Sprechen und Singen verträgt sich nicht

ligeti
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Hallo,
ich unterrichte Gitarre und zwar sowohl Klassik also auch Begleiten von Liedern.
Nun passiert es mir in letzter Zeit immer öfter, dass im Verlauf eines Unterrichtsnachmittags meine Singstimme immer schlechter wird, verschleimt, rauh, "gespalten", und zwar je mehr ich vorher mit meiner Sprechstimme erklärt/unterrichtet habe.
Wenn ich vor dem Unterricht noch ein paar Lieder singe, ist die Singstimme - nach kurzem Einsingen - völlig o.k..

Ich vermute bereits einen Zusammenhang zwischen falscher Sprechtechnik und Singstimme, aber was genau könnte ich falsch machen? Und gibt es einfache Übungen, um meine Stimme während des Unterrichts zu lockern bzw. die Singstimme zu befreien?

lg
ligeti
 
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Kenne ich zum Teil den Effekt. Das Problem könnte sein, dass deine Sprechtechnik stark von deiner Singtechnik abweicht und wenn du ständig wechselst sich die beiden Modi auf ungünstige Weise vermischen. Dass die beiden Abweichen ist zu einem gewissen Grad normal und genau dafür ist ja sowas wie Einsingen da, nämlich dass man vom Sprechmodus in den Singmodus kommt.

Ich weiß jetzt natürlich nicht wie du singst und sprichst, aber wenn du z.B. "rockig" singst mit hartem bzw. angezerrten Stimmbandschluss und den dann in deinen Sprechmodus übernimmst geht das normalerweise schief. Du merkst den Unterschied beim Sprechen zwar nicht doll, aber es belastet deine Stimme halt nach einiger Zeit, weil du beim Sprechen normalerweise nicht so stark stützt wie beim Singen. Die belastete Stimme hört sich dann beim nächsten Singen natürlich auch belastet an.

Allgemein ist bei der Sprechstimme ein sanfter Stimmbandschluss wichtig, damit die Stimme nicht überlastet. Ein solcher lässt sich trainieren, indem man z.B. Vokale mit einem vorangestellten "h" ganz sanft sagt, "ha", "he", "ho" und so weiter. Insbesondere wenn du mit härterem Stimmbandschluss singen solltest, ist ein Umschalten oft schwierig. Du kannst dir beim Erklären vielleicht h's vor die Vokale denken oder so. Je nach Gesangstechnik könntest du dir auch ein Singen mit sanfterem Stimmbandschluss angewöhnen, vielleicht machst du es beim Singen ja nur unabsichtlich.

Auch andere gesangliche "Aktionen" (wie z.B. das Abschlanken) können sich auf diese Weise ungünstigerweise auf die Sprechstimme auswirken, aber sicherlich das problematischste ist ein härterer Stimmbandschluss.

Generell ist natürlich zu sagen, dass das ständige Wechseln zwischen Sprechen und Singen nicht einfach ist und gelernt sein muss. Opernsänger oder Musicaldarsteller, bei denen sich Text und Gesang abwechseln, sprechen oft in ihrer Gesangseinstellung (was v.a. bei Opernsängern auffällt, weil da der Gesangstil weiter vom natürlichen Sprechen entfernt ist), die aber durch den weichen Stimmbandschluss auch gut zum Sprechen geeignet ist, auch wenn sie sich anders als normales Sprechen anhört.
 
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Hi broeschies,
klingt sehr einleuchtend, was du sagst, obwohl ich jetzt nicht beurteilen kann, ob ich mit hartem oder weichem Stimmbandschluss spreche bzw. singe.
Was ich merke ist, dass ich, wenn ich zwischendurch - sehr zur Erheiterung meiner Schüler - kleine Koloraturen in hohen Lagen in meinen Unterricht einbaue, das Problem kurzfristig wieder weg ist.
Ich werde auf jeden Fall versuchen, die vorangestellten "h"s einzusetzen und sehen, ob sich etwas ändert.
Kann es etwas bringen, wenn ich mir im Unterricht auch angewöhne, generell leiser zu sprechen?
Vielleicht ist meine Sprechstimme etwas zu bestimmt, "lehrerhaft". :cool:

Bringt mich jedenfalls auf einige Ideen, deine Antwort und ich danke dir herzlich dafür,
lg ligeti

P.S.: Ich singe übrigens hauptsächlich Popsongs mit eher härterem Timbre.
 
Ich habe einen leisen Verdacht wo Dein Problem liegen könnte, aber bin mir nicht sicher.
Nur habe ich vor Jahren mal eine ähnliche Erfahrung gemacht-insofern lohnt evtl. das mal zu checken.

Wie gut ist Deine Atemanbindung beim sprechen?
In wie weit hast Du Dich bezüglich Gesang bisher mit Deiner Atmung bzw. generell mit Gesangstechnik befaßt?

Es wäre möglich, daß Du beim sprechen stark forcierst(also überpowerst) und die Stimme nicht entsprechend durch die Atmung gestützt ist.
Beim singen gibt man da mehr acht-beim sprechen nicht unbedingt.
Wenn man dann eher ein temperamentvoller Typ ist, der gerne mal mit "Nachdruck" was erklärt wird aber die Stimme u.U. ganz schön belastet.

Ich habe mich damals regelrecht "heiser gesprochen"....hatte aber zu der Zeit auch allgemein Probleme weil Singstimme überlastet mit falscher Technik!
Hatte mir nach einer langen Pause und unkontrolliertem Neustart einfach Mist angewöhnt;)
Meine Probleme beim sprechen kamen aber eindeutig auch von falscher Sprechweise!Da hab ich irgendwie "gepresst"und relativ laut dazu(gar nicht selber so wahrgenommen....)
Jetzt weiß ich leider nicht mehr genau was mir da konkret den Durchbruch verschafft hat, da ich parallel Logopädie hatte und wieder Gesangsunterricht.
Ich habe in beiden Bereichen an der Atmung gearbeitet, also mit Sprech- und Singübungen.
Beim sprechen nicht angestrengt leise- eher möglichst locker in normaler,entspannter Lautstärke.
Parallel habe ich mich-angeregt durch die Logopädin-mit progressiver Muskelentspannung (nach Jacobsen) befaßt,das hilft einem ganz gut ein Übermaß an Spannung überhaupt mal wahrzunehmen und besser steuern zu können, um dann bei Bedarf auch mal "loslassen" zu können.

Vielleicht wäre das eine Anregung für Dich?
LG
 
Ein typisches Problem bei Sprechberufen. Meist ist es tatsächlich so, dass man beim Singen mehr auf Technik achtet (ob bewusst oder unbewusst), aber beim Sprechen anfängt zu schludern.
Mir hat es geholfen immer wieder mal bewusst auf Stütze und Weite in der Kehle zu achten und bei höherem Geräuschpegel vordersitziger oder plärriger zu sprechen. Ich muss ja beruflich viel diktieren und ich habe gemerkt, dass meine Stimme nach der Arbeit nicht mehr übermüdet ist, wenn ich hin und wieder bewusst auf Technik achte. Im Gegenteil, ich habe mich sogar quasi eingesungen gefühlt und konnte mit dem Singen besser loslegen. Weil ich meinen Atem besser einteile, gibt es noch als nettes Geschenk, dass ich auf einen Atemzug mehr Wörter diktieren kann :D Auf der Wiesn (bekanntlich sehr laut im Zelt) fand ich es auch interessant, dass ich am Ende als einzige nicht heiser war und mich jeder gut verstanden hat, nur weil ich bewusst plärriger (vom Gefühl her vordersitziger) gesprochen habe und gestützt habe. Dass ich eine komische Stimme hatte, hat keiner gemerkt bei der Lautstärke (aber auch im Bierdunst ;))
Also, wenn du beim Singen kein Problem hast, dann mach Sprechen ein wenig mehr wie singen. Auch da sollte es wie bei Singen so sein, dass man am Anfang noch bewusst auch Technik achten muss, aber das später immer unbewusster tun kann und man automatisch eine stimmschonendere Technik anwendet.
 
Das Problem ist weit verbreitet.
Ich habe viele Schülerinnen mit Berufen, die die Sprechstimme sehr beanspruchen - Lehrerinnen, Kindergärtnerinnen - und nicht wenige haben Probleme mit ihrer Stimme, sie werden heiser, sind von Stimmermüdung, Räuspern etc. geplagt.
Gesangsunterricht kann da sehr hilfreich sein, wenn die Sprechstimme forciert wird, der Stimmsitznicht gut ist etc. Den genau das wird ja im Unterricht gelernt und trainiert und kommt auf jeden Fall der Sprechstimme zugute.
Es gibt auch Lehrer, die sich auf die Sprechstimme spezialisiert haben. Nimm doch ein paar Stunden und laß dir einige Sachen zeigen!
 
Ja tolle Antworten! Dankeschön!

Es stimmt tatsächlich, dass ich beim Sprechen nicht sonderlich auf meine Technik achte,
und dieses weichere - singähnliche - Sprechen werde ich sicher sofort ausprobieren.
Auch die anderen Vorschläge von euch klingen sehr gut, und an Stimmbildungsunterricht habe ich auch schon gedacht.

Was mich nur stutzig macht, ist, dass ich doch schon sehr lange unterrichte und das Problem bisher nie hatte, in seltenen Ausnahmen vielleicht, aber auch nur vorübergehend.

@sweetlizzard: Mit Atmung beim Singen habe ich mich schon befasst, nicht zuletzt, weil ich einmal mit einem Opernsänger liiert war und er mir einiges an Technik beigebracht hat. Also diesbezüglich war ich eigentlich der Meinung, schon eine gewisse Stimmbildung und Gesangstechnikausbildung genossen zu haben. Aber vielleicht ist die Technik beim Singen von Opernarien oder Kunstliedern doch sehr unterschiedlich zu der von Rock- und Popmusik.

Ich danke euch nochmal für die guten Anregungen!
lg, ligeti
 
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