Verständnissproblem "In Vivo Guitar" S. 19

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Hallo miteinander,

ich habe bis jetzt mein Gitarrenspiel im Selbst (Youtube u. Justin Sandercoe) Studium gelernt
und möchte mich nun endlich mal an die Theorie dazu wagen.
Im Buch In vivo guitar von Abi Reinighaus wird auf Seite 19 die F# - Durtonleiter erstellt.

Dabei kommt er in einem Ganztonschritt von D# zu E#.
Und da hört meine Verständniss dann auch schon wieder auf.
Denn in dem, auf Seite 16 dargestellten Notenstrahl gibt es gar kein E'#.

Wo kommt das also bitte her ?
Auch auf der Gitarre gibt es doch, menes Wissens nach, nur die E-Seite und dann direkt im ersten Bund sclhon die Note F ?

Vielen Dank für Eure Hilfe im Theoriedjungel

Siggi
 
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Hallo Siggi,

das E# (deutsch: Eis), also ein um einen Halbton erhöhtes E, ist enharmonisch verwechselt nichts anderes als ein F. Auf dem Klavier gibt es zwischen E und F auch keine schwarze Taste.

Ein Eis ist deshalb, genau wie ein Fes (entpricht E), ein His (entspricht C) oder ein Ces (entspricht deutsch H, englisch B) auch wohl nicht auf dem Notenstrahl enthalten.

Bei der Tonleiter ergeben diese Exoten aber einen Sinn, weil in einer Tonleiter jeder Ton eine Stufe weiterschreitet.
Diese Stufen basieren zunächst einmal immer (!) auf den sogenannten "Stammtönen", das entspricht den weißen Tasten auf dem Klavier (also c, d, e, f, g, a, h), die dann je nach Bedarf per Versetzungszeichen erhöht oder erniedrigt werden.

Bei Fis-Dur kommt eben nach der reinen Lehre als vorletzter Ton vor dem Fis kein F, sondern eine Stufe drunter ein Eis, also ein um einen Halbton erhöhtes E.
Das ist zwar auf Gitarre und Klavier mit dem F identisch, aber dann hätte die Tonleiter einen "Sprung". von Dis auf F (unter Auslassung des Stammtons E).


Edit: Zur Verdeutlichung habe ich zwei alte Bilder von mir rausgekramt, die eine solche falsch notierte Fis-Dur-Tonleiter mit "Knick" der korrekten, stufenweise aufsteigenden Tonleiter gegenüberstellen.
Du muss keine Noten lesen können, um den Stolperer im Notenbild mit dem gleichmäßigen Anstieg vergleichen zu können.
Auf Generalvorzeichen habe ich hier zugunsten einzelner Versetzungszeichen für jede Note verzichtet.

Falsch:
Mit "Stolperer"
Fis Gis Ais H Cis Dis F Fis (zweimal Stammton F hintereinander, Notenköpfe auf derselben Position)
fis-nok.png



Richtig:
Enharmonisch verwechselt ist das Eis zwar nichts anderes als ein F, aber in der korrekten Schreibweise sieht man, wie alle Stammtöne (also die Position der Notenköpfe im Liniensystem) schrittweise aufsteigen und die Ganz-/Halbtonschritt-Problematik über Versetzungszeichen gelöst wird:
Fis Gis Ais H Cis Dis Eis Fis

fis-ok.png
 
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Puuh, und ich dachte ich hätte das konstruieren der Dur - Tonleitern wenigsten schon mal verstanden :tongue:
Dann also jetzt das Thema enharmonische Verwechselungen . . .

Danke schon mal für die Erklärung°
 
Puuh, und ich dachte ich hätte das konstruieren der Dur - Tonleitern wenigsten schon mal verstanden :tongue:

Das hast Du doch sicher auch!
Gitarristen haben's da in dieser Hinsicht ein wenig schwerer als Pianisten, weil auf der Gitarre jeder Bund einen Halbtonschritt bedeutet und keine Struktur existiert, an der man sich orientieren könnte.

In Verbindung mit Notenschrift und Tonbezeichnungen ist es jedoch auch für Gitarristen, Bläser, Sänger usw. vorteilhaft, sich eine Klavier-Tastatur mit den charakteristischen Zweier- und Dreiergruppen von schwarzen Tasten vorzustellen:

320px-Klavier.PNG


Das hat nichts mit dem Hör-Erlebnis/Klang zu tun (alle 12 Töne sind absolut gleichberechtigt!), sondern eher mit der musiktheoretisch "korrekten" Benennung der Töne.

Die weißen Tasten sind die bereits erwähnten Stammtöne und jede weiße Taste entspricht einer Notenkopf-Position im Notensystem. Und diese Stammtöne sind die Namensgeber jedes Tons. Bei Bedarf kann ein solcher Stammton erhöht oder erniedrigt werden, indem man ein Kreuz oder Be in den Noten davorschreibt und ein -is oder -es-Suffix an den Namen anhängt. (OK, Ausnahme ist das B statt Hes im Deutschen).

Enharmonische Verwechslung
Ist nicht schlimm und existiert auf der Gitarre ebenso wie auf dem Klavier.
Beispiel: Wenn man ein G um einen Halbtonschritt erniedrigt (Ges), landet man derselben Taste bzw. im selben Bund wie wenn man ein F um einen Halbtonschritt erhöht (Fis).
Man greift denselben Ton, der aber - je nach Situation - anders genannt wird.

Aufbau von Tonleitern
Du gehst, wie Du es ja sicher schon tust, von einer Abfolge von Ganz- und Halbtonschritten aus.
Auf der Gitarre bedeutet das:
  1. Finde den Startton
  2. Gehe bei Ganztonschritten jeweils zwei Bünde weiter und bei Halbtonschritten jeweils einen Bund weiter
  3. Geschickterweise wechselt man die Saite, um bequem in einer Lage spielen zu können und nicht den ganzen Hals entlangrutschen muss
  4. Trotzdem ist das Rutschen auf einer Saite prinzipiell nicht falsch, sondern nur unelegant und beschwerlich.
Du kannst also auf diese Weise bereits jede erdenkliche Dur-Tonleiter korrekt spielen.

Woran hapert es dann?
Es hapert ausschließlich am Formalismus, die Töne korrekt zu benennen.
Also konkret fragt man sich: ist das jetzt ein Fis oder ein Ges?

Was fehlt Dir also noch?
Alles, was Dir fehlt, ist die Vorgehensweise, sich streng an den Stammtönen entlangzuhangeln (die sind in Stein gemeißelt). Im nächsten Schritt prüft man dann das Ganz-/Halbtonschritte und gleicht bei Bedarf durch Erhöhen oder erniedrigen des Stammtons aus.
Achtung: das gilt für ausnahmslos alle (!) Stammtöne, unabhängig davon, ob sie eine schwarze Taste als Nachbarn haben oder nicht!
Ein Be-Versetzungszeichen vermindert den Stammton um einen halben Ton und ein Kreuz-Versetzungszeichen erhöht einen Stammton um einen halben Ton. Das ist es auch schon. Punkt.

Somit wird gnadenlos und Problemlos bei Bedarf aus dem C ein Ces, auch, wenn das Ces keine schwarze Taste ist, sondern alternativ ganz harmlos auch als Stammton H daherkommt.

Das Problem besteht darin, dass viele glauben, ein -is oder -es müsse immer eine schwarze Taste sein.
Ist aber nicht so. :)

Viele Grüße
Torsten
 
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Denn in dem, auf Seite 16 dargestellten Notenstrahl gibt es gar kein E'#.
@Torsten (willkommen! :)) hat es schon erklärt, ich versuche das noch mal ganz mit Bezug zum "In Vivo Guitar" Buch:

Von Reininghaus benutzt die engl. Tonbezeichnungen C D E F G A B C, das B entspricht dabei dem deutschen h.

Auf seinem Notenstrahl geht es nun um eine Darstellung der Intervalle, also die Halb- und Ganztonabstände zwischen Tönen.
Wie Du auf deiner Gitarre auf der A-Saite leicht nachvollziehen kannst, gibt es keinen spielbaren Bund (Halbton) zwschen B (dt. h) und C und keinen zwischen E und F.
Auf dem Notenstrahl von "In Vivo..." stehen die Stammtöne C D E F G A B C, die Erhöhungen "#" bzw. Erniedrigungen "b" aber nur dann, wenn ein Platz dafür ist, also ein spielbarer Bund auf der Gitarre.

Wie Du im Buch gleich darauf unter "Konstruktion der Durtonleiter" nachlesen kannst, geht man bei der Bezeichnung immer von der Stammtonreihe aus, Abi nennt das lässig "C Dur".
Für dich ist nur wichtig, dass Du immer bei C D E F G A B C bleibst und je nach Erfordernis ein # oder b dazu schreibst.

Auf das "je nachdem" geht das nächste Kapitel im Buch ein: "Quintenzirkel". Das ist im Uhrzeigersinn gelesen C G D..., gegen den Uhrzeigersinn ergibt sich in Quartenzirkel C F Bb...

Die ersten vier Töne der Durtonleiter haben die Intervallfolge Ganzton, Ganzton, Halbton (C _ D _ E ^ F) und die nächsten vier Töne haben wieder die gleiche Intervallfolge (G _ A _ B ^ C).
Diese Abfolge von vier Tönen nennt man Tetrachord, in der Durtonleiter werden die zwei Tetrachorde durch einen Ganztonschritt verbunden (F _ G).

Wie Du siehst, bilden diese zweiten vier Töne in C-Dur zugleich den Anfang der nächstfolgenden Tonart G-Dur.
So geht das mit dem "Tetrachord" reihum und es entsteht ein Quintenzirkel C G D A E B F#/Gb Db Ab Eb Bb F C.
Du siehst in der Hälfte des Zirkels den Wechsel von # zu b Vorzeichen, was die Anzahl der Vorzeichen übersichtlich hält, es gibt - selten, aber prominent - aber auch ein C#-Dur (statt Db Dur).
http://www.cisdur.de/cisdur.html

Zum Tetrachord gibt es im Kapitel "Quintenzirkel" eine Grafik im Buch, die Du zu allen Tonarten ergänzen könntest.
Du sieht aber auch am abgebildeten Teil von 5 Tonarten bereits, dass die Logik der Tonbezeichnungen/Notennnamen immer gleich bleibt, Stammtonbezeichnung zuzüglich # oder b, wenn es die in Durtonleitern (vom Typ "ionisch") immer gleiche Intervallstruktur erfordert.

Allein durch Lesen begreift man die vielen Definitionen mit ungewohnter Fachsprache nur schwer, mit (Noten-)papier, Bleistift 4B, Radiergummi und Spitzer für viele eigene Notizen und Übungen geht das besser.

Gruß Claus
 
@Torsten (willkommen! :)) hat es schon erklärt, ich versuche das noch mal ganz mit Bezug zum "In Vivo Guitar" Buch:
Danke, Claus!
Gibt es eigentlich irgendein musikalisches Lehrbuch, das nicht in Deinem Regal steht? :great:


Auf dem Notenstrahl von "In Vivo..." stehen die Stammtöne C D E F G A B C, die Erhöhungen "#" bzw. Erniedrigungen "b" aber nur dann, wenn ein Platz dafür ist, also ein spielbarer Bund auf der Gitarre.

Ach so, das war mir natürlich nicht bewusst (ohne das Buch).
Im Grunde entspricht das ja genau der typischen Klavier-Fehlinterpretation à la "ein F kann man nicht erniedrigen, denn links davon ist keine schwarze Taste.

Es geht aber beim Erhöhen/Erniedrigen von Stammtönen eben nicht darum, ob die Nachbartaste schwarz oder weiß ist. Einen Halbton tiefer/höher heißt nichts anderes als einen Halbton tiefer/höher.

Deshalb ist - auch wenn ich hier Korinthen kacke - Abis Notenstrahl dahingehend unvollständig, dass strenggenommen bei dem Bund, der mit E bezeichnet ist, "E oder Fb" stehen müsste, genau so, wie beim 2. Bund der E-Saite sicher steht: "F# oder Gb".

Offenbar hat Abi in seiner Gitarren- und somit Griffbrett-Sichtweise unbewusst (?) doch die Klaviertasten vor Augen gehabt, wenn er nur "C" statt "C/B#", "E" statt "E/Fb", "F" statt "F/E#" und "B" statt "B/Cb" schreibt.
Einerseits wäre das ein verwirrender Overkill, aber man sieht ja, dass das kommentarlose weglassen der Exoten B#, Cb, E# und Fb am Ende dann doch Verwirrung stiftet weil manche Bünde eine Sonderbehandlung erhalten, obwohl vor Gott und der Musik alle Bünde gleichberechtigt sind.

@Claus Oder habe ich das falsch interpretiert? Denn das E#, um das es im Eingangspost steht, ist doch ein existierender/spielbarer Bund: nämlich genau der, in dem auch das F gegriffen wird?

Wäre es zulässig, zur Erleuchtung aller Beteiligten diesen ominösen Notenstrahl hier als Grafik einzustellen?
 
Ich stöbere ganz gern in Musikalienhandlungen und habe zuerst Gitarre (und dann Kontrabass) gespielt, Tasten erst ab Mitte der 90er mal mehr und mal weniger, mein Hauptinstrument ist aber die Trompete.

"In Vivo Guitar" entstand aus einer Artikelreihe in "Gitarre und Bass", daher kannte ich einen Teil des Inhalts und wollte auch das Buch haben.
Abi von Reininghaus ist rockgitarrentypisch Autodidakt und nahm erst spät im Zug der Professionalisierung eine Ausbildung wahr (GIT, Los Angeles).
Er kann unterhaltsam formulieren und musiktheorie-phoben Gitarristen damit einige Berührungsängste nehmen.

Was sein Modell Notenstrahl betrifft, da muss ich ggf. noch ein Zitat nachliefern:
"Die gesamten Möglichkeiten der Tonbenennung sind mit diesem Anschauungsmodell noch nicht erschöpft. So kann unter entsprechenden Voraussetzungen ein Fb anstelle eines E stehen, anstelle eines C in B# (Achtung, englisch, siehe unten!) oder anstelle eines G ein Abb oder ein F##. Aber gerade die doppelten Vorzeichen sind äußerst selten. ..."
Quelle: Abi von Reininghaus, In Vivo Guitar, S.14. Voggenreiter Bonn-Bad Godesberg 1994

Die Erläuterung geht noch etwas weiter und wird am Beispiel - die None in F#7(#9) lautet G## - demonstriert.

Ich wollte das nicht vertiefen, wegen des Verwirrungspotentials.
Wir wissen schließlich auch, dass in Rock/Pop/Jazz gern enharmonisch verwechselt wird und daher in der Praxis wahrscheinlicher ein A statt amtlich G## steht.

Gruß Claus
 
Er kann unterhaltsam formulieren und musiktheorie-phoben Gitarristen damit einige Berührungsängste nehmen.
Das ist ja auch schön und vor allem finde ich es gut, wenn man Musiktheorie anhand seines Instruments lernen kann.
Die meiste Musiktheorie-Literatur basiert natürlich auf Tasteninstrumenten (d. h. Klavier), aber eigentlich braucht man nur polyphone Instrumente und somit geht Gitarre ja auch.

Tockene Lektüre hat schon so manchem den Spaß vergällt, eine gewisse Lockerheit birgt aber auch die Gefahr von Unschärfen.

Andererseits kann man nie gleich zu Beginn mit der "vollen Wahrheit" aufwarten, weil dann alles viel zu kompliziert und umständlich wird... Schwierige Sache...


Was sein Modell Notenstrahl betrifft, da muss ich ggf. noch ein Zitat nachliefern:
"Die gesamten Möglichkeiten der Tonbenennung sind mit diesem Anschauungsmodell noch nicht erschöpft. So kann unter entsprechenden Voraussetzungen ein Fb anstelle eines E stehen, [...]
Ah, dann ist ja alles gut!

Ich wollte das nicht vertiefen, wegen des Verwirrungspotentials.
Da haben wir wieder das Dilemma: wenn man aus pädagogischen Gründen Grenzen zieht, kommt doch immer jemand, der über diese Grenzen stolpert. ;)


Wir wissen schließlich auch, dass in Rock/Pop/Jazz gern enharmonisch verwechselt wird und daher in der Praxis wahrscheinlicher ein A statt amtlich G## steht.

Die Doppel- und Dreifach-Versetzungszeichen habe ich auch deshalb bewusst unterschlagen...

Zu bekämpfen gilt jedoch meiner Meinung nach zweifellos die Unsitte, grundsätzlich nur #-Bezeichnungen zu verwenden, die bei rein Internet-gebildeten oder autodidaktischen Gitarristen häufig vorkommt:
In F-Dur ist ein Simpler Bb-Dur-Akkord eben ein Bb-Dur-Akkord und kein A#-Dur-Akkord.
Ebenso schlimm: Es-Dur besteht aus den Tönen Eb, G und Bb, nicht aus D#, G und A#.

Die Vermeidung von Doppel-Be/-Kreuz oder gar Dreifach-Be/-Kreuz, vor allem bei der Schreibung von verminderten Akkorden, scheint mir relativ praxisorientiert zu sein und ist für mich vergleichbar mit dem Wandel von Telephon -> Telefon oder Elephant -> Elefant. Klassisch gesehen verschleiert es die Wortherkunft, praktisch gesehen versteht es mittlerweile trotzdem jeder.

Viele Grüße
Torsten
 

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