Hallo Leute,
ich bin auf der Suche nach den Noten von
"The Shout" by Art Tatum. Dieses Upload habe ich auf youtube gefunden: http://www.youtube.com/watch?v=V-4k5TqcIMQ
Hoffe ihr könnt mir helfen.
Hallo DJ Kroehnadus, erstmal ein gutes Neues Jahr (auch allen Anderen hier),
ich will dich jetzt ganz sicher nicht entmutigen, aber grundsätzlich solltest du hier folgendes beachten:
Art Tatum hat meistens "vorbereitete Improvisationen" (set improvisations) gespielt (im Gegensatz zu ganz freier Improvisation wie z.B. bei Cecil Taylor). Bei Tatum waren das sehr häufig Improvisationen über publizierte Tin Pan Alley-Songs, oder auch mal klassische Themen, an denen er die Jahre über teilweise immer weiter gefeilt hat, und die zum Teil eine sehr erstaunliche Evolution an Jazz-improvisatorischem Denken darstellen (
siehe z.B. alle seine Versionen von "Tea For Two" zw. 1932 und bis hin zu den Norman-Granz-Aufnahmen in den frühen 1950er Jahren).
Es ist, um Tatum als Jazzmusiker und damit seine Spieltechnik zu verstehen, völlig sinnlos, "ihn" nach Noten spielen zu wollen.
Man kann zwar so anfangen, aber man kommt auf diesem Weg ohne genug Hör- und Denkschmalz nicht weiter.
Die wirklich große Herausforderung ist es, Tatums äußerst umfangreiche Konzeption nachzuvollziehen.
Detail für Detail, Run für Run, Voicing für Voicing, Formabschnitt für Formabschnitt, das heißt aber:
man sollte unbedingt selbst Aufnahmen transkribieren.
Wichtig ist am Ende alleine der Sound!
Selbst wenn es erstmal nur ein paar Takte, Rhythmik-Patterns, Harmonie-Patterns, phrasierte Lines, oder Runs sind: aus denen kann man für sich selbst sehr viel mehr gewinnen, als beim sturen, "klassischen" Nachspielen von notierten Stücken, und man wird dabei auch das Gedächtnis und die eigene Klaviertechnik viel wirkungsvoller trainieren.
Als rein pianistisch gemeinte Tatum-Studie ist eine klassikartige Tatum-Interpretation natürlich erlaubt und sehr lehrreich, wobei man allerdings ein besonders starkes Fundament in der Technik des Stride Piano braucht (
siehe auch: James P. Johnson, Willie "The Lion" Smith, Fats Waller, Donald Lambert u.a.), um nämlich den bei Tatum immer äußerst wirkungsvollen und manchmal eher sparsamen Einsatz der Stride-Technik richtig nachvollziehen zu können.
Tut man das nicht konsequent genug, klingen die Ergebnisse allerhöchstens nach nett gemeinter Swingpolka.
Bei Tatums sehr klassiklastiger Spielweise ist ja immer alles gleich doppelt und dreifach sowie zugleich vorhanden: Romantik und Impressionismus (Alkan, Chopin, Liszt, Brahms, Dvorak, Debussy), Stride Piano, später auch Bebop-artige Horn-Melodik, sehr variantenreiche Rhythmik, und alles ist immer sehr stark verdichtet und wird von Tatum immer sehr dramatisch erzählt.
Die Art, wie Tatum ein Thema in mehreren Durchgängen bearbeitet und variiert, kann man durch geduldiges Hören (und ggf. Mitschreiben) lernen.
Er benutzt in fast allen Aufnahmen und oft gleichzeitig mehrere Vokabulare und Werkzeuge für Voicings, Runs, Licks, Phrasierung, Basslinien, Übergänge zw. linker und rechter Hand usw.
Das kann man alles Stück für Stück lernen. Allerdings ist das im wahrsten Sinne des Wortes Knochenarbeit.
Danke übrigens für den Link zum jungen Pianisten Dan Popek, der war mir neu.
Was der junge Könner da spielt, ist schon sehr gut, sehr musikalisch und er zeigt viel Gefühl für die Musik.
Technisch, vom Anschlag und vom Spielfluß her betrachtet ist es sogar ausgezeichnet.
Mit der stilistischen Breite, Konsistenz und dem unglaublich kraftvollen Ausdruck nebst Denkflexibilität bei Tatum hat Popeks Interpretation aber leider kaum was zu tun.
Popeks darunterliegende Stride-Technik ist noch nicht wirklich solide.
Das heißt, er kann in dieser ersten kompletten Jazzpianotechnik der Frühphase des Jazz selbst zwar manches nachspielen, aber noch nicht wirklich
in the style improvisieren, und auch seine
time ist nicht wirklich stabil.
Die Runs klingen eher mehr nach Oscar Petersons Spielweise in der rechten Hand. Hör genau auf den Sound
Tatum hatte ein völlig anderes Legato-Spiel bei schnellen Läufen der rechten Hand, und eine eher klassische Pedaltechnik.
Für einen Siebzehnjährigen ist Popek aber dennoch verflixt gut. VERFLIXT gut.
Trotzdem: bitte einfach nur mal den
Sound vergleichen, das "Feuer":
(Text sagt was von "Ragtime on Speed", das ist aber ziemlicher Quatsch, denn Ragtime hat mit Tatums Stride nicht viel zu tun)
http://www.youtube.com/watch?v=hPOH5PHzkIw
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Merksatz:
Jazz ist
improvisierte Musik, nicht notierte Musik.
Man lernt sie hauptsächlich übers Gehör, mit viel Zeit und Geduld und mit regelmäßig bis an die eigenen Grenzen gehender Hingabe.
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Es gibt einige Transkriptions-Bände von diversen Tatum-Aufnahmen (Live und Studio):
http://www.amazon.com/Art-Tatum-Jazz-Masters-Series/dp/0825640857
http://www.amazon.com/Tatum-Solo-Book-Artist-Transcriptions/dp/0793565510/ref=pd_bxgy_b_img_z
http://www.amazon.com/The-Tatum-Collection-Artist-Transcriptions/dp/0793544645/ref=pd_bxgy_b_img_z
Zur Methodik der rechten Hand Tatums:
http://www.amazon.com/The-Right-Hand-According-Tatum/dp/0943748852/ref=pd_bxgy_b_img_y
Zur Methodik der linken Hand von spätem Ragtime über Stride Piano/Hot Jazz/Novelty usw. bis Tatum:
http://www.amazon.com/Jazz-Piano-Steinway-Library-Music/dp/1929009542