Songtext schreiben, Silbenzahl

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Miss Violin
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Hallo,
ich versuche gerade ein Lied zu schreiben und stoße auf Schwierigkeiten.
Zunächst habe ich überlegt, ob man erst den Text oder erst die Melodie schreibt. Ich habe mit dem Text angefangen und habe mir dann zur ersten Strophe eine Melodie überlegt. Nun habe ich das Problem, dass man die anderen Strophen nicht nach dieser Melodie singen kann, weil die Anzahl der Silben nicht passt oder die Betonung auf einer anderen Silbe liegen müsste. Nun kann ich natürlich entsprechend den Text ändern, aber leichter gesagt als getan! Die einzelnen Verse müssen ja sehr kurz sein. So kann ich nur wenige Silben unterbringen und somit inhaltlich kaum etwas sagen. Kennt ihr das Problem? Wie schreibt ihr Liedtexte?
 
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Ja, das ist die Herausforderung, ich kenne das Problem. Da gilt es eben zu feilen, bis es passt, das ist die Kunst.

Du kannst alternativ auch die Takte ändern, also ungerade Takte mit einbauen, dann wird es eben proggy.

Am besten lässt sich das an einem Beispiel machen. Wie wäre es, wenn Du den Text einfach ins Texter-Forum stellst und mit den Experten dort feilst.
 
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Es ist ja erst einmal nur Konvention, Tradition oder bewährte Form, dass alle Strophen die selbe Melodie und die selbe Textstruktur (Silbenzahl, Versmaß, Rhythmus, Reimschema, Zeilenzahl etc.) haben.
Samesame Refrain oder Chorus, ebenfalls mit immer derselben Melodie und selber Textstruktur Versmaß und meist sogar identischem Text.
Kannste so machen, musste aber nicht.

Nichts außer unseren Hörgewohnheiten spricht dagegen, dass ein Werk aus "Teilen" mit mehr oder weniger unterschiedlicher Melodie und unterschiedlicher Textstruktur bestehen könnte.

Texten ist harte Arbeit - genauso wie Komponieren.
 
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Texte auf einen "Schimmel" (in der Praxis bewährte Vorlage von Reim, Metrik, Rhythmus) zu schreiben, ist eine beliebte und von Texterprofis empfohlene Methode.

Dabei ist die Wahl des richtigen Schimmels bestimmend für das Ergebnis.

So warne ich bei gereimten Liedern gerne davor, Texte auf vierhebige Jamben/Trochäen zu schreiben, weil sich Liedzeilen in der Regel in vier- oder achtaktigen Melodiebögen anordnen. Das heißt, man hat entweder keine Zeit zum Luftholen oder recht lange Pausen. Außerdem führt es dazu, dass die Reimwörter und die Textbetonungen selten auf die selbe Stelle fallen ("Das Wandern ist des Müller Lust" hat die Betonungen auf "Wandern" und "Müllers", den Reim auf "Lust"). Oder

Ich fahre gern zum Segeln raus
und wenn ich was zu Wünschen hätt,
dann wäre das ein Ferienhaus
am Badestrand von Norderstedt.

Die starken Betonungen liegen jeweils auf dem ersten und dritten Jambus ("fahre", "Segeln" etc.), der Reim auf den schwach betonten Silben. Zu beachten ist ja auch, dass mehrsilbige Wörter einen eigenen Rhythmus haben.

Einfacher zu händeln sind Texte auf ungerade Anzahlen von Betonungen (drei, fünf, sieben).

Und zu Empfehlen ist die Verwendung von sowohl starken als auch schwachen Reimen (ein- oder zweisilbigen Reimen), weil die Beschränkung auf eine Art die Anzahl möglicher Reimwörter halbiert.

Ausführlich hier nachzulesen:

Liedertexte durchzukomponieren, also dass die Melodie auch im Ausdruck zum Inhalt jeweiligen Stelle passt, ist möglich, aber ein großer Aufwand und führt nicht unbedingt zu größerem Erfolg. Ich hab mal einen Komponisten getroffen, der mir erklärte, sich bei der Melodie exakt am Text zu orientieren und danach festzulegen, ob sie nach oben und unten geht. Ich habe nie wieder von ihm gehört.
 
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Vielen Dank für die Antworten! Wo findet man denn diese Schimmel-Vorlagen?
 
Die schreibt man sich selber (wer so ein Buch zusammenstellen wollte, müsste sich ja erst die Abdruckrechte von möglichst bekannten Liedern besorgen und die auf praktische Verwendbarkeit abklopfen).

Man nimmt also entweder einfach ein Lied, das einem gefällt, und notiert sich Metrum und Reimschema (z.B. —^ –^ –^ –^ –: fünffüßiger Jambus*, ^—^– ^– ^ – ^ fünffüßiger Trochäus. Anapäst und Dakytlus entsprechend im Dreitakt: ^^– bzw. –^^) oder sich selber ein Schema ausdenkt:

^^ ^– ^ ^– ^ ^– ^ ^
^ ^ ^– ^
(^ = unbetonte Silbe, – = betonte Silbe, = Hauptbetonung)

Unterschiedliche Zeilenlängen sind sehr reizvoll, da sie verhindern, dass man zu sehr ins Leiern kommt.

Die Gedichte von Erich Kästner sind zur Orientierung immer ein Hilfe. Aber auch da können einem vierhebige Strophen begegnen, was bei Liedern eigentlich nicht zu empfehlen ist (es gibt zwar zahlreiche erfolgreiche Beispiele, aber warum die suboptimale Lösung wählen – "Yesterday" ist so ein Beispiel, wo die Reime nicht auf betonten Silben liegen).

In der deutschen Lyrik sind vierhebige Strophen sehr beliebt. Aber das sind eben keine Lieder. "Fest gemauert in der Erden steht die Form aus Lehm gebrannt. Heute soll die Glocke werden! Frisch, Gesellen, seid zur Hand", da sind die Hebungen nicht dort, wo eine Vertonung im Vierertakt mit der Hauptbetonung auf der Eins es erfordern würde.

* Die Begriffe Jambus und Trochäus stammen aus dem Griechischen und sind in der Praxis in der deutschen Spraxhe das Gleiche, nur dass beim Trochäus ein Auftakt dazukommen. Und Auftakte kann man in beliebiger Anzahl einstreuen, sofern die Anzahl der Hebungen und die Taktzahl das zulassen und man eventuell noch atmen will. Ein bis drei Auftakte passen eigentlich immer, solange man nicht vier Hebungen in zwei Vierertakte quetscht – dann wird es eng.

Vierertakte führen auch dazu, dass die Hauptbetonungen immer zum Beginn des Taktes zu liegen kommen, auf der Drei dann Nebenbetonungen, dazwischen noch unbetonte Silben.

Ergänzend ist auf jeden Fall das "Handbuch für Songtexter" von Edith Jeske und Tobias Reitz zu empfehlen.

 
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