Testbericht zur Tanglewood TW70 HSRB

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Auf der Suche nach einer OM oder OOO in der Preisklasse von 1.000,- EUR hat mich bisher nicht viel überzeugt. Z.B klingt mir die Furch D-32 eher zu "flach", da ist die Guild GAD30RE ATB für 619,- EUR sogar besser, mit besserer Ausstattung. Seagull und Breedlove haben nichts Vergleichbares, BSG kenne ich nicht, sollen aber recht gut aber auch teurer sein. Stanford Gitarren werden, glaube ich von Furch in Tschechien gebaut. Interessant wäre noch die Blueridge BR-243, ist in etwa vergleichbar mit Guild, aber ohne Pickup. Eine vergleichbare Martin oder Guild oder Gibson mit dieser Ausstattung und dem Sound geht bei 1800,- EUR los.

Nun habe ich die Tanglewood TW 70 HSRB seit 3 Tagen zum Testen hier und bin schwer beeindruckt. Beim Auspacken war meine erster enttäuschter Gedanke: "Oh je so ´ne Kleine wollte ich eigentlich nicht". Die Gitarre ist wirklich klein, erinnert fast an eine Parlor. Die Bezeichnung von Tanglewood "Grand Auditorium" ist etwas irritierend. Die Form erinnert zwar an eine OOO oder OM, sie ist aber kürzer und unten schmaler. Die Zargentiefe beträgt dafür 105 mm. Insgesamt liegt sie irgendwo zwischen SuperFolk und GA. Interessant ist die Deckenkonstruktion von Tanglewood, die Decke hat eine leicht bauchige Wölbung, das soll ihr im Mitten- und Bassbereich ein paar extra Punches geben... Und da bin ich beim Wichtigsten, dem Sound, der ist nämlich umwerfend, die komplette Überraschung und begeistert mich immer mehr - zumindest rein akustisch - zum anderen komme ich später. Sehr spontane Ansprache, druckvoll, der Sound ausgeglichen durchs ganze Spektrum, sehr präzise und klar. Sie hat zudem ein erstaunliches Bassvolumen, für die Größe sowieso, natürlich nicht mit einer Dread vergleichbar. Mit bisher getesteten größeren OOO oder Auditoriums kann sie locker mithalten. Ich habe den direkten Vergleich mit einer Martin 000C16RGGTE, die klingt - na ja toll - wie eine Martin eben - aber - kaum zu glauben - nicht besser als die TW70! , vor allem "unten rum" fehlt der Martin "Substanz". Die TW70 kommt mit 12-er Elixir-Saiten, bin gespannt, was bei 11-er bzw. anderen Saiten passiert ... Bei der Mensur von 655 mm (gemessen) sollte der Unterschied aber nicht so groß sein. Für Fingerpicking ist die Kleine ideal, verträgt auch kräftiges Strumming und in DADGAD oder anderen offenen Stimmungen ist sie einfach ne Wucht!
Die TW 70 HSRB kostet ca. 1.000 EUR, die Martin 1.870,- Die Tanglewood hat immerhin eine Engelmann Fichtendecke (mit erträglicher Lackdicke), und einen massiven Palisanderkorpus, beides sauber "bookmatched". Besonders hervorzuheben ist der massive einteilige Hals aus mattem Mahagoni, rundes Profil, schön leicht zu greifen. Ich habe selten einen so schön gemaserten Hals gesehen. Schönes Binding aus weissem Zelluloid mit Herringbone, sehr feinporiges Ebenholz-Griffbrett (44,5 mm), perfekt abgerichtete Bünde. Fürs Schalloch hätte man vielleicht besser ebenfalls Herringbone anstatt Abalone nehmen sollen, das passt nicht so recht zusammen ... Was noch: Ebenholz-Steg!, Knochen-Sattel und -Steg (kompensiert). Die Verarbeitung ist schlichtweg perfekt, ich habe keine einzige Unsauberkeit feststellen können. Der "elektrische Sound": Tanglewood hat ein kompaktes B-Band A5T EQ System mit Elektret-Pickup, EQ, Notchfilter und Phasenschalter eingebaut. Hier war einiges an Feinjustierung angesagt, bis ich zufrieden war, die oberen Mitten klingen mir immer noch etwas zu metallisch, da ist das Fishman Aura System an der Martin nicht zu schlagen, trotzdem für diesen Preis ist das B.Band ziemlich gut, im Vergleich zu vielen Piezo-Zirpern, die ich getestet habe, sowieso. Erwähnenswert ist noch, das das B.Band System die unschönen Nebengeräusche beim Umgreifen nicht so stark überträgt, ein weiteres Plus!
Fazit: Tanglewood hat mit der TW70 HSRB eine Gitarre mit einem hervorragenden Klang bei ebenso hervorragender Verarbeitung gebaut. Bis jetzt habe ich nichts Vergleichbares gefunden! Die bleibt bei mir!!! :great:

PS: Den Pickguard habe ich abgezogen, ist besser für die Klangentwicklung (vor allem bei dieser kleinen Deckenfläche).
 
Eigenschaft
 
Danke, eine aufschlußreiche Kurzreview mit Vergleich zu Martin, da kann man sich jetzt schon was drunter vorstellen...ich habe gleich mal geschaut, wo es die gibt, und wie sie ausschaut, und habe zumindest beim googlen keine Bezugsquelle in Deutschland entdeckt. Wo gibt es die denn?
 
Danke für den Test! Schönes Teil. Da könnte ich vielleicht doch noch schwach werden.

PS:
Wie viele Gitarren braucht ein Musiker eigentlich?

Antwort: Immer eine mehr als man gerade hat. ;)
 
Danke, eine aufschlußreiche Kurzreview mit Vergleich zu Martin, da kann man sich jetzt schon was drunter vorstellen...ich habe gleich mal geschaut, wo es die gibt, und wie sie ausschaut, und habe zumindest beim googlen keine Bezugsquelle in Deutschland entdeckt. Wo gibt es die denn?

Guckst du hier:
leihinstrumente de
http://www.leihinstrumente.de/

@ picker59

Korpusgröße wird auf der HP von Tanglewood aber als Orchestra angegeben
Ansonsten schöner Bericht.
Ich besitze selbst eine TW 70 Sundance Serie,
hab auch schon andere Tanglewood-Modelle angespielt und kann die Marke
wirklich empfehlen.


*flo*
 
Stimmt, Tanglewood UK sagt "Orchestra", die meisten Händler sagen "Grand Auditorium", Tanglewood hat wohl recht. Über diesen Link kann man sich den Tanglewood Katalog 2011 (US) downloaden, auf der vorletzten Seite sind die Korpusgrößen beschrieben. Die Orchestra ist zwar dabei, aber die Maße stimmen nicht, der US Markt bietet wohl andere Modelle als in Europa an.
http://www.musiquip.com/cata/TWD brochure 2011.pdf
Für alle, die´s genau wissen wollen, die Maße der TW70 HSRB: Breite oben 293 mm, Taille 246 mm, Untere Breite 380 mm, Länge 480 mm, Zargentiefe max. 105 mm, Gesamtlänge 1000 mm, Sattelbreite 44,5 mm, Mensur 655 mm. Lt. Katalog liegt sie also zwischen der SuperFolk und der Grand Auditorium.
Einen kleinen Wermutstropfen gibts noch: Der angegebene Koffer (leihinstrumente.de u. bei Tanglewood) 1SKB-T70 passt nicht für dieses PreAmp Modell, die Knöpfe sind zu hoch, Tanglewood UK hat mir mitgeteilt, dass sie dran arbeiten und es noch ein paar Monate dauert. Also: Entweder den Koffer nehmen und innen schnibbeln - oder warten - oder ein GigBag nehmen (fast zu schade). Alternative Koffer habe ich noch keine gefunden, evtl. kann mir da jemand weiterhelfen?
 
Dass der B-Band soviel unnatürlicherklingt als der Fishman will ich nicht glauben.

Die B-Band Pickups sind extrem empfindlich, was die Stegeinlage angeht. Ein B-Band klingt eigentlich mit jeder Stegeinlage, auch wenn es das gleiche Material ist, unterschiedlich.

Einfach mal andere Stegeinlagen testen. Aber hochwertige nehmen.

Wenn ich einen B-Band einbaue, brauche ich ca 5 Stegeinlagen, bis es passt. Das nervt etwas, andererseits hat man die Möglichkeit den Sound zu verändern.

Bei meiner derzeitigen Livegitarre hab ich auch rumprobiert und hatte plötzlich eine Stegeinlage, mit der der Output höher ist, als bei jeder anderen Akustikgitarre. Keine Ahnung warum, das Teil hat plötzlich den Output eines Metalhumbuckers. Die Mischer drehen immer erschrocken den Gainregler zurück.

Grüße
 
@ venturini: Danke für den Tipp. Der B-Band klingt eigentlich nicht unnatürlich. Etwa im Bereich G bis H kommt es mir nur so vor, als ob man den Mittenregler etwas zurückdrehen müsste. :gruebel:. Ich könnte es ja mal mit einer Tusq-Einlage probieren. Evtl. bringt schon das Lockern u. wieder Anziehen der Saiten + Bewegen der Einlage was. Welche Stegeinlage könntest Du empfehlen?
 
Haben die Tanglewoods nicht ab Werk die Tusq Einlagen? Das ist auch das Material, welches B-Band empfiehlt.
Knochen geht natürlich auch. Oder die Ivorex2 Stegeinlagen von Ibanez. Das ist ebenfalls ein ultraharter Kunststoff.
Hab bei B-Band auch schon gute Ergebnisse erzielt (allerdings auch schlechte), indem ich eine flachere Stegeinlage genommen habe und dafür noch ein Streifen Holzfurnier drunter gelegt habe. Komprimiert den Sound etwas, hab ich so den Eindruck.

Aber vielleicht ist ja alles schon optimal und Du solltest alles so lassen.
Ich benutz bei dem A5 immer den Notch-Filter um eine unangenehme Frquenz rauszufiltern.

Grüße
 
Die TW70 HSRB hat Knocheneinlagen. Nachdem ich die Saiten (Elixir 11-er ) gewechselt habe wurde es deutlich besser, mit dem Notch-Filter und den Ton-Reglern habe ich jetzt die optimale Einstellung gefunden. Am besten klingts, welche Überraschung - wenn alle Regler auf Mitte stehen - was, denke ich für den Pickup spricht! Trotz der etwas dünneren Saiten hat sie nicht hörbar weniger "Dampf", und mit den Bendings klappt´s natürlich auch besser :D
 
Update zum Pickup-System, Stegeinlage...: Beim Saitenwechseln sollte man darauf achten, dass die Einlage genau senkrecht plaziert ist, deswegen ist es auch besser, die Saiten nacheinander aufzuziehen, also eine nach der anderen wechseln, sodass die Einlage immer "Druck" kriegt. Den Tipp (das sollte man wohl bei allen Gitarren mit Pickup machen) habe ich vom freundlichen Tanglewood-Händler. Ergebnis: Das B.Band System klingt jetzt deutlich ausgeglichener! Ach ja, und noch was:
Eine weitere Bestätigung, dass die Gitarre zu behalten richtig war, hat mir unter anderem vergangenen Freitag abend ein befreundeter (sehr guter) Gitarrist geliefert. Wir hatten einen kleinen Gig und haben mal die Gitarren "getauscht". Kurz gesagt, ich spielte dann auf seiner Martin 000C16RTGE - und er wollte meine Tanglewood an diesem Abend nicht mehr rausrücken. So viel dazu ... ;-)
 
Vielen Dank für das Review! Bist du immer noch zufrieden mit der Gitarre? Ich hab eine Frage zum Hals, bei leihinstrumente.de steht, der sei flach. Sehr gut gefallen mir die Hälse der günstigen Taylors, also z.B. 114CE, hast du da nen Vergleich?

Grüße,
Stevie-Ray
 
Schöner Bericht und Glückwunsch zu Deiner Tanglewood. Mit den Elixier Saiten war ich auf meiner Tanglewood TW170 AS CE Cutaway Grand Concert auch nicht zufrieden. Beschichtete Saiten sind aber auch vom Spielgefühl nicht mein Ding. Nachdem ich so einige Saiten durchprobiert habe bin ich nun dauerhaft bei den Martin MSP4100 gelandet. Vielleicht sind die auch etwas für Dich?
 
@Stevie-Ray: Ja, ich bin immer noch sehr zufrieden und spiele täglich auf ihr - mehr als auf meinen anderen Gitten... :D Und ... sie wird immer besser, was mich immer wieder beeindruckt ist diese schnelle Ansprache. Einen guten Hals-Vergleich kann ich nur mit meiner Guild ziehen, die hat wirklich einen sehr flachen Hals und das ideale Profil (ich glaube D?). Die Tanglewood ist einen Hauch dicker und etwas runder, trotzdem klasse zu spielen, nicht zuletzt wegen der mattierten Oberfläche. Inzwischen habe ich auch einige Saiten ausprobiert und bin schließlich bei den John Pearse 550SL (11-er) und 600L (12-er gelandet). Superklang - ideal für die TW70, ich glaube sogar für jede OM (auch für meine kleine Epiphone EL-00). Die halten jetzt schon - für unbeschichtete Saiten - sehr lang, klingen aber trotzdem noch nach Wochen recht gut, besser als jede Martin Saite, die ich drauf hatte.. @heapstar: Nein die MSP4100 hatte ich noch nicht, probiere ich aber mal, danke für den Tipp! Ach ja, die Claptons Choice hatte ich auch mal drauf, sind klanglich super, halten aber nicht lange ...
Grooves, Andreas

PS: Wen´s interessiert - von wegen der Bespielbarkeit: Die Sattelbreite ist knapp 45 mm, am Griffbrettende sind es immerhin schon 61 mm! Am 14. Bund (Korpusansatz) sind es 58 mm. Der Griffbrettradius kommt mir - verglichen mit anderen OMs ebenfalls recht groß vor. War für mich am Anfang etwas ungewohnt - inzwischen ist´s für mich optimal! Die Fingerpickerfraktion wird's - wie mich - freuen :D:D
 
Schöner Bericht und Glückwunsch zu Deiner Tanglewood. Mit den Elixier Saiten war ich auf meiner Tanglewood TW170 AS CE Cutaway Grand Concert auch nicht zufrieden. Beschichtete Saiten sind aber auch vom Spielgefühl nicht mein Ding. Nachdem ich so einige Saiten durchprobiert habe bin ich nun dauerhaft bei den Martin MSP4100 gelandet. Vielleicht sind die auch etwas für Dich?

Update zur TW70 HSRB / MSP4100 Saiten. Ich hab Deinen Tipp in die Tat umgesetzt und die MSP4100 Saiten probiert. Die sind jetzt seit Ende August (!!!) drauf, wirklich viel gespielt - und es ist kaum zu glauben, die klingen immer noch genial. Außerdem ist mir noch keine Saite (speziell E- und G-) gerissen. Die besten Saiten, die ich je hatte - zumindest für diese Gitarre, an zweiter Stelle stehen die John Pearse 600 bzw. 550 (letztere etwas dünnerer Sound, weil 11-er), an dritter die Elixir. Von D´Addarios lasse ich in Zukunft die Finger weg.
 

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