das ist nur um die Grundlagen zum wissenschaftichen Arbeiten zu legen.
Hi Gregor,
das bedingt aber auch eine These, die sich empirisch (und dann reflektiert auf die Dir zugänglichen Quellen plus eigenen Untersuchungen) verifizieren oder falsifizieren läßt.
Die würde mich sehr interessieren.
Ich vermute, dass es um diese Art von Grundlagen und Einübung geht - also dass in dieser Stufe Deiner Ausbildung nicht so sehr die Quantität etc. der empirischen Forschung und der Quellenkunde im Vordergrund steht, verbunden mit der Frage, wie repräsentativ das denn ist, sondern eher die Grundskizzierung, die Anlage der Fragestellung, das Herangehen bei der Überprüfung und die Schlussfolgerungen.
Wenn ich Dich richtig verstanden habe, hast Du eine Art Drei-Schritt vor:
1. Du befragst (unter anderem hier), welche der sich als Führungspersonen einschätzenden Personen (ohne dass für Dich überprüfbar ist, ob diese Selbsteinschätzung zutrifft) welche Musik er oder die bevorzugt.
Dazu brauchst Du und brauchen die Leute, die das beantworten sollen, Kriterien für Führungsperson und Musik. Meinst Du mit Musik ein bestimmtes Genre wie Blues, Jazz oder Hard Core oder eine bestimmte Einstufung von Musik: leicht, beschwingt vs. entspannend, kontemplativ vs. Tanzmusik vs. schnelle, laute, "harte" Musik. Was machst Du mit Leuten, die unterschiedliche Musik hören? Willst Du dann die Verhältnisse wissen (überwiegend, bevorzugt etc.), in denen sie dies hören oder eher die Stimmung oder eher die Situationen, in der sie das hören?
Was ist mit Leuten, die mal Führungskräfte waren, aber jetzt keine mehr sind? Sollen die antworten und sollen die dann sagen, welche Musik sie zu der Zeit gehört haben als sie Führungskräfte waren?
Problem: Selbsteinschätzungsfähigkeit bzw. vermutete soziale Erwartungshaltung der Antwortenden.
Problem: Welche anderen Kriterien erfaßt Du noch bzw. nicht? Vielleicht spielt das Alter eine viel größere Rolle als die Tatsache, Führungskraft zu sein? Vielleicht die Herkunft, vielleicht die Bildung, vielleicht das Geschlecht? Was, wenn - wie in Deutschland der Fall - der überwiegende Anteil der in höheren Positionen arbeitenden Leute aus einem schichtspezifischen Elternhaus kommt, das ebenfalls über hohe Bildung und hohes Einkommen verfügte und das (also Bildung bzw. Einkommen) viel mehr Einfluss auf den Musikgeschmack hat als die Tatsache, dass diese Leute als Führungskräfte arbeiten?
Empirisch wirst Du dann die Bestätigung bekommen, dass Deine befragten Führungskräfte eine bestimmte Musik hören (wenn wir mal für einen Moment annehmen, das sei so) und dies wird als Bestätigung Deiner These ausgelegt, obwohl die eigentliche Ursache für den Musikgeschmack Bildung oder Einkommen ist. (Kennt man auch in Form des Beispiels von einem statistisch übereinstimmenden hohen Vorkommen von Störchen und einer hohen Geburtenrate - obwohl man sich einig ist, dass nicht die Störche die Kinder bringen ...)
2. Studien zum Thema "Was haben verschiedene Musikrichtungen mit Charaktereigenschaften zu tun?", um daraus die Ergebnisse Deiner empirischen Kleinstudie mit anderen empirischen Studien vergleichen zu können.
Warum nicht die Fragestellung: Was haben verschiedene Charaktereigenschaften mit verschiedenen Musikrichtungen zu tun?"
Siehst Du darin einen Unterschied oder nicht?
Problem: Mögliche Unterschiede in den Definitionen von Musikgeschmack und Charaktereigenschaften.
Interessant wäre ja, mal zu gucken, ob eigentlich Leute mit bestimmten Charaktereigenschaften sich bestimmte Berufe suchen oder ob Leute, die bestimmte Berufe anstreben, bestimmte Charaktereigenschaften entwickeln, um dort bestehen zu können oder erfolgreich zu sein.
Heißt auch: geht es Dir eigentlich um "feststehende" Persönlichkeitsmerkmale (aggressiv, extrovertiert vs introvertiert) oder um erlernbare Eigenschaften (wie etwa Disziplin, Ausdauer, Lösungsorientierung)?
3) Was eben dazu führt, dass Du destillieren oder zumindest übernehmen möchtest, welche Eigenschaften (Charakter? Person? Verhalten?) eine Führungsperson aufweisen sollte oder muss.
Mal eine steile These: Was, wenn es erfolgreiche Führungspersonen mit ganz unterschiedlichen Persönlichkeitsmerkmalen gäbe, aber einem ähnlich ausgeprägten Profil von Verhalten?
Könntest Du das unterscheiden? Käme es Dir darauf an?
Und noch mal ganz zum Schluss eine schöne, steile Gegenthese: Es kommt nicht darauf an, was die Leute für Musik hören, wenn sie Führungsleute sind. Sondern es kommt auf die Musik an, die sie gehört haben,
bevor sie Führungsleute wurden. Denn durch das Hören einer bestimmten Musik haben sie die Eigenschaften entwickelt, die sie als Führungsleute brauchen und diese Musik hat in ihnen den Wunsch geweckt, Führungsleute zu werden.
Die Musik, die Führungsleute hören, wenn sie einmal Führungsleute sind, ist eine ganz andere Musik.
Herzliche Grüße
x-Riff