Cadfael
HCA Bass Hintergrundwissen
Im Laufe eines langen Musikerlebens hört oder sieht man immer wieder, wie Musiker ungewollt ihre Verstärker zerstören. In Internetforen häufen sich solche Berichte. Manchmal scheint es Schicksal zu sein, manchmal ist es vorhersehbar und wie im Puppentheater möchte man laut rufen: "Nein! Tu es nicht!"
Ich habe hier einige der beliebtesten Methoden seinen Verstärker zu zerstören aufgelistet; nicht als Nachmachtipps! Manches müsste man vielleicht mehr differenzieren, dies soll aber ein grober Leitfaden sein.
Falsche Spannungsquelle
- Die meisten mitteleuropäischen Staaten verwenden für ihre normalen Stromnetze eine Spannung von 220 bis 240 Volt. In Deutschland sind es theoretisch 230 Volt; der wahre Wert kann aber leicht schwanken.
- Spielt man im Ausland, sollte man sich vorher über die dortige Spannung informieren und ggf. vorher nach Möglichkeiten suchen seinen Verstärker dort zu betreiben. Man kann zwischen seinen Verstärker und das abweichende Stromnetz einem Spannungswandler setzen. Es ist aber unbedingt auf die Qualität des Spannungswandlers und dessen ausreichende (Über-) Dimensionierung zu achten! Zudem kann eine Beeinflussung des Klangs nicht ausgeschlossen werden.
- Es gibt auch 380 Volt Drehstrom (auch Stark- oder Kraftstrom genannt). Dieser Drehstrom wird eingesetzt, wo große Energiemengen nötig sind. Um Verwechslungen auszuschließen hat Drehstrom ganz andere Stecker/Kupplungen. Trotzdem sei vor Drehstrom gewarnt. Er ist nicht nur für Verstärker tödlich!
- Gerade in alten oder maroden Gebäuden sollte auf die korrekte Erdung des Leitungssystems geachtet werden. Dies gilt auch für Auftritte bei denen einem die Stromversorgung sehr unprofessionell oder improvisiert erscheint.
Falsche Spannungseinstellung
- Es gibt Verstärker bei denen man, meist auf der Rückseite und per rotem Schiebeschalter, die Spannung einstellen kann. Dieser Schalter sollte in den deutschsprachigen Ländern auf 220, 230 oder 240 Volt stehen (Angabe kann je nach Hersteller und Baujahr schwanken). Von diesem Schalter sollte man möglichst die Finger lassen!
Sieht man also auf der Rückseite einen Schalter auf dem Zahlen im Bereich von 110 und 240 sind: Finger weg! Man muss nicht jeden Schalter betätigen! Einzig vor der ersten Inbetriebnahme kann man den Schalter kontrollieren und ggf. den Verkäufer fragen, falls einem etwas spanisch vorkommt (der Schalter z.B. auf 110 zu stehen scheint).
- Selbst wenn man in einem Land mit anderer Netzspannung spielt kann es unter Umständen nicht ausreichen lediglich den Schalter umzustellen, da evtl. zusätzlich die Sicherungen getauscht/angeglichen werden müssen.
Sicherung überbrücken
- Fliegt einmal die Sicherung des Verstärkers heraus, sollte man die defekte Sicherung auf keinen Fall mit irgendwelchen Metallstücken oder -folien überbrücken. In Sicherungshalter gehören ausschließlich Sicherungen!
- Auf jeder Sicherung stehen die maximale Spannung (Volt), der Strom (Ampere) und wie die Sicherung reagiert (flink, träge). Es sollte immer eine Sicherung mit den gleichen Werten eingesetzt werden! Ist der Wert zu niedrig, kann die Sicherung zu schnell ansprechen, ist der Wert zu hoch, können teure Bauteile zerstört werden.
- Fliegt eine Sicherung heraus hat das immer eine Ursache. Das können ganz profane Gründe wie eine Spannungsspitze im Netz sein. Fliegt die Sicherung eines Verstärkers jedoch öfters / direkt wieder heraus, sollte man es nicht weiter versuchen. Hier ist der Fachmann gefragt! Weitere Versuche können Folgeschäden verursachen.
Jugend forscht an der Elektrik
In einem Fernsehbeitrag aus den 1960er Jahren über Jugendbands aus Liverpool wurde berichtet, dass Instrumentenverstärker sehr anfällig sind und oft repariert werden müssen. Zum Glück hat sich das gebessert. War es aber in den 60er Jahren noch möglich die relativ einfachen Schaltungen zu durchschauen, sind heutige Verstärker für den Laien kaum reparabel.
Man kann zwar nach dem Ziehen des Netzsteckers das Verstärkerchassis aufschrauben und nach den Sicherungen oder offenkundigen Defekten suchen, im Zweifelsfall ist so etwas aber einer Fachkraft zu überlassen. Selbst bei gezogenem Netzstecker können sich in ELKOs leistungsstarker Verstärker weiterhin gefährliche bis tödliche Ladungen befinden. Wer nicht einmal weiß was ein ELKO ist, sollte also auf Experimente am offenen Verstärker verzichten.
Durch falsch ausgeführte Bastelarbeiten kann man sich und seinem Verstärker schweren Schaden zufügen. Das gilt auch für eine vermeintlich geglückte, in Wirklichkeit aber falsch ausgeführte Reparatur. Hier besteht Lebensgefahr!
Falscher Anschluss von Lautsprechern
- Lautsprecher gehören ausschließlich an den Lautsprecheranschluss! Bei den meisten Verstärkern werden die Ausgänge mit "Speaker Out" gekennzeichnet.
- Betreibt man Verstärker mit Röhrenendstufe ganz ohne Last (Lautsprecher), kann das sehr schnell zu ernsthaften Schäden führen. Daher sollte man bei jeder Neuverkabelung (z.B. nach einem Transport) sehr aufmerksam prüfen, ob man nicht aus Versehen die falsche Buchse (Line Out, Footswitch) genommen hat.
- Lautsprecher sollten immer mit Lautsprecherkabel an den Verstärker angeschlossen werden. Instrumentenkabel haben wesentlich dünnere Leitungen, die bei starker Verstärkerleistung heiß werden und sogar versagen können. Das kann unter Umständen zu schweren Schäden am Verstärker führen.
Falsche Impedanz
- Bei Transistorverstärkern darf die so genannte "Mindestimpedanz" nicht unterschritten werden. Bei Röhrenverstärkern gibt es eine so genannte "Sollimpedanz", die möglichst eingehalten werden sollte.
Nähere Einzelheiten, sowie die Formeln zur Berechnung der Gesamtimpedanz finden sich in meinem Nachschlagewerk "Grundwissen zu Verstärkern und Boxenverkabelung" (siehe FAQs).
- Zu 99% aller Verstärker gibt es Bedienungsanleitungen. Diese Anleitungen sind nicht für Feiglinge geschrieben, sondern für alle Anwender! Also sollte man sich die Bedienungsanleitung unbedingt durchlesen. Manche Hersteller verwenden in ihren Anschlüssen auch Spezialschaltungen.
Zu starker Verstärker
- Die Lautsprecher sollten so dimensioniert sein, dass sie das Signal des Verstärkers verkraften. Ist die Box zu schwach, kann das Verstärkersignal die Lautsprecher schädigen ("kratzende Lautsprecher") oder zerstören.
- Bei teuren Boxen / Lautsprecher ist die maximale Belastbarkeit (normalerweise in Watt RMS angegeben) oft relativ niedrig angesetzt, damit die Boxen auch starke Signalspitzen sicher verkraften können. Bei preiswerteren Boxen sollte man sich nicht darauf verlassen. Daher sollte die Leistung der Box zumindest bei Bassverstärkern ca. 50% über der Leistung des Verstärkers liegen.
- Die Leistungsangabe bei Verstärkern bezieht sich auf das unverzerrte Endstufensignal. Bei Röhrenverstärkern kann die Leistung einer übersteuerten Endstufe weit über den Nennwert des Verstärkers hinausgehen.
- Gerade bei Bassverstärkern können große Leistungsspitzen auftreten. Diese Leistungsspitzen müssen die Lautsprecher verkraften können.
Zu schwacher Verstärker
- Das ist bei Verstärkern junger Musiker wahrscheinlich die häufigste Todesursache. Um in einer Band mithalten zu können wird der Verstärker so laut aufgedreht, dass die Transistorendstufe verzerrt; ein Effekt, den man auch von preiswerten Autoradios kennt. Eine verzerrende Transistorendstufe kann allerdings jede noch so starke Box zerstören. So kann man es schaffen auch mit einem 60 Watt Verstärker eine 400 Watt Box zu zerstören. Lautsprecher, besonders Hochtöner, vertragen dieses Clipping-Signal nicht!
- Endstufenverzerrung ist einzig bei einer Röhrenendstufe gefahrlos möglich. Dann müssen die Lautsprecher aber entsprechend dimensioniert sein.
Falsche Handhabung der Regler eines Verstärkers
- Gerade viele junge Musiker glauben, ihr Verstärker gäbe seine maximal erlaubte Lautstärke bei voll aufgedrehtem Master-Volumenregler ab. Das ist falsch! Das Signal das vorne an der Endstufe (also hinter der Vorstufe) anliegt kann so hoch sein, dass der Verstärker bereits bei halb oder dreiviertel aufgedrehtem Master-Regler seine maximale Leistung erreicht.
Man sollte also auf Verzerrungen durch Überforderung der Endstufe hören und auch die Bewegung der Lautsprechermembranen ab und zu prüfen. Irgendwann sollte man einfach sagen: "Mein Verstärker kann nicht lauter", statt den Verstärker so laut aufzudrehen, dass er stirbt.
- Auch extreme Einstellungen in der Klangreglung (z.B. Bässe oder Presence voll auf) können Lautsprecher beschädigen oder zerstören.
Falsches Instrument
- Die meisten Lautsprecher von Gitarrenverstärkern im unteren bis mittleren Preissegment sind nicht für Basssignale ausgelegt. Leise und vorsichtig kann man einige Zeit auch mit einem Bass über einen Gitarrenverstärker spielen. Es besteht aber die Gefahr, dass der Lautsprecher Schaden nimmt. Je dynamischer man spielt, desto größer die Gefahr.
- Theoretisch kann man mit einer Gitarre über einen Bassverstärker spielen. Mit einer verzerrten Gitarre besteht aber die Gefahr den Hochtöner eines Bassverstärkers zu zerstören. Falls möglich, sollte man den Hochtöner vorher abschalten.
Falsches Input-/Output-Signal
- In den Input eines Instrumentenverstärkers gehören Instrumente oder für Instrumente gedachte Effektgeräte! Aktive Instrumente gehören (zuerst) in den aktiven Eingang. Nur wenn das Eingangssignal zu niedrig ist, kann man es vorsichtig beim passiven Eingang probieren.
- Man kann versuchen das Line-Out-Signal eines anderen Verstärkers an den Input zu hängen. Vorher sollte man aber möglichst die Bedienungsanleitungen beider Verstärker lesen und vorsichtig vorgehen (Gain langsam angleichen). Hier besteht immer die Gefahr die Vorstufe des zweiten Verstärkers zu beschädigen.
- Vor dem Ein-/Umstöpseln von Instrumenten oder Effekten sollte man besonders bei leistungsstarken und/oder laut aufgedrehten Verstärkern die Lautstärke am Verstärker herunter drehen oder den Verstärker stumm schalten (Mute / Standby).
- Vom "Speaker Out" eines Verstärkers in den Input eines zweiten Verstärkers zu gehen bedeutet meistens DEN TOD mindestens eines der beiden Verstärker. Der "Speaker Out" dient nicht dazu das Signal an andere Verstärker weiterzugeben! Der "Speaker Out" dient auch nicht dazu, bedenkenlos Kopfhörer anzuschließen.
Einwirkung von Wetter und Elementen
- Wasser ist der größte Feind des Verstärkers. Das gilt nicht nur für das Spielen an, in oder auf Swimmingpools, sondern genauso für Regen. Kommt Spritzwasser im Verstärker an die falsche Stelle, kann das schwere Schäden verursachen.
- Ein in einem feuchten Proberaum abgestellter Verstärker sollte nach dem Spielen nicht mit Plastik oder Leder abgedeckt werden. Ansonsten kann sich Kondenswasser unter der Abdeckung sammeln. Will man seinen Verstärker abdecken, sollte man luftdurchlässige Tücher / Laken wählen.
- Getränke haben nichts auf Verstärkern zu suchen - erst recht nicht auf den Verstärkern anderer Musiker. So etwas sollte sofort eine Runde Getränke kosten! Hat der Verstärker ein umgekipptes Glas überlebt, ist aber Flüssigkeit im Chassis: Verstärker: Sofort ausschalten und Netzstecker ziehen!
- Neben Wasser ist Überhitzung der größte Feind eines Verstärkers. Also dafür sorgen, dass (kühlende) Luft an das Chassis kommen kann. Etwas Abstand zur Wand halten! Weiß man, dass der eigene Verstärker sehr hitzeempfindlich ist, kann ein kleiner Ventilator Abhilfe schaffen. Meist ist das aber nicht nötig.
Größere Bassverstärker haben oft eingebaute Lüfter. Hier sollte man regelmäßig prüfen, ob der Lüfter noch wie vorgesehen funktioniert. Es gibt auch temperaturgesteuerte Lüfter. Im Verlauf einer Probe werden sie höchstwahrscheinlich irgendwann anspringen.
- Beim Transport sollte ein Verstärker immer gegen Umfallen gesichert sein.
- Einen Verstärker auf einem Rollbrett 200m über Kopfsteinpflaster zu rollen kann zum Bruch von Platinen oder Lötstellen führen. Verstärker (auch Röhrenverstärker) sind nicht übertrieben empfindlich; man sollte es aber auch nicht darauf anlegen. Gerade warme Röhrenverstärker sollte man einige Minuten abkühlen lassen.
Abschließend
Wer diese Regeln befolgt hat gute Chancen lange Freude an seinem Verstärker zu haben. Am wichtigsten ist aber zu denken, bevor man handelt! Viele Fehler können so vermieden werden. Bewegt man seinen Verstärker bereits am Limit, kann eine Slap-Einlage den Tod des Systems bedeuten.
Wer sich weiter und tiefer gehend informieren möchte, sollte meinen FAQ Beitrag zum Thema "Grundwissen zu Verstärkern und Boxenverkabelung" sowie EDE WOLFs Beitrag "Verhältnis von Leistung Box/Amp" lesen.
Viel Spaß mit eurem Equipment
Andreas
Ich habe hier einige der beliebtesten Methoden seinen Verstärker zu zerstören aufgelistet; nicht als Nachmachtipps! Manches müsste man vielleicht mehr differenzieren, dies soll aber ein grober Leitfaden sein.
Falsche Spannungsquelle
- Die meisten mitteleuropäischen Staaten verwenden für ihre normalen Stromnetze eine Spannung von 220 bis 240 Volt. In Deutschland sind es theoretisch 230 Volt; der wahre Wert kann aber leicht schwanken.
- Spielt man im Ausland, sollte man sich vorher über die dortige Spannung informieren und ggf. vorher nach Möglichkeiten suchen seinen Verstärker dort zu betreiben. Man kann zwischen seinen Verstärker und das abweichende Stromnetz einem Spannungswandler setzen. Es ist aber unbedingt auf die Qualität des Spannungswandlers und dessen ausreichende (Über-) Dimensionierung zu achten! Zudem kann eine Beeinflussung des Klangs nicht ausgeschlossen werden.
- Es gibt auch 380 Volt Drehstrom (auch Stark- oder Kraftstrom genannt). Dieser Drehstrom wird eingesetzt, wo große Energiemengen nötig sind. Um Verwechslungen auszuschließen hat Drehstrom ganz andere Stecker/Kupplungen. Trotzdem sei vor Drehstrom gewarnt. Er ist nicht nur für Verstärker tödlich!
- Gerade in alten oder maroden Gebäuden sollte auf die korrekte Erdung des Leitungssystems geachtet werden. Dies gilt auch für Auftritte bei denen einem die Stromversorgung sehr unprofessionell oder improvisiert erscheint.
Falsche Spannungseinstellung
- Es gibt Verstärker bei denen man, meist auf der Rückseite und per rotem Schiebeschalter, die Spannung einstellen kann. Dieser Schalter sollte in den deutschsprachigen Ländern auf 220, 230 oder 240 Volt stehen (Angabe kann je nach Hersteller und Baujahr schwanken). Von diesem Schalter sollte man möglichst die Finger lassen!
Sieht man also auf der Rückseite einen Schalter auf dem Zahlen im Bereich von 110 und 240 sind: Finger weg! Man muss nicht jeden Schalter betätigen! Einzig vor der ersten Inbetriebnahme kann man den Schalter kontrollieren und ggf. den Verkäufer fragen, falls einem etwas spanisch vorkommt (der Schalter z.B. auf 110 zu stehen scheint).
- Selbst wenn man in einem Land mit anderer Netzspannung spielt kann es unter Umständen nicht ausreichen lediglich den Schalter umzustellen, da evtl. zusätzlich die Sicherungen getauscht/angeglichen werden müssen.
Sicherung überbrücken
- Fliegt einmal die Sicherung des Verstärkers heraus, sollte man die defekte Sicherung auf keinen Fall mit irgendwelchen Metallstücken oder -folien überbrücken. In Sicherungshalter gehören ausschließlich Sicherungen!
- Auf jeder Sicherung stehen die maximale Spannung (Volt), der Strom (Ampere) und wie die Sicherung reagiert (flink, träge). Es sollte immer eine Sicherung mit den gleichen Werten eingesetzt werden! Ist der Wert zu niedrig, kann die Sicherung zu schnell ansprechen, ist der Wert zu hoch, können teure Bauteile zerstört werden.
- Fliegt eine Sicherung heraus hat das immer eine Ursache. Das können ganz profane Gründe wie eine Spannungsspitze im Netz sein. Fliegt die Sicherung eines Verstärkers jedoch öfters / direkt wieder heraus, sollte man es nicht weiter versuchen. Hier ist der Fachmann gefragt! Weitere Versuche können Folgeschäden verursachen.
Jugend forscht an der Elektrik
In einem Fernsehbeitrag aus den 1960er Jahren über Jugendbands aus Liverpool wurde berichtet, dass Instrumentenverstärker sehr anfällig sind und oft repariert werden müssen. Zum Glück hat sich das gebessert. War es aber in den 60er Jahren noch möglich die relativ einfachen Schaltungen zu durchschauen, sind heutige Verstärker für den Laien kaum reparabel.
Man kann zwar nach dem Ziehen des Netzsteckers das Verstärkerchassis aufschrauben und nach den Sicherungen oder offenkundigen Defekten suchen, im Zweifelsfall ist so etwas aber einer Fachkraft zu überlassen. Selbst bei gezogenem Netzstecker können sich in ELKOs leistungsstarker Verstärker weiterhin gefährliche bis tödliche Ladungen befinden. Wer nicht einmal weiß was ein ELKO ist, sollte also auf Experimente am offenen Verstärker verzichten.
Durch falsch ausgeführte Bastelarbeiten kann man sich und seinem Verstärker schweren Schaden zufügen. Das gilt auch für eine vermeintlich geglückte, in Wirklichkeit aber falsch ausgeführte Reparatur. Hier besteht Lebensgefahr!
Falscher Anschluss von Lautsprechern
- Lautsprecher gehören ausschließlich an den Lautsprecheranschluss! Bei den meisten Verstärkern werden die Ausgänge mit "Speaker Out" gekennzeichnet.
- Betreibt man Verstärker mit Röhrenendstufe ganz ohne Last (Lautsprecher), kann das sehr schnell zu ernsthaften Schäden führen. Daher sollte man bei jeder Neuverkabelung (z.B. nach einem Transport) sehr aufmerksam prüfen, ob man nicht aus Versehen die falsche Buchse (Line Out, Footswitch) genommen hat.
- Lautsprecher sollten immer mit Lautsprecherkabel an den Verstärker angeschlossen werden. Instrumentenkabel haben wesentlich dünnere Leitungen, die bei starker Verstärkerleistung heiß werden und sogar versagen können. Das kann unter Umständen zu schweren Schäden am Verstärker führen.
Falsche Impedanz
- Bei Transistorverstärkern darf die so genannte "Mindestimpedanz" nicht unterschritten werden. Bei Röhrenverstärkern gibt es eine so genannte "Sollimpedanz", die möglichst eingehalten werden sollte.
Nähere Einzelheiten, sowie die Formeln zur Berechnung der Gesamtimpedanz finden sich in meinem Nachschlagewerk "Grundwissen zu Verstärkern und Boxenverkabelung" (siehe FAQs).
- Zu 99% aller Verstärker gibt es Bedienungsanleitungen. Diese Anleitungen sind nicht für Feiglinge geschrieben, sondern für alle Anwender! Also sollte man sich die Bedienungsanleitung unbedingt durchlesen. Manche Hersteller verwenden in ihren Anschlüssen auch Spezialschaltungen.
Zu starker Verstärker
- Die Lautsprecher sollten so dimensioniert sein, dass sie das Signal des Verstärkers verkraften. Ist die Box zu schwach, kann das Verstärkersignal die Lautsprecher schädigen ("kratzende Lautsprecher") oder zerstören.
- Bei teuren Boxen / Lautsprecher ist die maximale Belastbarkeit (normalerweise in Watt RMS angegeben) oft relativ niedrig angesetzt, damit die Boxen auch starke Signalspitzen sicher verkraften können. Bei preiswerteren Boxen sollte man sich nicht darauf verlassen. Daher sollte die Leistung der Box zumindest bei Bassverstärkern ca. 50% über der Leistung des Verstärkers liegen.
- Die Leistungsangabe bei Verstärkern bezieht sich auf das unverzerrte Endstufensignal. Bei Röhrenverstärkern kann die Leistung einer übersteuerten Endstufe weit über den Nennwert des Verstärkers hinausgehen.
- Gerade bei Bassverstärkern können große Leistungsspitzen auftreten. Diese Leistungsspitzen müssen die Lautsprecher verkraften können.
Zu schwacher Verstärker
- Das ist bei Verstärkern junger Musiker wahrscheinlich die häufigste Todesursache. Um in einer Band mithalten zu können wird der Verstärker so laut aufgedreht, dass die Transistorendstufe verzerrt; ein Effekt, den man auch von preiswerten Autoradios kennt. Eine verzerrende Transistorendstufe kann allerdings jede noch so starke Box zerstören. So kann man es schaffen auch mit einem 60 Watt Verstärker eine 400 Watt Box zu zerstören. Lautsprecher, besonders Hochtöner, vertragen dieses Clipping-Signal nicht!
- Endstufenverzerrung ist einzig bei einer Röhrenendstufe gefahrlos möglich. Dann müssen die Lautsprecher aber entsprechend dimensioniert sein.
Falsche Handhabung der Regler eines Verstärkers
- Gerade viele junge Musiker glauben, ihr Verstärker gäbe seine maximal erlaubte Lautstärke bei voll aufgedrehtem Master-Volumenregler ab. Das ist falsch! Das Signal das vorne an der Endstufe (also hinter der Vorstufe) anliegt kann so hoch sein, dass der Verstärker bereits bei halb oder dreiviertel aufgedrehtem Master-Regler seine maximale Leistung erreicht.
Man sollte also auf Verzerrungen durch Überforderung der Endstufe hören und auch die Bewegung der Lautsprechermembranen ab und zu prüfen. Irgendwann sollte man einfach sagen: "Mein Verstärker kann nicht lauter", statt den Verstärker so laut aufzudrehen, dass er stirbt.
- Auch extreme Einstellungen in der Klangreglung (z.B. Bässe oder Presence voll auf) können Lautsprecher beschädigen oder zerstören.
Falsches Instrument
- Die meisten Lautsprecher von Gitarrenverstärkern im unteren bis mittleren Preissegment sind nicht für Basssignale ausgelegt. Leise und vorsichtig kann man einige Zeit auch mit einem Bass über einen Gitarrenverstärker spielen. Es besteht aber die Gefahr, dass der Lautsprecher Schaden nimmt. Je dynamischer man spielt, desto größer die Gefahr.
- Theoretisch kann man mit einer Gitarre über einen Bassverstärker spielen. Mit einer verzerrten Gitarre besteht aber die Gefahr den Hochtöner eines Bassverstärkers zu zerstören. Falls möglich, sollte man den Hochtöner vorher abschalten.
Falsches Input-/Output-Signal
- In den Input eines Instrumentenverstärkers gehören Instrumente oder für Instrumente gedachte Effektgeräte! Aktive Instrumente gehören (zuerst) in den aktiven Eingang. Nur wenn das Eingangssignal zu niedrig ist, kann man es vorsichtig beim passiven Eingang probieren.
- Man kann versuchen das Line-Out-Signal eines anderen Verstärkers an den Input zu hängen. Vorher sollte man aber möglichst die Bedienungsanleitungen beider Verstärker lesen und vorsichtig vorgehen (Gain langsam angleichen). Hier besteht immer die Gefahr die Vorstufe des zweiten Verstärkers zu beschädigen.
- Vor dem Ein-/Umstöpseln von Instrumenten oder Effekten sollte man besonders bei leistungsstarken und/oder laut aufgedrehten Verstärkern die Lautstärke am Verstärker herunter drehen oder den Verstärker stumm schalten (Mute / Standby).
- Vom "Speaker Out" eines Verstärkers in den Input eines zweiten Verstärkers zu gehen bedeutet meistens DEN TOD mindestens eines der beiden Verstärker. Der "Speaker Out" dient nicht dazu das Signal an andere Verstärker weiterzugeben! Der "Speaker Out" dient auch nicht dazu, bedenkenlos Kopfhörer anzuschließen.
Einwirkung von Wetter und Elementen
- Wasser ist der größte Feind des Verstärkers. Das gilt nicht nur für das Spielen an, in oder auf Swimmingpools, sondern genauso für Regen. Kommt Spritzwasser im Verstärker an die falsche Stelle, kann das schwere Schäden verursachen.
- Ein in einem feuchten Proberaum abgestellter Verstärker sollte nach dem Spielen nicht mit Plastik oder Leder abgedeckt werden. Ansonsten kann sich Kondenswasser unter der Abdeckung sammeln. Will man seinen Verstärker abdecken, sollte man luftdurchlässige Tücher / Laken wählen.
- Getränke haben nichts auf Verstärkern zu suchen - erst recht nicht auf den Verstärkern anderer Musiker. So etwas sollte sofort eine Runde Getränke kosten! Hat der Verstärker ein umgekipptes Glas überlebt, ist aber Flüssigkeit im Chassis: Verstärker: Sofort ausschalten und Netzstecker ziehen!
- Neben Wasser ist Überhitzung der größte Feind eines Verstärkers. Also dafür sorgen, dass (kühlende) Luft an das Chassis kommen kann. Etwas Abstand zur Wand halten! Weiß man, dass der eigene Verstärker sehr hitzeempfindlich ist, kann ein kleiner Ventilator Abhilfe schaffen. Meist ist das aber nicht nötig.
Größere Bassverstärker haben oft eingebaute Lüfter. Hier sollte man regelmäßig prüfen, ob der Lüfter noch wie vorgesehen funktioniert. Es gibt auch temperaturgesteuerte Lüfter. Im Verlauf einer Probe werden sie höchstwahrscheinlich irgendwann anspringen.
- Beim Transport sollte ein Verstärker immer gegen Umfallen gesichert sein.
- Einen Verstärker auf einem Rollbrett 200m über Kopfsteinpflaster zu rollen kann zum Bruch von Platinen oder Lötstellen führen. Verstärker (auch Röhrenverstärker) sind nicht übertrieben empfindlich; man sollte es aber auch nicht darauf anlegen. Gerade warme Röhrenverstärker sollte man einige Minuten abkühlen lassen.
Abschließend
Wer diese Regeln befolgt hat gute Chancen lange Freude an seinem Verstärker zu haben. Am wichtigsten ist aber zu denken, bevor man handelt! Viele Fehler können so vermieden werden. Bewegt man seinen Verstärker bereits am Limit, kann eine Slap-Einlage den Tod des Systems bedeuten.
Wer sich weiter und tiefer gehend informieren möchte, sollte meinen FAQ Beitrag zum Thema "Grundwissen zu Verstärkern und Boxenverkabelung" sowie EDE WOLFs Beitrag "Verhältnis von Leistung Box/Amp" lesen.
Viel Spaß mit eurem Equipment
Andreas
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