Moin, wie der Titel schon sagt wollte ich mal ein paar Meinungen hoeren was andere User so fuer Erfahrungen gemacht haben, die von eigener Musik auf Cover umgestiegen sind. Es ist so, ich bin jetzt bald 30 habe in x Rockbands Gitarre und Bass gespielt, aber so richtig ist dabei nie was rausgekommen, von kleineren Achtungserfolgen mal abgesehen. Mit eigener Musik war es bisher immer schwierig: man ist staendig am rotieren um Gigs zu bekommen, die Gagen sind laecherlich - viel mehr als Spritgeld gabs noch nie, und ausserdem scheint es mir dass die meisten Leute die ausschliesslich eigenen Kram machen, sehr naja sagen wir mal "individualistisch" veranlagt sind. Ihr wisst was ich meine?
Das hätte ich vor einigen Jahren exakt genauso schreiben können. Scheint eine sehr verbreitete Laufbahn zu sein...
Die staendigen Diskussionen ueber jeden Beckenschlag, den richtigen Beat usw. sind auf Dauer doch sehr ermuedend. Jedenfalls bin ich nun schon laenger am ueberlegen, was neues zu probieren, auf jeden Fall professioneller zu werden, evtl. die Musik zum Beruf zu machen. Frueher habe ich Cover Mugge immer abgelehnt, aber vielleicht waere es jetzt genau der richtige Weg?
Au, Vorsicht: Es wäre ein Trugschluss zu glauben, nur weil man Covermucke spielt, könnte man Musik gleich zu seinem Beruf machen! Das wird mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Hose gehen, denn auch als Covermucker steckt dir nicht gleich jeder die Kohle einfach so in die Tasche.
Umgekehrt wird ein Schuh draus: Versuch doch erst mal, Covermucke zu machen. Und wenn's tatsächlich supertoll läuft, kannst du immer noch überlegen, deinen "normalen" Job an den Nagel zu hängen. Aber du solltest dir das Ganze ruhig ein paar Jahre erst mal ansehen. Und weniger Diskussionen gibt es in einer Coverband auch nicht unbedingt
Was sind so Eure Erfahrungen? Was sollte man unbedingt an Faehigkeiten mitbringen um professionell bei einer Cover Band einzusteigen? Ist es wichtig, ueber ein gewisses Reportoire an Songs zu verfuegen? Inwieweit ist es wichtig auch am Gesang fuer zweite Stimme fit zu sein?
Wie schon oben angedeutet, habe ich ebenfalls lange Jahre eigene Musik in verschiedenen Bands gemacht, mit den gleichen Ergebnissen, die du oben geschildert hast.
Irgendwann bekam ich von einem ehemaligen Gitarristen von mir einen Anruf, ob ich Lust hätte, eine neue Show-Coverband mitzugründen. Da ich nix Besseres vorhatte, habe ich ja gesagt. Und seitdem werden Projekt und Bühnen jedes Jahr ein bisschen größer. Das ist allerdings keine zwangsläufige Entwicklung, sondern das Ergebnis harter und planvoller Arbeit.
Der wesentliche Unterschied zwischen Bands mit eigener Musik und Coverbands: Du bist Dienstleister! Aufschreiben und in den Proberaum hängen!
Dienstleister heißt, du wirst gebucht, um bei Veranstaltungen aller Größenordnungen (derzeit bei uns zwischen 100 und 10.000 Zuschauern) für Stimmung zu sorgen. Dein eigener künstlerischer Anspruch ist dabei eher am Rande gefragt.
Anders gesagt: Möglicherweise hast du einen Song, an dem dein Herzblut hängt, durch die Proben geprügelt. Du hast Arrangements geschrieben, Chorstimmen verteilt, mit deinen Mitmusikern diskutiert und geprobt, und jetzt endlich spielt ihr den Song live. Yeah! Die Stimmung im Publikum: Möglicherweise nicht gerade euphorisch. Und das bei zwei, drei Gigs. Die Chancen, dass dein Herzblut-Song jetzt wieder aus dem Programm fliegt, liegen bei ca. 100%
Dafür gibt es ganz sicher andere Songs, die du echt nicht mehr hören kannst, die du aber für die nächsten 20 Jahre auf keinen Fall aus dem Programm nehmen kannst...
"I got my first real six-stri-ing / bought it at the five-and-diiime..."
Bitte versteh das nicht falsch: Ich stehe sehr gerne mit meiner Band auf der Bühne, und es macht mir auch wirklich Spaß. Aber bei der Songauswahl gibt es halt zwangsläufig Kompromisse. Was nicht heißt, dass wir uns prostituieren, "Hey Baby!" werden wir mit Sicherheit nicht spielen! Und wenn ein Song uns allen keinen Spaß macht, fliegt er auch raus. Publikum hin oder her.
Gage ist DEUTLICH höher als bei den Bands mit eigenen Songs. Das heißt aber beileibe nicht, dass man mit Covermucke reich wird.
Was die Fähigkeiten angeht:
Du solltest dein Instrument beherrschen. Es wird von dir üblicherweise gefordert, dass du bis zur nächsten Probe drei oder vier (oder mehr) Songs vorbereitet hast. Vorbereitet heißt, dass du sie möglichst originalgetreu spielen kannst. Punkt! Dabei solltest du als Gitarrist möglichst auch keine Angst vor dem Solo von Final Countdown oder Beat it haben. Die Jobs in Top40-Bands u.ä. sind begehrt, und wenn du's nicht spielen kannst: Die andern können!
Ein großes Repertoire ist zwar kein Fehler, aber auch kein Muss. Du kannst eh nicht alle Songs aus dem FF können, zumal verschiedene Bands die Songs sehr oft auch umarrangieren. Viel wichtiger ist, dass du in der Lage bist, dir sehr schnell sehr viele Songs draufzuschaffen. Von unseren Subs (Aushilfen) wird i.A. erwartet, dass sie eine Show mit ca. 35 bis 40 Songs nach einer, maximal zwei Proben mitspielen können. Da heißt es schuften!
Zweite Stimme wird immer gerne gesehen. Bei unserer Showband gibt es Songs, bei denen bis zu sieben(!) Leute gleichzeitig singen. Zusätzliche Stimmen sind also i.A. immer gerne gesehen. Allerdings solltest du wirklich einigermaßen sauber singen können, während du spielst. Schiefe Gesänge und Chöre richten mehr Schaden an, als eine zusätzliche Stimme Nutzen bringen würde.
Sonstige Fähigkeiten, die immer gerne gesehen werden:
- Du solltest in der Lage sein, auch ohne eine Flasche Tequila durch den Abend zu kommen. Bands werden zunehmend auch danach gebucht, wie sie sich backstage benehmen. Natürlich zählt hauptsächlich die Leistung auf der Bühne, aber ich weiß von Bands, bei denen die Agenturen mittlerweile von Buchungen Abstand nehmen, weil die Musiker schon bei der Ankunft besoffen aus dem Bandbus kippen. Gar nicht gut!
- Du solltest gerade als Gitarrist in der Lage sein, deinen Sound im Griff zu haben. 30 Minuten Gitarren-Soundcheck sind vollkommen utopisch, richte dich eher auf 30 Sekunden ein. Und dann sollte es auch in dieser verkachelten Halle noch klingen.
- Bands, die viel unterwegs sind, freuen sich über Musiker, die mit kleinem Gepäck anrücken. Eine Marshall-Wand aus 4 4x12ern ist sicherlich nicht die richtige Wahl für eine Top40-Band.
- Du solltest bereit sein, viel (sehr viel) Zeit auf der Autobahn zu verbringen...
- Du solltest auf gar keinen Fall Gigs absagen, weil deine Omi 80 wird oder deine Freundin sich auf das gemeinsame Wochenende gefreut hat!
- Du solltest dich stets höflich und korrekt gegenüber Tontechnikern und Veranstaltern verhalten. Sonst könnte es sein, dass nächstes Jahr eine andere Band auf dem 5000-Zuschauer-Event spielt. Und das nur, weil Sound und Catering scheiße waren und du das nicht für dich behalten konntest...
- Dein Equipment sollte nicht die Tendenz haben, während eines Gigs Probleme zu machen. Wenn du also feststellst, dass dieses Kabel/Effektgerät/Topteil einen Wackelkontakt hat, sollte dieser beim nächsten Gig (also u.U. am nächsten Tag) behoben sein.
- Die Fähigkeit, nach vier Stunden Anfahrt, einer Stunde Aufbau/Soundcheck, drei Stunden Warten, drei Stunden Show und einer Stunde Abbau morgens um vier noch einen Sprinter über die Autobahn lenken zu können, ohne dabei einzuschlafen, ist bei Coverbands mindestens so begehrt wie eine gute Gesangsstimme!
- In diesem Zusammenhang ist auch ein alter Klasse-3-Führerschein (bis 7,5t) ein echter Wettbewerbsvorteil...
Ums noch mal kurz zusammenzufassen: Seit ich Covermucke mache, sind die Gigs und das gesamte Drumherum sehr viel professioneller geworden. Die Bühnen sind größer, das Catering besser, die Gage höher.
Dafür ist die Arbeit (die mir pesönlich wahnsinnig viel Spaß macht!) auch eine andere geworden. Vielleicht nicht unbedingt körperlich, denn ich baue keine PA selbst auf, sondern erwarte, dass alles fertig und riderkonform bereit steht, wenn unsere Band samt Crew am Venue eintrifft.
Aber dafür bin ich sehr viel in ganz Deutschland unterwegs, und der Druck, eine wirklich gute Show abzuliefern, ist ein ganz anderer als bei meinen Rockbands früher. Wie ich ganz oben schon mal schrieb: Man ist halt Dienstleister. Wenn die Dienstleistung nicht überzeugt hat, macht den Job nächstes Mal halt jemand anderes.
Aber dafür hast du als Mitglied einer professionellen Coverband die sehr reelle Chance, hin und wieder vor einigen tausend Zuschauern auf einer geilen Bühne mit "amtlichem" Ton und Licht zu stehen. Und eigentlich geht es doch genau darum, oder?
LeGato
[edit] Den Beitrag von Boerx kann ich nur unterschreiben! Ich kann dich aber leider noch nicht wieder bewerten, Boerx...
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