Hallo nochmal!
Du hast doch bereits einen Thread dazu eröffnet, da hättest du diesen Post ruhig dranhängen können. Vielleicht macht das ein Mod noch.
Zum Thema:
Du lernst gerade stimmen, das geht nicht so schnell - wie alles beim Schlagzeugspielen.
Nach ein, zwei Wochen hast du noch nicht das Gehör dafür, bist vielleicht zu ungeduldig beim Spannen und schießt deshalb übers Ziel hinaus. Außerdem, wie ich bereits im anderen Thread vermutet habe, hast du eventuell noch keinen guten Referenzklang gehört und erwartest zu viel bzw. das Falsche von deinen Toms.
Arbeite mal der Reihe nach Folgendes ab:
1. Prüfe deine Tom-Kessel auf Rundheit. Das ist kein Witz, schnapp dir ein Maßband und miss den Durchmesser, indem du es zwei- bis viermal kreuzweise über beide Seiten hältst und nachschaust. Ein bis zwei Millimeter Unterschied auf einer Seite sind kein Problem, mehr sollte es aber nicht sein. Sonst: Reklamieren!
2. Prüfe deine Gratungen, also die Auflagefläche, wo das Fell den Kessel berührt: Fahre mit dem Finger darüber und sieh sie dir aus der Nähe an. Sind sie eben, ohne Dellen oder andere Beschädigungen? Falls nein: Reklamieren!
Ich habe beides bei meinem letzten Setkauf noch im Laden gemacht. Der Verkäufer hat mir sogar dabei geholfen, weil er wusste: Wenn da was nicht stimmt, kriegt man keine gute Stimmung hin!
3. So hören sich Toms nun mal in Natura an:
Ein leichtes "Wiumm" ist bei den allermeisten zu hören! Ab 04:16 (wohl in der "Standardstimmung" der meisten Trommler) fällt der Ton leicht ab, ab 05:05 - mit dem Tuning, das ich seit Neuestem auch verwende (s. u.) - klingt's etwas voller und weniger jaulend. Gewöhn' dich dran, dass Trommeln eben so klingen, falls du's noch nicht hast!
4. Deine Felle sind höchstwahrscheinlich keine guten, sondern nur Lizenzprodukte, die auf Mittelklasseschlagzeugen ab Werk montiert sind. Sie sind vielleicht nicht unbedingt schlecht, jedenfalls sind sie nicht auf der Products-Seite von Aquarian zu finden. Wenn du also etwas Geld übrig hast, kauf dir welche, die zweifellos gut sind, z. B.
Aquarian Response 2.
Bevor ich dir was zum Stimmen erzähle, möchte ich eins vorausschicken: Viele empfehlen, die Reso-Felle höher zu stimmen als die Schlagfelle, und das ist je nach Geschmack auch ok. Aber ich habe herausgefunden, dass man einen schön tief wummernden Klang auch mit tiefer gestimmten Reso-Fellen hinkriegt, ohne dass das Decay (das Nachschwingen) "abstürzt". Gleichzeitig bieten etwas höher gestimmte Schlagfelle neben einem Haufen an Ton auch den Vorteil, dass sie aufgrund ihrer strafferen Spannung länger halten, weil sie nicht so anfällig für Dellen sind.
Nun zum Stimmen. Ich fange immer mit dem Floor-Tom an, weil ich auf den tiefstmöglichen Sound aus bin und es nun mal außer der Bass-Drum keine Trommel gibt, die tiefer zu stimmen ist. Und weil ich die Reso-Seite tiefer haben will als die Schlagfellseite, beginne ich mit der Reso-Seite.
I. Ich lege das Floor-Tom mit dem Schlagfell auf eine weiche Oberfläche, meistens auf meinen Drum-Hocker. So verhindere ich, dass das Schlagfell beim Stimmen mitschwingt und ich nicht mehr höre, in welcher Stimmung sich das Reso-Fell befindet. Dann nehme ich das Fell komplett von der Reso-Seite ab, säubere nötigenfalls die Gratung und den Innenraum des Kessels sowie die Innenseite des Spannreifens, achte darauf, dass sich auch im Fellkragen kein Schmutz oder Fremdkörper befinden, und lege das Reso-Fell dann mittig auf die Gratung.
II. Während ich den Spannreifen mit allen Stimmschrauben versehe (die ich nur ein paar Umdrehungen weit eindrehe und auf gar keinen Fall jetzt schon spanne!), achte ich darauf, dass der Abstand zwischen Fellrand und Gratung überall am Kessel gleich groß ist. Das nennt man dann "zentriert", das ist wichtig und und das würde nicht klappen, wenn der Kessel nicht rund wäre (s. Punkt 1)!
III. Wenn alle Stimmschrauben locker in ihren Gewinden stecken, drehe ich sie so weit runter, bis sie mit einem flüchtigen Hauch den Spannreifen berühren. Auch dabei achte ich darauf, dass der Abstand zwischen Fellrand und Gratung überall gleich groß ist.
IV. Jetzt geht's los: Ich setze mir eine Stimmschraube als Anfangspunkt auf 12 Uhr und drehe sie um 90° weiter rein, also mit der berühmten Vierteldrehung. Für manche ist das schon viel, aber ich habe festgestellt, dass es damit am Anfang des Stimmens gut klappt. Je weiter man sie allerdings reindrehen würde, desto schwieriger wäre es, die anderen Schrauben auf dieselbe Spannung zu bringen, ohne dass das Fell "verkantet", deshalb überschreite ich die 90° nie.
V. Nach der Vierteldrehung der ersten Schraube mache ich genau dasselbe mit allen anderen Schrauben im so genannten "Star-Pattern", also wie beim Radwechsel am Auto. So verteilt sich die Spannung gleichmäßig über den ganzen Spannreifen, und das Fell bleibt gerade auf der Trommel.
VI. Wenn die erste Runde Vierteldrehung komplett ist, drücke ich mit nicht allzu viel Kraft den Handballen in die Fellmitte und tippe dann mit dem Stick leicht auf das Fell, und zwar etwa einen Zoll von der jeweiligen Stimmschraube entfernt. Dabei horche ich darauf, a) wie viel Ton und Nachklang schon da sind und b) ob es Unterschiede in der Tonhöhe zwischen den Stimmschrauben gibt. Wenn mir a) schon reicht, belasse ich es dabei und ziehe nur noch minimal die Unterschiede in b) raus, falls nicht, ziehe ich alle Stimmschrauben im Star-Pattern leicht an.
VII. Nehmen wir an, mein Floor-Tom hat jetzt einen tiefen, hinreichend resonanten Ton auf der Unterseite. Dann drehe ich die Trommel um, sodass sie mit der Reso-Seite auf dem Hocker aufliegt und wiederhole die Schritte I bis VI. Wenn das Reso-Fell tief gestimmt ist, braucht das Schlagfell eine Viertel- bis halbe Drehung mehr, um das Tom voll klingen und gut durchdringen zu lassen, deshalb gehe ich auf der Seite ein bisschen höher. Wie gesagt, als Nebeneffekt verlängert die etwas höhere Spannung die Lebensdauer des Fells, weil es den Stick besser zurückfedern lässt und nicht so viel Schlagenergie absorbiert.
VIII. Anschließend wiederhole ich das mit allen weiteren Toms, erst mit dem mittleren, dann mit dem hohen. Daneben habe ich das Floor-Tom immer mit einem Handtuch abgedämpft auf dem Boden liegen, und zwar mit derselben Seite nach oben wie das aktuell im Stimmen befindliche Tom. Bei jedem weiteren Schritt VI tippe ich nicht nur auf das Fell des Toms auf dem Hocker, sondern auch auf das entsprechende Fell aller anderen bereits gestimmten Toms. So kriege ich das aktuelle Tom nicht nur an sich gut gestimmt, sondern auch leichter in Harmonie mit den bereits fertigen.
Berichte mal weiter über dein Vorgehen und deine Fortschritte - viel Erfolg!
André
P. S.: Die Snare ist immer laut und aggressiv, vor allem, wenn sie hoch gestimmt ist. Versuch's mal damit: Das Resonanzfell ziehst du an, bis der Kessel kaum noch Eigenklang hat. Du solltest eine Art "Böpp" beim Antippen hören - "Bipp" wäre schon zu viel. Klingt blöd, ich weiß, aber eine bessere Referenz fällt mir nicht ein.
Beim Schlagfell hast du den höchsten Punkt überschritten, wenn der Kessel kaum noch Eigenklang von sich gibt - von der Zone musst du unbedingt runter! Stimm' es so, dass der Kessel schön voll mittönt und du gleichzeitig noch genug Rebound vom Schlagfell bekommst, dann sollte sich das Schlimmste in puncto "aggressiv" erledigt haben.