"Tony Williams"-Thread

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So aufgrund meiner Schlaflosigkeit hau ich nochmal nen Thread raus der hier mehr als überfällig ist, ähnlich dem Steve Gadd-Thread.;)

Es geht um niemand anderen als Anthony Williams, und wenn der gute Beda im Steve Gadd-Thread schrieb das es ohne Steve "heute keinen Dave Weckl, keinen Vinnie Colaiuta, etc." gegeben hätte, kann man das Gleiche mit einigem Recht auch von Tony Williams behaupten, da z.B. Vinnie seinetwegen Buddy Rich als Lieblingsdrummer abschwörte ("
I realized that Tony was the genius of the drums[...]It changed my life") und Terry Bozzio, Tony Royster Jr., Jojo Mayer ("I owe Tony Williams very much"), Brian Blade ("Tony Williams—in my mind, he kind of holds the torch of the creation of jazz drumming") und andere ihn als einen ihrer größten Einflüsse bezeichnen. Sowieso gibt es Parallelen zwischen Steve und Tony: sie wurden beide im Jahr 1945 geboren und zeigten schon früh ihr Talent. Der echte Frühstarter von der Bekanntheit her war jedoch zunächst Tony, der mit 16 Jahren nach New York ging und schon ein Jahr später mit unglaublichen 17 Jahren von Miles Davis angeheuert wurde, der später über ihn sagte das die Welt nur "alle 20, 30 oder 50 Jahre" (im Link wird die Geschichte dazu erzählt) einen solchen Drummer wie ihn hervorbringt.

Denn er spielte in den folgenden Jahren nicht einfach nur "mit", er revolutionierte durch seine Spielweise ganz nebenbei das Schlagzeugspiel. Charakteristisch für seine Spielweise und gleichzeitig seine große Leistung war die Loslösung des Schlagzeugs von der reinen Begleitung hin zu einem den Melodieinstrumenten gleichwertigen Mitspieler mit komplett eigener Stimme. So war er einer der ersten die die Hi-Hat nicht nur auf 2+4, sondern frei im Comping mitspielte oder ganz wegließ (eines der späteren Markenzeichen seines Nachfolgers bei Miles Davis, Jack DeJohnette), und der metrische Modulation und Polyrhythmen in seinem Spiel verwendete. Außerdem gilt er darüber hinaus als Ausnahmetechniker und einer der besten Ridebeckenspieler der Geschichte. Er hat zahlreiche klassische Jazzlicks geprägt, vor allem unter Verwendung von Flams und Wechselfiguren zwischen Bassdrum und den Toms, die häufig mit Rolls für "Melodien" eingesetzt wurden (was später vor allem von Terry Bozzio aufgegriffen wurde).
Im weiteren Verlauf seiner Karriere gründete er zusammen mit dem Ausnahmegitarristen John McLaughlin die Band "Lifetime", mit der er weitere Pionierarbeit leistete, diesmal in der Zusammenführung von Jazz und Rock, für die McLaughlin mit "Tony Williams' Lifetime" auf der einen und dem "Mahavishnu Orchestra" mit Billy Cobham auf der anderen Seite die zentrale Figur war. Er starb schließlich leider zu früh mit 52 Jahren
an Herzversagen im Zuge einer Routine-Gallenblasenoperation, obwohl er (im Gegensatz zu Miles oder Steve Gadd :D ) nicht für einen ausschweifenden Lebensstil bekannt war.

Tony ist einer meiner Lieblingsdrummer, der wie wenige andere die Freiheit zum künstlerischen Ausdruck von Emotionen mittels Rhythmus befördert hat. Nächtelang habe ich seine Aufnahmen gehört und Licks transkribiert, ohne jedoch gänzlich hinter das Geheimnis seines Spiels gekommen zu sein. Für einen Schlagzeuger kann sich die Beschäftigung mit ihm nur lohnen, denn er hatte im musikalischen Sinne noch wirklich etwas zu erzählen.

Hier noch ein paar Empfehlungen:
Miles Davis - Seven Steps to Heaven (1963)
Eric Dolphy - Hat and Beard (1964)
Miles Davis - I Fall in Love too Easily (1967)

Samba-Solo mit Stan Getz (1972)
V.S.O.P. The Quintett - One of a Kind (1977)
 
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Zuletzt bearbeitet:
habe gestern auch sehr viel von tony gehört. du hast recht - der thread ist längst überfällig.
ein wirklicher ausnahmeschlagzeuger. wenn man seine musik kennt, fällt einem schon auf, wie viele andere schlagzeuger von ihm inspiriert wurden. er spielt in der geschichte des drumsets sicher eine sehr wichtige rolle.

gut geschrieben!
 
ich möchte dazu auch noch einen Thread aus einem anderen Forum empfehlen:
http://www.jazzpages.com/forum/showthread.php?t=3379
das Thema ist eigentlich Wayne Shorter (was natürlich auch hochinteressant ist!), aber Tony Williams taucht da immer wieder auf, weil er einfach DER inovative Drummer in dieser Zeit war.
Der Verfasser ist kein Drummer, aber er bringt sehr vieles über Tony Williams auf den Punkt, ohne sich in drummerische Details zu verlieren.
 

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