Hallo Felix,
um parallel zur Harmonielehre noch ein paar praktische Einstiegsübungen zu machen, kann ich Dir folgende Vorgehensweise ans Herz legen:
Nimm Dir mal einen von Deinen "Texten mit Akkorden" - vielleicht nicht gerade den schwierigsten.
Oder besser (weil einfacher): Nimm irgendein Kinder-, Wander-, Sonstwas-Lied, bei dem die Akkorde dabeistehen. Idealerweise sind das nur Dur- und Mollakkorde, vielleicht noch Septimen dabei.
Stufe 1
Spiele zunächst einfach nur den Grundton im Baß: das ist der Ton, nach dem der Akkord benannt ist (unabhängig von allen Zusätzen. Beispiel: bei F (F-Dur) spielst Du den Ton F, bei Dm (D-Moll) spielst Du den Ton D - ganz einfach.
Die Melodie kannst Du singen oder Dir vorstellen.
Stufe 2
Spiele nun zum Grundton im Baß auch noch den Dreiklang in der rechten Hand dazu. Deine Harmonielehre-Kenntnisse dürften ausreichen, um zu wissen, wie man einen Dreiklang bildet (falls nicht: nachlesen
).
Du wirst schnell merken, wofür man Umkehrungen "erfunden" hat: Nicht, um Musikschüler zu ärgern, sonder um das klanglich wie spielerisch unbefriedigende "Gehopse" zu vermeiden. Suche Dir also passende Umkehrungen der vorkommenden Dreiklänge, die griffgünstig beieinanderliegen.
Stufe 3ff
Versuche, nach und nach kleine Überleitungen im Baß zu spielen (zum Beispiel beim Wechsel von Tonika G-Dur zur Subdominante C-Dur: g a h c. Probiere, ab und zu ein paar Melodietöne in der rechten Hand mitzuspielen, alles rhythmisch etwas zu variieren usw. usf.
Es geht eigentlich zunächst nur darum, sich von starren Vorgaben zu befreien und schließlich die nötige Sicherheit zu gewinnen, immer mehr Eigeninitiative entwickeln zu können.
Relativ bald wirst Du einem Akkordsymbol quasi "im Schlaf" die zugehörigen Töne bzw. den Klangeindruck zuordnen können und auch ein Gefühl dafür entwickeln, wann und wohin Akkorde wechseln.
Ich sehe da einen sehr engen Zusammenhang zwischen Theorie (Harmonielehre) und Praxis (Mitspielen zu Aufnahmen nach Gehör, wie es Mod-Paul vorgeschlagen hat).
Im Grunde macht ein "Lagerfeuergitarrist" auch nichts anderes. Dieses Verstehen und "Vorausahnen" eines Akkordwechsels ist eigentlich ein Grundbaustein harmonischen Verständisses, der leider in der "klassichen" rein noten-verhafteten Lehre oft sträflich vernachlässigt wird, aber eigentlich die Basis jeder freien Klavierbegleitung darstellt.
Viele Grüße
Torsten