Estrella von 1996 - und es gibt "moderne Oldtimer" wie die Kawasaki W800 oder Triumph Bonneville. Modernste Fertigungstechnik, nicht wartungsintensiver als ein anderes modernes Motorrad.
So ist das eben auch bei den Bass Amps. Es gibt mittlerweile genug Möglichkeiten sich von den Nachteilen der Röhre zu verabschieden ohne dabei das Feeling zu verlieren.

Gruß
Andreas
 
Modernste Fertigungstechnik, nicht wartungsintensiver als ein anderes modernes Motorrad.
So ist das eben auch bei den Bass Amps.

Das gilt aber nicht unbedingt für Röhrenamps. Die aktuell hergestellten Teile haben große Platinen mit haufenweise SMD Bauteilen drauf. Die alten Amps sind häufig mit Turret Boards aufgebaut, die ich für wesentlich wartungsfreundlicher halte! Da passt der Vergleich mit Autos in meinen Augen besser. Früher kam man überall gut ran und man brauchte nicht für jeden Scheiß spezielles Werkzeug und Diagnosegeräte und heutzutage kann man schon froh sein, wenn man die Scheinwerferlampen ohne Werkstattbesuch tauschen kann. ;-)

Den EBS Classic 450 habe ich vor kurzem auch angespielt, als ich auf der Suche nach einem neuen Verstärker war. Verdammt geiles Teil, für Rock sehr gut geeigent, und er war sehr lange in der engeren Auswahl, aber die Dynamik, und die Lebendigkeit waren in meinen Ohren doch typisch Transistoramp. Ob man diese Dymaik überhaupt haben will, ist dann schon wieder Geschmacksache - bei mir ist es dann aber doch ein Mywatt geworden.
 
Bis hierher schonmal vielen Dank für Eure ausführlichen Stellungsnahmen.

- bei mir ist es dann aber doch ein Mywatt geworden.

Das ist genau der Amp, der bei mir bei den "Fullies" an erste Stelle wäre. Ist das einer, bei dem man noch ne Scheinwerferbirne tauschen kann (wenn er ein Auto wäre)?... Und der EBS war Dir zu dynamisch?

Gruß Ralf
 
Hallo Ralf,

schau mal in das Bass-Unterforum "NEWS"!
Da stellt Martin in einem fast acht minütigen Video das neue TC BH-500 Topteil vor.
Das bietet neben gut klingendem "Rotz" auch einen Compressor, mit dem man die Dynamik beschneiden kann (so wie Endstufenröhren) und der einen wirksamen Schutz bei hohen Lautstärken darstellt. Was Martin nicht sagte (ich aber vermute): Der Compressor heißt vermutlich "SpectraComp", weil er (ähnlich wie Rolands FFP) irgendwann zum Schutz der Speaker die Bässe nicht weiter durch lässt, Mitten und Höhen aber weiter erhöht. So sind dann hohe Lautstärken mit der verfügbaren Leistung möglich.
Auf jeden Fall ein äußerst preiswerter Amp, den man mal testen sollte ...

Gruß
Andreas
 
Moin Ralf,

ich habe meinen Mywatt noch nicht geöffnet, aber hier im Forum schwirrt irgendwo ein Foto vom Innenleben rum. Da sah alles sehr aufgeräumt aus. Wartungen an (Röhren)amps sollten aber immer vom Fachmann ausgeführt werden. - Also hinkt der Vergleich mit dem Scheinwerfer doch etwas. :)

Beim EBS fehlte mir, den Sound durch die Anschlagstärke beeinflussen zu können. Das geht natürlich auch, aber halt nicht in dem Ausmaß wie bei einem Vollröhrenamp, weshalb die Dinger meiner Meinung nach auch heute noch absolut ihr Daseinsberechtigung haben - trotz ihrer Nachteile.
 

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