EAROSonic
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Gibson Les Paul Standard 1993
Aus gegebenen Anlass möchte ich einen Review zu der Gitarre schreiben, die sich am zweitlängsten in meinem Besitz befindet. Hierbei handelt es sich um eine Gibson Les Paul Standard aus dem Jahr 1993.
Der Weg zur Standard
Als ich damals noch zu DM-Zeiten anfangen wollte, Gitarre zu spielen, sollte es, da meine bevorzugte Musikrichtung Metal war auch eine Metal-Gitarre werden, ohne jedoch zu wissen, was das eigentlich ist. „Ein Bekannter von mir verkauft eine Gitarre, den kann ich ja mal fragen, was sie kostet!“ meinte ein Kumpel auf einer Party zu mir – „Ja, mach das mal klar und bring mir das Teil mit!“. Ein paar Tage später kam er mit einem Hohner L75 Les Paul bei mir vorbei.
„Was´n das? Das doch keine Metal-Gitarre! Die sieht ja wie so ne olle Klampfe aus. Sowas spielen doch die Metal-Cracks nicht!“ war mein erster Gedanke. Nun gut, sie war günstig und sollte mit einem bereits recht abgehalfterten Koffer 180 DM kosten. Aus Mangel an Alternativen (eBay & Konsorten waren noch nicht erfunden) und weil sie schon vor mir lag, wickelten wir den Deal ab. Ich begann also und mit der Zeit gefiel sie mir doch wirklich gut. Ich konnte noch nicht wissen, dass bei Metal hauptsächlich Humbucker (was ist das denn wieder?) Gitarren zum Einsatz kamen. Ja, die ist doch eigentlich prima. Und so begann ich mich mit dem Modell genauer auseinander zu setzen und erfuhr recht schnell, dass es sich dabei um einen Les Paul-Nachbau handelte und das Original von einer Firma Namens Gibson stammt. „Uh, die sind aber teuer..!“ So war zuerst nicht daran zu denken, irgendwann einmal eine echte Gibson zu besitzen.
Berufsbedingt kam ich immer wieder mit Außendienstmitarbeitern zusammen und mit der Zeit spricht man auch manches Private. Und ehe ich mich versah, meinte einer dieser Außendienstler zu mir „Ich hab Beziehungen zu Amerikanern von der Airbase. Vielleicht kommen die an sowas ran!“. Und in der Tat erhielt ich ein paar Wochen später eine schwarze Gibson Les Paul Studio mit verchromter Hardware für 1.000 DM. Irre, ne Gibson – ich war stolz wie sonst was!
Aber natürlich „arbeitete“ ich mich weiter in die Materie ein und stellte schnell fest, dass es noch andere, weit aus schönere Modelle, als die Studio gab, welche mit weißem Rand um den Korpus und Hals. Mann, die sahen ja viel besser aus… Mittlerweile kannte ich auch einen Musikladen in meiner Gegend, dem ich einen Besuch abstattet und die tollen Modelle in live sehen konnte. Die einzigen Gibson, die auch nur annähernd in meinem Preisbereich lagen, waren eine schwarze Standard (die, von der ich hier erzählen möchte) und eine Komische, eine mit braunem Streifen in der Mitte des Korpus und einer Kopfplatte in der gleichen Farbe wie die beiden Korpusflügel links und rechts neben dem dunklen Streifen. Die sah jedoch nicht echt und nach dem aus, was sich in meinem Kopf eingebrannt hatte. Erst viele Jahre später fand ich heraus, dass es sich bei der komischen Les Paul um eine streng limitierte „Restegitarre“ aus dem Jahr 1983 handelte und auf den Namen „Spotlight Special“ hörte (heute ärgere ich mich natürlich über meine damalige Unwissenheit, wenn ich mir anschaue, welche Preise heutzutage dafür aufgerufen werden! Ich wusste es einfach nicht besser. Gab davon mittlerweile gar eine Neuauflage).
Die schwarze Standard sollte 2.200 DM kosten. Und zu der Zeit konnte man noch problemlos seine eigene Gitarre in Zahlung geben. Doch trotz 800 DM für die Studio musste ich die Standard in zwei weiteren Raten abzahlen. Der Aufschlag von 50 DM war natürlich vertretbar. Aber das war mir egal, ich hatte schließlich eine richtige Gibson Les Paul! Sie war zwar das günstigste Standard-Modell, nicht so schön Sunburst, jedoch meine. Und diese Vorliebe hält bis zum heutigen Tage an.
Natürlich änderte ich über all die Jahre die gesamte Hardware, angefangen von den Pickups über die Bridge, das Stoptailpiece usw. An ihr lernte ich das Installieren von Pickups und viel über die Technik einer Gitarre. Mit der Zeit und der Anschaffung weiterer Gitarren trat sie allerdings allmählich in den Hintergrund. Ein wesentlicher Grund hierfür war, dass auch nach Jahren hauptsächlich der Halslack gerade bei etwas höheren Außentemperaturen klebrig wirkte. Dieses Phänomen kennen wohl viele Les Paul-Besitzer früherer Modelle.
Mein vergeblicher Versuch hin zu einer alt aussehenden Standard
Angefixt durch die vielen Fotos, die man im Netz von alten Les Paul´s finden kann, versuchte ich dem natürlich nachzueifern. Die erste Maßnahme bestand darin, sie zu Bassart in Braunschweig zu senden, um ihr ein altes Aussehen zu verschaffen, sprich, sie agen zu lassen. Doch leider misslang dieser Versuch auf Grund der Hartnäckigkeit bzw. der Weichheit des Lacks. Es wollten sich keine schönen Haarrisse einstellen. Wen wundert´s?
Der zweite Anlauf sah das Mattieren des Lacks vor. Dies gelang auch, nur gefiel es mir nach kurzer Zeit nicht mehr und so wurde sie wieder entsprechend aufpoliert. Die böseste und vielleicht auch dämlichste Darbietung bestand im künstlichen „Anbringen“ von Lackrissen mittels Skalpell. Auch das sagte mir nur kurze Zeit zu, um doch bei jedem Blick auf sie zu denken „Ich Depp aber auch!“. Ich wünschte mir ihren ursprünglichen Look zurück.
Das Erwachen von Dornröschen
Dank Internet, Verkaufsplattformen und Foren lernt man überall Gleichgesinnte kennen. Manche begleiten einen nur kurz, andere dagegen über einen langen Zeitraum.
So ein Kollege sollte auch für die weitere Entwicklung meiner Standard wichtig werden. Er berichtete mir eines Tages von der Anschaffung einer schlecht geageden Tokai Les Paul, deren Top er kurzerhand abschliff und neu lackiert hatte und das sah verdammt gut aus. In mir stieg der Gedanke auf, ihm meine Standard für eine solche Überarbeitung schmackhaft zu machen. Ich wollte natürlich nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und schrieb ihm, dass ich schon immer wissen wollte, was Gibson anno 1993 unter dem schwarzen Lack versteckt hatte. War es ein unansehnliche Top, das nur eine deckende Lackierung zuließ oder sollte sie doch eigentlich zu höherem berufen sein. Auf meinen ersten Wink mit dem Zaunpfahl folgte keine wirklich positive Rückmeldung. Doch ein paar Tage später schrieb er mir, dass er ebenfalls gerne wissen wollte, was sie zu bieten hat und er den Job gerne übernehmen würde. Daraufhin zögerte ich keine Minute und sendete ihm meine Standard zu.
Unter dem Lack
…doch bis es soweit war, musste sich mein Kumpel durch jede Menge widerstandsfähigen Lack kämpfen „Hab jetzt bereits mehr Schleifpapier nur für das Top, als für die ganze Tokai verbraucht! Was ist das denn für ein Zeug?“, war sein erster Kommentar. Ja, Gibson wollte wohl vermeiden, dass es irgendwann zu den im allgemeinen ungern gesehen Rissen im Lack kam und sich wohlmöglich einer Flut von Nachbesserungsaufforderungen gegenüber sah.
Gibson verwendete damals bereits Lacke, bei denen es sich nur noch dem Namen nach um Nitrolacke handelt. Florian Jäger schätze bei der damaligen Überarbeitung meiner Gibson Les Paul Goldtop R7 den Nitroanteil gerade mal auf 3 – 5 % und deswegen darf Gibson weiterhin von Nitrolack sprechen. Dieser scheint auch nach nunmehr 23 Jahren noch nicht ausgehärtet zu sein (siehe klebriger Halsrücken).
Nach der ganzen mühsamen Arbeit kam ein, ich würde es Plaintop+ zum Vorschein. Nicht extra aufregend, aber auch nicht extra langweilig. Keine böse Überraschungen in Form vom dunklen Stellen oder welchen, die darauf schließen ließen, dass dieser Standard alleine wegen ihrem Aussehen ein Dasein als deckend lackierte Les Paul beschieden war. Die Mär, dass sich bei Gibson unter deckenden Lackierungen entsprechend aussehendes Holz versteckt, kann zumindest meine widerlegen.
Erfreulicherweise zeigte sich der Mahagonikorpus einteilig. Ein Umstand, der mich jedoch nicht unbedingt überraschte, wusste ich doch, dass Gibson dies sehr häufig in den 1990ern vorkam (meine beiden 2015er Classic und Deluxe weisen jeweils zweiteilige Korpus auf). Immerhin war es auch die Zeit, in der Gibson, bedingt durch die Norlin-Ära wieder Boden gutmachen musste und die neue Geschäftsleitung wollte diesbezüglich klotzen und nicht kleckern.
Die neue Farbe
Ich dachte mir „Dunkle Les Paul´s besitze ich bereits, warum nicht mal einen helleren Farbton?“. Vor Jahren favorisierte ich Lemon Drop, doch das finde ich mittlerweile langweilig. Bourbon Burst? Einer meiner Lieblingsfarben, aber wieder recht dunkel. Und so kam ich nach ein wenig Blättern im Netz auf Honey Sunburst. Das sieht doch auch sehr gefällig aus. Mein Kumpel meinte, dass das für ihn kein Problem darstellen würde und so war schnell eine Les Paul gefunden, die als Vorlage dienen sollte.
Bei der Korpus- und Halsrückseite waren wir uns schnell einig, dass hier kein Lack verwendet, sondern einfach nur mit Nitrogrundierung und –lack gearbeitet werden sollte. Die Vorderseite (das Top) wurde zuerst komplett gelb gebeizt, am Rand erfolgte ein zweiter Durchgang mit Orange, dem wiederum ein brauner Auftrag folgte. Die komplette Verwandlung von der schwarzen hin zur neuen Honey Burst Les Paul könnt Ihr hier finden.
Der Tone & der neue Tone
Klangtechnisch fiel die Standard, vielleicht auch aufgrund des einschnürenden Lacks in meinen Ohren schnell gegenüber meiner weiteren Les Paul´s zurück. Es fehlte ihr an deren Spritzigkeit und Detailreichtum. Die Standard klang zwar mächtig, aber das war es im Großen und Ganzen auch schon. Ein Stück weit belanglos. Mit anderen, als den Stockpickups war sie ebenfalls nicht in der Lage, dieses Manko aufzuholen.
Bei der Pickupwahl wich ich auch ein wenig von der vorherigen Kombination ab, am Neck blieb der PRS Starla X und an die Bridge wanderte ein PRS Metal-Pickup. Ich weiß allerdings nicht, ob ich bei dieser Konstellation bleiben werde. Der Metal-PRS klingt nun mal in einer Doublecut-Gitarre wie z.B. meiner PRS McCarty einfach besser. Aber warten wir das zuerst einmal ab.
Nun ja, nachdem sie von diesem Korsett befreit war, hatte ich eine ganz andere, neue Gitarre vor mir. Ihr Sound ist viel offener und breitbandiger, bissiger und facettenreicher, mit allen Bergen und Täler, die ein Tone so bieten kann. Man spürt förmlich, dass sie mit dem engen schwarzen Kleid nur einen Teil ihrer Möglichkeiten wiedergeben konnte und doch sehr eingeschnürt war. Nun klingt sie mit meinen anderen Les Paul´s auf Augenhöhe. Auch war es recht einfach, einen passenden Pickupeinstellung für sie zu finden. Mit Sicherheit wird hier noch mehr gehen und dann wird ein Wechsel vielleicht doch noch überflüssig.
Das Fazit
Tot geglaubte leben länger! Nicht nur, dass einer Les Paul Sunburst einfach besser, als schwarz steht, nein, nun kann sie auch ihr volles Potential zeigen. Zudem lässt sie sich angenehmer spielen, da das den Spielfluss stoppende Gefühl des Klebehalses nicht mehr vorhanden ist.
Natürlich weiß ich, dass sich solche Maßnahmen, speziell Neulackierungen (und dann vielleicht nicht mal von einem Fachmann) wertmindert auf ein Instrument auswirken, allerdings stand bei ihr die Spielfreude im Vordergrund. Und mal ehrlich, keiner geht wohl davon aus, dass eine 1993er Gibson Les Paul Standard irgendwann einmal zu einem Vintageinstrument reift. Dafür waren die Stückzahlen einfach zu groß und das ist mir auch einerlei. Lieber eine Gitarre, die ich gerne in die Hand nehme und spiele, als eine, bei der ich auf einen nie eintretenden Wertzuwachs baue.
Aus gegebenen Anlass möchte ich einen Review zu der Gitarre schreiben, die sich am zweitlängsten in meinem Besitz befindet. Hierbei handelt es sich um eine Gibson Les Paul Standard aus dem Jahr 1993.
Der Weg zur Standard
Als ich damals noch zu DM-Zeiten anfangen wollte, Gitarre zu spielen, sollte es, da meine bevorzugte Musikrichtung Metal war auch eine Metal-Gitarre werden, ohne jedoch zu wissen, was das eigentlich ist. „Ein Bekannter von mir verkauft eine Gitarre, den kann ich ja mal fragen, was sie kostet!“ meinte ein Kumpel auf einer Party zu mir – „Ja, mach das mal klar und bring mir das Teil mit!“. Ein paar Tage später kam er mit einem Hohner L75 Les Paul bei mir vorbei.
„Was´n das? Das doch keine Metal-Gitarre! Die sieht ja wie so ne olle Klampfe aus. Sowas spielen doch die Metal-Cracks nicht!“ war mein erster Gedanke. Nun gut, sie war günstig und sollte mit einem bereits recht abgehalfterten Koffer 180 DM kosten. Aus Mangel an Alternativen (eBay & Konsorten waren noch nicht erfunden) und weil sie schon vor mir lag, wickelten wir den Deal ab. Ich begann also und mit der Zeit gefiel sie mir doch wirklich gut. Ich konnte noch nicht wissen, dass bei Metal hauptsächlich Humbucker (was ist das denn wieder?) Gitarren zum Einsatz kamen. Ja, die ist doch eigentlich prima. Und so begann ich mich mit dem Modell genauer auseinander zu setzen und erfuhr recht schnell, dass es sich dabei um einen Les Paul-Nachbau handelte und das Original von einer Firma Namens Gibson stammt. „Uh, die sind aber teuer..!“ So war zuerst nicht daran zu denken, irgendwann einmal eine echte Gibson zu besitzen.
Berufsbedingt kam ich immer wieder mit Außendienstmitarbeitern zusammen und mit der Zeit spricht man auch manches Private. Und ehe ich mich versah, meinte einer dieser Außendienstler zu mir „Ich hab Beziehungen zu Amerikanern von der Airbase. Vielleicht kommen die an sowas ran!“. Und in der Tat erhielt ich ein paar Wochen später eine schwarze Gibson Les Paul Studio mit verchromter Hardware für 1.000 DM. Irre, ne Gibson – ich war stolz wie sonst was!
Aber natürlich „arbeitete“ ich mich weiter in die Materie ein und stellte schnell fest, dass es noch andere, weit aus schönere Modelle, als die Studio gab, welche mit weißem Rand um den Korpus und Hals. Mann, die sahen ja viel besser aus… Mittlerweile kannte ich auch einen Musikladen in meiner Gegend, dem ich einen Besuch abstattet und die tollen Modelle in live sehen konnte. Die einzigen Gibson, die auch nur annähernd in meinem Preisbereich lagen, waren eine schwarze Standard (die, von der ich hier erzählen möchte) und eine Komische, eine mit braunem Streifen in der Mitte des Korpus und einer Kopfplatte in der gleichen Farbe wie die beiden Korpusflügel links und rechts neben dem dunklen Streifen. Die sah jedoch nicht echt und nach dem aus, was sich in meinem Kopf eingebrannt hatte. Erst viele Jahre später fand ich heraus, dass es sich bei der komischen Les Paul um eine streng limitierte „Restegitarre“ aus dem Jahr 1983 handelte und auf den Namen „Spotlight Special“ hörte (heute ärgere ich mich natürlich über meine damalige Unwissenheit, wenn ich mir anschaue, welche Preise heutzutage dafür aufgerufen werden! Ich wusste es einfach nicht besser. Gab davon mittlerweile gar eine Neuauflage).
Die schwarze Standard sollte 2.200 DM kosten. Und zu der Zeit konnte man noch problemlos seine eigene Gitarre in Zahlung geben. Doch trotz 800 DM für die Studio musste ich die Standard in zwei weiteren Raten abzahlen. Der Aufschlag von 50 DM war natürlich vertretbar. Aber das war mir egal, ich hatte schließlich eine richtige Gibson Les Paul! Sie war zwar das günstigste Standard-Modell, nicht so schön Sunburst, jedoch meine. Und diese Vorliebe hält bis zum heutigen Tage an.
Natürlich änderte ich über all die Jahre die gesamte Hardware, angefangen von den Pickups über die Bridge, das Stoptailpiece usw. An ihr lernte ich das Installieren von Pickups und viel über die Technik einer Gitarre. Mit der Zeit und der Anschaffung weiterer Gitarren trat sie allerdings allmählich in den Hintergrund. Ein wesentlicher Grund hierfür war, dass auch nach Jahren hauptsächlich der Halslack gerade bei etwas höheren Außentemperaturen klebrig wirkte. Dieses Phänomen kennen wohl viele Les Paul-Besitzer früherer Modelle.
Mein vergeblicher Versuch hin zu einer alt aussehenden Standard
Angefixt durch die vielen Fotos, die man im Netz von alten Les Paul´s finden kann, versuchte ich dem natürlich nachzueifern. Die erste Maßnahme bestand darin, sie zu Bassart in Braunschweig zu senden, um ihr ein altes Aussehen zu verschaffen, sprich, sie agen zu lassen. Doch leider misslang dieser Versuch auf Grund der Hartnäckigkeit bzw. der Weichheit des Lacks. Es wollten sich keine schönen Haarrisse einstellen. Wen wundert´s?
Der zweite Anlauf sah das Mattieren des Lacks vor. Dies gelang auch, nur gefiel es mir nach kurzer Zeit nicht mehr und so wurde sie wieder entsprechend aufpoliert. Die böseste und vielleicht auch dämlichste Darbietung bestand im künstlichen „Anbringen“ von Lackrissen mittels Skalpell. Auch das sagte mir nur kurze Zeit zu, um doch bei jedem Blick auf sie zu denken „Ich Depp aber auch!“. Ich wünschte mir ihren ursprünglichen Look zurück.
Das Erwachen von Dornröschen
Dank Internet, Verkaufsplattformen und Foren lernt man überall Gleichgesinnte kennen. Manche begleiten einen nur kurz, andere dagegen über einen langen Zeitraum.
So ein Kollege sollte auch für die weitere Entwicklung meiner Standard wichtig werden. Er berichtete mir eines Tages von der Anschaffung einer schlecht geageden Tokai Les Paul, deren Top er kurzerhand abschliff und neu lackiert hatte und das sah verdammt gut aus. In mir stieg der Gedanke auf, ihm meine Standard für eine solche Überarbeitung schmackhaft zu machen. Ich wollte natürlich nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und schrieb ihm, dass ich schon immer wissen wollte, was Gibson anno 1993 unter dem schwarzen Lack versteckt hatte. War es ein unansehnliche Top, das nur eine deckende Lackierung zuließ oder sollte sie doch eigentlich zu höherem berufen sein. Auf meinen ersten Wink mit dem Zaunpfahl folgte keine wirklich positive Rückmeldung. Doch ein paar Tage später schrieb er mir, dass er ebenfalls gerne wissen wollte, was sie zu bieten hat und er den Job gerne übernehmen würde. Daraufhin zögerte ich keine Minute und sendete ihm meine Standard zu.
Unter dem Lack
…doch bis es soweit war, musste sich mein Kumpel durch jede Menge widerstandsfähigen Lack kämpfen „Hab jetzt bereits mehr Schleifpapier nur für das Top, als für die ganze Tokai verbraucht! Was ist das denn für ein Zeug?“, war sein erster Kommentar. Ja, Gibson wollte wohl vermeiden, dass es irgendwann zu den im allgemeinen ungern gesehen Rissen im Lack kam und sich wohlmöglich einer Flut von Nachbesserungsaufforderungen gegenüber sah.
Gibson verwendete damals bereits Lacke, bei denen es sich nur noch dem Namen nach um Nitrolacke handelt. Florian Jäger schätze bei der damaligen Überarbeitung meiner Gibson Les Paul Goldtop R7 den Nitroanteil gerade mal auf 3 – 5 % und deswegen darf Gibson weiterhin von Nitrolack sprechen. Dieser scheint auch nach nunmehr 23 Jahren noch nicht ausgehärtet zu sein (siehe klebriger Halsrücken).
Nach der ganzen mühsamen Arbeit kam ein, ich würde es Plaintop+ zum Vorschein. Nicht extra aufregend, aber auch nicht extra langweilig. Keine böse Überraschungen in Form vom dunklen Stellen oder welchen, die darauf schließen ließen, dass dieser Standard alleine wegen ihrem Aussehen ein Dasein als deckend lackierte Les Paul beschieden war. Die Mär, dass sich bei Gibson unter deckenden Lackierungen entsprechend aussehendes Holz versteckt, kann zumindest meine widerlegen.
Erfreulicherweise zeigte sich der Mahagonikorpus einteilig. Ein Umstand, der mich jedoch nicht unbedingt überraschte, wusste ich doch, dass Gibson dies sehr häufig in den 1990ern vorkam (meine beiden 2015er Classic und Deluxe weisen jeweils zweiteilige Korpus auf). Immerhin war es auch die Zeit, in der Gibson, bedingt durch die Norlin-Ära wieder Boden gutmachen musste und die neue Geschäftsleitung wollte diesbezüglich klotzen und nicht kleckern.
Die neue Farbe
Ich dachte mir „Dunkle Les Paul´s besitze ich bereits, warum nicht mal einen helleren Farbton?“. Vor Jahren favorisierte ich Lemon Drop, doch das finde ich mittlerweile langweilig. Bourbon Burst? Einer meiner Lieblingsfarben, aber wieder recht dunkel. Und so kam ich nach ein wenig Blättern im Netz auf Honey Sunburst. Das sieht doch auch sehr gefällig aus. Mein Kumpel meinte, dass das für ihn kein Problem darstellen würde und so war schnell eine Les Paul gefunden, die als Vorlage dienen sollte.
Bei der Korpus- und Halsrückseite waren wir uns schnell einig, dass hier kein Lack verwendet, sondern einfach nur mit Nitrogrundierung und –lack gearbeitet werden sollte. Die Vorderseite (das Top) wurde zuerst komplett gelb gebeizt, am Rand erfolgte ein zweiter Durchgang mit Orange, dem wiederum ein brauner Auftrag folgte. Die komplette Verwandlung von der schwarzen hin zur neuen Honey Burst Les Paul könnt Ihr hier finden.
Der Tone & der neue Tone
Klangtechnisch fiel die Standard, vielleicht auch aufgrund des einschnürenden Lacks in meinen Ohren schnell gegenüber meiner weiteren Les Paul´s zurück. Es fehlte ihr an deren Spritzigkeit und Detailreichtum. Die Standard klang zwar mächtig, aber das war es im Großen und Ganzen auch schon. Ein Stück weit belanglos. Mit anderen, als den Stockpickups war sie ebenfalls nicht in der Lage, dieses Manko aufzuholen.
Bei der Pickupwahl wich ich auch ein wenig von der vorherigen Kombination ab, am Neck blieb der PRS Starla X und an die Bridge wanderte ein PRS Metal-Pickup. Ich weiß allerdings nicht, ob ich bei dieser Konstellation bleiben werde. Der Metal-PRS klingt nun mal in einer Doublecut-Gitarre wie z.B. meiner PRS McCarty einfach besser. Aber warten wir das zuerst einmal ab.
Nun ja, nachdem sie von diesem Korsett befreit war, hatte ich eine ganz andere, neue Gitarre vor mir. Ihr Sound ist viel offener und breitbandiger, bissiger und facettenreicher, mit allen Bergen und Täler, die ein Tone so bieten kann. Man spürt förmlich, dass sie mit dem engen schwarzen Kleid nur einen Teil ihrer Möglichkeiten wiedergeben konnte und doch sehr eingeschnürt war. Nun klingt sie mit meinen anderen Les Paul´s auf Augenhöhe. Auch war es recht einfach, einen passenden Pickupeinstellung für sie zu finden. Mit Sicherheit wird hier noch mehr gehen und dann wird ein Wechsel vielleicht doch noch überflüssig.
Das Fazit
Tot geglaubte leben länger! Nicht nur, dass einer Les Paul Sunburst einfach besser, als schwarz steht, nein, nun kann sie auch ihr volles Potential zeigen. Zudem lässt sie sich angenehmer spielen, da das den Spielfluss stoppende Gefühl des Klebehalses nicht mehr vorhanden ist.
Natürlich weiß ich, dass sich solche Maßnahmen, speziell Neulackierungen (und dann vielleicht nicht mal von einem Fachmann) wertmindert auf ein Instrument auswirken, allerdings stand bei ihr die Spielfreude im Vordergrund. Und mal ehrlich, keiner geht wohl davon aus, dass eine 1993er Gibson Les Paul Standard irgendwann einmal zu einem Vintageinstrument reift. Dafür waren die Stückzahlen einfach zu groß und das ist mir auch einerlei. Lieber eine Gitarre, die ich gerne in die Hand nehme und spiele, als eine, bei der ich auf einen nie eintretenden Wertzuwachs baue.
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