Vergleich Bigsby-Style B50 / B70 mit originalen B5 / B7

TheByte
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Hi.

Ich habe mir, nachdem fernöstliche Nachbauten eines Bigsby B50 und eines B70 in meinen Besitz gefallen sind, die Mühe gemacht, deren Unterschiede zu den USA-Originalen B5 und B7 möglichst detailliert in Worte und Zahlen zu fassen. Dabei soll dieser Vergleich hauptsächlich auf die technischen Details eingehen.
Warum eigentlich ein Vergleich von BX-Original zu BX0-Nachbau? Tja... eigentlich wollte ich einen B7-Nachbau haben (falls es das bei den Chinesen überhaupt gibt, so rückblickend darüber nachgedacht), aber schlussendlich war es dann doch "nur" ein B70-Klon, der den Weg hierher gefunden hat. Der B50-Nachbau war fälschlicherweise als "B5" deklariert. Vielleicht hilft es aber dem einen oder der anderen trotzdem irgendwie.

Ausgangspunkt sind also diese vier Geräte:
Bigsby4.jpg
Abb. 1: Bigsby B5 und B7 mit den jeweiligen Nachbauten.
(Anmerkung: Das B70 hat natürlich eine Saitenniederhalterrolle (bzw. eine Hülse darauf) von demselben Durchmesser wie das B50 und die Originale.
Das B50 kam gänzlich ohne schwarze Farbe daher. Ich hatte schon kurz nach Auspacken und Begutachten mit Modifikationen begonnen).


Wie hinlänglich bekannt ist, passen die Schraubenlöcher der Originale und Nachbauten nicht zusammen.
Das Ausmaß der Positionierungsunterschiede meiner Exemplare kann folgender Abbildung entnommen werden (Referenz beim B5: Saitenniederhalterrolle, beim B7: Rand der Decke).
SchraubenPositionen.png
Abb. 2: Schraubenlöcher (schwarz: Originale, rot: Nachbauten).

Es folgen ein paar Zahlen (wer will schon Bilder anschauen, wenn es auch Zahlen gibt?):

Tab. 1: Massen der Vibratos incl. Feder; Längen der beigelegten Federn und Schrauben.
Masse / gFeder / mmSchrauben / mm
Original-B52792220
Nachbau-B503813030
Original-B73482220
Nachbau-B703092530/10
[THEAD] [/THEAD]
[TBODY] [/TBODY]
Es ist zu erkennen, dass mein B50-Nachbau knapp 100g schwerer ist als das echte Bigsby, der B70-Klon jedoch etwa 40g leichter ist als das Original. Aus den Differenzen lässt sich schließen, dass die Dinger nicht aus Aluminium bestehen (ich bilde mir auch ein, stellenweise eine Kupferschicht unter der Oberfläche zu erkennen. Da ich mal irgendwo gelesen habe, dass Aluminium anscheinend nur umständlich galvanisch zu beschichten ist, zweifle ich persönlich erstmal an Aluminium als Basismaterial; zumindest nicht die gleiche Legierung wie in Bigsby-Produktion verwendet).
Die Federn der Originale sind 7/8" lang, der B70-Nachbau kam mit einer 1"-Feder, der B50-Nachbau mit einer 1-3/16" langen Feder. Diese letztgenannte Feder war sogar schon beim Einbau hoffnungslos überlang, sodass ich den Entschluss gefasst hatte, zum nächsten Harley-Davidson-Dealer zu gehen, um eine kürzere Feder zu organisieren. Dann lernte ich in Autotuner-Kreisen das zwielichtige Geschäft rund ums Federpressen kennen, was mir sehr gut gefiel :) Schutzbrille aufgesetzt, Feder in den Schraubstock gespannt und am nächsten Tag etwas mehr als 3mm kürzer wieder eingebaut. Ich muss sagen, ein nicht-parallel zur Decke ausgerichteter Hebel bietet (zumindest für mich) eine bequemere Handhabung eines B5 als die kürzere Originalfeder. Die beigelegten Federn unterscheiden sich nicht nur in der Länge von ihren Vorbildern, sie sind auch deutlich weicher als diese.
Die Schrauben, die den Originalen zur Befestigung beilagen, sind allesamt 20mm lang. Bei den Nachbauten wird dem Holz der Gitarren wohl nicht so viel zugetraut, da 30mm-Schrauben zum Einschrauben in die Decke vorgesehen sind, sowie (seltsam kurze) 10mm-Schrauben für die gurtpinseitige Fixierung des B70-Klons.

Der Abstand der Saitenaufhängungsstifte der zwei äußersten Saiten beträgt bei den Originalen 48mm, bei den Nachbauten 50mm, also zwei Millimeter mehr. Insgesamt sind die Vibrato-Grundplatten auch etwa 3mm breiter gebaut als die Originale. Die Maße entsprechen ungefähr den Angaben, die Bigsby für das B50 bzw. B70 in den Blaupausen auf der Website macht.
Abbildung 2 zeigt nicht nur, dass die zwei Schrauben zur Befestigung eines B70-Nachbaus auf der Decke anders positioniert sind als beim B7, implizit ist das auch ein Hinweis, bei kleineren Gitarren darauf zu achten, dass die Brücke dem Vibrato nicht im Weg steht. Mein B70-Nachbau ist tatsächlich knapp 4mm länger als das B7 (vom Rand der Decke zur Brücke hin gemessen).

Oberfläche:
Wer glaubt, die Originale sehen "grob behauen" aus, müsste für meine Exemplare der Nachbauten einen neuen Begriff finden :D Gut, so schlimm ist es auch wieder nicht, aber die eine oder andere Macke bzw. Delle ist schon zu erkennen (so, als wäre das Teil vor dem Eintüten nochmal runtergefallen). Der Stift, der das Scharnier am B70-Klon zusammenhält, sieht aus, wie direkt aus der Schlagschere, etwas poliert und eingebaut. Die Oberfläche ist aber bei beiden Geräten im Großen und Ganzen schön hochglanzpoliert. Die Hebel haben im Vergleich zu den Originalen auf der Unterseite etwas schärfere Kanten. Schneiden kann man sich aber nicht daran. Auf der Unterseite der Grundplatte des B70-Nachbaus sind leichte Frässpuren zu sehen. Ein Indiz für ein Material, dessen Anlieferung und Bearbeitung als Blockware günstiger ist als das Gießen?
Apropos Oberfläche: Im Gegensatz zu den Originalen sucht man hier etwaige kratzervermeidende Filzaufkleber auf der Unterseite der Grundplatte vergeblich.

Lager:
Der wichtigste Punkt. Die Sache, die viele Spieler und externe "Hater" zu negativ gestimmten Ausrufen bezüglich Bigsby hinreißt.
Die Welle mit den unter dem Großteil der Nutzer unbeliebten Saitenaufhängungsstiften ist bei den Nachbauten in Nadellagern gelagert, die beim Drehen jedoch nicht ganz so hochwertig scheinen wie beim Original. Ungefähr so vom Gefühl, wie das Türenschließen bei einem Smart und bei einer E-Klasse.
Macht aber nichts, wenn es funktioniert. Betonung auf "wenn"... Beim B70-Modell haben die beiden Wellensicherungsringe auf den Außenseiten der Lager geschliffen, wodurch das minimale Einpressen eines Lagers nötig war, um Leichtgängigkeit und Stimmsicherheit herzustellen.
Auch ein Punkt, den Bigsby-Nutzer beachten sollten: Wenn Sattel und Saitenreiter in Ordnung sind, aber trotzdem Verstimmungen auftreten, könnte es die Lagerung der Welle sein.
Die Saitenniederhalterrolle ist in Kunststoffbuchsen gelagert und läuft leicht, ebenfalls durch zwei Wellensicherungsringe fixiert. Die Original-Konstruktion hat dafür Bronzelager vorgesehen, fixiert durch eine Madenschraube auf der Unterseite der Grundplatte.
Die Stimmstabilität aller vier Vibratos ist vergleichbar gut (oder schlecht; je nachdem, wie man dem Bigsby-System gegenüber empfindet).

Hebel:
Bis auf die schon erwähnte schärfere Kante ist sowohl an Haptik als auch an Optik nichts auszusetzen. Technisch jedoch schon. Das folgende Bild zeigt, wie die Schraubensicherung gedacht war, um eine zusätzliche Feder, wie sie bei originalen Bigsbys zu finden ist, einzusparen:
HebelFeder.jpg
Abb. 3: Federscheibe statt Feder als Schraubensicherung.

Eine plattgedrückte Federscheibe soll hier genügend Kraft ausüben, um die Mutter am Rotieren zu hindern. Hat zumindest beim B70-Modell nicht funktioniert, da sie sich in die darunterliegende Unterlegscheibe gedrückt hat und dadurch beim Drehen des Arms die Mutter langsam abgeschraubt wurde. Nach Entfernen der Federscheibe war die Reibung so gering, dass die selbstsichernde Mutter von selbst hält. Problem gelöst. Da der B50-Nachbau bisher keine Anzeichen eines solchen Fehlverhaltens zeigt, ist das wohl individuell. Fakt ist jedoch, dass es einen Grund gibt, warum Federscheiben nach DIN nicht mehr als Schraubensicherung gelistet sind. Vielleicht war hier aber auch gar keine Federscheibe verbaut, sondern nur eine geschlitzte Unterlegscheibe...

Insgesamt bieten die zwei Vibratos für knapp 12€ bzw. 22€ ein paar Nachmittage Bastelspaß (nebenbei hat dann die eine oder andere Gitarre ein durchaus brauchbares Vibrato).
Besser kann man 34€ kaum investieren :)

MfG
 
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