Trailerpark - Neuer deutscher HipHop? Ich werde alt...

ambee
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Ich habe mir eben die neue Platte von Alligatoah reingezogen... (http://www.amazon.de/Triebwerke-Premium-Edition-Alligatoah/dp/B00DSDZ5VU)

Richtig gute, intelligente Mucke. Ein hochbegabter, junger, gebildeter Mann, der offenbar ganz vorne in der Schlange stand als Gott das Talent auf die Menschheit verteilt hat.

Dann habe ich ein bisschen weiter geklickt und bin auf eine HipHop-Truppe gestoßen, mit der er abseits von seinem Solo-Ding unterwegs ist: Trailerpark
Diese Gruppe veranstaltet offenbar Konzerte mit besonderen "Einlagen": Trailerpark hinterlassen uns schockiert und betroffen oder Trailerpark live: "Ich will eure Lustlanzen spüren"

Versteht mich nicht falsch, ich bin sehr tolerant und feier Bands ab, die textlich für viele andere gegen den guten Geschmack verstoßen. Die Songtexte einer meiner Lieblingsbands K.I.Z. würde ich meiner Mutter zB um nichts auf der Welt zumuten wollen. Ich habe Gefallen an Dingen und Aktionen, die altgebrachte Normen angreifen und hinterfragen, die Gewohntes ins Extreme steigern. Ich weiß auch dass viele Konzerte und Musikrichtungen immer exzessiver werden und habe Verständnis dafür dass man auf Partys Druck rauslassen muss. Aber nachdem ich den Artikel gelesen und die dort verlinkten Videos dieser halbstarken Buben und ihrem Publikum (würde ich auf ca. 20 Jahre schätzen) gesehen habe, hab ich mich zum ersten Mal alt gefühlt. Ich bin noch einige Jahre davon entfernt 30 zu werden, aber in diesem Moment hab ich mir gedacht, das versteh ich nicht mehr.

Was soll das? Es gibt viele Kunstformen, die eklige Dinge auf Bühnen fabrizieren. Es gab und gibt unzählige exzentrische Performance-Künstler die auf Bühnen gekackt oder sonstwas veranstaltet haben. Aber diese haben alle versucht damit etwas auszudrücken (aktuelles Beispiel: Jonathan Meese). Was diese Burschen da veranstalten hat jedoch nichts mit Kunst oder Ausdruck zu tun. Es ist die Zurschaustellung und Herabwürdigung von Menschen ohne tieferen Sinn, auch wenn diese das freiwillig mit sich machen lassen.

Ich kenne viele eklige Sachen von MTV (Jackass, "I bet you will", etc.), aber was diese HipHop-Formation veranstaltet ist für mich irgendwie nochmal eine krassere Form, die für mich das sprengt, was ich tolerieren kann. Bin ich jetzt wirklich alt? Schreckliches Gefühl...
 
Eigenschaft
 
...das ist eben das Problem, das man auch im Metal hat:
Irgendwann ist der Punkt erreicht, wo man die Agressivität der Texte, der Musik und des Auftretens einfach nicht mehr steigern kann- was bleibt einem dann noch übrig, um die Konkurrenz zu übertreffen und Erwähnung zu finden?
Eine auffallende Show.

Im HipHop ist diese Grenze nun auch erreicht...noch asozialer können die Texte und Protagonisten nicht werden, also brauchts eine provokante Bühnenshow- wie bei Rammstein.
Wenns musikalisch nichts neues mehr zu sagen gibt, macht man halt Sperenzchen auf der Bühne.
Oder denk mal an Marsimoto oder Horrorcore...irgendwas neues muß man halt zu bieten haben, um aufzufallen.
Da ist es eben auch nur konsequent, bei den "Kassierern" und der Bloodhound Gang zu klauen...da funktioniert es ja auch.

Daß wir uns zu alt für sowas fühlen, ist dann auch gewollt- so gings auch denen, die mit den Hamburgern und Stuttgartern aufgewachsen sind und auch nurnoch den Kopf schütteln konnten, was in den letzten Jahren aus HipHop geworden ist...nämlich eher etwas, wofür man sich später irgendwie schämt, wenn man aus der Pubertät wieder raus ist...
 
Zuletzt bearbeitet:
ambee: du bist nicht alt sondern vernünftig :D Nein wirklich, manche Menschen sind einfach geistig ein bisl gestört. Bis einer draufgeht.... Ernsthaft ich male hier nicht den Teufel an die Wand, aber es gibt deutlich Gesünderes als verdrogte Pisse und verschimmeltes Essen... KRANK
Bei der Bloodhound Gang war vieles grenzwertig aber das hier ist einfach krank.
 
...wobei sowas auch schon vor 45 Jahren von Genesis P-Orridge gemacht wurde, und zwar deutlich überzeugender, und die Pornotaktik hat vor 10 Jahren schon "Rockbitch" ausgeschlachtet...das ganze ist also sowieso ein relativ alter Hut.
Eine von GWAR geklaute Show, Milchbart-Sex auf einer Würstchenparty, pipi, kaka, popo...naja, wers braucht...im Grunde ists zumindest immer noch interessanter als deutscher Pseudo-Gangsta-Rap.
 
Ja, das stimmt schon alles. Wölfi hab ich natürlich schon sonstwas auf der Bühne machen sehen. Ich weiß auch dass im Metal, vor allem bei Skandinaviern, viel Zeug passiert, von dem ich am liebsten nix wissen will. Trotzdem hat dieses Interview bei mir irgendwo einen Punkt getroffen, der mich nicht kalt lässt.


Lustigerweise geht es einer Autorin der Seite, die das Interview geführt hat, genauso. Spricht mir quasi aus der Seele:
Sozialisiert mit Skandalen und grenzwertigen Bühnenperfomances aus mehreren Jahrzehnten Rock-Geschichte, hielt ich mich für abgeklärt und freigeistig. Dinge, über die das gemeine Volk empört die Nase rümpfte, verstand ich natürlich als Avantgarde oder zumindest als einen kräftigen Tritt in den Arsch des Establishments. Also was zur Hölle ist bitte geschehen? Bin ich zu alt oder hat der kranke Scheiß, den die neuen, jungen Skandalbands von heute abziehen, eine neue Dimension erreicht?
http://noisey.vice.com/de/blog/trailerpark-verteilen-kotze-pisse-cocktails-na-und


Wenn man sich die dort gezeigten Beispiele zu Gemüte führt, relativiert das doch ein bisschen was man vorher bei diesen HipHop-Rabauken gelesen hat.
 
Was mich an so Geschichten schockt ist das niemand gegen solche Bands vorgeht!
Hier wird mit der Gesundheit von Menschen unter dem Deckmantel "Kunst" gespielt!
Und denen macht das auch noch Spaß! Geht's noch!

*** gelöschter Absatz ***
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Das erinnert mich doch sehr stark an Jimmy Pop und Co :D
(Bloodhound Gang)
 
Zunächst dachte ich eher "naja, an sich nix neues", siehe auch die anderen Beispiele in dem einen Vice-Artikel, die kamen mir auch in den Sinn. Aber nach lesen des Interviews ist das für mich schon ein neues Level.

Ein gewisser Voyeurismus steckt wohl in jedem, und in der Geschichte der Menschheit gehört das Spektakel auf der Bühne wohl schon immer zur Unterhaltung. So natürlich dann auch bei der Popmusik, z.B. schon mit The Who, die ihre Instrumente auf der Bühne zerstörten. Aber meistens ging es zunächst immer darum, dass eben der Entertainer da oben auf der Bühne bekloppte Sachen macht, und man sich das als Zuschauer aus einer gewissen Distanz ankuckt. Es ist ebene eine Show. Bei Jackass ist es ja genauso, da gibt es Leute die ekelhafte Sachen machen, aber immer mit dem Hinweis "Nicht zuhause nachmachen", und man schaut sich das als Unterhaltung an. Nun haben auch durchaus schon andere Musiker in der Vergangenheit angefangen, das Publikum bei diesen Sachen mit einzubeziehen, aber doch immer nur bis zu einem gewissen Grad, und der Schwerpunkt lag weiter bei den Musikern selbst.

Aber bei dem, was ich bisher nun über Trailerpark gelesen und gesehen habe, scheint es ja fast so zu sein, als wenn da die Rollen vertauscht werden. Da sind es also vor allem Leute aus dem Publikum, die durch die Musiker dazu animiert werden, mit Prostituierten auf der Bühne Sex zu haben oder Körperflüssigkeiten-Cocktails zu trinken - während sich die Musiker das von außen anschauen und selbst ekelhaft finden.

Das hat für mich schon eine neue gewisse Dimension. Ist aber soziologisch und kurltugeschichtlich betrachtet gar nicht so überraschend; das web 2.0 sorgt ja für eine Aufweichung der Unterscheidung von Anbieter und Konsument.
 
Das erinnert mich doch sehr stark an Jimmy Pop und Co :D
(Bloodhound Gang)
Die waren aber noch irgendwie lustig. Trailerpark ist wirklich, wirklich hässlich... Und das beleidigen von Fans, sorry? Respektlosigkeit sondergleichen.

Aber was solls, Arsch****er und masslose Selbstinzenierer gibt es überall, auch auf der Bühne.
 
AWESOM-O
  • Gelöscht von peter55
  • Grund: Ich gebe dir durchaus Recht ;) Daher habe ich den Bezugspost editiert.
Es wäre schön, wenn wir hier ohne Schimpfworte und Stammtischparolen auskommen könnten und ein wenig besonnener und emotionsloser diskutieren würden ;)

Danke!
 
ich denke das verstörende an der sache ist, dass sich die künstler über ihre fans stellen und sie anscheinend als abschaum betrachten.
bei konzerten geht es ja darum, dass die band gemeinsam mit den fans feiert, man befindet sich quasi auf einer ebene. das ist auch bei der bloodhound-gang oder den jackass-dudes so, auch wenn das natürlich ein ziemlich niedriges niveau ist.

diese hiphop-gruppe verachtet aber anscheinend ihre anhänger, erniedrigt sie und macht sich über sie lustig, das ist der große unterschied.
 
Und das beleidigen von Fans, sorry? Respektlosigkeit sondergleichen.
Das unterstreicht ja noch das, was ich schon beschrieben habe, also dass die Rollen verdreht werden. Die Musiker animieren ihre Fans dazu irgendwelche fiesen Sachen zu machen, und machen sich anschließend darüber lustig, dass Sie so dämlich sind und für ein doofes T-Shirts fremden Urin trinken. Ich finde das ehrlich gesagt schon fast wieder.... interessant :D

- - - Aktualisiert - - -

Da hat ambee fast zeitgleich ähnliches geschrieben wie ich. Aber in dem Fall habe ich mit der Arroganz eigentlich wenig Probleme. Offenbar sind die "Fans" ja irgendwie masochistisch veranlagt, und lassen sich gerne beleidigen. Es zwingt Sie doch keiner zu so einem Konzert zu gehen, und vor allem nicht mit Prostituierten auf der Bühne Sex zu haben oder Erbrochenes zu trinken. Ich finde es eigentlich nicht verstörend, dass sich die Band über Ihre Fans stellt, sondern eher, dass die Fans das mit sich machen lassen.

Wenigstens ist das mal ehrlich. Ich glaube so mancher Mallorca-Schlager-Heini findet seine eigenen Fans auch eher nervig und dämlich. Er macht da halt Sachen, mit denen er gut Kohle machen kann, die Leute gröhlen alle mit, und er denkt sich vielleicht "Was für Idioten". Eigentlich ist das schon wieder ein Showbusiness Klischee (bei Krusty dem Clown bei Simpsons wird das auch oft zu dargestellt). Da finde ich es mal interessant, wenn die Musiker ganz offen ihr Publikum verachten :)
 
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Zum Thema "Ekel-Shows auf der Bühne" fällt mir spontan noch Alice Cooper ein, der ja als "Horror-Rocker" in die Musikgeschichte einging. Aber ich glaube das so ziemlich schlimmste, was er mal getan hat, war einen Teddybären mit Kunstblut zu füllen und ihm während der Show den Kopf abzureisen (für manche gerade weiblichen Wesen dürfte schon das ein Ausdruck ultimativer Brutalität gewesen sein).

Aber das was Trailerpark da abziehen geht echt auf keine Kuhhaut mehr. Meiner Meinung nach hat jeder, der solche "Spielchen" veranstaltet oder mitmacht (ist das jetzt wirklich echter Urin und echte Kotze, die die da trinken?), nicht mehr alle Tassen im Schrank, das gilt für Band wie Publikum gleichermaßen.
 

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