Hi Saberus,
danke für die offene Antwort.
Also ich war zunächst ein in der Szene halbwegs gut vernetzter Singersongwriter. Wurde immer häufiger eingeladen, wenn die Szene mal unter sich sein wollte. Bei so einer Gelegenheit erhielt ich quasi am Biertisch mein erstes attraktives Angebot von einer bekannten Band. Ich brauchte fast ein Jahr für die Texte (heute zu lange). Aber die Texte wurden gut besprochen.
Ich hatte Glück. Das nächste und das übernächste Angebot lagen mir ebenfalls. So konnte ich zeigen, was ich damals drauf hatte. Als ich das erste Mal an einer (stark kommerziell ausgerichteten) Produktion scheiterte, hatte ich bereits einen gewissen Ruf und das Selbstbewusstsein, alles erst mal an zu nehmen. Licht und Schatten hielten sich in den kommenden Jahren die Waage.
In diesem Jahr bin ich als Texter an zwei öffentlichkeitswirksamen Projekten beteiligt, deren Motoren... meine allerersten Partner vom Anfang meiner Profikarriere waren. Nach all den Jahren sind wir (im Rahmen unserer Möglichkeiten) nun selber "gestandene" Typen geworden und noch ein bisschen mit dem Ernten beschäftigt.
Entschuldige mein Ausschweifen. Eigentlich wollte ich nur Folgendes empfehlen: Baue Kontakte auf. Am besten in deinem Umfeld. Freundschaften brauchen Zeit, halten aber ggf. ein Leben lang. Nimm jedes Angebot so ernst, als käme es von einer Majorfirma. Quäl Dich durch die Aufträge, auch wenn Deine Texte abgelehnt werden. Auch DAS schärft Deinen Blick fürs Geschäft und Deine entsprechenden Stärken und Schwächen.
Und pflege Deine Kontakte so herzlich und ehrlich wie nur möglich. Meine letzten exklusiven Tonträger begannen alle mit harmlosen menschlichen Kontakten. Einmal rief ich erbost bei einer früheren Partnerin an, weil eine Zeitung behauptete, sie würde ihre Texte selber schreiben. Das Ergebnis: ein gut laufender Tonträger. Auch das nächste Projekt begann damit, dass ich einem Ex-Partner mal ehrlich meine Meinung geigte. Er tat das Gleiche. Das überraschende Ergebnis: ein schönes gemeinsames Projekt. Mein momentanes Projekt kam ins Laufen, als ich Trost bei einem früheren Kollegen suchte. Der brauchte wenig später ebenfalls Trost und plötzlich entwickelte sich ein tolles Angebot aus unsrem Jammern über das verkommene Musikgeschäft.
das klingt vielleicht, als ob nur noch meine alten Partner mit mir arbeiten wollten...dem ist nicht so. Ich arbeite auch mit neuen Partnern. Aber man braucht viel viel Zeit, um raus zu bekommen, was man von einander will. Und so bin ich bei neuen Partnern viel eher mit einer Teilmitwirkung als Texter zufrieden. Das reduziert für alle den Druck. Und Fakt ist leider auch, dass der Konkurrenzdruck durch die weltweite Vernetzung extrem gewachsen ist. Da ist es schon wichtig, wenn Blockaden auftreten, Aug in Aug an gemeinsame Zeiten zu erinnern, statt weichgespülte Mails zu verschicken. Sagen wir es so: Jede Generation hat ihre eigenen Helden. Geh auf die Suche!
Ich habe mich so gut wie nie auf Verdacht beworben. Mag sein, dass das heute gängige Praxis geworden ist. Aber Texten hat sehr viel mit Charakter zu tun. Ich meine: Je persönlicher das Kennenlernen, umso nachhaltiger wahrscheinlich der Erfolg. Also ab auf die Strasse, auf zu den Sessions und klubs. Und falls die ersten kontakte sich hier ergeben: nicht mit den Reisekosten geizen ;-))
Viel Glück