Stimmplatten im Wachs verrutscht - was nun?

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Habe mich gewundert, warum meine Atlantic VI Deluxe soviel Luft benötigt, wenn gespielt wird. Also aufgemacht und nachgeschaut:

Stimmplatten.jpg

Wie man gut sehen kann, haben sich auf dem Bildausschnitt drei Stimmplatten nach unten verschoben. Insgesamt sind es noch einige mehr. Da, wo die Abstände gering waren, konnte ich den entstandenen Spalt mit Wachs verschießen. Aber bei mehr als 1mm bin ich ratlos.

Sicher, zum Doktor damit und Konto plündern - oder gibt es preiswertere Therapie-Ideen? Einen Lötkolben habe ich und zwei geschickte Hände auch.

Lasst mich nicht hängen.
Leo

PS: Sind das Artist Gold Stimmplatten?
 
Eigenschaft
 
Sind das Artist Gold Stimmplatten?

Ja.

Die Frage ist, warum die Stimmplatten verutscht sind. Denn normal machen die das nicht!

Ist das Instrument mal ne weile im Auto in der Sonne gestanden oder mal so zu warm geworden, oder ist das Instrument seit Urzeiten nicht mehr überholt worden.

Davon hängt es ein bischen ab, wie man vorgeht.


Ist das Instrument zu warm geworden - Schande über den Täter!
Das Wachs verliert so ab ca. 40 Grad zunehmend und massiv an seinen Klebeeigenschaften und wird weich. Wenn dem so war - die Stimmplatten vorsichtig aus dem Wachsbett hebeln an die alte Stelle bis an die Stimmstocksohle rücken und mit neuem Wachs vergießen. soqweit man erkennen kann wurde mit dem Wachs eh etwas sparsam ungegangen - da dürfte gerne insgesamt etwas mehr drauf sein - hält dann gleich nochmal ne Ecke besser.

Als Wachs solltest du dir aber tunlichst richtiges Stimmplattenwachs besorgen. Findest du über s Internet oder über Hohner direkt - auf derHomepage unter Service findet sich eine Ersatzteilliste und auch die Telefonnummern des Service, wo man das dann bestellen kann - kostet nicht die Welt. Kerzenwachs oder ähnliches solltest du sein lassen - das hat nicht die speziellen Klebeeigenschaften, die hierfür notwendig sind.

Umgang und Erfahrung mit dem Lötkolben hast du ja. Die Stimmzungen und die Ventile nicht unnötig anfassen. Die Stimmzungen sehen noch recht gut aus und die Ventile liegen noch sauber an - wäre schade, wenn die bei der Aktion was abbekommen würden.

Anders sieht es aus, wenn das Wachs schon alt ist. Lässt sich erkennen, wenn man die Stimmpaltten genau anschaut und sieht, dass am Rand zwischen Stimmplatte und Wachs eine kleine Ritze /Fuge sichtbar ist und/oder das Wachs an den Stellen auch schon leicht abblättert. Dann hilft es nicht viel, wenn einfach nur nach gewachst wird. Dann solltest du zuerst das alte Wachse möglichst gut entfernen und dann erst mit neuem Wachs nachgießen. Das alte Wachs ist einfach alt und klebt nicht mehr und eine Mischung aus altem Wachs und neuem Wachs gibt lediglich eine zweifelhafte Mischung deren Wirkung nicht genau vorhersagbar ist - ist einfach schade um die Arbeit.

Wenn du mit dem Lötkolben arbeiten willst - regelbar? wenn ja - Temperatur am besten bis 180 Grad eisntellen. Mehr ist für das Wachs schädlich. das Wachs dann am besten in kleine Schnipsel schneiden, so dass man immer kleine Stücke einschmelzen kann. - Lässt sich einfach so besser handhaben und die Sauerei ist besser im Griff zu behalten. ... Denn: Das Stimmplattenwachs klebt wie die Sau und mit Vorliebe dort, wo es gar nicht hin soll!

Also - wenn du das Geld für den Instrumentenmacher sparen magst und etwas risikofreudig und obendrein geschickt bist - los gehts!
Ansonsten ist auch von Vorteil, ob man eventuell auch damit klarkommt, wenns n bissl daneben geht und nicht auf Anhieb so gut funktioniert. Denn n bissl Übung ist gut und es ist gerade hier noch kein Meister vom Himmel gefallen!:redface:

Gruß, maxito
 
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@maxito

Danke für die ausführlichen Tipps.

Da die Stimmplatten der Schwerkraft gefolgt sind, vermute ich auch, dass Atlantic mal recht warm geworden ist.

Gestern habe ich eine Stimmplatte "herausgehebelt". Vorher natürlich das Wachs entfernt. Du schreibst ja, dass es klebt wie Sau - jetzt weiss ich was du damit meinst. Ist das wirklich Wachs?? Es handelt sich bei dem Instrument sicher um ein reparaturtechnisch jungfräuliches Akkordeon. Also muss dass Wachs ja mindestens 52 Jahre alt sein. Es ist so zäh und schwer zu entfernen, dass es mich eher an frisches Baumharz erinnert. Anfangs glaubte ich sogar an einen silikonartigen Kleber, aber der würde ja nicht schmelzen. Jedenfalls hat dass Zeug keine Ähnlichkeit mit Kerzenwachs, weder Biene noch Stearin.

Danke und Gruß,
Leo
 
Es ist so zäh und schwer zu entfernen, dass es mich eher an frisches Baumharz erinnert.

Das ist mal ein netter Vergleich! Der trifft in der Beschreibung aber den Zustand recht gut!

Nachdem in deiner Atlantik noch die Artiste Gold Platten drin sind, hab ich schon vermutet, dass das Instrument aus den früheren Bauserien ist.

Von daher hast du eh Glück, denn die Mischung, die Hohner verwendet um seine Stimmpaltten einzuwachsen hat eine recht gute Langlebigkeit und bleibt sehr lange zäh. Dieses "zäh" ist die wichtigste Eigenschaft, die das Wachs auf Dauer benötigt.

Dass das Wachs so klebt wie es soll, liegt an der Mischung , was da alles reingewerkelt wird. Grundbestandteil ist zumindest bei Hohner Bienenwachs (oder was bienenwachsähnliches) denn es riecht im frischen Zustand eindeutig nach Bienenwachs. Und dann werden verschiedene weitere Bestandteile reingemischt, um das Zeug auf Dauer klebrig zu erhalten. Da haben auch viele eingefleischte Instrumentenmacher ihr persönliches Geheimrezept, was da an Mixtur verwendet wurde.

Aber iiiiiiirgendwann wird jedes Stimmplattenwachs alt und die zähen Bestandteile verflüchtigen sich und das Wachs wird hart und bröckelig - und dann fallen die Stimmplatten buchstäblich ab. Und spätestens dann ist eine Generalüberhoung der Stimmstöcke fällig.

Deshalb ja auch der Hinweis - denn wenn man nicht sakrisch aufpasst, dass man das Wachs dort behält, wo es sein soll - Das Zeug klebt echt unglaublich (an allem und überall!)!

Gruß, maxito
 
Hallo LeoDiLemma,
da ich solche Atlantics schon gesehen habe, muß ich der Aussage mit dem Wachs widersprechen. Im Normaltemperaturbereich ist das Zeug hart wie Plastik.
Wie es auf Wärme reagiert habe ich Gott sei Dank noch nich erfahren. man müßte vielleicht mal bei Hohner direkt anrufen.
Denke, daß es bei hoherTemperatur unempfindlicher als Wachs ist.
Ich würde mit Lötkolben die Stimmplatte als Wärmebrücke benutzen, um dann die Platte verschieben zu können, den Rest mit Sekundenkleber.
Viel Erfolg.
 
Ich würde mit Lötkolben die Stimmplatte als Wärmebrücke benutzen

Da wäre ich nu vorsichtiger damit - denn die Ventile sehen noch recht gut aus, sind aber aus Kunststoff, soweit ich das erkennen kann. Wenn die nun zu warm werden, dann fangen die an wellig zu werden und dann kann man die auch wegschmeißen. Da reicht schon der heiße Lötkolben und dessen Abstrahlwärme zu lange knapp über dem Ventil.

Denke, daß es bei hoherTemperatur unempfindlicher als Wachs ist.

Es ist definitiv eine Mischung auf Wachsbasis - glaubs einfach - iss so! Wirklich! Und die wird, wenn se warm wird auch sehr flüssig - eben wie Wachs.... und Sekundekleber brauchts an der Stelle wirklich nicht - mit frischem Einlegwachs lässt sich das perfekt reparieren.

Wenn das Wachs schon älter ist, dann fühlt es sich glatt und "normal" an - kann sich auch durchaus "plastikartig" anfühlen. Die Oberfläche ist meist auch schon etwas mit Staub "abgebunden" (sieht man nicht, iss aber trotzdem drauf) und das verhindert dann ds direkte Kleben, wenn man drauf fasst.
Wenn das Wachs dann , wenn man dran schabt auch noch wegkrümelt, dann ist es definitiv alt, hart und nicht mehr klebend ... und dann hält es die Stimmplatte auch nicht mehr sicher im Bett. In der Art hatte ich unlängst zwei VOX 4P zum reparieren. Und bei denen sind wirklich bei Sforzato ein paar Stimmplatten rausgeflogen. Zuvor hat es nur so merkwürdig "geklirrt" wenn man lauter spielte. Das Wachs war definitiv nicht mehr zu gebrauchen und die Platten mussten neu eingewachst werden. Ein Beispiel einer Stimmplatte, mit sehr altem Wachs habe ich im Anhang beigefügt.

Richtig weich wird das Wachs so langsam aber sicher ab ca. 40 bis 50 Grad . Weiß ich sicher, da ich, um die Stimmplatte besser rauszubekommen, die Stimmplatte mit dem Lötkolben etwas anwärme - so ca. 30 bis 40 Grad (mit der Lötkolbbenspitze vorne auf das Stimmplattenende draufgedrückt - an der Seite, wo kein Ventil ist). Dann lässt die sich butterweich und ganz leicht aus dem Wachsbett rausheben.

Und wenn das Akkordeon noch wärmer wird, dann wird das Wachs definitiv weich , bis sogar flüssig. So ein Beispiel hat mir mein alter Akkobauer mal gezeigt, als ich wieder mit Akko spielen anfing. War ne Morino IVM, die der Besitzer im Sommer nen Nachmittag lang im Auto in der Sonne abgestellt hatte. Da ist das Wachs definitiv und absolut überall hingelaufen. Die Kiste war schlicht weg kaputt!. Nicht umsonst gab es in früheren Zeiten die sogenannte "Tropenausführung" für Akkos, die in warme Länder geliefert wurden. Da waren die Stimmplatten eingeleimt! (Helmitin hieß glaub ich das Zeug)

Und in dem "leicht angewärmten" Zustand wird das grade eben noch racht harmlos wirkende Wachs schon klebriger.( Merkt man, wenn man einen Krümel am Finger hat und nicht gleich bemerkt). Und wenn man frisches Stimmplattenwachs aufgebracht hat, und den Stimmstock mit dem Wachs irgendwo drauflegt, dann klebt das schon nach kurzer Kontaktzeit leicht an. Beim einwachsen kommen leicht mal Tropfen auch wo anders hin ... und die haben dann schon eine lästige Klebeneigung.

Die Eigenschaften des Wachses sollte man sich ganz einfach zu Herzen nehmen und beachten, wenn man damit rumwerkelt, dann passiert eigentlich nix dabei und alles ist eigentlich kein großes Problem - Die ganze Welt arbeitet heutzutage ja damit. Der Ärger fängt erst dann an, wenn man zu unbedacht und unvorsichtig mit dem Zeug umgeht. Wenn z.B. kleine Reste unter das Ventil geraten, dann funktioniert der Ton nicht mehr richtig, weil das Ventil nur noch verzögert öffnet, man das Ganze aber erst beim Spielen so richtig merkt. Und solche Mängel hinterher der Reihe nach zu beheben ist einfach ärgerlich, nervend und unnötig und vor allem meist zeitaufwändiger als die eigentliche Einwachserei.

Wenn man aufpasst und sorgfältig arbeitet, ist das alles nicht schlimm und kann sogar Spaß machen. Nur kann einem der Spaß durch Unachtsamkeit halt auch sehr schnell vergällt werden - und das brauchts ja nicht. Nur deswegen wollte ich einfach mal n bisschen schildern, wie sich das Wachs verhält. Denn das Instrument soll ja an sich möglichst schnell wierder spielbereit sein und das Ganze nicht in einen Crashkurs "hardcore Stimmstockreparatur " ausarten.

Gruß, maxito
 

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Hi,
als Übergangslösung kann man mit einem Lötkolben und dem dranklebenden Restwachs die
Stimmplatte nochmal befestigen, wie gesagt zur Not geht das auch,

vg
musixman
 
Alles erledigt!

Habe mit der Lötspitze meines Ersa 16 Watt Lötkolbens die flache Seite der Stimmplatten ca. 30 Sekunden lange erwärmt und mit der Klinge eines Schraubendrehers sanften Druck in die entsprechende Richtung ausgeübt und so die Stimmplatte an ihren Platz zurückgeschoben. Erstaunlich, wie einfach das war. Die Stimmplatten sind auch nicht wirklich warm geworden - ich schätze, nicht mehr als 35°C.

Hier im Forum habe ich ja schon einiges zur Atlantic gelesen - nicht immmer positiv. Ich bin jedoch sehr zufrieden. Das ist schon ein ganz anderer Klang als der von den Akkordeons, die ich bisher kannte. Stundent, Concerto und Verdi spielen m.E. nicht in der gleichen Liga.

Danke nocheinmal an alle!

Leo
 

:great:
Ziel erreicht: Spielbarkeit wiederhergestellt, ohne neue Baustellen auf zu machen.

Viel Spaß mit deiner Atlantik!

Vielleicht von Zeit zu Zeit mal kurz kontrollieren, ob auch alls so bleibt, wie s soll, denn auf den Bildern sah das schon nach einer sehr minimalistischen Wachsdicke aus....

Stundent, Concerto und Verdi spielen m.E. nicht in der gleichen Liga.

Nein - das tun sie auch nicht. Da hast du völlig recht.

Aber jetzt wo die Reparatur erledigt ist, hätte mich doch vielleicht ein Bild deines Instruments interessiert ... so rein interessehalber...

Gruß, maxito
 
Das mache ich doch gerne ...

Atlantic4-1.jpg

Atlantic4-2.jpg

Atlantic4-3.jpg

Atlantic4-4.jpg

Das Instrument habe ich von der Schwester eines verstorbenen Musikers gekauft, der damit zu seinem Geburtstag und zu Weihnachten seine Besucher unterhalten hat. Wenn ich den Gesamtzustand der Atlantic beurteile, kann er außerhalb dieser Events nicht allzu häufig darauf gespielt haben.

Liebe Grüße, Leo
 
Zuletzt bearbeitet:
Also muss dass Wachs ja mindestens 52 Jahre alt sein. Es ist so zäh und schwer zu entfernen, dass es mich eher an frisches Baumharz erinnert. Anfangs glaubte ich sogar an einen silikonartigen Kleber, aber der würde ja nicht schmelzen.

Ist zwar schon ne Weile her, dass dieser Faden aktuell war, aber mittlerweile bin ich auch über so ein Akkordeon gestolpert. .. Und zwar war es vor einigen Wochen die Lucia IV von Grafzahl2.

Auch bei der waren diverse Stimmpklatten verrutscht und bei näherer Prüfung hat sich herausgestellt, dass die Stimmplatten tatsächlich nicht mit Wachs eingeklebt waren, sondern mit einer Art Heißkleber. Und dieser Kleber ist im Laufe der Jahre nicht ausgehärtet, sondern zähelastisch geworden, wie unvulkanisierter Gummi. Sowohl die Luica als auch die Atlantik waren so aufgebaut, dass man die industriell mehr oder minder automatisiert fertigen konnte. Zumindest war der Aufbau so, das mit Inustriemethoden gefertigt werden konnte. Und dem stand das Einwachsen als schlecht automatisierbarer Prozess entgegen. Drum vermute ich, dass man die Stimmplatten dann mit einem Heißkleber eingeklebt hat. So ein Heißkleber lässt sich ja sehr genau dosieren und genau aufbringen.

Aber anders als das Wachs , das im Laufe der Zeit hart und spröde wird, ist es wohl so, dass der verwendete Kleber im Laufe der Zeit eher weicher und zähklebriger geworden ist. Und so kann es dann vorkommen, dass Stimmplatten bei langere Lagerung sich gaaaaanz langsam durch die Schwerkraft verschieben und dann eben auch einen Spalt aufweisen.

Das war so sicher nicht geplant - aber es hat auch sicher keiner gedacht, dass die Instrumente nach 30 bis 40 Jahren immer noch ohne Überholung benutzt werden.

Egal wie - wenn man so eine Kiste hat, und der Effekt auftritt, dann hilft nix als das Zeug abkratzen und die Stimmplatten neu (mit Wachs) wieder aufkleben.

Gruß, maxito
 

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