Solo/Improvisation - Strategien

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Hallo musiker-board,

mein Gitarrenlehrer und ich haben uns kürzlich mal mit verschiedenen Herangehensweisen an das Komponieren/Improvisieren eines Solos beschäftigt. In kurzer Zeit ist ein kleines Arbeitsblatt draus geworden, das ich euch gern vorstellen würde, Erweiterungs-/Verbesserungsvorschläge sind erwünscht!

Solo-Strategien

Solo-Strategien

  1. Akkordisches Spiel (I)
  2. Rhythmisches Spiel (I)
  3. Melodiespiel (K)
  4. Thema - Durchführung (I)
  5. Frage - Antwort (I)
  6. Reihung von Einzellicks (I)
  7. Skalen-"Genudel" (I)
  8. Einleitung - Hauptteil - Schluss (K)

I = improvisierbar
K = Komposition nötig
---
1. Akkordisches Spiel

  • anwendbar vor allem in:
    • langsamen Stücken
    • Stücken mit langer "Akkorddauer" (= gleicher Akkord für >1 Takt)
  • Techniken: Läufe, Arpeggien, Tapping
  • Anleitung:
    • Melodien finden
    • Tonfunktionen beachten: Grundton - Terz - Quinte
    • Akkordfunktionen beachten: Tonika - Subdominante - Dominante
  • Beispiele: Don't Stop Me Now (Queen)


2. Rhythmisches Spiel

  • Basis: Rhythmik des Stückes → Rhythmik des Themas/der Melodie
  • Varianten (auch kombinierbar):
    • bleibe in der Rhythmik, variiere die Töne
    • variiere den Rhythmus, kehre immer wieder zu dem des Themas zurück
    • Rhythmus-Verdoppelung, -Vervierfachung, usw.
    • Gegen den Rhythmus ("Off-Beat")
    • Rhythmische Grundschemen (♩ ♫ ♫ ♩, ♫ ♩ ♫ ♩, ♫ ♩ ♫ ♪ ♩ ♫ ♫ ♩..., usw.)
  • Beispiele: Another One Bites The Dust (Queen)

[...]

5. Frage - Antwort

  • Aufbau - Varianten:

  1. Solo 1 - Solo 2 → immer kürzer → Frage - Antwort → zweistimmig
  2. Frage - Antwort → immer länger → Solo (meist Fragensteller)
  3. Solo → Frage - Antwort (konstante Länge)

  • Gestaltung (immer ähnlich wie in der Sprache):
    Frage Antwort
    nach oben (Tonhöhe) nach unten (Tonhöhe)
    Bend (v. a. am Ende) Release (v. a. am Anfang)
    nie auf den Grundton meist auf den Grundton (aber: verwischen!)
    Dur/Diatonik Moll/Pentatonik
    Lick (Lick +) Fortführung des Licks
    Lick Endton des Licks als Anfangston
    eher kurz
    eher lang
  • Beispiele: Hotel California (Eagles), Crossroads (Cream)

Alles noch ein bisschen durcheinander und die Beispiele sind "willlkürlich" gewählt (das erste, was uns eingefallen ist), aber ich würde das gerne weiter verfolgen.

Da wir beide vor allem im Blues heimisch sind, wäre es auch schön, wenn ein paar Metaller,... ihren Senf dazu geben. Ziel ist ein abwechslungsreicheres Solospiel.
 
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ich würd vorschlagen, Gitarre zu spielen statt Papier zu beschriften :)

im Ernst. Das ist alles schön und richtig, aber es ist jetzt schon viel zu viel und dabei noch in jeder Hinsicht unvollständig. Allein die rhythmischen Variationen und Phrasierungsmöglichkeiten sind ein Hauptkapitel. Du wirst im Leben nicht fertig, alles aufzulisten; die komplexen Wechselwirkungen dieser Themen (hängt ja beim Spielen alles zusammen) habt ihr noch gar nicht angeschnitten.
Wenn du das so akademisch machst wird doch keine Musik draus. Spiel einfach. Wenn dir Soli gefallen (da sie die oben analytisch aufgedröselten Elemente enthalten) - spiel sie nach. Lern sie auswendig. Wenn du genug davon kannst, wird dir immer leichter fallen deine Ideen auf der Gitarre umzusetzen.

Da steht nichts Falsches in eurer Liste, das ist alles wichtig - aber der entscheidende Punkt ist die Umsetzung auf der Gitarre. Es hat keinen Sinn, sich über die kompliziertesten Dinge Gedanken zu machen und nicht umzusetzen, lern lieber die einfachen Dinge intuitiv umzusetzen beim Solospiel. Und das steigerst du langsam.
 
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das erinnert mich ein wenig an die schule früher. da gibt es ein gedicht aus, sagen wir mal, 4 zeilen, und man schafft es tatsächlich 4 seiten an interpretation dazu zu schreiben. hab ich schon damals nicht verstanden...

auch wenn alles, was Du da anführst sicherlich richtig und anwendbar ist, hilft es Dir noch lange nicht erstmal auf eine idee für ein solo zu kommen. das, was Du beschreibst sind werkzeuge und hilfsmittel, die letztendliche umsetzung bleibt Dir überlassen. und damit steht oder fällt Dein solo. taugt Deine grundidee nichts, werden Dir alle theorie, alle werkzeuge und hilfsmittel nicht weiterhelfen.

schau es Dir an, vertiefe es, aber verlasse Dich nicht darauf ! von nix kann nix kommen. der nixfüller bist Du...

spielen, spielen, spielen und dabei rumprobieren. so lernt man sein instrument neben der ganzen theorie kennen. natürlich ist theorie wichtig, aber letztendlich nur sekundär. primär steht der song, und dem ist es herzlichst egal, wie er entsteht.

ich habe schon einige absolut theoriefitte gitarristen kennen gelernt. aufgefallen ist mir dabei, wie langweilig sie oft spielen. da ist nix mit feeling und emotionen sondern stures rumreiten auf der theorie. das hat dann schon zu solch situationen geführt wie " boah - geiles solo. zeig mal... ne warte mal, der ton passt da aber nicht. der ist falsch...". "komisch gerade beim hören fandest Du es noch geil..." :rolleyes:

theorie und vorgefertigte schemata schön und gut, aber bitte nicht zuuuu viel davon. die gefahr, daß man sich selbst dabei und damit limitiert ist nicht zu unterschätzen, wie ich finde. weniger ist halt manchmal und für den ein oder anderen doch mehr... ;)

gruß
 
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Leute die sich nie Gedanken machen um ein abwechslungsreiches Spiel klingen auch so. Es ist ganz richtig sich verschiedene Möglichkeiten vors Auge zu führen und dann verschiedene Ansätze zu üben. Meiner Meinung nach muss da auch nicht sofort Musik rauskommen. Aber nachdem man sich lange mit einem Ansatz beschäftigt hat kommt das ganz von alleine. Nur irgendwann muss man ja auch mal anfangen.
 
Klar, viel spielen ist ein Muss. Aber ich finde es doch schwer, bei jedem Solo (oder bei dem Stil eines speziellen Gitarristen), das einem gefällt, gleich zu sagen, warum das so ist.

Kreativität ist natürlich Voraussetzung für alle Musik, aber mal im Ernst, das was beim ersten Mal Solospiel über einen neuen, vielleicht bisher unbekannten Song entsteht, ist doch selten so abwechslungsreich, wie man es gern hätte. Ich finde so eine Checkliste einerseits hilfreich, um bestehende Soli zu verbessern, andererseits nützlich, um nicht ganz planlos in eine bevorstehende Impro reinzugehen.

Ihr habt aber schon recht, man sollte sein Spiel nicht nur auf diese Art von Plänen stützen. Trotzdem würde ich gerne mal dran festhalten, und wer etwas beitragen kann, sollte sich nicht davon abhalten ;).
 
ich finde es gut sich eine übersicht über die möglichkeiten, die man hat, zu machen!
(ist auch ein guter weg, anhand einer solchen liste herauszufinden, warum man die solos, die man gerne hört, gerne hört!)

was du noch nicht ausführlich genug untergebracht hast sind parameter der dynamik. (beziehungsweise hast dus in der frage-antwort-rubrik erwähnt, aber ich glaube man kann ein ganzes solo lang den fokus auf einige der folgenden parameter legen)
also:
1. laut
2. leise
3. zuerst laut dann leise
4. zuerst leise dann laut
5. zuerst laut dann leise

6. viel legato und lange töne
7. kurze, dumpfe töne
8. zuerst viel legato dann... (ihr wisst worauf ich hinaus will)

ausserdem:

1. tiefe töne
2. hohe töne
...

1. schnell und lange phrasen
2. schnell und kurze phrasen
3. langsame phrasen
4. grosse intervalle
...



so kann dann zum beispiel eine form wie dein punkt 8 (einleitung-hauptteil-schluss) so aussehen
kurze, schnelle motive in tiefer lage
wiederholtes legatoriff
lange, schnelle phrasen in hoher lage
oder:
leise töne mit großen tonabständen
skalenspiel mit rhythmischen motiven
abbau von hoher in tiefe lage


es macht durchaus sinn sich - zur übung - solche musterabläufe zu erstellen und dann danach zu spielen. nach einiger übung musst du dann garnicht zwingend an ein solches konstrukt denken.
 
Also, wenn du dich schon so akademisch mit der Improvisation beschäftigt hast, hast du sicherlich viel mehr Wissen angehäuft, als die meisten großartigen Blueser. Herzlichen Glückwunsch. Na und? Die Grundlage für gutes Solieren ist und bleibt das Gefühl und nicht der Verstand. Höre viel Blues-Musik und spiel (!!!!!!) einfach.

P.S.:
Mal 'ne Frage an die Akademiker im Forum: was macht ihr eigentlich, wenn ihr 'ne dufte Braut vor euch habt? Was ich sagen will ist, dass es in der Musik ähnlich läuft. (Ihr könnt ja jetzt gerne 100 Jahre analysieren, wie ich das jetzt meine...)
 
Also, wenn du dich schon so akademisch mit der Improvisation beschäftigt hast, hast du sicherlich viel mehr Wissen angehäuft, als die meisten großartigen Blueser. Herzlichen Glückwunsch. Na und? Die Grundlage für gutes Solieren ist und bleibt das Gefühl und nicht der Verstand. Höre viel Blues-Musik und spiel (!!!!!!) einfach.

P.S.:
Mal 'ne Frage an die Akademiker im Forum: was macht ihr eigentlich, wenn ihr 'ne dufte Braut vor euch habt? Was ich sagen will ist, dass es in der Musik ähnlich läuft. (Ihr könnt ja jetzt gerne 100 Jahre analysieren, wie ich das jetzt meine...)

Stimmt schon, 100 % erlernen kann man Improvisieren nicht, trotzdem hilft es, wenn man sich ein paar Sachen zurecht legt und vorher plant. Wie schon oben erwähnt wird dann irgendwann automatisch auf das erlernte zurückgegriffen, ohne dass man vorher groß überlegt wie man jetzt improviesiert.

Übertreiben braucht man damit allerdings auch nicht.
 
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Ich würde Dir das Buch "Progressive Blues Guitar Solos" von Peter Gelling empfehlen. Dort geht es genau um diese Sache. Peter - der übrigens ein ausgezeichneter Bluesgitarrist ist - stellt dort 50 Soli vor, die in jeweils unterschiedlicher Weise an das Bluesschema herangehen. Gibt es leider nur auf englisch, ist aber sehr einfach und verständlich geschrieben.
 
Ich finde das Arbeitsblatt gut und übersichtlich. Man muss sich auch mal theoretisch Gedanken machen, ich werde mir das mal genauer durchschaun. Eine Hilfe ist es allemal. Natürlich darf man nicht nur theoretisieren, spielen sollte man auch :).
 
Dem schliesse ich mich an. Druck ich mir mal aus und wenn ich nicht weiter komme kann ich drauf schauen =)
 
In dem Plan fehlt meiner Meinung nach "Hören".
Ich finde gerade für die Improvisationsfähigkeit extrem wichtig, dass das Ohr jedes Klischee der betreffenden Musikrichtung verinnerlicht hat. Und das geht nur, wenn man viel, viel hört.

Ein Beispiel: Als Country-Picker spiele ich ständig Licks und auch improvisierte Soli über Akkordfolgen, die ich mir recht gut merken kann.
Auf einem Bluegrass-Jam, wo genau diese Eigenschaften gefragt sind, kacke ich dann trotzdem ab, weil ich die Musikart gar nicht kenne.
Spielt man dort wieder einen Standard-Country-Song, komme ich wieder ohne Probleme mit.

Nun höre ich seit einigen Monaten jeden Tag mehrere Stunden Bluegrass auf der Arbeit. Beim Spielen merke ich nun immer mehr, wie die Improvisation von den eigenen Erwartungen an das Stück gelenkt wird. Es werden gedanklich keine Pläne aufgerufen oder ähnliches.

Das ist vielleicht ein wenig so, wie eine Fremdsprache zu lernen. Bücher und Lehrer sind gut; aber unterm Strich muss man wissen, wie in dem betreffenden Land tatsächlich gesprochen wird. Ein Jahr im Ausland hilft mehr als so manches Buch.
 

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