(Un-)praktische Notation für E-Gitarre

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Da ich dieses Jahr in einigen größeren Besetzungen ausgeholfen habe, konnte ich erleben wie vielseitig Arrangeure Gitarrenparts niederschreiben. Dabei habe ich einiges an seltsamen Noten vor den Augen gehabt.
Ich würde gerne mit eurer Hilfe einige Notationsformen sammeln und die Vor- und Nachteile erörtern, nicht nur für mich als Gitarristen/Arrangeur, sondern auch für andere die sich vielleicht schon die Frage gestellt haben, wie man Gitarrenparts am besten notiert. (Es geht hier vorrangig um E-Gitarre und Genre wie Jazz, Rock, Pop!)

1. Klassisch - Noten
Musikalisch sicherlich am eindeutigsten, wer gut Blattspielen kann kommt gut damit aus. Oft sind aber keine Lagen eingezeichnet, was das Blattspiel erschwert. Ich habe außerdem das Gefühl, dass manche Arrangeure keinerlei Ahnung vom Instrument Gitarre haben, wobei Akkordverbindungen und Umkehrungen entstehen, die in der Spielpraxis schwer oder gar nicht zu realisieren sind.

2. Rhythmusnotation + Akkordsymbole + ausnotierte Soli
Für mich persönlich eine bessere Variante, da ich Akkordsymbole schneller lesen kann als Noten. Nachteil ist hier, dass man keinerlei Anhaltspunkt hat in welcher Umkehrung oder in welchem klanglichen Register man Akkorde spielen soll (Lageangabe wäre also auch hier wichtig).

3. Variante 2 + Tabulatur
Finde ich eigentlich am besten. Ist natürlich mit mehr Platz = mehr Papier verbunden.

4. Tabulatur mit Rhythmus
Nutzen Arrangeure meiner Erfahrung nach gar nicht, obwohl bekanntlich Gitarristen Blattleseprobleme haben...

5. Tabulatur ohne Rhythmus
In größeren Besetzungen (Big Band) nicht zu gebrauchen.

Was sind eure Erfahrungen? Gibt es sowas wie einen Industriestandard?
 
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3. Variante 2 + Tabulatur
Manchmal scheint mir die Tabulatur mit Schlagangaben etwas uneindeutig zu sein. Einer meiner Mitspieler hat regelmäßig Schwierigkeiten mit Timin gund Rhythmus.

Lageangabe wäre also auch hier wichtig
Musscore beispielsweise kann kleine Griff-Icons (fret-symbols) darüber setzen.

upload_2019-11-5_13-47-33.png


Ich denke, Notationen hängen vom eigenen Können und eigenen Vorlieben ab. Manchmal fassen wir sie in der Band auch als "Servier-Vorschläge" auf ;)

Vielleicht wären ein paar Bilder zu Deinen 5 Varianten für die Diskussion hilfreich?
 
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Es kommt ziemlich drauf an.

Erstens hat mal in jedem Gitarrencase ein Bleistift zu sein.
Und man sollte sich von dem Gedanken verabschieden, sofort vom Blatt zu spielen, ein paar Sachen muss man sich sowieso ausmachen, abklären und dgl..
Drum find ichs auch recht wichtig, dass man besser 1 Blatt mehr hat, aber dafür genug Platz zwischen den Noten/Taps/whatever hat, wenn ich die Unterlagen zu einem Stück länger habe schauen die gerne mal wie die eines unmotivierten Schülers aus, der anstatt aufzupassen im Unterricht lieber seine Unterlagen vollkritzelt :rolleyes:

Das löst nämlich auf Dauer so ziemlich alle Probleme, wenn du gerne Lagen eingezeichnet hättest, dann such dir die, die dir liegen und schreib sie einfach drunter. Selbes mit Umkehrungen oder wenn du nur Rhythmusnotation + Akkordsymbole hast und mal ein bisschen von dem einen via Grifftabelle definierten Akkord XY abweichen willst/musst bzw. etwas spezifizieren musst.

Tabs mag ich eigentlich zum direkt davon spielen überhaupt nicht, ich bin zwar sicher kein belesener vom-Blatt-Spieler, aber alleine das man bei Noten den Rhythmus auf einen Blick sieht und man Abweichungen aus der Tonart sofort und vor allem vorher sieht macht es so viel angenehmer - und wie gesagt, speziell bei Lagenwechseln, niemand hindert dich daran, direkt bei der Probe "III","VII",... an den jeweiligen Stellen dazu zu schreiben - ich wiederhole und betone allerdings: Bleistift. + Radiergummi. Man findet oft genug dann doch noch einen Grund, es in anderer Lage zu spielen.

EDIT####

Einen kleinen Vorteil hats nämlich auch noch, jeder kennt diese herrlichen "16 Takte Pause"-Parts. Wenn ich das Stück noch nicht wirklich verinnerlicht habe und eben nicht eh intuitiv weiß, wann ich wieder einsetze kritzel ich mir gerne irgendeinen markanten Rhythmus der in meinen Einsatz hineinreicht hinein - in dem Takt ist ja idR ja eh nur ein Balken und 16 über der obersten Notenlinie, ist ja sogar egal, ob harmonisch 100% korrekt, aber ich finds viel angenehmer auf eine Figur von Drums/Keys/whatever zu warten, wo ich weiß das mein Einsatz auf dieser und jener Achtel ist anstatt 16 Takte mitzuzählen.
 
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Ich habe jetzt mal versucht Beispiele zu finden.
Zu 1. Habe schon oft solche - ich nenne es "ungitarristische Voicings" gesehen, die erstens bescheiden klingen und zweitens schwer zu greifen sind. Oder auch Bezeichnungen wie F6 (f,a,c,d)...
Zu 2. Hier finde ich es oft schwierig herauszulesen ob und wenn ja, welche Optionstöne erwünscht sind...
Zu 3. Für mich die Variante, die keine Fragen offen lässt.
Zu 4. Viel zu lesen --> große Belastung des Arbeitsgedächtnisses.
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Ich persönlich finde es nur etwas seltsam.
Streicher richten sich ihre Striche ein, Pianisten tragen den Fingersatz ein, aber bei Gitarrennoten habe ich manchmal das Gefühl, dass ich noch einen halben Roman dazuschreiben muss :D
 
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Ich würde für mich auch die Variante 3 bevorzugen: Alles drin auf einen Blick.

(Ja, ich habe vor Jahren auch 'mal Gitarre gespielt, bis mich der Rhythmus traf :D. Und es schadet ja auch nicht, in mehreren Welten denken zu können :rolleyes: )
 
Ich schreibe relativ viel für mich selber auf (Akustikgitarre, Fingerstyle und Slide). Nach einer Reihe von Experimenten mit verschiedenen Arten Notation schreibe ich inzwischen nur noch alles in Tab mit Rhythmus und wo nötig Zusatzangaben entsprechend normaler Notation.
Nicht um danach zu spielen (was aber auch gut geht), sondern als Lernhilfe und um schnell wieder reinzukommen wenn ich etwas längere Zeit nicht mehr gespielt habe.
 
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Für Big Band-Gitarre finde ich die von Sammy Nestico praktizierte Schreibweise am sinnvollsten.

Es ist eine Mischung aus Akkordsymbolen mit Schrägern (Slashes), rhythmischer Notation und kompletten Noten an den Stellen, wo es benötigt wird.
Vom Gitaristen wird dabei erwartet, daß er nach Akkordsymbolen stilgemäß begleiten kann. D.h. er weiß, in welcher Lage er seinen Jazzchords spielen muß und kennt auch die entsprechenden Stilistiken, z.B. die Freddie Green Chords etc.

Gelegentlich gibt es bei den Nestico-Arrangements noch ein extra Sheet mit Akkorddiagrammen für die Spieler, die noch nicht ganz so weit sind, daß sie alle Chords auswendig drauf haben.


upload_2019-11-5_22-42-45.png


Viele Grüße,
McCoy
 
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...Vom Gitaristen wird dabei erwartet, daß er nach Akkordsymbolen stilgemäß begleiten kann. D.h. er weiß, in welcher Lage er seinen Jazzchords spielen muß und kennt auch die entsprechenden Stilistiken, z.B. die Freddie Green Chords etc. ...y
nicht zu vergessen die Absprache mit Klavier und Baß um unnötige Dopplungen zu vermeiden.
Gitarre in der Big Band ist nicht unbedingt der dankbarste Job, irgendwie ist man da nur "Resteverwerter"...
...oder man hat einen Pianisten wie Count Basie, der Freddie Green den Part ganz überläßt.

Alternativen siehe Arrangements vom Frank Runhoff, der doppelt sehr oft die Gitarre mit den Leadstimmen der Bläser - aber da brauchts einen fitten Gitarristen, der die Eigenheiten der Bläser kennt und deren Phrasierung punktgenau drauf hat.
 
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Mein Schema ist, keines zu haben. Denn es gibt keine Schreibweise, die für alles taugt. Eine optisch übersichtliche Ablaufstruktur (4 Intro, 8 Strophe, 4 Bridege, 8 Strophe etc.) ist als Basis natürlich unerlässlich. Für Details hängt es ab, was ich vom Stück bereits kann. Alles, was bereits im Kopf und den Fingern habe, brauche ich nicht aufzuschreiben. Dann gibt es vielleicht bestimmte Voicings an bestimmten Stellen, da reichen ein paar Tab-Zahlen mit dem Vermerk, um welches Saitentriple es sich handelt (1-3, 2-4 o.ä.). Als Gedankenstütze, denn früher später kann man es eh auswändig. Selbiges gilt für Rhythmik, die kann man über Akkordsymbole mit einfachen Hälsen klein drübersikizzieren.

Software benutze ich dafür überhaupt nicht, das ist mir viel zu unflexibel und jeder Handarbeit zeitlich und von der Flexiblität her völlig unterlegen. Vom Zeitaufwand mal abgesehen, da kann ich ja das Stück schon 50 Mal gespielt haben anstatt es "aktenkundig" zu Papier zu editieren und erst den Lernprozess zu starten.

Nur die Handschriftlichkeit bietet den Komfort, alles so hinzuschreiben, wie man nach persönlicher Gewichtung für jedes Stück am besten braucht. Meine "Stückzettel A4" sehen deshalb auch alle völlig unterschiedlich aus. Ich nehme gern auch verschiedenfarbige Stifte. Z.B. bei angefügten Ausnotierungen über 1, 2 oder 4 Takten - unsere Augen lieben Farben! Das hat den extremen Vorteil, dass man optisch viel leichter zwischen dem "Big Picture" und den angefügten Details switchen kann.

Ich mache das alles eh nur als Erinnerungsstütze bei neuen Stücken und versuche immer, mich so schnell wie möglich davon zu trennen. Ich lerne alle Stücke auswendig mit den Ansporn und Anpruch, nur in Ausnahmefällen mit Papier auf die Bühne zu gehen.
 
Wegen den Farben, die find ich super wenn man über so (durchaus papiersparend) notierte Stücke hat, wo wirklich alles an Da Capo, Dal Segno usw. + Wiederholungen mit Klammern verwendet wurde, was erlaubt ist.

Da kommt einem das runterspielen ein wenig wie das Spielen von Pac Man vor. Aber die Stellen, wo man "irgendwo anders hinspringt" sowohl den "Absprungpunkt" als auch den "Da geht's weiter Punkt" in der selben Farbe markieren machts dann schnell um einiges angenehmer^^
 

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