distorted.guitar
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Vorgeschichte
Wen nur der Test an sich interessiert, der kann diesen Teil überspringen, weil es hier nur darum geht, wie ich auf den Holier Grail als Effekt kam und meine persönliche Meinung, Erfahrung und Einstellung.
Nach der enttäuschenden Erfahrung mit dem Spring King von Danelectro bin ich immer noch auf der Suche nach einem Halleffekt für mein neues Setup. Ich möchte an dieser Stelle nicht noch einmal alles von vorne erzählen,
sondern verweise hier auf den Testbericht Danelectro DSR-1 Spring King. In Ermangelung weitere analoger Effektgeräte, bin ich - wenn auch etwas widerwillig - bei den digitalen Halleffekten gelandet. Genauer gesagt bei
den denen von Electro Harmonix, der Familie der heiligen Gräle. Auf den Holy Grail wurde ich sehr schnell aufmerksam, wenn man bloß mal hier in der Suchfunktrion nach Halleffekten sucht, kommt man einfach nicht daran vorbei. So bekommt man genauso mit, daß es neben dem Holy Grail auch den Holier Grail und den Holiest Grail gibt. Diese werden in der Bedienung immer komplexer und teuerer Dazwischen liegen jeweils gut 100 EUR. Ich habe mich für den Holier Grail entschieden, weil der mir für meine Zwecke geeigneter schien als der Holy Grail, aber dazu später mehr. Der Holiest Grail ist dann doch erst mal zu teuer und erschien mir zu komplex, da ich einfach nur Hall haben will, wobei ich mittlerweile sagen muß, daß mich die Möglichkeit, diesen mit Midi steuern zu können, ebenfalls reizt. Jedenfalls bestellte ich Sonntag den Holier Grail, sandte den Spring King
Montag zurück und schon Dienstag erhielt ich die Versandbestätigung.
Der Name
Im Vergleich zu den albernen Bezeichnungen von Danelectro, kommt Electro Harmonix doch sehr viel cooler daher. Fast schon überheblich, eingebildet und respektlos. Doch dem gemeinen Rockstar ist dies nur Recht. Wenn er dazu noch etwas blasphemisch sein darf, umso besser ! Allein die Namensgebung verführt zum Kaufen: wer will sich schon mit dem heiligen Gral zufrieden gaben, wenn er auch den heiligsten Gral haben kann ? Allerdings setzt so ein Name auch hohe Ansprüche. Ich will sehen, ob er diesen gerecht wird.
Das Gerät
Mittwoch kam das Paket an. Drei Tage von Bestellung bis Lieferung. Respekt an das Musikhaus. Dieselbe Nachbarin hatte es wieder entgegen genommen. Hat wohl wirklich Zeit die Frau.
Der Holier Grail kommt in einem einfachen, unspektakulären und nicht sonderlich stabilen weißen Pappkarton daher. Völlig schmucklos bis auf den Deckel, auf den der Aufdruck des Gerätes selber ebenfalls aufgedruckt ist. Aber Verpackung sei mal herzlich egal, schließlich kommt es auf den Inhalt an. Also Deckel hoch.
Zuerst fällt mir auf, daß der Holier Grail trotz seiner Größe sehr leicht ist. Dazu sind die Seitenflächen nicht rechteckig sondern sechseckig. Ein interessantes Design, mir gefällt es. Die Kiste ist einfach nur aus unlackiertem Blech gefertigt.
Die Oberseite wird von den fünf großen Drehregler dominiert, von denen drei jedoch Schalter sind. Die oberen beiden bestimmen den Sound des Holier Grail. an dem linken wählst du zwischen den vier Hall Arten (Spring, Hall, Flerb und Room) aus, der rechte bestimmt, ob der jeweilige Hall kurz oder lang ist. beide Schalter sind in Stufen zu verstellen.
Darunter ist der Blendregler zum Bestimmen des Mix zwischen Originalsignal und Effektsignal. Dieser Regler ist stufenlos verstellbar. Darunter sind ein Schalter und ein Regler für das Golden Gate, denn der Holier Grail beinhaltet neben dem Reverb auch ein Gate. Einmal kannst du einstellen, ob das Gate auf Reverb UND Originalsignal Einfluß nehmen soll, nur auf den Effekt oder ob es ausgeschaltet sein soll. Dieser Schalter ist somit in drei Stufen zu bedienen. Links daneben ist der stufenlos verstellbare Regler, ab welcher Lautstärke das Gate arbeiten soll.
Unter dem linken oberen Regler ist eine Status-LED für das Gate. In der linken oberen Ecke des Gerätes ist die Status-LED für den Holier Grail an sich. Darunter ist der Fußschalter, um den Holier Grail zu aktivieren. Dieser ist nicht sehr leichtgängig und klickt deutlich hörbar. Für das Gate gibt es noch zwei weitere Parameter in Form von zwei Schiebeschaltern in den hinteren Ecken des Gehäuses. Der linke bestimmt die Geschwindigkeit des Gates und der rechte dreht das Gate herum. Das heißt, wenn du das Gate so eingestellt hast, daß es nur auf den Reverb wirkt, also, wenn Töne unter der eingestellten Lautstärke einfach durchgehen und Töne darüber mit Hall versehen werden (ja, sowas geht damit), kannst du mit diesem Schalter einstellen, daß es genau umgekehrt ist. Dieser Schalter sollte meiner Meinung nach aber eindeutiger beschriftet sein. Apropos Beschriftung: die ist nicht sorgfältig angebracht. Vereinzelt fand ich am Gerät Farbspuren, wo keine hingehören. Das sollte besser sein. Dazu läßt sich der Aufdruck mit dem Fingernagel abkratzen, mangelhafte Qualität. Die Beschriftung am Gate-Regler ist ein meinem Gerät schon nicht mehr zu entziffern. Wenn mir das Gerät von seiner Funktion aber gefällt, werde ich es deswegen nicht zurückschicken.
Der Vollständigkeit halber noch ein paar Worte zur Unterseite: die ist mit dem diesem Electro Harmonix typischen Kunstledertolex- weißderteufelwasdasfüreinzeugist überzogen. Der Holier Grail steht auf vier Gummifüßen, die an der Unterseite verklebt sind.
Um noch mal auf den Spring King zurückzukommen: im Vergleich macht der oberflächlich betrachtet mehr her. Sorgältig lackiert, verschraubte Gummifüße, angenehm schweres Gehäuse. Doch was nützt das, wenn der Klang einfach nicht stimmt ?
Die Anschlüsse
Nicht ganz so spartanisch wie dem Spring King, aber immer noch sehr simpel. Auf der Rückseite befindet sich ganz unten rechts der Anschluß für das Netzgerät. Der Holier Grail kann nicht mit Batterien betrieben werden ! Es ist ein ebenfalls eine Buchse für einen Hohlstecker, jedoch nicht in den Standardmaßen. Leider fehlt mir die Schieblehre, um das genau nachzumessen. Der Innendurchmesser sieht größer aus. Der Netzstecker sitzt nicht besonders starmm in der Buchse, aber er hält. Oben in der Mitte sind drei Anschlüsse für 6,3 mm Klinkenstecker. Meine Neutrikklinken sitzten da fest drin. Allerdings lockern sich die Schraubmuttern, mit denen die Buchsen am Gehäuse verschraubt sind, sehr schnell. Bei meinem Gerät ist eine Buchse sogar schief angeschraubt !
Ich empfehle Winkelstecker zu benutzen, weil gerade Klinken aufgrund der Form nach oben abstehen.
Ganz rechts ist der Eingang und daneben zwei Buchsen für Ausgänge. Der Holier Grail ist kein Stereoeffekt ! Ich habe hier im Forum schon anderes gelesen. Die Buchse ganz links gibt nur den Effekt aus und ist gemutet, wenn der Holier Grail ausgeschaltet ist. Die Buchse in der Mitte mit der Bezeichnung Main Out gibt den Mix von Originalsignal und beigemischtem Effektsignal im eingestellten Verhältnis aus.
Durch den reinen Effektausgang ist der Holier Grail wie dafür geschaffen, in eine parallele Effektschleife eingeschliffen zu werden. Zu Phasenauslöschung kann es so nämlich nicht kommen. Da ich dies genauso vorhabe, ist der Holier Grail - auf dem Papier - wie geschaffen für meine Zwecke. Daher ist es der Holy Grail nicht geworden. Allerdings wird das Gate mit dem Effektausgang umgangen und kann nicht benutzt werden. Der Blendregler wird auch umgangen. Die Funktion übernimmt dann der Effektmixregler am Verstärker. Eines noch: der Holier Grail hat einen echten Bypass.
Lieferumfang
Von reichhaltigem Zubehör kann man nicht gerade reden, aber wofür auch ? Das wichtigste ist dabei: der Holier Grail UND ein 18V Netzgerät ! Das finde ich sehr anständig von Electro Harmonix, gleich ein Netzteil mitzuschicken. Mir fällt gerade kein anderer Hersteller von Bodeneffektgeräten ein, der gleich das passende Netzteil mitliefert. Daneben liegt in dem Karton eine Garantiekarte und eine fliederfarbene Bedienungsanleitung in Form eines doppelseitig bedruckten Faltblattes. In dieser sind alle Regler, Anschlüsse und Parameter in Ihrer Funktion erklärt. Dazu gibt es Ratschläge im Umgang mit dem Gate. Als besonderes Gimmick wird in einer schreiend bunten Verpackung eine Demo-DVD von Electro Harmonix mitgeschickt. Mit dieser bekommt man einen guten Eindruck der Effektpalette von Electro Harmonix mit Soundbeispielen. Der Holier Grail wird auch vorgeführt und ich muß sagen, das klang schon gut ! Das ist besser als jeder Katalog oder Internetbericht. Andererseits ist es gemein, eine solche DVD mitzuschicken. Ich dachte mehr als einmal, daß da noch viel mehr schönes Spielzeug zu wollen ist. Ein Aufkleber fehlt ;-)
Die Testvorbereitung
Ich werde den Spring King mit einer Ltd EC 500 testen. Dazu benutze ich Klotzkabel mit Neutrikklinken. Da der Holier Grail gleich ein Netzgerät mitbringt, erübrigt sich die Frage, wie er mit Strom versorgt wird. Ich teste den Holier Grail an meiner Fender Hybridkombo (Roc Pro 700) als einzigen Effekt vor dem Amp.
Der Test
Sobald Strom angeschlossen ist, leuchtet die Diode des Gates auf. Orangerot signalisiert sie, daß das Gate nicht aktiv ist.
Wählt man das Reverse Gate aus,leuchtet die Diode grün, als Zeichen, daß das Gate aktiv ist.
Du kannst also direkt an der Farbe erkennen, wie das Gate eingestellt ist, auch wenn du es gar nicht benutzt. Will heißen, die Diode leuchtet auch, wenn der Gate-Regler auf "off" steht.
Der echte Bypass macht seinem Namen alle Ehre. Im ausgeschalteten Zustand geht das Gitarrensignal ohne Unterschied durch den Holier Grail. Keine Klangeinbußen feststellbar. So soll es sein.
Ein Tritt auf den Fußschalter - der gar nicht so leicht geht und deutlich hörbar einrastet - und auch die zweite Diode erwacht zum Leben. Zuerst stelle ich den langen Federhall ein. Der Blendregler ist zunächst ganz zugedreht. Das Signal klingt ebenfalls unverändert wie durch einen Bypass. Somit ließe sich der Holier Grail auch als reines Gate benutzen, doch wer will das schon ?
Drehst du den Blendregler auf, fängt es ordentlich an zu hallen. Es klingt wirklich gut und sehr lang nach. Stellst du den kurzen Hall ein, ist der Hall wirklich sehr kurz. Zu kurz, mir gefällt das nicht so gut. Dann lieber hier etwas mehr und dafür im Mix etwas weniger. Apropos Mix: Ist der Blendregler voll aufgedreht und der Hall lang eingestellt, bekommst du sehr abgefahren sphärische Klänge. So etwas ist mit einem echten Federhall nicht möglich. Wahrscheinlich wäre die Feder nicht lang genug. Im direkten Vergleich klingt der Spring dem echten Federhall wirklich sehr ähnlich. Verblüffend, wenn auch nicht völlig identisch. Ich finde, der Federhall klingt noch etwas voller, runder und direkter. Einfach unnachahmlich. Dennoch ist es Electro Harmonix gelungen, eine brauchbare Alternative mit einigen Extras zu bieten. Damit weiter zu den anderen Hallarten.
Im Vergleich zum Spring klingt der Hall künstlicher. Man kann selbst in einem dunklen Proberaumkeller die Illusion einer riesigen Hall erzeugen. Für meinen Geschmack ist das schlichtweg zu viel, aber warum soll man es nicht einmal übertreiben ? Jedenfalls ist es irre, was aus der Kiste kommt.
Flerb ist ein Kunstwort, welches aus Flanger und Reverb zusammengesetzt wird. Genauso klingt es auch. Neben einem ordentlichen Hall wird dort ein dezenter Flanger als Effekt beigemischt. Mir gefällt der Klang so, wie er ist. Wäre auch sonst eher schwierig, weil der Flanger nicht weiter moduliert werden kann. Ist mehr eine Zugabe, wer einen echten Flanger haben will, wird nicht auf den Holier Grail zurückgreifen. Könnte er aber ;-)
Die Einstellung Room ist die Einstellung, die mir auf Anhieb sofort gefallen hat. Sie ist sehr viel dezenter als die Einstellung Hall. Ich habe den Room bei der ersten Probe mit dem Holier Grail als Hall benutzt, um mal zum Federhall zu variieren. Mittlerweile spiele ich lieber mit dem Spring, ist vielleicht nächste Probe wieder anders.
Alle vier Klangeinstellungen decken zusammen mit dem Blendregler ein breites Spektrum an verschiedenen Reverbsounds ab. Ich habe meine favourisierte Einstellung noch nicht gefunden, ich probiere noch munter aus. Habe aber schon viel gehört, was mir gefallen hat und noch nicht einmal gedacht, daß es großer Mist ist.
Ich habe auch hier im Forum vielerorts gelesen, daß der Holy Grail rauscht. Selbiges macht der Holier Grail auch. Das habe ich jedoch nur bei meinem allerersten Test gehört, als ich den Blendregler ganz aufgedreht habe. Bei späteren Tests oder als ich die Aufnahmen gemacht habe, ist es mir allerdings nicht weiter aufgefallen. Vielleicht hatte ich den Amp da leiser als beim ersten Mal. Weiß der Teufel, woran es lag. Vielleicht auch Voodoo und Zauber… In der Effektschleife meines Verstärkers hatte ich auch keine Probleme mit Rauschen. Da benutze ich nur den reinen Effektausgang.
Dennoch auch ein paar Worte zu dem Gate. Den Effekt über ein Gate zu aktivieren, bietet tolle Möglichkeiten, den Effekt allein über die Anschlagsdynamik zu steuern. Kein weiteres Umschalten mehr nötig, toll. So läßt sich blitzschnell vom Picking mit Hall zur trockenen Rhythmusgitarre zu wechseln. Ist allerdings nicht ganz so einfach, die Aktivierungslautstärke einzustellen. Doch mit ein wenig Fingerspitzengefühl geht das ganz prima.
Auf der Demo-DVD wird der Holier Grail an einen Drumcomputer angeschlossen. Mit der richtigen Einstellung, kann man erreichen, daß die Bassdrum trocken ist und die Snaredrum hallt. Das ist eine interessante Idee, finde ich, wäre ich von alleine nicht drauf gekommen. Stellst du das Gate dann auf reverse, ist es genau umgekehrt. Das klingt mal richtig abgefahren.
Dann kannst du mit dem Gate auch auf das gesamte Ausgangssignal steuern. Halte ich für gar nicht so notwendig, allerdings kannst du den Holier Grail so als Gate benutzen, wenn du eh permanent mit Reverb spielst. Ich mache das nicht, darum finde ich diese Funktion überflüssig. Andere mögen das anders sehen. Ich rate davon ab, in dieser Einstellung das langsame Gate zu benutzen. Der Regler sollte auf schnell stehen, sonst klingt der Anschlag ziemlich kaputt.
Alles in allem bin ich zufrieden mit dem Holier Grail. Er macht das, was ich erwartet habe und klingt für meinen Geschmack gut. Dennoch hat das Gerät seine Schwachstellen, die sich kaum schönreden lassen. Die Verarbeitung sollte wirklich besser sein, doch die verschiedenen Klangmöglichkeiten, die jede für sich ordentlich klingen, machen das wieder wett. Ich werde ihn jedenfalls behalten.
Recht herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit !
Bis dann dann
Markus
Klangbeispiele:
1. Spring (jeweils erst lang, dann kurz; Mix auf 12 Uhr)
2. Hall (jeweils erst lang, dann kurz; Mix auf 12 Uhr)
3. Flerb (jeweils erst lang, dann kurz; Mix auf 12 Uhr)
4. Room (jeweils erst lang, dann kurz; Mix auf 12 Uhr)
5. Spring, Hall, Flerb, Room (in dieser Reihenfolge nur lang; 100 Prozent wet/Effektausgang)
6. Vergleich zwischen Holier Grail und Fender Federhall, in dieser Reihenfolge
7. Gate und anschließend reversed Gate (Gate nur auf den Effekt)
8. Schnelles und langsames Gate im Vergleich (Gate auf das gesamte Ausgangssignal)
Wen nur der Test an sich interessiert, der kann diesen Teil überspringen, weil es hier nur darum geht, wie ich auf den Holier Grail als Effekt kam und meine persönliche Meinung, Erfahrung und Einstellung.
Nach der enttäuschenden Erfahrung mit dem Spring King von Danelectro bin ich immer noch auf der Suche nach einem Halleffekt für mein neues Setup. Ich möchte an dieser Stelle nicht noch einmal alles von vorne erzählen,
sondern verweise hier auf den Testbericht Danelectro DSR-1 Spring King. In Ermangelung weitere analoger Effektgeräte, bin ich - wenn auch etwas widerwillig - bei den digitalen Halleffekten gelandet. Genauer gesagt bei
den denen von Electro Harmonix, der Familie der heiligen Gräle. Auf den Holy Grail wurde ich sehr schnell aufmerksam, wenn man bloß mal hier in der Suchfunktrion nach Halleffekten sucht, kommt man einfach nicht daran vorbei. So bekommt man genauso mit, daß es neben dem Holy Grail auch den Holier Grail und den Holiest Grail gibt. Diese werden in der Bedienung immer komplexer und teuerer Dazwischen liegen jeweils gut 100 EUR. Ich habe mich für den Holier Grail entschieden, weil der mir für meine Zwecke geeigneter schien als der Holy Grail, aber dazu später mehr. Der Holiest Grail ist dann doch erst mal zu teuer und erschien mir zu komplex, da ich einfach nur Hall haben will, wobei ich mittlerweile sagen muß, daß mich die Möglichkeit, diesen mit Midi steuern zu können, ebenfalls reizt. Jedenfalls bestellte ich Sonntag den Holier Grail, sandte den Spring King
Montag zurück und schon Dienstag erhielt ich die Versandbestätigung.
Der Name
Im Vergleich zu den albernen Bezeichnungen von Danelectro, kommt Electro Harmonix doch sehr viel cooler daher. Fast schon überheblich, eingebildet und respektlos. Doch dem gemeinen Rockstar ist dies nur Recht. Wenn er dazu noch etwas blasphemisch sein darf, umso besser ! Allein die Namensgebung verführt zum Kaufen: wer will sich schon mit dem heiligen Gral zufrieden gaben, wenn er auch den heiligsten Gral haben kann ? Allerdings setzt so ein Name auch hohe Ansprüche. Ich will sehen, ob er diesen gerecht wird.
Das Gerät
Mittwoch kam das Paket an. Drei Tage von Bestellung bis Lieferung. Respekt an das Musikhaus. Dieselbe Nachbarin hatte es wieder entgegen genommen. Hat wohl wirklich Zeit die Frau.
Der Holier Grail kommt in einem einfachen, unspektakulären und nicht sonderlich stabilen weißen Pappkarton daher. Völlig schmucklos bis auf den Deckel, auf den der Aufdruck des Gerätes selber ebenfalls aufgedruckt ist. Aber Verpackung sei mal herzlich egal, schließlich kommt es auf den Inhalt an. Also Deckel hoch.
Zuerst fällt mir auf, daß der Holier Grail trotz seiner Größe sehr leicht ist. Dazu sind die Seitenflächen nicht rechteckig sondern sechseckig. Ein interessantes Design, mir gefällt es. Die Kiste ist einfach nur aus unlackiertem Blech gefertigt.
Die Oberseite wird von den fünf großen Drehregler dominiert, von denen drei jedoch Schalter sind. Die oberen beiden bestimmen den Sound des Holier Grail. an dem linken wählst du zwischen den vier Hall Arten (Spring, Hall, Flerb und Room) aus, der rechte bestimmt, ob der jeweilige Hall kurz oder lang ist. beide Schalter sind in Stufen zu verstellen.
Darunter ist der Blendregler zum Bestimmen des Mix zwischen Originalsignal und Effektsignal. Dieser Regler ist stufenlos verstellbar. Darunter sind ein Schalter und ein Regler für das Golden Gate, denn der Holier Grail beinhaltet neben dem Reverb auch ein Gate. Einmal kannst du einstellen, ob das Gate auf Reverb UND Originalsignal Einfluß nehmen soll, nur auf den Effekt oder ob es ausgeschaltet sein soll. Dieser Schalter ist somit in drei Stufen zu bedienen. Links daneben ist der stufenlos verstellbare Regler, ab welcher Lautstärke das Gate arbeiten soll.
Unter dem linken oberen Regler ist eine Status-LED für das Gate. In der linken oberen Ecke des Gerätes ist die Status-LED für den Holier Grail an sich. Darunter ist der Fußschalter, um den Holier Grail zu aktivieren. Dieser ist nicht sehr leichtgängig und klickt deutlich hörbar. Für das Gate gibt es noch zwei weitere Parameter in Form von zwei Schiebeschaltern in den hinteren Ecken des Gehäuses. Der linke bestimmt die Geschwindigkeit des Gates und der rechte dreht das Gate herum. Das heißt, wenn du das Gate so eingestellt hast, daß es nur auf den Reverb wirkt, also, wenn Töne unter der eingestellten Lautstärke einfach durchgehen und Töne darüber mit Hall versehen werden (ja, sowas geht damit), kannst du mit diesem Schalter einstellen, daß es genau umgekehrt ist. Dieser Schalter sollte meiner Meinung nach aber eindeutiger beschriftet sein. Apropos Beschriftung: die ist nicht sorgfältig angebracht. Vereinzelt fand ich am Gerät Farbspuren, wo keine hingehören. Das sollte besser sein. Dazu läßt sich der Aufdruck mit dem Fingernagel abkratzen, mangelhafte Qualität. Die Beschriftung am Gate-Regler ist ein meinem Gerät schon nicht mehr zu entziffern. Wenn mir das Gerät von seiner Funktion aber gefällt, werde ich es deswegen nicht zurückschicken.
Der Vollständigkeit halber noch ein paar Worte zur Unterseite: die ist mit dem diesem Electro Harmonix typischen Kunstledertolex- weißderteufelwasdasfüreinzeugist überzogen. Der Holier Grail steht auf vier Gummifüßen, die an der Unterseite verklebt sind.
Um noch mal auf den Spring King zurückzukommen: im Vergleich macht der oberflächlich betrachtet mehr her. Sorgältig lackiert, verschraubte Gummifüße, angenehm schweres Gehäuse. Doch was nützt das, wenn der Klang einfach nicht stimmt ?
Die Anschlüsse
Nicht ganz so spartanisch wie dem Spring King, aber immer noch sehr simpel. Auf der Rückseite befindet sich ganz unten rechts der Anschluß für das Netzgerät. Der Holier Grail kann nicht mit Batterien betrieben werden ! Es ist ein ebenfalls eine Buchse für einen Hohlstecker, jedoch nicht in den Standardmaßen. Leider fehlt mir die Schieblehre, um das genau nachzumessen. Der Innendurchmesser sieht größer aus. Der Netzstecker sitzt nicht besonders starmm in der Buchse, aber er hält. Oben in der Mitte sind drei Anschlüsse für 6,3 mm Klinkenstecker. Meine Neutrikklinken sitzten da fest drin. Allerdings lockern sich die Schraubmuttern, mit denen die Buchsen am Gehäuse verschraubt sind, sehr schnell. Bei meinem Gerät ist eine Buchse sogar schief angeschraubt !
Ich empfehle Winkelstecker zu benutzen, weil gerade Klinken aufgrund der Form nach oben abstehen.
Ganz rechts ist der Eingang und daneben zwei Buchsen für Ausgänge. Der Holier Grail ist kein Stereoeffekt ! Ich habe hier im Forum schon anderes gelesen. Die Buchse ganz links gibt nur den Effekt aus und ist gemutet, wenn der Holier Grail ausgeschaltet ist. Die Buchse in der Mitte mit der Bezeichnung Main Out gibt den Mix von Originalsignal und beigemischtem Effektsignal im eingestellten Verhältnis aus.
Durch den reinen Effektausgang ist der Holier Grail wie dafür geschaffen, in eine parallele Effektschleife eingeschliffen zu werden. Zu Phasenauslöschung kann es so nämlich nicht kommen. Da ich dies genauso vorhabe, ist der Holier Grail - auf dem Papier - wie geschaffen für meine Zwecke. Daher ist es der Holy Grail nicht geworden. Allerdings wird das Gate mit dem Effektausgang umgangen und kann nicht benutzt werden. Der Blendregler wird auch umgangen. Die Funktion übernimmt dann der Effektmixregler am Verstärker. Eines noch: der Holier Grail hat einen echten Bypass.
Lieferumfang
Von reichhaltigem Zubehör kann man nicht gerade reden, aber wofür auch ? Das wichtigste ist dabei: der Holier Grail UND ein 18V Netzgerät ! Das finde ich sehr anständig von Electro Harmonix, gleich ein Netzteil mitzuschicken. Mir fällt gerade kein anderer Hersteller von Bodeneffektgeräten ein, der gleich das passende Netzteil mitliefert. Daneben liegt in dem Karton eine Garantiekarte und eine fliederfarbene Bedienungsanleitung in Form eines doppelseitig bedruckten Faltblattes. In dieser sind alle Regler, Anschlüsse und Parameter in Ihrer Funktion erklärt. Dazu gibt es Ratschläge im Umgang mit dem Gate. Als besonderes Gimmick wird in einer schreiend bunten Verpackung eine Demo-DVD von Electro Harmonix mitgeschickt. Mit dieser bekommt man einen guten Eindruck der Effektpalette von Electro Harmonix mit Soundbeispielen. Der Holier Grail wird auch vorgeführt und ich muß sagen, das klang schon gut ! Das ist besser als jeder Katalog oder Internetbericht. Andererseits ist es gemein, eine solche DVD mitzuschicken. Ich dachte mehr als einmal, daß da noch viel mehr schönes Spielzeug zu wollen ist. Ein Aufkleber fehlt ;-)
Die Testvorbereitung
Ich werde den Spring King mit einer Ltd EC 500 testen. Dazu benutze ich Klotzkabel mit Neutrikklinken. Da der Holier Grail gleich ein Netzgerät mitbringt, erübrigt sich die Frage, wie er mit Strom versorgt wird. Ich teste den Holier Grail an meiner Fender Hybridkombo (Roc Pro 700) als einzigen Effekt vor dem Amp.
Der Test
Sobald Strom angeschlossen ist, leuchtet die Diode des Gates auf. Orangerot signalisiert sie, daß das Gate nicht aktiv ist.
Wählt man das Reverse Gate aus,leuchtet die Diode grün, als Zeichen, daß das Gate aktiv ist.
Du kannst also direkt an der Farbe erkennen, wie das Gate eingestellt ist, auch wenn du es gar nicht benutzt. Will heißen, die Diode leuchtet auch, wenn der Gate-Regler auf "off" steht.
Der echte Bypass macht seinem Namen alle Ehre. Im ausgeschalteten Zustand geht das Gitarrensignal ohne Unterschied durch den Holier Grail. Keine Klangeinbußen feststellbar. So soll es sein.
Ein Tritt auf den Fußschalter - der gar nicht so leicht geht und deutlich hörbar einrastet - und auch die zweite Diode erwacht zum Leben. Zuerst stelle ich den langen Federhall ein. Der Blendregler ist zunächst ganz zugedreht. Das Signal klingt ebenfalls unverändert wie durch einen Bypass. Somit ließe sich der Holier Grail auch als reines Gate benutzen, doch wer will das schon ?
Drehst du den Blendregler auf, fängt es ordentlich an zu hallen. Es klingt wirklich gut und sehr lang nach. Stellst du den kurzen Hall ein, ist der Hall wirklich sehr kurz. Zu kurz, mir gefällt das nicht so gut. Dann lieber hier etwas mehr und dafür im Mix etwas weniger. Apropos Mix: Ist der Blendregler voll aufgedreht und der Hall lang eingestellt, bekommst du sehr abgefahren sphärische Klänge. So etwas ist mit einem echten Federhall nicht möglich. Wahrscheinlich wäre die Feder nicht lang genug. Im direkten Vergleich klingt der Spring dem echten Federhall wirklich sehr ähnlich. Verblüffend, wenn auch nicht völlig identisch. Ich finde, der Federhall klingt noch etwas voller, runder und direkter. Einfach unnachahmlich. Dennoch ist es Electro Harmonix gelungen, eine brauchbare Alternative mit einigen Extras zu bieten. Damit weiter zu den anderen Hallarten.
Im Vergleich zum Spring klingt der Hall künstlicher. Man kann selbst in einem dunklen Proberaumkeller die Illusion einer riesigen Hall erzeugen. Für meinen Geschmack ist das schlichtweg zu viel, aber warum soll man es nicht einmal übertreiben ? Jedenfalls ist es irre, was aus der Kiste kommt.
Flerb ist ein Kunstwort, welches aus Flanger und Reverb zusammengesetzt wird. Genauso klingt es auch. Neben einem ordentlichen Hall wird dort ein dezenter Flanger als Effekt beigemischt. Mir gefällt der Klang so, wie er ist. Wäre auch sonst eher schwierig, weil der Flanger nicht weiter moduliert werden kann. Ist mehr eine Zugabe, wer einen echten Flanger haben will, wird nicht auf den Holier Grail zurückgreifen. Könnte er aber ;-)
Die Einstellung Room ist die Einstellung, die mir auf Anhieb sofort gefallen hat. Sie ist sehr viel dezenter als die Einstellung Hall. Ich habe den Room bei der ersten Probe mit dem Holier Grail als Hall benutzt, um mal zum Federhall zu variieren. Mittlerweile spiele ich lieber mit dem Spring, ist vielleicht nächste Probe wieder anders.
Alle vier Klangeinstellungen decken zusammen mit dem Blendregler ein breites Spektrum an verschiedenen Reverbsounds ab. Ich habe meine favourisierte Einstellung noch nicht gefunden, ich probiere noch munter aus. Habe aber schon viel gehört, was mir gefallen hat und noch nicht einmal gedacht, daß es großer Mist ist.
Ich habe auch hier im Forum vielerorts gelesen, daß der Holy Grail rauscht. Selbiges macht der Holier Grail auch. Das habe ich jedoch nur bei meinem allerersten Test gehört, als ich den Blendregler ganz aufgedreht habe. Bei späteren Tests oder als ich die Aufnahmen gemacht habe, ist es mir allerdings nicht weiter aufgefallen. Vielleicht hatte ich den Amp da leiser als beim ersten Mal. Weiß der Teufel, woran es lag. Vielleicht auch Voodoo und Zauber… In der Effektschleife meines Verstärkers hatte ich auch keine Probleme mit Rauschen. Da benutze ich nur den reinen Effektausgang.
Dennoch auch ein paar Worte zu dem Gate. Den Effekt über ein Gate zu aktivieren, bietet tolle Möglichkeiten, den Effekt allein über die Anschlagsdynamik zu steuern. Kein weiteres Umschalten mehr nötig, toll. So läßt sich blitzschnell vom Picking mit Hall zur trockenen Rhythmusgitarre zu wechseln. Ist allerdings nicht ganz so einfach, die Aktivierungslautstärke einzustellen. Doch mit ein wenig Fingerspitzengefühl geht das ganz prima.
Auf der Demo-DVD wird der Holier Grail an einen Drumcomputer angeschlossen. Mit der richtigen Einstellung, kann man erreichen, daß die Bassdrum trocken ist und die Snaredrum hallt. Das ist eine interessante Idee, finde ich, wäre ich von alleine nicht drauf gekommen. Stellst du das Gate dann auf reverse, ist es genau umgekehrt. Das klingt mal richtig abgefahren.
Dann kannst du mit dem Gate auch auf das gesamte Ausgangssignal steuern. Halte ich für gar nicht so notwendig, allerdings kannst du den Holier Grail so als Gate benutzen, wenn du eh permanent mit Reverb spielst. Ich mache das nicht, darum finde ich diese Funktion überflüssig. Andere mögen das anders sehen. Ich rate davon ab, in dieser Einstellung das langsame Gate zu benutzen. Der Regler sollte auf schnell stehen, sonst klingt der Anschlag ziemlich kaputt.
Alles in allem bin ich zufrieden mit dem Holier Grail. Er macht das, was ich erwartet habe und klingt für meinen Geschmack gut. Dennoch hat das Gerät seine Schwachstellen, die sich kaum schönreden lassen. Die Verarbeitung sollte wirklich besser sein, doch die verschiedenen Klangmöglichkeiten, die jede für sich ordentlich klingen, machen das wieder wett. Ich werde ihn jedenfalls behalten.
Recht herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit !
Bis dann dann
Markus
Klangbeispiele:
1. Spring (jeweils erst lang, dann kurz; Mix auf 12 Uhr)
2. Hall (jeweils erst lang, dann kurz; Mix auf 12 Uhr)
3. Flerb (jeweils erst lang, dann kurz; Mix auf 12 Uhr)
4. Room (jeweils erst lang, dann kurz; Mix auf 12 Uhr)
5. Spring, Hall, Flerb, Room (in dieser Reihenfolge nur lang; 100 Prozent wet/Effektausgang)
6. Vergleich zwischen Holier Grail und Fender Federhall, in dieser Reihenfolge
7. Gate und anschließend reversed Gate (Gate nur auf den Effekt)
8. Schnelles und langsames Gate im Vergleich (Gate auf das gesamte Ausgangssignal)
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