Speaker Unterschiede Clean/Verzerrt

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Hallo zusammen, beim Durchstöbern einiger Demo- und Vergleichsvideos von Speakern und Impulse Responses unterschiedlicher Hersteller ist mir immer wieder aufgefallen, dass unterschiedliche Speaker bei einem verzerrten Signal z.T. extreme Unterschiede an den Tag legen. Je cleaner das Signal nun wird, desto weniger höre ich Unterschiede heraus.

Als letztes ist mir dies bei einem Silent Recording Tutorial und Demovideo von CabIR aufgefallen, nämlich folgendes:


Bei "Straight Rock" (s. Videobeschreibung für Time-Marker) sind die Unterschiede wirklich sehr stark. Bei "Blues" schon recht klein und bei "Jazz" schon fast zu vernachlässigen. Bei letzterem kommen die Unterschiede vermutlich eher durch die unterschiedliche Boxenkonstruktion, als durch den Speaker.

Mein erster Erklärungsansatz war: Ein verzerrtes Signal liefert mehr Output, da der Amp ja weiter aufgedreht ist und dadurch knicken die Speaker dann unterschiedlich ein, was die Charakteristik mehr zum Vorschein bringt. Nun spielt aber nicht jeder einen NMV Amp, den man aufdrehen muss, damit er zerrt und eine IR ist ebenfalls statisch, sprich da arbeitet nichts und kann entsprechend auch nicht einknicken.

Meine Frage an Euch ist: Kann mir dieses Phänomen jemand erklären?
 
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Hallo zusammen, beim Durchstöbern einiger Demo- und Vergleichsvideos von Speakern und Impulse Responses unterschiedlicher Hersteller ist mir immer wieder aufgefallen, dass unterschiedliche Speaker bei einem verzerrten Signal z.T. extreme Unterschiede an den Tag legen. Je cleaner das Signal nun wird, desto weniger höre ich Unterschiede heraus.

Als letztes ist mir dies bei einem Silent Recording Tutorial und Demovideo von CabIR aufgefallen, nämlich folgendes:


Bei "Straight Rock" (s. Videobeschreibung für Time-Marker) sind die Unterschiede wirklich sehr stark. Bei "Blues" schon recht klein und bei "Jazz" schon fast zu vernachlässigen. Bei letzterem kommen die Unterschiede vermutlich eher durch die unterschiedliche Boxenkonstruktion, als durch den Speaker.

Mein erster Erklärungsansatz war: Ein verzerrtes Signal liefert mehr Output, da der Amp ja weiter aufgedreht ist und dadurch knicken die Speaker dann unterschiedlich ein, was die Charakteristik mehr zum Vorschein bringt. Nun spielt aber nicht jeder einen NMV Amp, den man aufdrehen muss, damit er zerrt und eine IR ist ebenfalls statisch, sprich da arbeitet nichts und kann entsprechend auch nicht einknicken.

Meine Frage an Euch ist: Kann mir dieses Phänomen jemand erklären?


Absolut richtig. Je verzerrter der Sound, desto mehr Anteil hat der Speaker am Gesamtsound und desto unwichtiger wird der Amp. Deswegen sind die ganzen modernen Speakersimulationen (IRs, Kemper), die auf eine möglichst detaillierte Wiedergabe des komplexen Klangspektrums eines mikrofinierten Gitarrenlautsprechers abzielen vor allem bei Hi Gain Nutzern so beliebt. Dies führt auch zum Teil zu den erheblichen "Glaubenskriegen". Bei einem crispen Fender clean sound kommen die Eigenschaften des Amps, was Attack, Kompression und Dynamik angeht viel mehr zur Geltung. Dafür reicht hier oftmals eine sehr simple Speaker Sim. Bei Hi Gain ist es oft andersherum. Hier reicht oftmals ein halbwegs guter Zerrer, aber es wird eben eine IR benötigt, die ganz speziell dazu passen muss, um das gewünschte Klangbild zu erzielen.
 
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Physikalisch liegt das grob gesagt daran, dass ein verzerrtes Signal viel mehr harmonische Obertöne hat als ein Cleansignal. Die Obertöne sind sogar im Endeffekt das, was uns ein Instrument oder einen bestimmten Ton eines Instrumentes als solches erkennen lässt. Man sieht also, dass der Mensch generell sehr empfindlich für Unterschiede in dieser Hinsicht ist. So lässt sich ja auch selbst eine einzelne angeschlagene Saite einer Gitarre oft einem Typ/Pickup zuordnen. Der "Coladosen-Sound" eines PAFs zwischen 2 und 3kHz und das "Klingeln" eines Single Coils bei 4-5kHz oder sogar darüber. Das machen alles die Obertöne des eigentlichen Tons.

Cleane Sounds zu unterscheiden fällt in erster Linie der Person leicht die an der Gitarre selbst sitzt. Komprimiert der Amp wegen einer Gleichrichterröhre (JTM45/Princeton Reverb/Tweed-Amps), zerrt er immer ein bisschen an (manche Marshalls, 5150, Jet Citys) bei hartem Anschlag oder andere Unterschiede, das ist nichts was man - wenn der Amp das immer könnte - mit einem EQ nicht in die annähernd gleiche Richtung bringen könnte, wohlgemerkt für den Zuhörer. Dass das "Feeling" eines Amps sich auch clean stark unterscheidet ist nicht wegzudiskutieren, aber abseits der Lautstärke bringst du einem neutralen Zuhörer eher bei, dass der Marshall und der Mesa sehr unterschiedlich klingen, als ein Deluxe/Super Reverb im Vergleich mit einem Princeton.

Bei verzerrten Sounds sind die Unterschiede viel erheblicher. Es gibt viel mehr unterschiedliche Frequenzanteile im Signal, und da ein Lautsprecher quasi nichts anderes ist, als ein komplexes System aus EQs, hat man immer die Möglichkeit, dass eine prägnante Frequenz oder eine Lücke des Lautsprechers sich massiv auf den Klang auswirkt.

Ein sehr anschauliches Beispiel ist die Tatsache, dass unter manchen Umständen Bassisten live mit unkorrigierten DI-Outs ihrer Verstärker auf der Anlage spielen. Es ist keine Ideallösung aber funktioniert. Eine cleane Gitarre ohne Boxensimulation würde ebenfalls langweilig, aber brauchbar klingen. Ein verzerrtes Signal ohne Boxensimulation? No way :D.
 
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Super Erklärung, danke!
 
Es gibt viel mehr unterschiedliche Frequenzanteile im Signal, und da ein Lautsprecher quasi nichts anderes ist, als ein komplexes System aus EQs, hat man immer die Möglichkeit, dass eine prägnante Frequenz oder eine Lücke des Lautsprechers sich massiv auf den Klang auswirkt.

Dazu muss man sich auch noch vorstellen, dass diese "EQs" so schmalbandig sind, wie man das mit analogen EQs nur sehr schwer hinbekommen würde bzw man bräuchte abartige Anzahl davon.
mb2k_iso.gif


Der Buckel unten ist die Iso-Box und kann mit EQ einfach korrigiert werden. Die Feinstruktur da oben von 1 kHz bis 8 kHz bekommt man mit keinem EQ hin (und das hier ist schon ein bisschen geglättet, das sieht in Wirklichkeit wohl noch übler aus). Das ist es, was Mikrofone und Lautsprecher so unterschiedlich klingen lässt und warum man das nicht so einfach mit einem EQ korrigieren kann sondern höchstens mit IRs.
 
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