Talk über John Coltrane insbes. "Giant Steps"

Papsi
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Edit: Titel dem Threadverlauf angepasst und verschoben.


Giant Steps hab ich mir gerade auf YT angehört. Das ist nicht "meine" Musik, aber die Geschmäcker sind verschieden. Ist natürlich OK.
Für mich ist es mehr ein Gedudel, wenn auch virtuos vorgetragen. Ob der Coltrane sich Gedanken gemacht hat, mit welchem Vorrat
an Tönen, Modi o.ä. er spielen will, bezweifle ich. Vermutlich hat er das so im Kopf oder in den Fingern.

Ich akzeptiere jede Art von Musik, wenn sie gespielt wird und nicht nur theoretisch gefachsimpelt wird.
 
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Giant Steps hab ich mir gerade auf YT angehört. Das ist nicht "meine" Musik, aber die Geschmäcker sind verschieden. Ist natürlich OK.
Für mich ist es mehr ein Gedudel, wenn auch virtuos vorgetragen. Ob der Coltrane sich Gedanken gemacht hat, mit welchem Vorrat
an Tönen, Modi o.ä. er spielen will, bezweifle ich. Vermutlich hat er das so im Kopf oder in den Fingern.

Ich akzeptiere jede Art von Musik, wenn sie gespielt wird und nicht nur theoretisch gefachsimpelt wird.

Papsi, ich habe das als Übung gedacht. Wenn Du das Stück als Gedudel empfindest, hörst Du mit Sicherheit die Changes nicht. Wenn Du die Changes nicht hörst, ist diese von mir zitierte Übung auch nicht durchführbar, denn es geht dabei immer nur um Tonmaterial der in den Changes enthaltenen Töne aus der G Dur Tonleiter zu spielen. Man muss sich also zunächst klar machen, welche Töne aus G Dur Tonleiter bei welchen Akkord erlaubt sind.
Solche Beschränkungen beim Solieren schärfen das Gespür für neue Linien. Das inspiriert und man kommt von der Alltagsroutine weg.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ob der Coltrane sich Gedanken gemacht hat, mit welchem Vorrat
an Tönen, Modi o.ä. er spielen will, bezweifle ich. Vermutlich hat er das so im Kopf oder in den Fingern.
Soweit mir bekannt hat sich Coltrane zumindest zeitweise täglich mehrere Stunden lang mit genau diesen Fragen beschäftigt, u.a. auch mit dem von mir weiter oben angeführten Buch von Slonimsky. Auf einer der Skalen dieses Buches beruht auch Giant Steps. Wenn einer wußte, was er da spielt, dann der.

Viele Grüße,
McCoy
 
Ich konnte mit Giant Steps auch Jahrzehnte lang überhaupt nichts anfangen. Die so schnell und ständig wechselnden Tonalen Zentren sind so überhaupt nicht meins. GANZ abgesehen von spieltechnischen Problemen damit ...

Aber mittlerweile kann ich es im Gegensatz zu früheren Jahren wenigstens HÖREN und nachempfinden, und es erscheint mir nicht mehr so an den Haaren herbeigezogen wie früher. Giant steps hatte für mich immer eine ähnliche Qualität wie Bachs Die Kunst der Fuge ...

Jetzt kann ich immerhin nachempfinden, daß es theoretische Überlegungen waren, die J. C. dazu bewogen haben, etwas Derartiges zu komponieren, aber daß er solche Dinge AUCH im Ohr hatte.

Ist zwar ein wenig off Topic ... aber das Bemerkenswerteste und Wundersamste an Giant Steps ist für mich, daß es beinahe zeitgleich mit SO WHAT entstanden ist ... das sind die beiden Extreme, zwischen denen für mich (!) meine persönliche musikalische Wahrheit liegt ...

Thomas
 
Ob der Coltrane sich Gedanken gemacht hat, mit welchem Vorrat
an Tönen, Modi o.ä. er spielen will, bezweifle ich.
Total falsch geraten. Es ist ausgesprochen gut dokumentiert, wie extrem systematisch Coltrane sich mit seinem Material beschäftigt hat.
 
OK, dann muss ich das wohl zur Kenntnis nehmen. Ich dachte bis jetzt immer, diese Jazzer spielen mehr
aus einer Intuition heraus.
Na ja, das stimmt nicht ! Es war mir schon immer klar, dass man solche Sachen nicht so genial aus dem
Ärmel schütteln kann. Ich hab mal Aufnahmen und Transkriptionen von Django Reinhardt gesammelt.

Dabei konnte man feststellen, dass er sich doch öfter mal der gleichen Phrasen, oder wie man das
nennen will, bedient. Dann kann ich ja beruhigt sein, wenn bei meinem Geklimper immer wieder da gleiche,
oder zumindest ähnliche Gedudel rauskommt.
Trotzdem werde ich mir auf meine alten Tage (73) keine zu großen Gedanken über ionisch, lydisch usw. machen. Meine Ohren sind noch ganz OK.
 
Naja, mir gab das Thema nun die Anregung über Coltrane's "Giant Steps" ausschließlich mit dem Tonmaterial der G Dur Tonleiter zu solieren - und zwar so, dass es Sinn macht. Ganz schön kniffelig. :)

Dazu fällt mir nur eins ein:

 
Trotzdem werde ich mir auf meine alten Tage (73) keine zu großen Gedanken über ionisch, lydisch usw. machen.

Warum eigentlich nicht)? ;) Es richtet ja keinen Schaden an. Und wenn dabei der eine oder andere "Klang" herausspringt, den man bislang nicht im Repertoire hatte, ist es doch ein Gewinn. Egal, ob man 13 ist oder 73.

Ansonsten vergleiche ich das Thema gern mit Fremdsprache. Englisch z.B. hat man über Jahre durch ziemlich viele Übungen plus Grammatik gelernt. Über das Gelernte denkt man beim Sprechen natürlich nicht mehr nach. Aber man benutzt es und es funktioniert. Genau wie die "Jazzer" oder andere Musiker sich ihrer "musiksprachlichen" Vielfalt eher intuitiv aus ihrem verinnerlichten "Fundus" bedienen. Selbes gilt auch für Kunstmaler, Literaten, moderne Architekten usw.

In der Musik kommt hinzu, dass es einen Unterschied macht, ob ich es alleine mache oder zusammen mit anderen. Alleine kann ich machen was ich will. Mit anderen muss ich zumindest Strukturen verabreden, was wiederum nur möglich ist, wenn ich weiß, was ich da tue.
 
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CUDO II
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Genau wie die "Jazzer" oder andere Musiker sich ihrer "musiksprachlichen" Vielfalt eher intuitiv aus ihrem verinnerlichten "Fundus" bedienen.

Da sind wir uns ja einig. Mein Fundus stammt eben dann mehr aus dem jahrzehntelangen Spielen, wobei ich ja nicht nur Kinderlieder oder alberne Schlager gespielt habe.

Übrigens: Giant Steps in C (oben): Na ja ! Haut mich nicht um ! Gähn !

Da mir dieser Cotrane nicht oder nur vom Namen her bekannt war, hab ich mich bei YT etwas umgehört und Folgendes gefunden ...



Per Screenshot hab ich mir die Noten teilweise geholt und versucht sie teilweise zu spielen. Ich will mir kein Urteil erlauben. Für mich wäre das nicht geeignet bzw. ich nicht dafür.

Zu "Egal, ob man 13 ist oder 73": 13-Jährige habe wohl anderes im Kopf - hab da so meine Erfahrungen - und 73-Jährige haben´s hoffentlich noch nicht "im Kopf". (Was hab ich eben geschrieben ?
A-heimer lässt grüßen !)

Grüße ... ein Unbelehrbarer
 
Dazu fällt mir nur eins ein: "Giant Steps in C"

:great: Ich schmeiss mich weg, is das geil ... !
Das ganze in F, dann wird Giant Steps endlich auch für Alphorn spielbar !

Sachen gibt's. Aber mal wieder ein Trigger, sich giant steps in echt anzuschauen.

der Omnimusicus
 
@Papsi
Du hast mit "Mr. P.C." einen schnellen Mollblues gefunden. Coltrane spielt eigentlich "ganz normale" Bop-Lines. Das besondere daran ist, mit welcher Freiheit und Schnelligkeit er das kann. Was mich an Coltrane persönlich abtörnt ist sein Sound. Er opftert seinen Ton halt der Geschwindigkeit.

Man muss glaube verschtehen, dass Coltrane quasi das Konzept "Bebop" auf die Spitze getrieben hat. (Noch) schnellere Tempi, kompliziertere Changes, ect. Danach (oder schon währenddessen) haben sich etliche Stilistiken aufgetan die andere musikalische Aspekte beleuchten. Im Cooljazz begannen zB auskomponierte Parts wieder an Bedeutung zu gewinnen. Der Hardbop versuchte den Bebop aus der sportlichen Ecke abzuholen.

Der Grund warum man Coltrane so feiert ist, dass er die Kulmination einer Entwicklung ist. Noch dazu hat er viele harmonische Innovationen gebracht, die bis heute noch nicht bei allen praktizierenden Jazz-Musikern angekommen sind.
 
Und wie es so oft ist, wenn man Jazz-Nummern transkribiert ... :

Löst man die NOTEN vom ursprünglichen Spieler und versucht, sie nachzuspielen, geraten sie oft in Gefahr, plötzlich ganz willkürlich und verrückt zu klingen.
Man muß wirklich schon ganz genau die Dynamik, die Spielweise, die Tonbildung, das Timing und die rhythmische Phrasierung nicht nur nachahmen sondern ganz und gar verinnerlichen, damit am anderen Ende wieder etwas halbwegs Sinnvolles herauskommt ... geschweige denn gar etwas SCHÖNES ... :)

Ich selbst hatte ein derartiges Schockerlebnis, als ich auf dem Klavier einige Charlie-Parker-Soli in einer (zu) frühen Phase meiner eigenen musikalischen Entwicklung nachspielte ...

Thomas
 
Zuletzt bearbeitet:
Was mich an Coltrane persönlich abtörnt ist sein Sound. Er opftert seinen Ton halt der Geschwindigkeit.
Intressant, wie unterschiedlich man das erleben kann: Für mich ist der Coltrane-Sound das Absolutum. Der geht mir direkt durch Knochen- und Rückenmark ins Herz hinein und läßt mich immer wieder - auch noch nach Jahrzehnten - die Luft anhalten vor Begeisterung. Und ich kann nicht genug kriegen von diesem Sound, der macht wirklich glücklich! :juhuu:

Viele Grüße,
McCoy
 
Naja ... der Coltrane-Sound ist auf alle Fälle prägnant, und er läßt keinen kalt. So oder so ... :), entweder man liebt ihn oder man mag ihn dezidiert nicht (wozu auch ich eher neige).

Thomas
 
Ist zwar ein wenig off Topic ... aber das Bemerkenswerteste und Wundersamste an Giant Steps ist für mich, daß es beinahe zeitgleich mit SO WHAT entstanden ist ... das sind die beiden Extreme, zwischen denen für mich (!) meine persönliche musikalische Wahrheit liegt ...

Interessanterweise gibt es in den beiden zugehörigen Alben, Kind of Blue und Giant Steps, große personelle Überschneidungen. Coltrane hat ja später mit Impressions noch ein Stück der Marke So What geliefert. Auch wenn Giant Steps und So What ziemliche gegensätzliche Stücke sind, so schließen sie sich gegenseitig nicht aus. Wenn du dich eher in der goldenen Mitte siehst, dann ist das ebenfalls eine gute Wahl. Aber niemand sollte sich davon abschrecken lassen, dass die Dinge auf dem Papier so verschieden sind. Wenn man sich die musikalische Karriere von Miles Davis oder auch Herbie Hancock ansieht, dann haben die beiden echt die unterschiedlichsten Sachen gemacht.

Übrigens: Giant Steps in C (oben): Na ja ! Haut mich nicht um ! Gähn !

Klarer Fall von Witz nicht verstanden. Das Stück lebt vom permanenten Springen durch 3 tonale Zentren. Diesen folgen zu können, bedarf schon ein wenig Können. Es gibt glaub ich sogar eine Aufnahme, auf der der Pianist Mühe hat, wieder reinzufinden.
Diese Klangvielfalt hat jetzt jemand ad absurdum geführt, indem er auf ein Coltrane-Video die Aufnahme von Giant Steps gelegt hat, nachdem er diese am Rechner bearbeitet hat, sodass alle Töne aus C stammen. Hier wurde also nicht alles gleichmäßig transponiert, sondern die verschiedenen Tonarten eingeebnet.
Man kann das Video also gewissermaßen als Gag verstehen, wie langweilig der Jazz doch wäre, wenn man sich permanent nur in einer Tonart aufhalten würde.

Was mich an Coltrane persönlich abtörnt ist sein Sound. Er opftert seinen Ton halt der Geschwindigkeit.

Sehr verwunderliche Aussage für jemandem, der ein Sax als Avatar hat. Der Sound von Coltrane ist unverwechselbar, denn kaum jemand anders, bringt so voluminöse Töne aus seiner Kanne. Unabhängig vom persönlichen Geschmack ist die Aussage, er opfere den Ton der Geschwindigkeit aber ganz objektiv falsch. Es ist ja nicht so, dass Coltrane nur up-tempo gespielt und lauter Tonkaskaden von sich gegeben hätte. Hört man sich mal etwas langsamere Nummern von ihm an, dann stellt man fest, dass es nur ganz kleine Unterschiede bei ihm zwischen langsamem und schnellem Spiel gibt, was an sich schon phänomenal ist.

PS: Wenn du klanglich lieber Parker oder sonstwen magst, ist das natürlich voll ok. Man hat halt nur den Eindruck, du würdest Coltrane einen schlechten Ansatz unterstellen, den er mit Fingergezucke auszugleichen versucht.
 
Sorry falls das falsch rüber kam. Natürlich hat Coltranes Sound Konzept. Ich persönlich stehe halt nicht so drauf und tat mich deshalb lange schwer einen intuitiven Zugang zu Coltrane zu finden.

Fakt ist, dass Coltrane eher enge Mundstücke mit harten Blättchen gespielt hat ... damit ist man deutlich wendiger was schnelle Tonfolgen angeht. In sofern ist sein Sound schon auf Geschwindigkeit ausgelegt.
 
Ist ja voll ok. Muss ja nicht jeder auf denselben Sound abfahren ;)
Gibt es denn einen bekannten Spieler, der eher deinen Geschmack trifft? Würde mich mal interessieren, mir da ein Bild vom Unterschied zu machen.
 
Ich steh schon sehr auf Parker was die Verspieltheit angeht, auf Cannonball Adderley was die Präzision und Intensität betrifft und natürlich riesig auf Johnny Hodges was Balladen-Sound angeht. In etwa der selben Richtung auch Ornette Coleman, der für mich den Hodges Sound weiterführt. Als ich Ornett Colman live gesehen habe bin ich während des Konzerts fast in Tränen ausgebrochen weil mich sein Sound so berührt hat.

Nun bin ich vorrangig Altist und hab deshalb den Fokus dort. Tenorseitig steh ich auf zB Dexter Gordon, Johnny Griffin.

Das sind jetzt so die älteren. Natürlich gibt es auch etliche aktuelle Spieler die toll klingen. Aber letztlich bezieht sich ja vieles auf die "alte Garde".

Tendenziell sind das alles leute die "schön" klingen.
 
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