Der musik geht es wie der bau- oder kochkunst: man braucht material (zutaten) und einen bauplan (rezept), um es zu verarbeiten, und schließlich sollte das produkt eine funktion haben. Im antiken Griechenland liebte man luftige säulenhallen und verbaute quadern und säulentrommeln aus marmor oder travertin, in Rom dominierte die ziegelbauweise, man erfand die wölbung, und mit einer art beton gelang die kuppel des Pantheon. Erst mit der Gotik fand man eine skelettbauweise, die erlaubte, in die höhe zu bauen, und seitdem murkelte man so dahin in "neo-stilen", vorher "romanisch" statt römisch, neo-griechisch in der renaissance, klassizismus, historismus, bis mit stahl, beton und glas neue baustoffe zur verfügung standen und neue formen erlaubten. Was da gebaut wurde, diente einem zweck: sich zu versammeln, zu regieren, zu repräsentieren. Für den privatbedarf begnügte man sich lange bescheiden mit holz.
Es gibt unendlich viele klänge, aber in Mitteleuropa traf man eine auswahl von 7 oder 12 tönen, die nach traditionellen rezepten verwendet wurden, seit über 100 jahren suchen die "zusammensetzer" (komponisten) nach neuen rezepturen, aber was sie kochen, schmeckt den meisten verbrauchern nicht, die lieber gewohnte kost zu sich nehmen. Die wird nun reichlich produziert und über massenmedien verbreitet, fast food verkauft sich besser als ausgeklügelte gourmet-diners und ist bedeutend billiger.
Wer nach neuen wegen sucht, benötigt unverbrauchtes material, das neue techniken ermöglicht, und wenn er nicht im elfenbeinturm landen will, muss er eine nische finden, in dem seine produkte erklingen.
Ich sehe eine revolution der klänge (wie im stahlbeton der architekten) in synthetischen klängen, die vielfach variabel sind und mit analogen nach bedarf gemischt werden können. Eine abkehr von Dur und moll mit allen ihren varianten, freie rhythmen, bilden neue hörgewohnheiten, die sich am leichtesten unterschwellig bilden. Eine solche funktion haben heute schon filmmusiken und untermalungen von fernsehspielen, da beklagt sich niemand über atonalität und dissonanzreichtum, weil diese musik nur hintergründig wahrgenommen wird, im traditionellen "konzert" hätte sie einen schweren stand.
Aus kartoffeln lässt sich kein risotto, aus reis kein kartoffelpurée machen, aber beides kann, durch wechselnde zutaten und "soffritti" verfeinert, sehr wohlschmeckend sein.
Gleiches material bringt immer eine gewisse ähnlichkeit hervor, man sehe granitstatuen aller zeiten, der stein ist hart und schwer zu bearbeiten, und so haftet ihm immer etwas rohes an im gegensatz zum marmor. Dur-moll-musik klingt immer ähnlich, dreiklangs-melodik ist bestimmt jemandem vor uns eingefallen, zwölfton-musik auch, zumal man die abfolge der reihen beim besten willen nicht akustisch verfolgen kann, und für die serielle der 50er jahre gibt es einen schönen vergleich: man nehme knete verschiedener leuchtender farben, durchgemischt wird es immer zu hässlichem grau.
Ich kenne aus vielen kongressen die redensart: "wir sind auf dem wege, aber noch nicht angekommen!", manchmal denke ich, es fehlt nur ein kleines stück.