Wow, was für ein lebendiges Feedback! Damit hätte ich nicht gerechnet. Vielen Dank auf jeden Fall erstmal für die rege Beteiligung. Ich freue mich.
Ich versuche möglichst auf alles Relevante einzugehen. Bei einigen Sachen muss ich etwas ausholen. Ich sehe auf jeden Fall, dass ich diverse Themen nochmal isoliert und in ausreichender Tiefe im Blog behandeln muss. Vieles hab ich auch schon angefangen zu schreiben, aber ist einfach noch nicht fertiggeworden, z.B. der Beitrag zum Soffit-Mounting.
Ich bin ja selbst grad dabei, bzw. kurz vor, Ausbau meines Projektstudios. Das wird bei weitem nicht so aufwändig und entsprechend organisch wachsen.
Ich wünsche ebenfalls viel Erfolg beim Ausbau! Dass viele Studios wie von dir beschrieben so organisch wachsen ist die Regel, würde ich behaupten. Allerdings kann man vieles im Nachhinein schlecht machen wie z.B. ein gesamtheitliches MSM-Dämmsystem (weil dadurch Decken zu niedrig werden, man nicht auf Beton baut und entsprechend teuren fliegenden Boden braucht, etc.). Aber oft ist das natürlich keine freie Entscheidung, sondern einfach budgetgebunden, klar.
Warum machst du/ihr das alles in Selbstverantwortung? Ein Projekt dieser Größenordnung würde ich auf keinen Fall ohne die professionelle Hilfe eines Studiobauers machen.
Das ist eine gute Frage. Unsere Planung ist mit der Zeit auch "organisch gewachsen" würde ich behaupten. Anfangs war nur ein Anbau an einen Bestandsbau angedacht und dort waren wir sehr beschränkt hinsichtlich Bauart, Wandstärke, Größe, Raumhöhe und Versorgungsinfrastruktur (z.B. Elektrik einfach aus dem Hauptgebäude). Darum wär das ein Standardbau geworden, und man hätte sich später in den Räumen halt ein wenig raumakustisch eingerichtet. Das ganze wurde jedoch aufgrund vieler Faktoren dann immer anders und größer und irgendwann waren wir dann hier.
Mich interessiert das Thema sehr und ich habe auch eine bereits gute akustisch-technische Grundlagen aus meinem Studium (Elektrotechnik, Akustik, Medientechnik im Nebenfach). Dennoch ist das keine Expertise, klar, es ist sehr gewagt, auf jeden Fall. Aber mittlerweile bin ich ganz zuversichtlich.
Mich würden die akustischen Überlegungen interessieren. Auf den Skizzen sieht man rechteckige Wände. Aber das scheinen die Aussenwände zu sein. Ich würde dringend empfehlen, gerade bei Neubau, den oder die Aufnahmeräume nicht rechteckig zu machen und parallele Wände und Decken zu vermeiden.
Die parallen Wände sind beabsichtigt. Ich hatte bereits viele Layoutdesigns vorab gemacht und mit anderen Studiobauern Vor- und Nachteile abgewogen und immer wieder verändert. Im Wesentlichen iist es ein Kompromiss aus "
was kann man bauen" und "
was will ich akustisch haben". Eine schräge Decke z.B. ist hochkompliziert. Die Lasten die dort auf einzelne Balken und Ständermodule wirken sind schwer zu berechnen und auch später aufwändig zu bauen. Man bedenke, dass wir das modulweise bauen müssen (!) und teils mit sehr hohen Gewichten an Wand und Decke rechnen müssen.
Ich fürchte ich muss etwas ausholen. Es stellt sich die Frage: Warum schräg? Was hätte man denn davon? Warum empfielst du dringend keine rechteckigen Räume zu bauen? Was verändert sich denn akustisch? Nun, im Wesentlichen geht es um Raummoden und Flatterechos. Mit schrägen Wänden kann man Flatterechos vermeiden. Okay. Aber die Maßnahme ist einfach overkill. Das kann man auch mit den einfachsten Absorbern später realisieren. Die kosten weniger Zeit und Geld und Kopfschmerzen.
Zudem hat man mehr Raumvolumen übrig, wenn man nicht-schräg baut. Der Raum wird größer und hat ein größeres Luftvolumen. Größere Räume verhalten sich akustisch besser (tiefere Moden, mehr Luft die dämpft, näher am Ideal (Freifeld)). Außerdem erhält man mit zwei parallen Wänden nur eine einzige Raummode (mit ihren Vielfachen natürlich). Bei schrägen Wänden? Keine? Falsch. Ganz viele. Und zwar eigentlich alle zwischen kleinstem und größten Wandabstand. Auch schwächer, weil weniger Wandfläche parallel zueinander steht, klar, im Prinzip sind's ja immer nur kleinste Vertikalstreifen, aber eben ganz viele. Und betrachtet man das ganze System (den ganzen Raum) ergeben sich unberechenbare Beziehungen zwischen den Wänden mit komplizierten Abstrahlwinkeln und verrückten tangentialen und obliquen Moden. Im Frequenzspektrum ist das also über einen ganzen Bereich verteilt und ziemlich verwaschen. Dabei könnte man bei einer genauen und konstanten Raummode viel effektiver dagegen angehen, nämlich z.B. einen Plattenschwinger für eben genau diese Frequenz bauen. Bei schrägen Wänden müsste man das ganze Teilspektrum behandeln, was aufwändig wird.
Das heißt: Wir bauen absichtlich so, weil es a)
baulich einfacher ist und b) später viel
konkreter akustisch behandelbar ist.
Sollte extra eine kleine, schalltote Kabine für Gesang etc. gebaut werden sollen, dann sollte die wirklich schalltot sein. D.h. rundrum mit entsprechend dicken Absorbern versehen werden um die problematischen Bereich um die 300-400 Hz in den Griff zu kriegen.
Eine Gesangs- oder Ampkabine ist prinzipiell eine feine Sache. Allerdings haben wir wenig Platz. Ich muss gestehen so ganz hab ich mich mit damit noch nicht abgefunden, aber eigentlich habe ich mich dafür entschieden eine solche nicht zu bauen. Man verliert einfach viel Platz im Aufnahmeraum dafür. Eine geeignete Akustik für Gesangsaufnahmen werden auch im großen Aufnahmeraum möglich sein. Ich sehe auch eher wenig Nutzen in einem separaten Raum, weil wir wenig parallel recorden, wo man das ausnutzen könnte. Um z.B. eine komplette Band live aufzunehmen und einen Sänger/Amp darin abzuschotten, wird das Studio größentechnisch eh nicht geeignet sein. Aber wie gesagt - so ganz abgeschlossen habe ich damit noch nicht.
Dann würde mich das Layout des Regieraums interressieren. Welche Akustik, Nachhallzeit etc. geplant ist.
Das Design basiert auf dem RFZ-Prinzip. Akustik und Nachhallzeiten sind noch nicht fest entschieden, werden aber ein ganzes Stück weit dynamisch sein. Es wird nämlich verschiedene austauschbare bzw. drehbare Wandelemente mit unterschiedlichen Oberflächeneigenschaften hinsichtlich Schallhärte, Absorption und Abstrahlverhalten geben, um die Raumakustik zu verändern.
Gibt es zu deiner RFZ-Analyse Software, mit der man die Berechnung vereinfachen kann?
Nicht, dass ich wüsste. Man kann allgemein Raytracing-Ansätze verwenden. Es gibt z.B. für Sketchup entsprechende Plugins, die Strahlen über mehrere Flächen hinweg automatisch und mehrdimensional weiterzeichnen. Das habe ich zumindest verwendet. Ist aber schon etwas her...
0. Ich finds gut, dass ihr die Hauptmonitore flush mounted. Ich weiss, moderne Studiodesigner in Europa rücken davon wieder weg. Aber ich bin jedesmal begeistert, wie gut meine JBLs so klingen. Haben die Monitore eine Extra-Endstufe oder it diese abnehmbar? Passive Monitore und leistungsstarke lüfterlose Endstufen sind ja heute selten.
Wir werden aktive Lautsprecher verwenden. Zumindest am Anfang. Es gibt nämliche eine Option zum Upgrade. Wir werden die Lautsprecher in eine große Holzbox bauen und diese Holzbox dann in die Wand. Wenn man upgraden möchte lässt sich dann die Holzbox ausbauen, der neue Speaker einbauen und wieder in die Wandeinbauen. Fungiert quasi als eine Art Einschubadapter.
Um die Abwärme der aktiven Speaker handzuhaben, werden wir einen Kanal von unten nach oben durch die Soffit-Vorsatzwand führen. Die führt direkt an der Speaker-Rückseite vorbei. Von unten zieht kalte Luft ein, strömt an der Speaker-Rückseite vorbei, erwärmt sich und zieht oben als warme Luft wieder ab. Ein passiver Kühlkreislauf sozusagen. Dazu kommen aber in Zukunft noch Blogposts. Habe ich schon vorbereitet, aber aktuell sind andere Bauphasen bei uns angesagt.
1. in meinem Regieraum habe ich auch eine perfekte RFZ gebaut inklusiver angewinkeler Vorderwand gebaut. Es hat sich dann rausgestellt, (was mit Absorber an der Decke gelöst wurde) dass hinter dem Mischerplatz, wo die Musiker beim Einspielen sitzen, der Sound schlecht war.
Wir bauen eine große Cloud über dem Mischplatz. Eventuell auch nochmal eine direkt dahinter, welche genau das verhindern soll, was du mit deinen Absorbern bereits gelöst hast.
2. ich würde im hinteren Bereich der Rückwand des Regieraumes mindestens 50 cm besser 1m dicke Bassabsorber bauen. Und je nach Gusto, dann darauf die Diffussoren oder eben absorbierend lassen. Wenn ihr - wie ich - rundrum mit Gipskartonplatten beplankt, dann sind Tiefbässe u.u. nicht das Problem aber der Bereich um 150Hz.
Genau. Haben wir ziemlich genau so vor. Die hinteren Ecken in der Regie sind genau dafür.
3. Im Aufnahmeraum würde ich von den Parallelen Wänden weggehen und auch Bassabsorber vorsehen. Man kann das ja kombinieren, wie in vielen John Sayer Designs.
Wie meinst du "von den parallelen Wänden weggehen"? Alle Wände leicht schräg stellen und dahinterliegenden Platz als Basstrap nutzen? Also aktuell sind die Wände ja von innen offen. Was man damit dann genau macht ist noch nicht entschieden. In die Ecken kommen auf jeden Fall wieder Basstraps. aber bzgl. schräger Wände sehe ich da nicht den großen Vorteil drin. Dazu habe ich oben schon etwas geschrieben.
4. Mir fehlt die Form der Decke (Querschnitt). Die Schallumleitung an der Decke muss natürlich genauso erfolgen wie an den Wänden.
Genau. Im Prinzip schon. Die Decke wird aber gerade gebaut. In die Regie kommt aber eine große Cloud, die den Schall (bzw. die kritischen Frequenzen dessen) umlenkt und auch absorbierend wirkt. Macht eben das, was du von einer schrägen Decke erwarten würdest. Eine Cloud ist aber m.M.n. einer schrägen Decke in vielerlei Hinsicht überlegen:
- Absorbiert die kritischen Frequenzen im ähnlichen Maße
- Deutlich einfacher und günstiger zu bauen
- Besser zu "warten" bzw. zu verändern, da nicht fest verbaut, sondern nur von der Decke abgehängt
- Kann effektiver arbeiten im Bezug auf Absorption, weil Schall von allen Seiten eindringen kann
- Lässt - wie bereits erwähnt - deutlich mehr Luftvolumen im Raum.
- Sieht cool aus . Man kann schön Deckenspots oder indirektes Licht darin integrieren.
Ich hab noch 12° im Hinterkopf. Es geht auch weniger. Denn die Problematik sind ja die Flatterechos in den höheren Frequenzbereichen. Also deutlich über 400 Hz.
Und NICHT wie immer geschrieben wird, zur Vermeidung von axialen Raummoden! Die Vorstellung, aha Raummoden entstehen an der Reflexion von gegenüberstehenden Wänden, also mach ich doch die Wände nicht-parallel, und voila ist falsch. Es verändert nur die Frequenz und Symmetrie der Raummoden und dass kann zu Verbesserung führen.
Die Frage ist: ab wann ist eine Wand schief? Und das ist Frequenzabhängig und abhängig von der Größe des Raums. Letzteres ist aber immer ein paar Meter. Für eine Basswelle mit 3m Wellenlänge ist eine um 10° geneigte Wand parallel. Für eine 10kHz Welle mit 3 cm Wellenlänge ist eine um wenige Grad geneigte Wand schon schief.
Ganz genau.