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Statt Tutorial: Ab wann lohnt sich für Livebands die GEMA-Mitgliedschaft? Aktuelle INKA-Zahlen 04/15

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rockbuerosued
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Bin lange aus beruflichen und Zeitgründen nicht mehr hier gewesen. Aber evtl. könnte es ein paar von Euch interessieren. Nachdem seit ein paar Tagen die GEMA-Ausschüttungszahlen für Livekonzerte (Aufführungsrecht) sprich die INKA-Ausschüttung für 2014 bekannt ist/sind, haben wir hier ein paar Berechnungsbeispiele für selbstaufführende Autoren (Newcomer bis Mittelklasseacts) als eine Art Tutorial online gestellt (inkl. diverser pdf-files mit Rechenbeispielen).

Wen interessiert, was die Veranstalter an die GEMA-Lizenzgebühren bezahlen und was in den unteren 8 Ausschüttungssegmenten netto bei den Autoren ankommt, der findet ebenfalls diverse Zahlenbeispiele.

Hier der Textlink zum Artikel auf unserer allmusic.de-Website:
https://www.allmusic.de/module.php5?fid=7&ident=334&mod=vorlagen

BG
Bernd Schweinar / Rock.Büro SÜD
 
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Welcome back to MB! :great:

Das klingt interessant, was Du schreibst, aber ich verstehe nicht alles in den Tabellen:

Was sind: Segment, M-Zuschlag, PA%, U-Punktwert, Punktwert €?
Würde mich über eine Erklärung freuen.

Viele Grüße,
McCoy
 
Gerne!
Hinter der Berechnungsformel der GEMA steckt eine Menge verwirrendes "Zeugs", weswegen ich das mal nicht ausführlicher erläutert habe. Das hält auch viele Autoren davon ab, "ihre" GEMA-Abrechnung "zu begreifen".
Kann ich aber gerne machen.

Segment:
Die GEMA hat 2012 das frühere PRO-Verfahren auslaufen lassen und rechnet seit 1.1.2013 nach dem so genannten INKA-Verfahren ab. Das ist die Abkürzung für "Inkassobezogenes Abrechnung".
Während bei PRO früher nach einer Matrix abgerechnet wurde (knapp gesprochen: wie oft wurde ein Titel in 12 Monaten in den 12 Bezirksdirektionsbereichen der GEMA aufgeführt = maximale Matrix war demzufolge 12 x 12 = 144 Punkte) und damit auch Autoren/Bands steuern konnen, wo sie auftreten "mussten", um ihre Punktzahl zu steigern, rechnet INKA jetzt völlig anders ab.
Die GEMA hat das Inkasso in Einnahmegruppen unterteilt (die nachfolgenden €-Beträge beziehen sich jeweils auf eine einzelne Veranstaltung bzw. deren Lizenzzahlung an die GEMA:
Segment 1: alle Einnahmen, die nicht zugeordnet werden können (für die Ausschüttung irrelevant)
Segment 2: alle Zahlungen aus Liveaufführungen unter 50 €
Segment 3: alle Einnahmen aus Liveaufführungen von 50,01 € - 100,00 €
Segment 4: alle Einnahmen aus Liveaufführungen von 100,01 €- 150,00 €
Segment 5: alle Einnahmen aus Liveaufführungen von 150,01 € - 200,00 €
Segment 6: alle Einnahmen aus Liveaufführungen von 200,01 € - 250,00 €
Segment 7: alle Einnahmen aus Liveaufführungen von 250,01 € - 350,00 €
Segment 8: alle Einnahmen aus Liveaufführungen von 350,01 € - 500,00 €
(HINWEIS: diese ersten acht Segmente werden nach zu errechnenden Punktwerten abgerechnet - erkläre ich gleich noch)
***
Segment 9: alle Einnahmen aus Liveaufführungen von 500,01 - 1.000,00 €
Segment 10: alle Einnahmen aus Liveaufführungen von 1.000,00 € - 5.000,00 €
Segment 11: alle Einnahmen aus Liveaufführungen von 5.000,00 € - 10.000,00 €
Segment 12: alle Einnahmen aus Liveaufführungen über 10.000,01 €
(HINWEIS: die Segmente 9 - 12 werden automatisch veranstaltungsbezogen abgerechnet. Das ist quasi die frühere so genannte Direktverrechnung/auch Netto-Einzelverrechnung genannt)

Der Punktwert in den Segmenten bis 8 errechnet sich vereinfacht gesprochen wie folgt:
Die GEMA nimmt z.B. 25 Mio. € bei 1 Mio. Konzerte im Segment 2 (bis max. 50,00 € pro Veranstaltung) ein.
Gleichzeitig werden von Veranstaltern oder Autoren die Musikfolgebögen für diese Veranstaltungen (eindeutig zugeordnet nach Aufführung am genauen Datum im genau definierten Club) eingereicht. Nehmen wir mal an, dass es realistisch für die Hälft, also rund 500.000 Veranstaltungen Musikfolgen gibt, die jeweils 30 aufgeführte Titel beinhalten. Sprich: es liegen 15 Millionen aufgeführte Einzeltitel vor, die per Musikfolge belegt sind.
Dann teilt die GEMA die 25 Mio. € Einnahmen durch 15 Mio. aufgeführtel Einzeltitel.
Daraus ergibt sich ein so genannter Punktwert (PW) von z.B. 0,1667 € pro Titel und Aufführung.
Dieser Wert geht anschließend in eine etwas verquere GEMA-Berechnungsformel ein (wird unten erläutert).

M-Zuschlag:
Zur Ausschüttung kommen im Aufführungsrecht zum einen die soeben beschriebenen Einnahmen, die von Veranstaltern an die GEMA gezahlt werden. Von den Veranstalterzahlungen zieht die GEMA a) ihre Verwaltungskosten ab (2014: 21,8756 %) und b) weitere so genannte Abzüge für kulturelle und soziale Zwecke (10 %). Der Rest ist die Nettolizenzsumme, die zur Ausschüttung an die Autoren gelangt.

Zudem wird im Aufführungsbereich aber auch noch der so genannte "M-Zuschlag" ausgeschüttet. M kommt noch aus dem so genannten "mechanischen Recht" (die traditionelle physische Tonträgerpressung). In früheren Jahren erhielten diesen M-Zuschlag nur Autoren/Künstler, die im Abrechnungsjahr auch einen physischen Tonträger veröffentlicht hatten. Das ist aber seit nunmehr etlichen Jahren geändert und es bekommen alle, deren Werke live aufgeführt wurden, diesen M-Zuschlag. Gespeist wird der M-Zuschlag aus verschiedenen Töpfen (z.B. Einnahmen von Supermärkten, Zahnärzten, aber auch Teile aus dem Rundfunkinkomme - grob gesprochen vieles von dem, was nicht eindeutig der konkreten Abrechnung zuzuordnen ist).

PA %:
PA bedeutet im GEMA-Terminus: "Programm-Abdeckung". Zu deutsch: die Quote der Musikfolgebögen, die der GEMA von allen durchgeführten Liveaufführungen vorgelegt werden.
WICHTIG: Hier verschenken die Autoren das allermeiste Geld, weil die Mehrzahl seit jeher ihre Musikfolgen LEIDER NICHT an die GEMA schickt. Und die GEMA kann dann nichts ausschütten, wenn sie davon keine Kenntnis hat. Eigentlich logisch, aber den Komponisten und Textdichtern offensichtlich nur schwer zu vermitteln. Viele beschweren sich, dass sie nichts bekommen, sind aber im Prinzip selber schuld. Wenn man die Zahlen sieht, wird das um so mehr deutlich - auch bei Bands, die ihre selbstkomponierten Werke nur vor kleinem Publikum aufführen.

Wie den verlinkten Berechnungsbeispielen zu entnehmen ist, liegen der GEMA von allen Livekonzerten in der Regel nur roundabout 40 - 50 % an Musikfolgen vor.
Zu deutsch: die Hälfte der Einnahmen kann nicht regulär den tatsächlich erfolgten Liveaufführungen zugeordnet bzw. ausgeschüttet werden.
Dieses Geld behält die GEMA aber nicht für sich sondern schüttet es nach dem oben beschriebenen Vorgang auf all jene Werke aus, von denen Musikfolgebögen vorliegen.
Das bedeutet, dass es im Augenblick so ist, dass ein aufgeführtes Werk in etwa doppelt so viel ausgeschüttet bekommt, als ihm eigentlich regulär aus den Liveeinnahmen zustehen würde.

U-Punktwert:
Der Punktwert eines Werkes ist seit jeher eines der großen Streitthemen, wenn es um die Unterscheidung zwischen E-Musik (ernster Musik) und U-Musik (Unterhaltungsmusik) geht.
Der Punktwert für U-Musik liegt überaus niedrig bei lediglich 12 Punkten.
Im Vergleich können Klassikwerke im E-Bereich bis maximal 2.400 Punkte je Werk (ist dann aber maximal opulent!) gehen.
Aber die 12 Punkte im Unterhaltungsmusikbereich betreffen ein Werk von Dieter Bohlen genauso, wie eine Death-Metal-Komposition von Hans Meier aus Wacken.

PW (Punktwert aus Liveaufführung und Punktwert aus M-Zuschlag)
Wie sich der Punktwert aus der Liveaufführung errechnet, habe ich oben unter "Segmente" bereits erläutert.
Die Berechnung des Punktwertes beim M-Zuschlag ist GEMA-Interna und auch mir nicht geläufig. Fakt ist, dass bei den Segmenten bis 8 der M-Zuschlag nach einem eigenen Punktwert ausgeschüttet wird. Während bei den Segmenten 9 - 12 auf die Netto-Lizenzzahlung aus der jeweiligen Veranstaltung nochmals ein M-Zuschlag von 20 % der Veranstalterlizenzahlung aufgeschlagen wird.

Berechnungsformel Ausschüttung im Aufführungsrecht JE WERK:
Ausschüttung nach Segmenten (2 - 8):
Anzahl der Aufführungen x 100 / PA (Musikfolgenquote je Segment) x Punktwert U-Musik (12) x Punktwert Aufführungsrecht (im jeweiligen Segment 2 - 8) = Lizenzwert je Titel je Aufführung
Hinzu kommt der M-Zuschlag, der sich ähnlich errechnet:
Anzahl der Aufführungen x 100 / PA (Musikfolgenquote je Segment) x Punktwert U-Musik (12) x Punktwert M-Zuschlag (im jeweiligen Segment 2 - 8) = Lizenzwert je Titel je Aufführung

Es ist kein Wunder, dass viele Autoren/GEMA-Mitglieder bei dieser arg verwirrenden Berechnungsbasis aussteigen und das nicht nachvollziehen wollen! Deshalb hatte ich diesen Block auch im Tutorial bei uns weggelassen. Aufgrund Deiner Nachfrage habe ich das Tutorial aber jetzt doch ergänzt - UND ich habe ein pdf-file eingebunden, das die einzelnen Werte (je Titel/je Aufführung in den Segmenten 2 - 8) anzeigt.
Zur praxisnäheren Erläuterung habe ich in einer weiteren Spalte (rechts daneben) dargelegt, was z.B. bei einem Konzert mit 20 aufgeführten Titeln an Ausschüttung (für alle beteiligten Rechteinhaber!) 2014 gezahlt wurde.
Man sieht, dass dieser Betrag z.T. beträchtlich höher sein kann, als die Summe, die ein Veranstalter netto an die GEMA abgeführt hat!


Dieses Bild trügt allerdings, da sich diese Summen in den nächsten Jahren nach unten verändern werden, weil die GEMA in den nächsten Jahren durch sehr restrektive Maßnahmen die Einreichungsquote der Musikfolgen (und damit die Anzahl der Titel, durch die die Einnahmen geteilt werden müssen) massiv erhöhen will und wird! Dann muss der ziemlich gleich bleibende Kuchen (trotz Beitragserhöhung) durch mehr "Mitesser" geteilt werden!

Hoffe, dass ich damit ein schwieriges Thema einigermaßen verständlich erklärt habe!

BG, Bernd
 
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Danke für die Ausführungen. Jetzt ist es schon etwas klarer, aber noch nicht ganz.

In Segment 2: Ist es egal, ab da 2 oder 50 Zuschauer kommen? Die Gema-Gebühr wird ja nach Raumgröße und Eintrittspreis berechnet. Ist es auch egal, wenn z.B. die eigenen Stücke auf Jam-Sessions gespielt werden, bei der kein Eintritt erhoben wird (Spende) oder der Veranstalter eine Pauschale bezahlt?

Des weiteren: Hat kammermusikalischer moderner, zeitgenössischer Jazz einen anderen U-Punktwert als Pop-Musik?

Wie sieht das bei Theatermusik aus?

Viele Grüße,
McCoy
 
Okay, dann versuchen wir auch den Rest auszuräumen...

Bei "Konzerten" gilt der so genannte "Konzerttarif" (U-K). Hier wird prinzipiell die Gesamteinnahme aller Ticketerlöse zur Berechnung der GEMA-Lizenz herangezogen.
Die landläufig noch bekannten GEMA-Bemessungskriterien Raumgröße (Wand-zu-Wand-Prinzip) und Eintrittspreishöhe gelten im Falle von Konzerten nicht (mehr).
Es ist also irrelevant, ob 2 oder 50 Besucher kommen (mit einer Ausnahme / kommt gleich). Es zählt einzig die Gesamteinnahme als Bemessungsgrundlage, von der im MOment (2014) die GEMA 5 % (abzüglich möglicher Veranstalterrabatte / siehe oben verlinktes Tutorial) an Lizenzgebühr in Rechnung stellt.

Es gibt allerdings pro Konzert eine Mindestgebühr! Diese beträgt im Moment pro 150 Besucher 22,80 €! Diese Summe wird immer fällig - auch wenn nur zwei Personen an der Abendkasse stehen sollten.

Bei Eintritt frei-Veranstaltungen gibt es eine Sonderregelung. Hierzu heißt es im U-K-Tarif der GEMA wie folgt:
"d) Konzerte zu besonderen Anlässen vor geladenen Gästen oder für Konzerte mit freiem Zutritt
Für Konzerte vor geladenen Gästen (wie z.B. bei Firmenjubiläen, Empfängen, Werbeveranstaltungen, Produktpräsentationen etc.) oder für Konzerte mit freiem Zutritt der Bevölkerung, bei denen der Veranstalter kein Eintrittsgeld oder sonstiges Entgelt erhebt, errechnet sich das Entgelt, in dem als Bemessungsgrundlage auf die Vergütung der Künstler und die mit deren Auftritt in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Produktionskosten abgestellt wird.
"

Wenn sich z.B. ein Chor auf eine Bühne stellt und auch der Saal nichts kostet, dann wären die Produktionskosten theoretisch bei Null. Ist die Jam-Session eine "Offene Bühne" ohne Saalmiete, ohne FOH-Mischer der bezahlt werden muss etc. dann -> siehe Chorbeispiel. Fällt Saalmiete an, PA, Backline, Schnackis und...und...und... dann kann die GEMA eine Berechnungsbasis ermitteln.

Wenn der "Konzertcharakter" strittig ist oder durch Beiprogramm der Veranstaltung ganz in Frage steht, dann wendet die GEMA den Tarif U-V an. Das ist dann wieder der "Allzwecktarif" der GEMA, der weiterhin nach den von Dir angeführten Kriterien (Raumgröße/Höhe des Eintrittspreises - unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg) angewandt wird. Es gibt in diesem Fall nur die so genannte "Angemessenheitsregelung" (früher Härtefallnachlass oder Missverhältnisklausel), falls die GEMA-Rechnung 10 Prozent der Veranstaltungseinnahmen überschreiten würden.

Zum Thema Punktwert von Werken: den Punktwert legt bei der GEMA im Dissensfall der Werkausschuss fest. Wird der sich nicht einig, entscheidet der Aufsichtsrat unter HInzuziehung externer Experten. Manche Bereiche des Jazz sind m.W. in der Tat grenzwertig. Vieles fällt unter Unterhaltungsmusik, aber es gibt auch Bereiche, die einen höheren PUnktwert anerkannt bekommen. Im Verteilungsplan der GEMA ist u.a. auch mal davon die Rede:
"zeitgenössischer Jazzvon künstlerischer Bedeutung und mit Konzertcharakter, ausgenommen sogenannte Standards. Im Falle vonZweifeln am Jazzcharakter eines Werkes entscheidet der Werkausschuss nach Vorlage eines Belegexemplars über die Zugehörigkeit bis zu 10 Minuten..."
Im Prinzip ist es Aufgabe und natürlich auch Eigeninteresse jedes (Jazz-)Komponisten, dass er hier bei der Werkanmeldung und dessen Einstufung um die künstlerische Bedeutung seines Stückes kämpft. Aber final ist das einzig ein Vorgang, der im Verhältnis Komponist und GEMA zu klären ist.

Was Du unter Theatermusik verstehst, müsstest Du mir noch näher beschreiben.
Wenn bei einer Theateraufführung einer mit einer Akkustikgitarre durch die Kulisse marschiert und "Blowin' IN The Wind" zupft, dann wird dadurch erst einmal die gesamte Vorführung lizenzpflichtig. Dann kann man nur versuchen mit der GEMA zu verhandeln, wie lange der Anteil der Musiknutzung an der Gesamtaufführung ist. Wir haben in solchen Fällen die Erfahrung gemacht, dass sich Bezirksdirektionen der GEMA dann auf die Anwendung der Musiknutzung bei so genannten Wortkabarettisten einlassen. Dort fallen alle angefangenen 5 Minuten an Musiknutzung 0,5 % von der Veranstaltungseinnahme an bzw. werden berechnet. Quasi analog zum Konzerttarif U-K, wo auch dieser Bereich mit Wortkabarett Teil des Vertrages ist.

BG
Bernd Schweinar
 
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