Drei Jahre sind seit dem Release von "Chuck" vergangen, dem letzten Studioalbum der Band, das soundtechnisch deutlich härter, moderner und molllastiger ausfiel als man es von der Band, die 2001 mit "Fat Lip" und "In To Deep" den Soundtrack für den Sommer aller Pickelträger lieferte, erwartet hätte. Da allerdings auch die Verkaufszahlen deutlich anders ausfielen, und zudem kurz daraus sowohl Gitarrist Dave und Bandproduzent und Ko-Autor Greig Nori ausstiegen, ist von all dem auf dem neuen Album nicht mehr viel zu spüren. Wohl aber davon, dass Sänger Derryk Avril Lavigne geheiratet hat...
Vorweg gesagt: Ich habe nichts gegen Balladen, aber eine Rockband, und wenn sie auch nur Poppunk spielt, sollte nicht mehr als die Hälfte des Albums in Schunkelregionen verbringen, zumal die meisten Nummern auch noch sehr gleich und austauschbar klingen. "Walking Disaster" klingt extrem nach Blink, drosselt das Tempo jedoch und dehnt sich auf fast 5 Minuten, obwohl 2 weniger es auch mehr als getan hätten. "Dear Father" ist zwar eine Minute kürzer, hat jedoch das Glück fast gleich zu klingen und noch langweiliger zu sein, was den Track dann zur absoluten Skipnummer macht. Nett anzuhören ist das alles, keine Frage, und weh tut es auch keinem - das Album versprüht über weite Strecken ein herbstig, poppunkiges 15-jährigen-Halfpipe-Herzschmerz-Flair und lässt mir die Füsse einschlafen, da ich logischerweise als 20jähriger Nichtskater mit Tennisarm nicht zur Zielgruppe gehöre.
Aber selbst wenn nicht - wenn zwei von 15 Songs (davon 14 regulär) schnell sind, kann man selbst im Zeitalter der hormonellen Wirrungen nicht wirklich die Illusion eines Punkrockalbums haben, zumal von dem Songduo mit "King Of Contradiction" auch nur die Hälfte überzeugen kann. Und die auch nur mit Einschränkungen, denn die Tröten sind unnötig, das Ende unbefriedigend, und der Track doch all zu typisch (man könnte auch "unoriginell" sagen) - aber immerhin hat er Energie und eignet sich zum Mitsingen und -pogen, was ja eigentlich auch immer die Stärke der Band war. Eigentlich.
Erwähnenswert bleiben mit "So Long Goodbye" noch die einzige (!) gute Ballade des Albums, die allerdings an Green Days "Time Of Your Life" errinnert, und mit "Count Your Last Blessings" ein Midtemposong mit interessant eingesetztem Piano, das ausnahmsweise nicht alles zuschmalzt sondern ein hübsches Mollmotiv in den Hintergrund zimmert, der sich im Refrain bei Billy Talents "Red Flag" bedient, aber nicht ganz dessen Eingängigkeit (aber auch nicht dessen Nervigkeit) erreicht. The Jester und Speak Of The Devil sind ebenfalls hörbar - das macht 5 von 15 Songs in drei Jahren, zumindest bei den ersten zwei Durchgängen. Enttäuschend, obwohl ich nicht wirklich viel erwartet hatte. Aber was soll man von einem Album erwarten, dessen erste Single den Refrain einer alten B-Seite verwendet? Die früher gelegentlich eingestreuten Metal und Rap-Einflüsse fehlen übrigens quasi komplett, was die oft unnötig langen Songs reichlich abwechslungsarm macht und eine weitere Stärke der Band schlicht begräbt.
Ich habe hier jedenfalls eher das Gefühl, ein schlechtes Soloalbum von Sänger Derryk, der das Album in einem offensichtlichen Anfall von "ich brauch diesen erfahrenen Produzenten und Songschreiber nicht mehr! Niemals!" ja auch produziert hat, zu hören, als das Album einer Punkrockband. Dass es keinerlei Tradevocals mehr gibt und auf dem Cover auch nur der Chorbub zu sehen ist, passt dann wohl auch ganz gut.
Trotzdem: Die herzigen Balladen nächstes mal einfach nur im Schlafzimmer der Angetrauten vorträllern - denn nach deren letztem Album, das ich Media Markt'scher Beschallung sei dank schon hören durfte, klingen die Nummern auch, nur dass Avrils Songwriter eingängigere Refrains schreiben. In dem Schlafzimmer-Schenkelöffner-Kontext würde sogar die "Akkustikklampfen mit Pianoteppich"-Instrumentierung Sinn machen. Sobald die Olle die Songs dann erst mal geklaut hat, einfach angepisst sein, für die Band ein paar rockige Nummern schreiben und wieder gute Alben veröffentlichen. Geht doch!