Ursprung/Alter Pentatonik

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Hi Folks!

Wer kann mir zum Ursprung und Alter der Pentatonik Genaueres sagen, als zb. Riemann?
( der übrigens von einer 4 Tonleiter als Ursprung ausgeht), bzw woher Riemann sein Wissen hat?

Oder welche Quelle F.Haunschild benutzt hat,(meine Nachfrage bleibt bislang unbeantwortet)
der von 1500-1800 ad ausgeht, und in diesem Zusammenhang China bzw die Hsia-Dynastie nennt..(Band 1 S.105)

Und wenn die Pentatonik tatsächlich die älteste Tonleiter ist/wäre, aber evtl eben nicht älter als 2000 ad, mit welchem Tonmaterial haben dann ältere Hochkulturen musiziert, wie zb die Induskultur, die auf 3000 ad zurückgeht?

Oder ist die Pent. dann doch älter, und hat Ihren Weg von Indien nach China gefunden?

Grüße!
Mathias
 
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Ich kann dir leider deine Frage nicht beantworten, möchte aber etwas Klarheit schaffen:
Das Kürzel "a.d." hinter einer Jahreszahl bedeutet iA anno domini also im Jahre des Herrn und damit nach Christus - du scheinst mir etwas anderes gemeint zu haben, oder?
 
Jaja, das mit dem a.d. war mir auch aufgefallen. ^^

Deine Frage kann ich dir auch nicht direkt beantworten, allerdings könnte es dir evtl. weiterhelfen, dich mit den alten Griechen zu beschäftigen, falls du das noch nicht getan haben solltest, da ihre frühen Tonsysteme auf recht einfachen Grundlagen basierten - im Wesentlichen auf der äquidistanten Einteilung von Saiten oder Luftsäulen (i.e. bei Blasinstrumenten).

Eine Art erste Pentatonik könnte zum Beispiel nach einem ähnlichen Prinzip wie folgendem entstanden sein:
- Durch Halbieren der Saite erhält man die Oktave 2:1
- Durch Halbieren der halben Saite wiederum erhält man die Quarte 4:3
- Durch Halbieren der viertel Saite erhält man den septimalen Ganzton 8:7
- Stimmt man eine zweite Saite nach der Quarte und wiederholt den Vorgang, erhält man (von C aus betrachtet): C D+ F G+ Bb (+ steht für die Erhöhung um das Leipziger Komma 64:63, ca. 27 Cent). Hier sind allerdings nur C, F, Bb und D+, G+ untereinander Quartverwandt, zwischen C und G+ ergibt sich also eine Art "Wolfsquinte" 32:21, die um ein Leipziger Komma zu hoch ist.

Laut Wikipedia ist das erste bekannte Saiteninstrument übrigens "4500 Jahre alt", also ca. von 2500 v. Chr., ich weiß allerdings nicht wie das im asiatischen Raum aussah, und ab wann man in der Lage war, die für das obige Verfahren benötigte Hilfssaite genau zu stimmen.

Naja, das sind natürlich bloß alles Spekulationen meinerseits, und ich bin auch kein Experte im Bereich Musikgeschichte. Was dir evtl. helfen könnte wäre das Buch "Die Enharmonik der Griechen" von Martin Vogel. Da wird es zwar nicht zentral um Musikkultur im asiatischen Raum gehen, allerdings werden vielleicht die ein oder anderen Einflüsse vom oder auf den asiatischen Raum genannt werden, und es wird einiges über frühe Formen von Musikpraxis drin stehen.

Falls du irgendetwas herausfinden solltest wäre ich übrigens auch an den Ergebnissen interessiert. ;)
 
Was mir gerade noch einfällt: Eine Hilfssaite ist gar nicht nötig, eine einzige Saite reicht aus. Man muss nur die Saite (C) bei 1/8 (D+) und 1/4 (F) markieren, dann von den restlichen 3/4 der Saite wieder 1/8 (G+) und 1/4 (Bb) markieren, und schon hat man die oben beschriebene "Pentatonik" C D+ F G+ Bb. Das sollte auch mit einer Flöte funktionieren.
 
Oder ist die Pent. dann doch älter, und hat Ihren Weg von Indien nach China gefunden?
Die Pentatonik kommt in der indischen Musik vor allerdings nur als Nebenprodukt im sogenannten Jati System. Ausgehend davon das es für die 10 gebräuchlichen nordindischen Scalen ( die übrigens genau den sog. Kirchentonarten entsprechen nur bezogen auf den selben Grundton also wer hats erfunden? die Inder) den Gebrauch von jeweils 7 aufsteigend - 7 abfallend, 6 aufsteigend - 6 abfallend, 5 aufsteigend - 5 abfallenden Noten gibt und auch andere Kombinationen wie zb. 5 aufsteigend - 7 abfallend. Diese Jati Scalen Kombinationen wurden in speziellen Kompositionen und Ragas verwendet. Wie du richtig sagst ist das indische System mindestens 3000 Jahre alt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe in Harry Partch's Buch "Genesis of a Music" (2nd edition) einen interessanten Absatz dazu gefunden, direkt am Anfang von Kapitel 15 ("A Thumbnail Sketch of the History of Intonation"), S. 362:

Sze Ma-chi'en, historian for ancient China and contemporary of Ptolemy in a culture isolated from the Greek world, ascribes the mathematical formula for the pentatonic scale to Ling Lun, minister or court musician under Emperor Huang-Ti, of the twenty-seventh century B.C. This, the first recorded date in the history of musical theory [...]

Als Quelle gibt er dafür "A Theory of Evolving Tonality" von Joseph Yasser an, S. 26f (oder wofür auch immer "26n" steht, ich kenne mich mit den englischen Konventionen nicht so aus). Auf welche Quelle sich wiederum Yasser beruft weiß ich nicht.

Zu besagter Formel zur Berechnung der Pentatonik schreibt Partch:

The formula starts with a length of bamboo pipe arbitrarily called 81 parts. A third of these parts is then subtracted and a third of the remaining parts added, alternately, through four computations. The result is five pipes of 81, 54, 72, 48, and 64 parts.

...wobei er sich auf einen Artikel aus dem "East of Asia Magazine" von 1902 bezieht. Man nimmt also eine Bambusflöte, dann eine weitere mit 2/3 der vorigen Länge, dann eine mit 4/3 der vorigen Länge, und beides noch mal. 2/3 der Länge heißt eine Quinte rauf, 4/3 der Länge dagegen eine Qarte runter. Von C aus erhält man damit die Töne C G D A E, nach Tonhöhe sortiert C D E G A (C). An Frequenzverhältnissen erhält man: 1:1 9:8 81:64 3:2 27:16 (2:1). Dazu merkt Partch an: "This is a scale of so-called Pythagorean intonation which was probably never used by voices except when accompanied by instruments so tuned, which Ling Lun produced", womit er auf komplizierte Intervallverhältnisse wie 81:64 anspielt, welches man in der Praxis wohl eher etwas enger mit 80:64 = 5:4 intonieren würde, statt dass man die Pentatonik tatsächlich so verwendet, wie in der Theorie angegeben.

Weiterhin erwähnt Partch, indem er sich u.a. wieder auf obiges Buch von Yasser, S. 27 bezieht, dass Ling Lun nicht nur die Formel zur Berechnung der Pentatonik zugeschrieben wird, sondern auch die Formel zur Berechnung eines Vorgängers der (12-tönigen) chromatischen Leiter:

But Ling Lun was not satisfied; he proceeded to continue the formula until he had two sets of six "lü", or bamboo pipes, one a Pythagorean semitone above the second, thus giving one version of a Pythagorean twelve-tone scale (see the next chapter). Hence in recorded theory (though not in musical application), the twelve-tone scale is exactly as old as the five-tone scale.

(man hat also zwei Ganztonleitern, die um einen pythagoreischen Halbton 256:243 verschoben liegen)
 
Ausgehend davon das es für die 10 gebräuchlichen nordindischen Scalen ( die übrigens genau den sog. Kirchentonarten entsprechen nur bezogen auf den selben Grundton also wer hats erfunden? die Inder)

Das finde ich eine höchst interessante Aussage. Ich verstehe es so, dass die alten Inder die gleichen Skalen benutzt haben wie wir Mitteleuropäer in der frühchristlichen Kirchenmusik. Hast du dazu Quellen, bizhoo?
 

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