Hallo Wilfried
Nein, Du machst keinen Denkfehler.
Und
A-moll-Harp? Wie man es nimmt. Da gehen die Meinungen und Gewohnheiten bestimmt auseinander.
Aber der Reihe nach.
Straight-Position bedeutet, dass man den Blaston der 1. Kanzelle als Grundton der Harp-Tonleiter betrachtet. Andere sagen auch 1. Position (1st / first).
Die Bezeichnung "Crossharp in A" stört mich etwas. Ich schreibe lieber A-Harp (A-Dur-Harp) in
Cross-Position (auch 2. Position bzw. 2nd/second) gespielt. Das bedeutet, dass man die Quinte über der Straight-Position als Grundton wählt. Du merkst, jetzt landen wir in der Harmonielehre. Ohne die ist das alles nicht zu erklären. Cross-Position bedeutet deshalb auch nicht "überkreuz" sondern, dass die Tonart ein Kreuz mehr hat, als die Tonart in der Straight-Position. (Bei B-Tonarten 1b weniger). Die ganze Geschichte hat allerdings einen Haken. Um den zu durchschauen, muss man sich mit den sogenannten Paralleltonarten beschäftigen. Paralleltonart bedeutet, dass der Grundton der Tonleiter verschoben wird, das Tonmaterial aber gleich bleibt. Durch die Verschiebung des Grundtones (1 genannt) verändert sich die relative Postion der Halbtonschritte. Passend zu Deiner A-Harp erläutere ich das am Beispiel der A-Dur-Tonleiter:
a - h -
cis d - e - fis -
gis a
Die "-" zeigen einen Ganztonschritt an. Wo der Strich fehlt, ist ein Halbtonschritt. Die Positionen der Halbtonschritte sind also die Schritte (3 4) und (7 8). Diese Halbtonschrittpositionen sind das charakteristische Merkmal jeder Dur-Tonleiter. (Im Zusammenhang mit den Kirchentonarten auch "jonisch" genannt.)
Man kann die Dur-Tonleiter auch ganz neutral mit arabischen Zahlen darstellen: 1 - 2 -
3 4 - 5 - 6 -
7 8
Wenn Du nun in der A-Dur-Harp das e als Grundton wählst, ändern sich die harmonischen Beziehungen. Die Tonleiter wird nun so aufgeschrieben:
e - fis -
gis a- h -
cis d - e
Obwohl die Halbtonschritte immer noch zwischen denselben Tönen liegen, hat sich ihre relative Position geändert. Die Positionen der Halbtonschritte sind nun die Schritte (3 4) und (6 7). Es ist also eine neue Leiterstruktur entstanden. In Zahlen: 1 - 2 -
3 4 - 5 -
6 b7 - 8
b7 deshalb, weil diese Stufe im Vergleich zur Dur-Tonleiter 1/2-Tonschritt tiefer steht.
Diese Leiter-Struktur ist weder Dur noch Moll. Allerdings ist sie wegen der Übereinstimmung im ersten Teil der Tonleiter eine mit Dur verwandte Leiterstruktur. Man nennt sie
Mixolydisch.
Nun benötigst Du aber nicht mixolydisch sondern zumindest dorisch für Deinen Blues-Riff. Wäre der benötigte Tonraum größer, bräuchtest Du wahrscheinlich äolisch-moll. Diese Leiterstrukturen sind so gebaut:
dorisch: 1 -
2 b3 - 4 - 5 -
6 b7 - 8
äolisch-moll: 1 -
2 b3 - 4 -
5 b6 - b7 - 8
Wieder lassen sich Verwandschaften erkennen. Dorisch unterscheidet sich von der in der Dur-Harp enthaltenen mixolydischen Leiter nur an einer einzigen Stelle: b3. In der A-Dur Harp ist das das gis, das sowohl in e-moll als auch e-dorisch ein g sein muß. Der Rest der Tonleiter kann Dir egal sein, solange Du lediglich die von Dir genannten Töne spielst.
Die für den Blues typischen "blue notes" kommen am besten raus, wenn sie mit Bendings gespielt werden. Dann sind sie viel lebendiger, manche nennen das auch "schwärzer" oder "dreckiger". Naja, egal. Auf jeden Fall kann man mit dieser Technik die Intonation völlig anders gestalten, als wenn man die Töne als normale Blas- oder Ziehtöne spielt.
Während Du nun in einer A-Dur-Harp das gis zum g benden mußt, ist das g in der
a-moll-Harp oder
a-dorisch-Harp schon vorhanden. Damit das aber trotzdem bluesig gespielt werden kann, werden die Natural-Minor-Harps von Lee so gebaut, dass die gewünschte Moll-Tonart in der Cross-Position gespielt wird. (Details und Links siehe Post zuvor.) Nun hast Du also die Wahl.
Ich hoffe, das ist so geschrieben, dass Du mir folgen konntest. Bei Unklarheiten frag einfach noch einmal nach.
Zur Vertiefung der musiktheoretischen Hintergründe empfehle ich mit Suchbegriffen wie "Paralleltonarten" und "Kirchentonarten" zu suchen.
Ein intensives Studium der verschiedenen Tontabellen der Oskar-Lee-Mundharmonikas ist ebenfalls sehr empfehlenswert.
Viele Grüße
Lisa
EDIT
Falls Du Dir eine Natural-Moll-Harp kaufen möchtest, gucke genau nach der Bezeichnung. Die Tonarten dieser Bauserie werden normalerweise mit dem Grundton der Cross-Position angegeben. Du müsstest dann also eine
e-moll-Harp kaufen. (1st Pos. ist a-dorisch).